Читать книгу 7 Kriminalromane für lange Dezember-Nächte - A. F. Morland - Страница 42
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Ein neues Leben!, dachte er. Zumindest ein neuer Abschnitt...
Er lächelte.
Ich habe alle Trümpfe in meiner Hand!, ging es ihm durch den Kopf. Norinsky hatte gar keine andere Wahl, als das Spiel mitzuspielen – ob es ihm nun passte oder nicht.
Anselm ging die Treppe hinunter. Die Stufen knarrten. Das Hotel, in dem er sich eingemietet hatte, hatte seine besten Tage lange hinter sich. Das Gebäude stammte aus den Dreißigern – aber seit mindestens zwanzig Jahren war keine Renovierung mehr durchgeführt worden.
Für Anselm war es genau richtig.
Hier war man froh über jeden Gast. Niemand stellte Fragen und es wurde auch niemand misstrauisch, wenn man nicht mit Kreditkarte sondern bar bezahlte. Anselm besaß zwar eine Kreditkarte, aber er hielt es für klüger, sie im Moment nicht zu benutzen. Er musste vorsichtig sein. Verdammt vorsichtig. Wenn er in den vergangenen gut zwanzig Jahren etwas gelernt hatte dann das.
Wer rechtzeitig untertauchte erhöhte seine Chancen davonzukommen.
Und bis jetzt war er davongekommen.
Ronald Anselm erreichte das Foyer.
Hinter dem Tresen stand die rothaarige Frau.
Sie war damit beschäftigt, Unterlagen zusammenzuheften. Wahrscheinlich Quittungen. Zunächst war sie so sehr in ihre Arbeit vertieft, dass sie Anselm gar nicht bemerkte. Anselm näherte sich und blieb dann stehen. Die junge Frau blickte auf und zuckte zusammen.
„Meine Güte, Sie haben sich mal erschreckt...“
„Tut mir leid.“
„Sie stehen da und starren mich an!“
„Ich sagte doch, es tut mir leid.“
Sie ist allein!, dachte er. Die Gelegenheit war günstig. Aber es gab jetzt etwas anderes, das Vorrang hatte. Später!, dachte er. Du musst abwarten...
Ihr Gesicht veränderte sich. Sie zog die Augenbrauen zusammen und sah ihn auf eine Weise an, die ihm nicht gefiel. So als wäre etwas mit ihm nicht in Ordnung.
Ronald Anselm legte den Zimmerschlüssel auf den Tresen.
„Es ist rund um die Uhr jemand hier“, sagte die junge Frau.
„Haben Sie heute die Nachtschicht?“
„Ja.“
„Ein harter Job, was?“
„Ich bin froh, dass ich die Stelle hab.“
„Ja, aber es muss trotzdem seltsam sein.“
„Wovon sprechen Sie bitte?“
„Ich meine, dass Sie nach draußen gehen müssen, um eine Zigarette zu rauchen.“
„Ich wüsste nicht, was Sie das angeht.“
Anselms Gesicht wurde zu einer Maske. „Nichts für ungut“, sagte er und in seiner Vorstellung sah er für einen Moment seine Mutter vor sich. Sah das Blut. Die starren Augen. Du musst es tun! Dieser Satz hämmerte immer wieder in seinem Kopf. Seine Hand glitt in die Seitentasche des Jacketts. Dort trug er den Elektro-Schocker.
Seine Hand ertastete die Waffe, umklammerte den Griff und aktivierte das Gerät.
Norinsky erwartet dich. Du darfst nicht zu spät zum Treffpunkt kommen!, meldete sich eine Stimme in seinem Hinterkopf. Wie aus weiter Ferne erschien ihm dieser Ruf.
Er blickte zu Boden. Das Foyer war mit Parkett ausgelegt, das verblasst und abgeschabt war. Aber die Linien waren deutlich zu sehen. Anselm konnte den Blick nicht von ihnen lassen. Er drehte sich fast wie mechanisch um und folgte den Linien, bis er in der Mitte des Foyers befand. Dann fand er eine Linie, die zur Tür führte, ging mit gesenktem Kopf auf sie zu und anschließend ins Freie, ohne noch ein Wort zu sagen.