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Katjas Terminkalender füllte sich immer mehr. Sie ging mit einem japanischen Gesandten in die Oper, mit einem australischen Viehzüchter ins Theater, mit einem britischen Software-König ins Konzert.

Ein Hamburger Reeder genoss ihre Gesellschaft ebenso wie ein Aachener Limonadenfabrikant und ein Berliner Börsenmakler. Sie verdiente sehr gut bei „Flamingo“, und es wäre noch wesentlich mehr für sie drin gewesen, wenn sie bereit gewesen wäre, mit ihren Kunden auch zu schlafen, doch das lehnte sie strikt ab, das kam für sie nicht in Frage, und Gabi Hauff respektierte ihre Haltung und übte keinerlei Druck auf sie aus.

Norbert Arndts geschäftliche Flaute ging zu Ende, so dass auch von dieser Seite wieder mehr Geld hereinkam. Geld für Jan Achberger, den Wucherer. Geld aber auch für Dr. Georg Weißmann, den Psychotherapeuten, zu dem Norbert zweimal in der Woche ging, damit er ihn von seiner krankhaften Spielleidenschaft heilte.

Das von Charlotte Möhner vorgeschlagene „Familientreffen“ fand an einem Samstagnachmittag statt. Katja Arndt hätte einen „Flamingo“-Job gehabt: Ein argentinischer Rinderbaron brauchte für zwei Tage eine charmante Begleitung.

Eine saubere Sache ohne Pferdefuß. Katja hätte das sehr gerne übernommen, musste Gabi Hauff aber bitten, dem argentinischen Granden jemand anders zu empfehlen.

Als sie dann den neuen Schwarm ihrer Mutter kennenlernte, war sie nicht sonderlich von ihm angetan. Er sah für sein Alter recht passabel aus. Wenn er behauptet hätte, er wäre Anfang fünfzig, hätten viele ihm das sogar abgenommen. Das lag wohl in erster Linie an seiner quirligen Art und an seiner Gabe, sich höchst lebendig bei allen ins beste Licht zu rücken.

Dennoch hatte er irgendetwas an sich, das Katja nicht richtig zusagte. Da ihre Mutter aber an seiner Seite glücklich war, behielt sie ihre Meinung für sich, denn nichts durfte mehr Gewicht haben als Mutters Freude und Zufriedenheit. Bei Kuchen und Kaffee wurde geredet und gelacht. Jeder trug das Seine dazu bei, dass die Stimmung gut war. Katja merkte, dass ihr Bruder sich sehr bemühte, nett mit Cornelius Eichinger umzugehen, und seine Mutter dankte es ihm mit freundlichen Blicken.

Eichinger gestand, nachdem mehrere Stunden verstrichen waren, dass er ziemlich nervös hierher gekommen wäre. „Man kommt auf einen unsichtbaren Prüfstand, alle fühlen einem auf den Zahn, man wird unter die Lupe genommen, durchgecheckt, befragt, examiniert, eingeschätzt und getestet und möchte natürlich den allerbesten Eindruck machen. Ein falsches Wort, und schon gibt es einen dicken Minuspunkt, der kaum mehr auszuradieren ist.“

Charlotte Möhner tätschelte seine Hand. „Ich finde, du hast die Prüfung mit Auszeichnung bestanden.“ Sie sah ihre Tochter, ihren Sohn und ihren Schwiegersohn an. „Oder ist jemand anderer Meinung?“

Keiner widersprach.

Norbert Arndts Handy läutete. „Entschuldigt bitte“, sagte er, stand auf, ging zum Fenster und nahm den Anruf entgegen. Am anderen Ende war ein Kunde, der ihn so bald wie möglich, am besten noch in dieser Stunde, sehen wollte.

Norbert witterte einen größeren Auftrag und versprach, gleich loszufahren. Katja hatte dafür Verständnis. Er verabschiedete sich von ihr, von ihrer Mutter, von seinem jungen Schwager und dem möglicherweise neuen Lebenspartner seiner Schwiegermutter und ging.

Auch Katja wollte aufbrechen, und Jürgen bot ihr an, sie nach Hause zu fahren. Die Geschwister umarmten ihre Mutter, gaben Cornelius Eichinger die Hand und verließen die Wohnung.

Sobald Katja neben Jürgen im Auto saß, fragte er: „Na, wie gefällt dir unser neuer Vater?“

„Was soll der Quatsch?“, gab Katja Arndt unwillig zurück.

Jürgen Möhner schob den Schlüssel ins Zündschloss und drehte ihn. Der Motor sprang an. „Die beiden werden heiraten“, sagte Jürgen.

„Sie kennen sich doch erst seit ein paar Wochen?“

„Sie werden heiraten, da bin ich ganz sicher.“ Jürgen fuhr los. „Wäre dir das recht?“ Er warf seiner Schwester einen kurzen Blick zu. „Ich bitte um eine ehrliche Antwort.“

„Nein“, sagte Katja aufrichtig, „es wäre mir nicht recht.“

Ihr Bruder kniff die Augen zusammen.

„Eichinger hat irgendetwas Unaufrichtiges an sich.“

„Ein Heiratsschwindler ist er aber mit Sicherheit nicht. Da hätte er sich eine Dame ausgesucht, bei der es mehr zu holen gibt als bei unserer Mutter.“

„Hoffentlich gibt es für Mama nicht irgendwann ein böses Erwachen“, brummte Jürgen.

„Willst du ihr Eichinger ausreden?“

„Könnte ich das?“

„Wenn ich die Sache richtig beurteile, nein“, sagte Dr. Katja Arndt.

Ihr Bruder zuckte mit den Schultern. „Dann versuche ich es erst gar nicht.“

Arztroman Sammelband 8 Romane Februar 2020

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