Читать книгу Sammelband 7 Schicksalsromane: Von ihren Tränen wusste niemand und andere Romane - A. F. Morland - Страница 32
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Ein Taxi hielt vor der Seeberg-Klinik. Dr. Yvonne Wismath erschien. Ihr Freund ging ihr freudestrahlend entgegen. Sie beachtete ihn nicht. Er schien für die Luft zu sein.
Sie ist müde und abgespannt, sagte sich der Mann. Sie hat zu viel gearbeitet, ist mit ihren Gedanken vielleicht noch bei ihren Patienten.
„Yvonne ...“ Er hob die Hand, um ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, doch sie beachtete ihn noch immer nicht,und ihr schönes Gesicht war weiß wie Kreide.
Sie sah aus, als hätte sie geweint. Himmel was war geschehen?
Yvonne wollte in das Taxi steigen. Walter Schmidt begriff das nicht.
Sie waren doch verabredet. Sie hatten vereinbart, dass er sie von der Seeberg-Klinik abholen würde, und nun ...Wo hin wollte sie mit dem Taxi?Wieso sagte sie nichts? Wieso würdigte sie ihn keines Blickes? Er erreichte sie, bevor sie einstieg, und griff blitzschnell nach ihrem Arm.
Jetzt sah sie ihn an. Ein eiskalter, vernichtender Blick war es. Wenn Blicke töten könnten, wäre er auf der Stelle tot umgefallen.
„Yvonne, was ist los?“
„Fass mich nicht an, Walter Schmidt!“, fauchte sie aggressiv. „Lass mich augenblicklich los, Walter Schmidt!“
„Was ist passiert?“
„Du weißt es!“, zischte Yvonne Wismath hasserfüllt. Sie hatte das Taxi vor die Klinik bestellt, nachdem ihr Petra Praetorius endlich hatte sagen können, in welchem Lokal sie sich befand. Yvonne hatte versprochen, sofort zu ihr zu kommen.
Da Walter sie noch immer am Arm festhielt, riss sie sich mit einem jähen Ruck los. Er griff sofort wieder zu. Da verlor sie den allerletzten Rest von Beherrschung, gab ihm eine schallende Ohrfeige und schrie ihm ins Gesicht: „Ich habe gesagt, du sollst mich nicht anfassen!“
Die Ohrfeige war so kräftig ausgefallen, und Walter Schmidt war so unvorbereitet gewesen, dass er benommen zurücktaumelte. Rasch sprang die Internistin ins Taxi und verlangte vom Fahrer, sofort loszufahren.
Erst als die Seeberg-Klinik außer Sichtweite war, sagte Dr. Yvonne Wismath dem Mann am Volant, wohin sie wollte.
Er nickte stumm und enthielt sich jeglichen Kommentars. Die Querelen anderer Leute interessierten ihn nicht.
Petra Praetorius hatte vier Bourbon getrunken, konnte sie aber nicht bezahlen, weil sie kein Geld bei sich hatte. Yvonne Wismath löste sie aus. Sie bezahlte die Drinks und das Telefongespräch, legte sich Petras rechten Arm um ihre Schultern und verließ mit ihr das Lokal.
„Ich wusste nicht, wohin“, sagte Petra mit schwerer Zunge. „Sie waren meine letzte Hoffnung, sind es noch.“
„Du kommst erst mal mit zu mir nach Hause“ Yvonne sah in Petra Praetorius eine Leidensgenossin und hätte es albern gefunden, sie weiter zu siezen.
„Du musst in deiner Wohnung alle Spiegel verhängen“, sagte Petra jammernd.
„Warum denn das?“, fragte Yvonne. Petra war schwer, sie hängte sich ganz schön an.
„Ich kann mich nicht mehr sehen“, schluchzte Petra. „Ich finde mich zum Kotzen.“
Das Taxi wartete vor dem Lokal. Der Fahrer hörte „Kotzen“ und erschrak. „He, Ihre Freundin ist doch hoffentlich stubenrein, ja?“, rief er beunruhigt.
„Keine Angst, sie wird sich in Ihrem Wagen nicht übergeben“, beruhigte Yvonne ihn. Sie stieg mit Petra ein und sagte, während sie die Tür schloss: „Und wenn doch, dann haben Sie eben Pech gehabt..“
„Na, Prost Mahlzeit, das sind ja schöne Aussichten“, maulte der Fahrer.
Yvonne machte ihm begreiflich: „Je früher Sie uns da abliefern, wohin wir wollen, desto eher sind Sie uns los.“
Der Fahrer legte sofort den ersten Gang ein. „Wohin soll’s gehen?“
Die Internistin nannte ihre Adresse, und der Fahrer gab augenblicklich Gas.