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5. Denkmalrambo

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Die Butze war kaum mehr als ein Schweinestall und dazu noch winzig. Die niedrigen Decken drückten ihn runter. Mit seinem Gardemaß von mehr als einen Meter fünfundneunzig hatte er ständig das Gefühl, sich bücken zu müssen. Er ging in die Küche und stieß mit dem Kopf an die Unterkante des Türrahmens. Er rieb sich die schmerzende Stelle. In der Küche roch es muffig. Das Haus war kleiner als es aussah, nur knapp 70 qm Grundfläche, ein Dachgeschoß und ein winziger Keller. Kaum größer als die Mietwohnung, die sie noch in der Hansestadt bewohnten. Das Dachgeschoss war noch winziger als das Erdgeschoss, der niedrige Dachstuhl kostete Wohnfläche. Michael Beer fluchte. Das, was er sah, war weit weg von dem was er wollte.

Das Haus stand unter Denkmalschutz und der verhinderte einen Umbau des Dachstuhls. "Der ist wie eine Höhle für Hobbits!", fluchte Michael Beer. Die großzügige Freiterrasse hatte die Dame vom Bauamt auch gestrichen. "Nicht objekttypisch" hatte sie dazu gesagt. Den Pool im Keller auch. "Gefährdet die Bausubstanz." Michael Beer war frustriert. Er wollte Platz. Hier wollte er seine Kunden empfangen. Er war der führende Mercedes-Händler in Mecklenburg-Vorpommern, er musste repräsentieren. Das hier war nicht repräsentativ, in gar keinem Fall und würde es auch nie sein. Eine Butze, das war es. Michael Beer schüttelte sich feinen Sand aus seinen Haaren, der aus der rissigen Decke herunter rieselte.

Wieso eigentlich war er so blöd gewesen, dieses Haus zu kaufen? Michaela, seine Frau hatte ihn überredet, mit wochenlangen Tiraden hatte sie ihn bedrängt, übertölpelt, ja förmlich gezwungen. Die Pferdeweide grenzte an den Garten und ein eigener Parcours war schon immer ihr Herzenswunsch. Als Volltrottel wie er im Buche steht, hatte er den Kaufvertrag unterschrieben, obwohl das Haus damals schon nicht größer gewesen war als heute. Als er die Pläne einreichte, die einen großzügigen Umbau des alten Bauernhauses vorsahen, kam kurz danach der ablehnende Bescheid vom Denkmalamt. Als hätte er so etwas schon geahnt. Jetzt stand er hier in dieser Butze und musste mit dem klar kommen, was er vorfand. Und das war nicht viel.

Dabei war das Gebäude auf der Straßenseite gegenüber viel geeigneter. Ein altes Schulgebäude, zwar in einem ruinösen Zustand, ok, aber mit ein wenig Kleingeld ließ sich daraus etwas machen. Aber Michaela war dagegen gewesen. Keine Weide, kein Parcours. Als dann noch wochenlanger Sexentzug dazu kam, hatte er schließlich "Ja" gesagt. Obwohl er unter dem Sexentzug eigentlich nicht besonders litt, denn er war oft selbst ziemlich lustlos und es gab durchaus Alternativen. Außerdem stand die Schule damals noch nicht zum Verkauf, der Eigentümer hielt ihn wochenlang hin und reagierte nicht auf seine Anrufe.

Er sah durch das verdreckte Küchenfenster. Ein schwarzer alter BMW stand vor der Schule und ein untersetzter Anzugträger bemühte sich verzweifelt, über den Zaun zu klettern. Im verwilderten Garten stand eine Frau und schien zu lachen. Wahrscheinlich die ersten Kaufinteressenten, seitdem der alte Eulend das Seegrundstück geteilt hatte. Wenn er etwas eher gekommen wäre, vielleicht hätte er dem alten Landwirt das ganze Grundstück abschwatzen können. Aber da hatten sie diese Butze schon erworben. Er hasste es, sich das einzugestehen, aber für ein Grundstück von der Größe der ganzen Seewiesen reichten selbst seine finanziellen Mittel nicht. Jetzt hing er hier mit dieser Butze, aber wenigstens Michaela war glücklich und plante den Reitparcours und Stallungen. Wesentlich mehr Sex hatten sie gegenwärtig trotzdem nicht, zumindest nicht miteinander. Aber seit er eine neue Assistentin in seiner Finanzbuchhaltung begrüßen durfte, konnte er sich in dieser Hinsicht wirklich nicht beklagen. Die junge Dame stand auf den Geruch von Gummi und das Reifenlager lag in einer abgeschiedenen Lagerhalle, die nach 15 Uhr praktisch verwaist war.

Der Chef der polnischen Bauarbeiter, der nur in bar bezahlt werden wollte und dafür keine Quittung ausstellte, stand neben ihm und wartete. Michael Beer schaute auf die alte Fachwerkscheune, die Reihe von hässlichen Stallungen und Verschlägen, die scheinbar wahllos und windschief im hinteren Teil des Grundstücks standen. "Alles abreißen. Alles, bis auf die Scheune", sagte er zu dem Polen. Der zuckte mit den Achseln. "Die Scheune nicht?" "Nein, die nicht. Aus der mache ich später vielleicht ein Gästehaus." Der Pole schüttelte seine schütteren Locken. "Ist bloß noch Ruine." Der Autohändler starrte ihn an.

"Also gut, die Schuppen abreißen, aber mit bloßen Händen?", gab der Pole nach. Michael Beer überlegte. "Miete dir einen Radlader. Einen sehr großen. Für eine Woche oder so. Das Grundstück muss auch noch planiert werden. " Der Pole zog ab und Michael Beer dachte über eine riskante Idee nach, die sich vor seinem geistigen Auge abzeichnete.

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