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Ronny Puhl erholte sich rasch von dem „Knopflocheingriff“, der an ihm vorgenommen worden war.

„Wenn Sie brav sind, dürfen Sie schon bald nach Hause gehen“, stellte Schwester Annegret ihm in Aussicht.

„Brav sein ist langweilig“, gab der sommersprossige Reporter schelmisch grinsend zurück. „Warum setzen Sie sich nicht zu mir und erzählen mir einen Schwank aus Ihrem bestimmt sehr ereignisreichen Leben?“ Er hob die Hände. „Ich verspreche Ihnen, ich behalte es ganz bestimmt nicht für mich.“

„Deshalb werde ich mich hüten, Ihnen etwas anzuvertrauen“, sagte die grauhaarige Pflegerin.

„Möchten Sie Ihren Namen nicht mal fett gedruckt in der auflagenstärksten Zeitung Münchens sehen?“

„Nein, das möchte ich ganz bestimmt nicht.“

„Viele Menschen würden Gott weiß was dafür geben.“

„Ich bin nicht so geltungssüchtig. Ich blühe lieber im Verborgenen.“ Annegret schüttelte das Kopfkissen des Reporters auf.

Ronny Puhl rieb sich die große Geiernase. „Hatten Sie in jungen Jahren mal eine leidenschaftliche Romanze mit einem gutaussehenden, aber verheirateten Arzt?“

„Nein. Aber selbst wenn, würde ich es Ihnen nicht erzählen.“

Die Tür wurde geöffnet, und ein kahler Kopf, der die Form eines Eis hatte, erschien. „Ist es erlaubt, Schwester?“, fragte der Besucher.

„He, Wuschelkopf!“, rief Ronny Puhl. „Siehst du nicht, dass ich bei dieser reifen Dame mächtig am Baggern bin? Komm in einer Stunde wieder.“

„Was wird in einer Stunde anders sein?“, fragte der Kahle und trat ein.

„Alles“, grinste der Reporter. „Ach, Schwester Annegret, würden Sie sich bitte einen Moment umdrehen, damit ich aufstehen kann?“

Die Pflegerin bewegte sich keinen Millimeter. „Haben Sie etwa Angst, ich könnte Ihnen etwas weggucken?“

„Weiß man’s?“ Der Reporter verließ das Bett und schlüpfte in seinen Schlafrock. „Ach übrigens, der Herr mit der enormen Scheitelerweiterung heißt Paul Petersen und ist mein Chefredakteur. Schmalzlocke, sag guten Tag zu Schwester Annegret. Sie ist der gute Geist der Frauenstation, aber, wie du siehst, hat sie auch ein Herz für männliche Patienten.“

„Guten Tag, Schwester Annegret“, grüßte Paul Petersen. „Werden Sie diesem vorlauten Burschen Herr?“

„Aber ja“, gab die Pflegerin lachend zurück. „Die paar Tage, die er noch hier sein darf, ehe er wieder auf die arme Menschheit losgelassen wird, ertrage ich ihn schon noch. “

Ronny Puhl zeigte auf sie. „Über diese einmalige Frau schreibe ich eine zwölfteilige Artikelserie, Paul.“

„Dann rechnen Sie aber jetzt schon mit einem Rattenschwanz von Klagen“, warnte ihn die Pflegerin und ging hinaus.

„Patentes Weib “, sagte Ronny Puhl anerkennend. „Dieser Schwester muss man einfach Achtung zollen, ob man will oder nicht.“

„Wie ich höre, schmeißen sie dich hier bald raus“, sagte Petersen.

Der Reporter ging mit seinem Chefredakteur in den Klinikpark. Sie setzten sich auf eine Bank, und Ronny Puhl sagte: „Hör zu, Prachttolle, du kommst wie gerufen. Ich hab’ ’ne prima Story für dich.“

„Über Schwester Annegret?“

„Annegret kommt später dran.“

„Und was möchtest du vorziehen?“, fragte Petersen.

„Die Geschichte über ein Retortenbaby, das hier in der Paracelsus-Klinik geschaffen wurde und kürzlich erst auf die Welt kam. “

„Ein Retortenbaby?“

Der Reporter griente. „Da staunst du, was?“

„Woher hast du diese Information?“

„Aus allererster Quelle. Von den Eltern des Kindes und von Dr. Sören Härtling, dem Chefarzt dieser Klinik. Ich habe auf der Säuglingsstation zufällig ein Gespräch dieser drei Leutchen mitgekriegt. Bist du interessiert?“

Der Chefredakteur massierte mit Daumen und Zeigefinger nachdenklich sein Kinn.

„Ein Retortenbaby bringt Schlagzeilen“, sagte Ronny Puhl mit listig funkelnden Augen.

Paul Petersen hob den Finger. „Die Story müsste natürlich hieb- und stichfest sein.“

„Ehrensache.“

„Gut recherchiert ...“

„Ist doch klar.“

„Keine Halbwahrheiten ...“

„Aber Paulchen.“

„Dr. Härtling hat einen der profiliertesten Münchner Rechtsanwälte zum Schwager“, sagte der kahle Chefredakteur.

Ronny Puhl nickte. „Ist mir bekannt.“

„Er würde uns die Hölle heiß machen, wenn du – wie es hin und wieder vorkommt – in dichterischer Freiheit schwelgst.“

Der Reporter hob die Hand, als wollte er schwören. „Ich werde mich an die Fakten halten, Lockenköpfchen.“

„Und die Eltern müssen damit einverstanden sein, dass du diesen Bericht über sie und ihr Baby schreibst.“

Puhl nickte. „Sie werden einverstanden sein.“

„Ich will das Schwarz auf Weiß haben“, sagte Petersen.

Der Reporter lachte. „Hör mal, Krauskopf, traust du mir etwa nicht mehr?“

„Was heißt nicht mehr?“, gab Paul Petersen trocken zurück. „Ich habe dir noch nie getraut. Du bist ein ausgekochtes Schlitzohr.“

Ronny Puhl bleckte die Zähne. „Ich liebe deine Offenheit. Da weiß ich wenigstens immer, woran ich bin.“ Er legte dem Chefredakteur den Arm um die Schultern. „Hör zu, mein Freund, ich hab’ da eine geniale Idee.“

„Oje.“

„Was ist?“

„Die meisten deiner genialen Ideen sind mit Vorsicht zu genießen.“

„Diese nicht“, behauptete Ronny Puhl. „Pass auf ...“

Der Arztroman Lese-Koffer Mai 2021: 16 Arztromane

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