Читать книгу 8 Arztromane: Engel in Weiß und ein Arzt aus Leidenschaft - Sammelband - A. F. Morland - Страница 5

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Die Hochzeitsfeier fand im Garten statt. Nach einem harten April war der Mai sommerlich warm geworden, so dass man wunderbar unter freiem Himmel feiern konnte. An langen weiß gedeckten Tischen wurden die Gäste von gemietetem Personal freundlich bedient. Man konnte essen und trinken, soviel man wollte, ohne dass es deswegen an irgend etwas gemangelt hätte, denn die aufmerksamen und erfahrenen Angestellten der Catering-Firma sorgten stets rechtzeitig für geschmackvoll dekorierten Nachschub.

Chefarzt Dr. Sören Härtling war von der Braut persönlich eingeladen worden. „Sie müssen auf jeden Fall kommen“, hatte die schöne Nachtschwester gesagt. „Mit Ihrer Familie.“

„Mit der ganzen Familie?“, hatte der Chef der Paracelsus-Klinik lächelnd erwidert. „Ich habe vier Kinder.“

„Denken Sie, das weiß ich nicht? Sie kommen mit Kind und Kegel. Ich bestehe darauf, denn ich möchte Sie am schönsten Tag meines Lebens unbedingt dabeihaben.“

Also war der Klinikchef mit seiner Familie und mit einem hübschen Geschenk für die Brautleute erschienen und nun stand er mit den Seinen etwas abseits vom Trubel und genoss ein Stück der Hochzeitstorte.

„Schwester Alexandra ist eine wunderschöne Braut“, stellte Jana Härtling fest.

„Ich habe noch nie eine hässliche Braut gesehen“, sagte Ben, ihr achtzehnjähriger Sohn.

„So ein weißer Brautfummel gibt eben was her“, grinste der vierzehnjährige Tom.

„Sag doch nicht Fummel zu diesem bezaubernden Kleid“, wies Dana, Bens Zwillingsschwester, ihren jüngeren Bruder zurecht.

„Der muss sich ja immer über alles abfällig äußern“, gab die zehnjährige Josee ihren Senf dazu.

„Du hältst besser die Luft an, Kleine“, sagte Tom unfreundlich.

Josee wandte sich an ihre älteren Geschwister, deutete mit dem Daumen auf Tom und meinte lachend: „Die Wahrheit hört er nicht gern.“

„Wann hast du schon mal die Wahrheit gesagt?“, blaffte Tom.

„Ich? Immer. Was man von dir nicht behaupten kann“, konterte Josee.

„Sag mal, spinnst du?“, brauste Tom auf.

„Still jetzt“, fuhr Jana Härtling energisch dazwischen.

„Sie hat mich einen Lügner genannt“, verteidigte sich Tom. „Das kann ich doch nicht auf mir sitzenlassen.“

„Wir nehmen hier an einer netten gemütlichen Hochzeitsfeier teil“, sagte Ben zu Tom und Josee. „Tragt eure Schlammschlachten gefälligst zu Hause aus.“

„Genau“, pflichtete Dana ihrem Zwillingsbruder bei.

Sören Härtling hielt sich aus all dem heraus. Er war dieses harmlosen Geplänkel gewöhnt. Wenn die Familie beisammen war, ging das von morgens bis abends so. Sechs Menschen sind nun mal nicht immer einer Meinung.

„Ich hol’ mir noch was zu trinken“, sagte Ben. „Soll ich jemandem was mitbringen?“

Tom griente. „Ein Gläschen Champagner wäre nicht schlecht.“

Ben gab ihm einen Nasenstüber. „Du werd’ erst mal trocken hinter den Ohren, dann darfst du Champagner trinken.“ Er entfernte sich und stellte sich da an, wo es Bier gab.

Als er mit seinem Glas zur Familie zurückkehren wollte, stieß er mit einer elegant gekleideten Frau zusammen. Das Bier wäre beinahe über ihr teures Kostüm geschwappt. Er konnte es mit akrobatischen Verrenkungen gerade noch verhindern. „Entschuldigung“, sagte er verlegen.

„Oh, es war meine Schuld“, sagte die Frau. „Ich habe nicht aufgepasst.“

„Ist zum Glück ja nichts passiert.“

„Ja zum Glück.“

Ben betrachtete sie fasziniert. Sie war bildschön, hatte kinnlanges tizianrotes Haar, ein schmales madonnenhaftes Gesicht und eine atemberaubende Figur. Er schätzte sie auf Mitte dreißig.

Sie lächelte. „Ist irgend etwas?“

„Nein“, sagte er verwirrt. „Wieso?“

„Sie sehen mich so an...“

„Entschuldigung.“ Er spürte Wärme in seine Wangen steigen.

Sie lachte. „Entschuldigen Sie sich doch nicht schon wieder! Halten Sie es für möglich, dass wir uns schon mal irgendwo begegnet sind?“

„Wir beide? Sie und ich? Nein, das glaube ich nicht.“

„Wieso glauben Sie es nicht?“

„Weil ich mich mit Sicherheit an Sie erinnern könnte.“

Sie streckte ihm ihre gepflegte schmale Hand entgegen. „Ich bin Ulla Eggerth.“

Er drückte ihre Hand, nachdem er das Bierglas in die Linke genommen hatte. „Ben Härtling.“

„Härtling? Den Namen kenne ich.“

„Mein Vater ist Dr. Härtling, der Chef der Paracelsus-Klinik.“

„Da war ich schon mal.“

„Als Patientin?“

Ulla Eggerth schüttelte den Kopf. „Ich habe nur jemanden besucht.“

„Ach so.“

Ulla Eggerth deutete auf sein Glas. „Ihr Bier wird warm.“

Ben zuckte mit den Schultern. „Das macht nichts.“

„Sie sollten es trinken.“

„Darf ich Ihnen etwas holen?“

„Ich bin im Augenblick nicht durstig“, antwortete Ulla Eggerth.

Ben trank. Mit einem weißen Bierschaumbart auf der Oberlippe fragte er: „Sind Sie mit den Brautleuten befreundet?“ Er wischte den Schaum mit dem Handrücken ab.

„Ich bin eine Kundin des Bräutigams“, erklärte Ulla Eggerth. „Er hat ein großes Antiquitätengeschäft in der Sonnenstraße, wie Sie wahrscheinlich wissen und ich bin geradezu verrückt nach alten Gegenständen. Ich habe dafür schon ein kleines Vermögen ausgegeben.“

„Ich nehme an, Sie können es sich leisten.“

„Das kann ich. Haben Sie schon mal vom Versandhaus ‘Ulla’ gehört?“

„Ja, natürlich.“

„Es gehört mir.“

Ben hob lachend die Schultern. „Na, dann...“ Ulla Eggerth gefiel ihm. Sie gefiel ihm sogar sehr. Sie war ihm ungemein sympathisch, hatte eine lockere unkomplizierte Art und spielte nicht die Überlegene, weil sie ein paar Jahre älter war, sondern behandelte ihn so, als wären sie beide im gleichen Alter.

„Und Sie?“, fragte sie ihn interessiert. „Was machen Sie beruflich?“ „Ich? Noch nichts.“

„Ach, Sie gehen noch zur Schule.“

„Ja.“

„Wissen Sie schon, was Sie mal werden wollen?“

„Da möchte ich mich noch nicht festlegen.“

„Vielleicht werden Sie Arzt wie Ihr Vater“, meinte Ulla Eggerth.

„Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Wir werden sehen.“

„Sie sind bestimmt ein guter Schüler.“

„Es gibt bessere“, erwiderte Ben bescheiden.

„Sie sehen sehr sportlich aus.“

„Ich spiele Tennis.“

„Ja? Ich auch.“ Sie lächelte ihm zu. „Nun, dann ergibt sich vielleicht einmal die Gelegenheit...“

„Warum nicht? Rufen Sie mich in den nächsten Tagen mal an.“

Ben strahlte. „Okay.“

„Ich stehe im Telefonbuch.“

„Ich freue mich auf ein Match mit Ihnen“, erklärte Ben höflich.

Ulla Eggerth lachte. „Hoffentlich sind Sie nicht zu gut für mich.“

„Vielleicht ist es genau umgekehrt“, gab Ben Härtling schmunzelnd zurück. „Wir werden es herausfinden.“

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