Читать книгу 8 Arztromane: Engel in Weiß und ein Arzt aus Leidenschaft - Sammelband - A. F. Morland - Страница 8
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Rosanna Wiegand, die Mutter des Bräutigams, war für Dr. Härtling keine Unbekannte. Sie hatte bis vor ein paar Jahren zu seinen Stammpatientinnen gehört. Dann war sie nach Nürnberg gezogen und das war natürlich mit einem Arztwechsel verbunden gewesen. Als der Chefarzt der Paracelsus-Klinik die Frau nun wiedersah, erschrak er ein wenig, denn Rosanna Wiegand
wog mindestens fünfundzwanzig Kilo mehr.
„Frau Wiegand.“ Sören hatte Mühe, seine Verblüffung nicht zu zeigen.
Die dick gewordene Frau strahlte ihn an. „Herr Dr. Härtling, wie geht es Ihnen?“
„Gut und wie geht es Ihnen?“
„Ich kann nicht klagen“, behauptete Rosanna Wiegand. Sören machte die ehemalige Patientin mit seiner Familie bekannt. Jana Härtling konnte der Frau nur kurz die Hand geben, dann musste sie sich um Tom, der sich (sehr zum Amüsement von Josee) mit Vanilleeis bekleckert hatte, kümmern.
„Sie haben sich überhaupt nicht verändert“, stellte Rosanna Wiegand lächelnd fest, nachdem sie den Klinikchef von Kopf bis Fuß gemustert hatte.
Ich wollte, ich könnte dasselbe von ihr sagen, dachte Sören Härtling. „Haben Sie sich in Nürnberg gut eingelebt?“, fragte er stattdessen.
„Ja“, gab Frau Wiegand zur Antwort. „Ich habe bereits viele Freunde da.“
„Sehr schön.“
„Nach München komme ich nur noch zu besonderen Anlässen.“
„Wie zur Hochzeit Ihres Sohnes.“
„Zum Beispiel“, nickte Rosanna Wiegand und ein seltsamer Ausdruck huschte über ihr rundes Gesicht. War sie mit der Heirat etwa nicht einverstanden?
„Ihr Sohn hat eine gute Wahl getroffen“, behauptete Dr. Härtling. „Seine junge Frau ist nicht nur bildhübsch, sondern was meiner Ansicht nach wesentlich mehr zählt beruflich und privat ein äußerst wertvoller Mensch.“ Frau Wiegand seufzte. „Ich kenne sie leider noch nicht so gut wie Sie,
Herr Doktor. Mein Sohn kam mit ihr vor drei Wochen zu mir nach Nürnberg, stellte sie mir vor und lud mich gleichzeitig zur Hochzeit ein.“
„Das ging Ihnen wohl ein bisschen zu schnell.“
„Ich fühlte mich, ehrlich gesagt, ein wenig überfahren. Aber mein Sohn ist erwachsen. Was immer er tut, ich habe mich damit abzufinden.“
„Waren Sie gegen diese Heirat?“, fragte Dr. Härtling.
„Das nicht, aber ich verstehe die Eile nicht.“ Frau Wiegand wechselte das Thema. „Haben Sie mich eigentlich gleich wiedererkannt, Herr Doktor? Als wir uns das letzte Mal sahen, war ich noch vollschlank. Ich habe mächtig zugelegt.“
„Eine Gewichtsreduktion würde Ihnen guttun. Natürlich nur unter ärztlicher Aufsicht.“
Rosanna Wiegand seufzte. „Ich habe jedes Jahr mindestens zwei Schlankheitskuren gemacht und wenig später hatte ich mein altes Kampfgewicht nicht nur wieder, sondern noch ein paar Kilo dazu. Irgendwann habe ich dann das Handtuch geworfen und zu mir gesagt: „Ich bin, wie ich bin und damit hat es sich.“
„Richtiges Abnehmen beginnt im Kopf“, erklärte Dr. Härtling. „Diäten allein bringen nichts.“
Frau Wiegand zuckte mit den Schultern. „Vielleicht nehme ich eines Tages einen neuerlichen Anlauf. Im Moment beschränke ich mich einfach darauf, mein Gewicht zu halten.“
„Fühlen Sie sich wohl?“
„Ich würde lügen, wenn ich ja sagte. Das Leben ist für mich beschwerlicher geworden.“
„Tja, dann...“
Rosanna Wiegand winkte ab. „Ich weiß, Herr Doktor, ich weiß. Ich wünschte, ich hätte einen stärkeren Willen, aber ich habe ihn leider nicht.“
Ein Bekannter holte sie fort und Dr. Härtling widmete sich wieder seiner Familie.
„Du machst dir Sorgen um ihre Gesundheit, nicht wahr?“, sagte Jana zu ihrem Mann. Keine Regung in seinem Gesicht war ihr fremd.
„Sie hatte schon früher einen zu hohen Blutdruck“, brummte der Klinikchef. „Und ihr Herz ist auch nicht gerade das gesündeste.“
Er hatte wenig später Gelegenheit, sich mit dem Bräutigam unter vier Augen zu unterhalten und er riet Thorsten Wiegand, darauf zu drängen, dass seine Mutter so bald wie möglich unter ärztlicher Kontrolle abspeckte.
„Steht es denn so schlimm um sie?“, fragte der gutaussehende Antiquitätenhändler besorgt.
„Ich habe sie nicht untersucht und kenne ihre derzeitigen Werte nicht“, antwortete Sören Härtling, „aber das Gewicht, das sie heute mit sich herumschleppt, wäre schon vor ein paar Jahren zu viel für sie gewesen.“
„Ich werde ihr ins Gewissen reden“, versprach der frischgebackene Ehemann. „Sie wird eine Woche bei uns bleiben. Da findet sich bestimmt eine passende Gelegenheit dazu.“