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„Er trinkt und schläft und trinkt und schläft“, sagte Bertha Wasner lächelnd zu ihrem Mann, während der kleine Florian kräftig an ihrer Brust saugte.

„Ein braves Baby“, sagte Josef Wasner stolz. „Ganz der Papa.“

„Warst du als Säugling etwa auch so brav?“

„Na klar, und ich bin es noch immer.“

Es klopfte, die Tür öffnete sich, und ein sommersprossiger Mann mit Geiernase trat ein. Er trug einen Schlafrock, und seine Füße steckten in Lederpantoffeln. Ein Patient.

„Entschuldigen Sie die Störung“, sagte er und kam zaghaft näher. Er schaute auf das Baby. „Bildschön, der Kleine. Wirklich bildschön.“ Er sah die Eltern an. „Herr und Frau Wasner?“

Josef Wasner musterte den Fremden reserviert. „Ja?“

„Ich bin Ronny Puhl“, stellte der Mann sich vor.

Das, Ehepaar Wasner sah ihn abwartend an.

Puhl verzog das Gesicht zu einer leidvollen Grimasse. „Gallensteine.“ Er rollte die Augen. „So viele, dass ich damit einen schwunghaften Handel hätte betreiben können. Man hat sie mitsamt der Gallenblase entfernt. Nun muss die Leber mehr arbeiten, wenn ich richtig informiert bin.“

Der Säugling hörte auf zu trinken. Bertha Wasner schloss das Leinenhemd.

„Wie heißt der Kleine?‟, erkundigte sich Ronny Puhl.

„Florian“, antwortete die Mutter.

„Florian“, wiederholte Puhl. „Ein hübscher Name. Mein Großvater mütterlicherseits hieß Florian“, behauptete er, obwohl es nicht der Wahrheit entsprach. Er wollte damit die Sympathie der Eltern gewinnen. „Opa Florian war ein herzensguter Mensch. “ Er lächelte das Baby an und schnitt Gesichter. „Na du? Wo ist er denn, der kleine Florian? Ja, wo ist er denn?“ Er wippte dabei vor und zurück.

Josef Wasner wurde langsam ungeduldig. „Herr ...“

„Puhl“, half ihm der Sommersprossige.

„Herr Puhl ... “, sagte Josef Wasner, der endlich wissen wollte, weshalb der Mann die Familienidylle störte.

„Ganz recht“, nickte der Reporter und richtete seine Blicke auf die Mutter. „Ich hoffe, Sie hatten eine leichte Geburt, Frau Wasner.“

„Sechsunddreißig Stunden Wehen“, informierte Josef Wasner den Mann mit der Geiernase leicht unterkühlt.

„Sechsunddreißig Stunden.“

Ronny Puhl griff sich ah die Stirn. „Ach, du lieber Himmel. Wie haben Sie das bloß ausgehalten, Frau Wasner?“

„Tja, da muss man irgendwie durch“, sagte Bertha Wasner, ein wenig stolz auf ihre Leistung.

Puhl war voller Bewunderung. „Einen solchen Kraftakt traut man Ihnen gar nicht zu. Ich könnte mir vorstellen, dass ein so einschneidendes und schmerzliches Erlebnis das Band zwischen Mutter und Kind ganz besonders festigt.“

Josef Wasner atmete tief ein und sagte laut: „Ich möchte nicht unhöflich sein, Herr Puhl ...“

„Ich rede schon wieder zu viel. “Der Sommersprossige schüttelte betrübt den Kopf. „Es ist immer dasselbe mit mir. Ständig gehe ich meinen Mitmenschen mit meinem vielen Gerede auf die Nerven. Entschuldigen Sie, Herr Wasner. Ich bitte tausendmal um Vergebung. Man hat mir die Gallenblase entfernt, aber von diesem anderen Leiden kann mich keiner befreien.“

Nach wie vor wartete Josef Wasner auf eine Erklärung.

„Ich sehe eine glückliche Familie“, sagte Ronny Puhl pathetisch. „Ich sehe ein süßes Baby, das noch dazu so heißt wie mein Lieblingsgroßvater. Da geht mir das Herz auf, und ich möchte Gutes tun.“

„In welcher Weise?“, fragte Josef Wasner mit kaum noch verhohlenem Argwohn.

Puhl hob die Hand. „Ich möchte vorausschicken, dass niemand in diesem Klinikum eine Indiskretion begangen hat. Nirgendwo wird die ärztliche Schweigepflicht so gewissenhaft beachtet wie in der Paracelsus-Klinik. Dennoch kann es vorkommen, dass jemand etwas erfährt, das nicht für seine Ohren bestimmt ist.“

„Ich fürchte, meine Frau und ich können Ihnen nicht folgen, Herr Puhl.“

„Ich rede ja auch ziemlich wirr um den heißen Brei herum, nicht wahr?“

„Um welchen heißen Brei?“, fragte Josef Wasner.

„Sehen Sie, ich möchte, dass wir uns von Anfang an richtig verstehen, dass Sie nichts in die falsche Kehle kriegen, dass zwischen uns kein Misston aufkommt. Wie ich schon sagte, möchte ich Gutes tun. Ich möchte Ihnen helfen. Zu Ihrem Glück möchte ich Ihnen verhelfen, um es auf den Punkt zu bringen. “

Über Josef Wasners Nasenwurzel entstand eine Unmutsfalte. „Wenn Sie uns etwas andrehen möchten ...“

„Gott bewahre, nein.“ Ronny Puhl lachte. „Nein, ich bin kein Vertreter.“

„Was sind Sie dann?“, wollte Wasner wissen.

„Ich bin Reporter“, sagte Puhl. „Habe ich das noch nicht erwähnt?“

„Nein.“

Puhl nickte. „Das sieht mir ähnlich. Ich rede und rede, aber das Wichtigste vergesse ich zu erwähnen. Also ... Ja, ich bin Reporter, und der Zufall wollte es, dass ich leider oder Gott sei Dank ein vertrauliches Gespräch zwischen Ihnen und Dr. Härtling mitbekam. Seither weiß ich, wie Florian ... Nun ja, wie Ihr süßer kleiner Sohn entstanden ist: Durch extrauterine Besamung, wie das wohl im medizinischen Sprachgebrauch genannt wird. Oder, volkstümlich ausgedrückt: Ihr niedlicher Junge ist ein Retortenbaby.“

Es entstand eine kurze Pause. Die Wasners sahen sich an und wussten nicht, was sie sagen sollten.

Der Arztroman Lese-Koffer Mai 2021: 16 Arztromane

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