Читать книгу Fanrea Band 3 - A. E. Eiserlo - Страница 2
Prolog
ОглавлениеDie Morgensonne goss ihre wärmenden Strahlen über Fanrea, tauchte die Welt in rosiges Licht. Raschelnd fuhr Wind durch die Blätter. Nach dem nächtlichen Regen dampfte der Waldboden, schwemmte den Geruch nach feuchter Erde, Holz und Harz auf. Tropfen perlten von Blüten und Gräsern, während sich in den Pfützen der Himmel spiegelte.
Hoch oben im Baumwipfel, verborgen unter dichtem Blätterdach, schlief in einem riesenhaften Horst ein Junge. Seine Atemzüge gingen ebenso gleichmäßig wie ruhig. Die dunkelbraunen Haare fielen bis knapp über die Ohren. Er lag auf der Seite, die Hände unterm Kopf gefaltet. Ein dickes Fell bedeckte wärmend den nackten Körper.
Ein Habicht hockte auf dem Nestrand, beobachtete mit scharfem Blick die Umgebung, dann wieder den Schlafenden. Als dieser sich plötzlich regte, krächzte der Raubvogel aufgeregt.
Der Junge öffnete die Augen und blickte verwirrt umher. Ächzend setzte er sich auf, starrte schließlich verwundert den Habicht an. Es dauerte einige Sekunden, bis der jugendliche Mensch sich orientiert hatte. Zögernd streckte er die Arme aus, musterte neugierig die Hände, ballte diese zu Fäusten und öffnete sie. Zwei seiner Finger strichen über die Haut eines Unterarmes. Schließlich fasste er in den Nacken, um diesen zu massieren und bewegte dabei den Kopf hin und her.
Mit einem Ruck warf der Bursche das Fell von sich herunter und betrachtete den restlichen Körper, spannte und lockerte die Muskeln. Schließlich wackelte er belustigt mit den Zehen. Zufrieden wandte er den Blick zum Habicht, der still verharrte. »Hakir, schön, dich zu sehen!«
»Na endlich, Bram!«, krächzte der Greifvogel. »Zufrieden mit deinem Werk?« Die starren Augen fixierten den Freund, tasteten in dessen Innerem, um die Gefühle aufzufangen.
»Ich denke schon. Der Körper gefällt mir!« Irritiert stutzte Bram. »He, du Flattervieh, durchleuchte mich nicht so! Ich merke, was du tust!« Er fasste mit den Fingern an Stirn und Nase, fuhr die Konturen der Lippen nach und betastete das Kinn. »Wie sieht mein Gesicht aus?«
»Tja, weiß nicht. Ich glaube, nach menschlichen Maßstäben siehst du gut aus! Hübsch, würden Mädchen sagen. Du bist auf der Schwelle vom Jungen zum Mann und besitzt ausgeprägte Muskeln. Das Zeichen auf deiner Stirn ist gut gelungen. Jedes Mal, wenn ich es ansehe, werde ich dadurch an unsere Heimat erinnert.« Er wandte sich ab und schaute zum Horizont.
»So sollte es sein!« Bram strich eine Haarsträhne aus der Stirn.
»Zieh deine Sachen an, damit wir endlich vom Baum herunterkönnen! Du hast ewig geschlafen. Mir ist schon seit geraumer Zeit langweilig«, nörgelte der Habicht.
»Seit wann liege ich hier?«
»Keine Ahnung! Viele Tage und Nächte. Bei mir ging die Verwandlung schneller.«
»Du bist ja auch nur ein Vogel, Hakir.« Der Junge lächelte schalkhaft.
»Genau, nur ein Vogel! Genau das, was ich sein wollte!« Die gelben Augen mit den schwarzen Pupillen durchbohrten ihn, der gebogene Schnabel hackte blitzschnell nach dem Arm, doch ohne ihn zu berühren.
»Schon gut, ich wollte dich nur ein wenig ärgern.« Der Attackierte griff nach seiner Kleidung, die aus einer schwarzen Hose mit einem dunklen Oberteil bestand. Beides zog er über. »Ist immer ein ungewohntes Gefühl, in einem Körper zu sein.«
»Du hast es so gewollt! Vor allem – diesen Menschenkörper!« Hakirs Stimme klang verächtlich.
Der Junge zuckte mit den Schultern, fasste nach einer von ihm bereitgelegten, ledrigen Rüstung, die aus verschiedenen graubraunen Platten bestand. Sorgfältig legte er diese an und fragte wie beiläufig: »Weißt du, wo die anderen sind?«
»Nein! Wir sind allein. Sie sind noch überall verteilt, bisher habe ich niemanden von uns hier gesehen.«
»Wir werden sie finden, um unsere Kräfte zu vereinen. Ich bin froh, dass wir uns nicht mehr auf der Erde befinden, da hat es mir nicht gefallen. Fanrea ist schöner!« Über das Antlitz huschte ein nachdenklicher Zug. Mit Schwung warf Bram einen schwarzen Kapuzenumhang über. »Wie sehe ich damit aus?«
»Düster!«
Ein letztes Mal dehnte der junge Mensch die Muskeln. Tief sog er die würzige Luft ein und ließ sie durch die Lungen strömen. Dann sah er sich um und blickte über die Landschaft Fanreas. In der Ferne sah er hohe, schneeverhangene Berge, die im Morgendunst lagen. Vor ihm breitete sich der Wald wie ein Meer aus Blättern aus. »Es ist schön zu atmen, dazu die Morgensonne auf der Haut zu spüren.«
»Können wir jetzt endlich den Baum verlassen?« Der Habicht zischte genervt. »Ich habe genug auf dich gewartet!«
»Sei nicht so ungeduldig! Ich klettere ja schon herunter.«
»Klettern?«, krächzte der grau-braun Gefiederte. »Warum benutzt du nicht deine Magie? Was soll der Blödsinn?«
»Hakir, ich will lernen, ohne Magie auszukommen, wenn es sein muss. Ich bin nicht mehr der Magier von damals. Ich bin jetzt Bram, der Mensch!« Fest presste er die Kiefer aufeinander und die Augen nahmen einen kühlen Glanz an.