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Feierabend. Endlich!

Lore Märthesheimer sortierte noch schnell die Ware an den Wühltischen und verließ dann ihre Abteilung.

Eine Kollegin fragte im Umkleideraum: „Kommst du mit ins Kino?“

„Geht leider nicht“, gab Lore zurück. „Ich werde abgeholt.“

„Ich dachte, dein Freund ist in Düsseldorf.“

„Das ist er.“

Die Kollegin drohte mit dem Finger. „Du wirst ihm doch nicht untreu werden.“

„Ich bin mit meiner Mutter verabredet.‟

„Das ist okay“, lachte die Kollegin.

Lore Märthesheimer schloss ihren Spind ab. „Bis morgen.“

„Ja, bis morgen“, gab die Kollegin zurück.

„Viel Spaß im Kino“, wünschte Lore.

„Danke.“

Als Lore wenig später das Kaufhaus durch den Personalausgang verließ und ihre Mutter erblickte, setzte sie ein Lächeln auf und ging auf sie zu.

Ute Märthesheimer war einen halben Kopf kleiner als ihre Tochter. Sie schien nicht besonders glücklich zu sein, versuchte das aber vor jedermann so gut wie möglich zu verbergen.

Mutter und Tochter umarmten einander innig.

„Schön, dich zu sehen“, versicherte Lore.

„Ja. Du hast abgenommen.“ Ein mütterlich besorgter Blick traf die Frau.

„Stimmt ja gar nicht. Ich habe immer dasselbe Gewicht.“

„Woher willst du das wissen? Du besitzt doch gar keine Waage.“

„Wenn meine Klamotten weder schlottern noch spannen, weiß ich, dass sich mein Gewicht nicht verändert hat.“ Lore musterte ihre Mutter etwas genauer. „Aber du, du hast abgenommen.“

„Ich hatte vor zwei Wochen eine ziemlich schwere Darmgrippe“, sagte Ute Märthesheimer, die vor zwei Monaten ihren vierundvierzigsten Geburtstag gefeiert hatte. „Das hat mich einige Kilo gekostet.“

„Ist inzwischen wieder alles in Ordnung?“, erkundigte sich Lore besorgt.

„Ja“, nickte Ute Märthesheimer, „und ich habe auch schon wieder drei Pfund zugenommen.“

Lore hängte sich bei ihrer Mutter ein, und sie gingen die Straße hinunter.

„Irgendwelche Neuigkeiten?“, erkundigte die Jüngere.

„Das Wohnzimmer wurde neu tapeziert.“

„Hübsches Muster?“

„Ja“, sagte Ute Märthesheimer. Sie senkte den Blick. „es – es würde dir gefallen. Und einen neuen Teppichboden haben wir auch gekauft.‟

Lore schmunzelte. „Habt ihr eine Bank überfallen, oder im Lotto gewonnen?‟

Lore lachte. „Das erzählst du wohl jedem, damit keine Bettelbriefe ins Haus kommen.“

„Wie kommst du zurecht?“, erkundigte sich Ute Märthesheimer.

„Ganz gut.“

„Und mit dir und Werner ist auch alles in Ordnung?“

„Diese Beziehung scheint zu halten. Eine hundertprozentige Garantie gibt’s dafür ja nie, aber ich habe diesmal ein wesentlich besseres Gefühl als die ändern Male.“

„Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als dass du glücklich wirst, mein Schatz.“

Lores Blick verdunkelte sich etwas. „Wie geht es Vater?“

Ute Märthesheimer schüttelte den Kopf. „Nicht so gut.“

„Sein Herz?“ fragte Lore ernst. Ihre Mutter nickte. „Er klagt zwar nie, aber ich sehe ihm an, dass er leidet.“

„Hat sich, die Angina pectoris verschlechtert?“

„Leider ja.“

„Was sagt der Arzt?“ wollte Lore wissen. Echte Sorge schwang in ihrer Stimme mit.

Papa soll sich nicht aufregen. Starke Emotionen erhöhen den Sauerstoffbedarf des Herzens.‟

„Bekommt er ausreichend Medikamente?“

„Ja, aber er spricht nicht besonders gut darauf an“, berichtete Ute Märthesheimer. „Nur Nitroglyzerin hilft ihm wirklich.“

„Warum legt er sich nicht für ein paar Tage in eine gute Klinik und lässt sich gründlich untersuchen? In die Paracelsus-Klinik, zum Beispiel.“

„Ach, du weißt doch, wie dein Vater über Krankenhäuser denkt.“

„Manchmal kommt man nicht darum herum, so eine Klinik aufzusuchen. Papa ist doch erst achtundvierzig. Dr. Härtling und seine Kollegen könnten ihm bestimmt helfen.“

„Helfen ... “ Ute Märthesheimer atmete schwer aus.

„Mit einer Bypassoperation vielleicht“, sagte ihre Tochter.

Ute Märthesheimer schüttelte langsam den Kopf. „Papa möchte sich nicht operieren lassen.“

„Wovor hat er Angst?“

„Sein Vater ist während eines solchen Eingriffs gestorben.“

„Möglicherweise waren die Operationstechniken damals noch nicht so ausgereift. Heute ist man in diesen Dingen doch schon viel weiter. Jährlich werden weltweit Tausende solcher Operationen durchgeführt, die ausgezeichnete Erfolge bringen. Du musst Papa dazu bringen, dass er sich in der Paracelsus-Klinik untersuchen lässt.“

„Wie denn, wenn er nichts davon hören will? Soll ich ihn auf regen? Damit es ihm noch schlechter geht?“

„Ist es dir lieber, ihn zu verlieren?“, fragte die junge Frau provozierend.

Ute Märthesheimer sah ihre Tochter erschrocken an. „Gott, Kind ...“

„Du wirst das kleinere Übel wählen müssen“, sagte Lore nüchtern. „Ich fürchte, daran führt kein Weg vorbei.“

Sie setzten sich in einen Biergarten und bestellten Kasseler Rippchen mit Sauerkraut und hefetrübes Weißbier.

„Dein Vater hat ja so einen furchtbaren Dickschädel“, beklagte sich Frau Ute.

„Wenn es nicht so wäre, brauchten wir uns nicht heimlich zu treffen.“

„Es fällt mir nicht leicht, ihn zu beschwindeln, um dich sehen zu können:“

„Wo bist du diesmal?“, fragte Lore.

„Bei einer Bekannten von früher.“

„Irgendwann wird Papa dir auf die Schliche kommen. Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht.“

„Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dich mit ihm wieder zusammenzubringen“, sagte Ute Märthesheimer. „Du bist sein Kind. Er liebt dich.“

Lore sah ihre Mutter mit Tränen in den Augen an und sagte: „Ich wollte, er würde mir das endlich wieder zeigen.‟

Der Arztroman Lese-Koffer Mai 2021: 16 Arztromane

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