Читать книгу 7 Kriminalromane für lange Dezember-Nächte - A. F. Morland - Страница 37
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Ronald Anselm legte seine Reisetasche auf den Boden und setzte sich auf das Bett.
„Es wird hier nicht geraucht“, hörte er die junge Frau sagen, die ihm das Zimmer geöffnet hatte. Sie hatte blondes Haar mit einem deutlichen Rotstich.
„Schon in Ordnung“, murmelte Anselm.
„Sie haben für drei Nächte im Voraus bezahlt, aber wenn Sie für eine ganze Woche bezahlen, bekommen Sie Rabatt.“
„Ich weiß aber nicht, ob ich noch eine ganze Woche in der Stadt bleibe“, erwiderte Anselm. Er sah sie an und seine Hände ballten sich zu Fäusten. Sie krampften sich so sehr zusammen, dass an den Knöcheln das Weiße hervortrat. Du musst es tun!, wisperte eine Stimme in seinem Innern. Jetzt. Sofort.
„Nein!“, sagte er laut und die junge Frau runzelte die Stirn, weil sie nicht begriff, dass das etwas war, das er zu sich selbst sagte und nicht zu ihr.
„Was meinen Sie mit nein?“, fragte sie. „Sind Sie Raucher? Dann tut es mir leid. Unter diesen Umständen muss ich Sie bitten...“
„Ich bin kein Raucher“, sagte Anselm. Er schwitzte. „Und jetzt lassen Sie mich bitte einen Augenblick allein.“
Sie sah ihn etwas verwundert an. Ihre Augenbrauen zogen sich in der Mitte zusammen.
„Ist Ihnen nicht gut? Soll ich einen Arzt holen?“
„Nein, es ist alles in Ordnung. Ich möchte nur, dass Sie mich jetzt allein lassen.“
Die junge Frau verließ das Zimmer. Bilder erschienen vor seinem inneren Auge. Erinnerungen. Erinnerungen. Er war ein Kind. Und da saß diese große Frau mit den roten Haaren auf dem Sofa. Ihre Haare waren nicht wirklich rot. Sie färbte sie nur. Er hatte das schon mal gesehen, wie sie das machte. Aber sie konnte das nur, wenn sie nicht so viel getrunken hatte wie jetzt. Jetzt konnte sie nicht einmal aufstehen. “Du musst es tun!“, hörte er ihre Stimme. Diese Stimme, die ihn seit jener Zeit nie verlassen hatte und die immer diesen einen Satz sagte - manchmal so undeutlich, dass wohl niemand anderes ihn verstanden hätte.
„Nein!“, sagte Ronald Anselm laut in das Zimmer der heruntergekommenen Absteige hinein. „Nein!“
Aber die Stimme aus der Vergangenheit war unerbittlich. Du musst es tun! Sonst halte ich es nicht aus! Bitte!
Er erinnerte sich daran, den Rest an Geld aus ihrem Portemonnaie geholt zu haben und losgegangen zu sein. Der Laden an der nächsten Ecke gehörte einem Bekannten, der es gewohnt war, dass er für eine Mutter etwas zu trinken holte, auch wenn das eigentlich nicht erlaubt war. Dann ging er mit den Flaschen zurück und brachte sie ihr. Sie trank und lallte und trank noch mehr. Und irgendwann war es dann still gewesen. Sie hatte sich nicht mehr bewegt und ihre Augen waren ganz starr gewesen.
Er hatte nicht wegsehen können.
Dieses Gesicht... Etwas war seitlich aus ihrem Mund herausgelaufen. Blut. Sie hatte so friedlich ausgesehen.
Ronald Anselm blickte auf den Boden. Manchmal half das. Manchmal, wenn der Boden richtig war und Linien hatte.
Dieser hatte Linien. Ein Muster. Anselm erhob sich und folgte den Linien – so lange, bis er sie alle einmal betreten hatte. Dabei setzte er immer einen Fuß direkt vor den anderen.
„Es ist alles in Ordnung“, murmelte er laut. „Alles...“
Ein Ritual.
Er wusste, dass es nicht immer half.