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„Wieso warst du heute nicht in der Schule?“, wollte Oskar Dubies von seiner hübschen blonden Freundin wissen. Der Wind fuhr ihm durchs dichte, modisch lange sandfarbene Haar. Sie hatten sich vor einer Apotheke in der Augustenstraße getroffen.

„Mir ging es nicht gut“, antwortete Biggi.

„Deine Tage hattest du doch erst vor zwei Wochen.“

„Man kann sich zwischendurch auch mal aus einem anderen Grund nicht wohlfühlen.“

„Und wo warst du am Nachmittag?“, fragte Oskar Dubies. Er trug den teuren gestreiften Pullover, den ihm Biggi vor einem Monat ganz ohne Anlass geschenkt hatte. „Ich habe dich mindestens zehnmal angerufen“, sagte er.

„Ich war bei Dana Härtling. Sie hat mir gezeigt, was ich in der Schule versäumt habe.“ Biggi hängte sich bei ihm ein; sie spazierten los.

„Woher hast du den Ring und die Ohrringe?“

„Meine Eltern haben sie mir geschenkt“, antwortete Biggi.

„In letzter Zeit schenken dir deine Eltern sehr viel.“

„Mein Vater hat ein paar Gehaltsstufen übersprungen“, behauptete Biggi.

„Ach, wirklich?“

„Glaubst du mir etwa nicht?“

„Wieso fährt er dann immer noch den kleinen alten Toyota?“, fragte Oskar argwöhnisch.

„Weil es in seinen Augen hinausgeschmissenes Geld ist, einen neuen Wagen zu kaufen, wenn es der alte noch tut.“

„Die meisten Leute beurteilen dich nach deinem fahrbaren Untersatz.“

Biggi Grenkowitz lachte leise.

„Wann hat mein alter Herr sich schon mal um irgendwelche Leute gekümmert?“

Er schlug die Augen nieder. Seine Miene wurde sehr ernst und kummervoll.

„Wenn es ... wenn es da noch jemanden in deinem Leben gäbe ... Das würdest du mir doch sagen, oder?“

„Noch jemanden?“ Ihre Stimme klang verwundert.

„Einen anderen.“

Biggi blieb stehen und sah Oskar fragend an.

„Wieso sollte es einen andern geben?“

Er hob die Schultern und nagte an der Unterlippe.

„Ich weiß es nicht.“

Sie legte ihre schmale Hand zärtlich auf seine Wange.

„Du weißt doch, dass ich dich liebe“, sagte sie sanft. „Nur dich“, versicherte sie ihm. „In meinem kleinen Herz hat neben dir kein anderer Platz.“

Er sah an ihr vorbei.

„Ich ... ich könnte es nicht ertragen, wenn ...“

„He, was ist denn los mit dir?“ Sie gab ihm einen liebevollen Kuss. „Hattest du schon mal Grund, eifersüchtig zu sein?“

Er schüttelte verlegen den Kopf.

„Eigentlich - bisher noch nicht.“

„Und so wird es auch in Zukunft sein. Ich gehöre dir, dir ganz allein.“ Sie biss ihn leicht ins Kinn. „Weißt du, wo ich jetzt mit dir sein möchte?“

„Nein. Wo?“

„In dieser kleinen Hütte am Baggersee. In unserer Hütte.“ Die Hütte gehörte nicht wirklich ihnen. Sie wurde seit Jahren nicht mehr benutzt, und Biggi und Oskar hatten sie zu ihrer Hütte gemacht. Oft schon hatten sie sich dort in aller Heimlichkeit leidenschaftlich geliebt. Die Hütte war ihr Versteck, ihr kleines Paradies, in dem sie schon so manche glückliche Stunde verbracht hatten.

„Ich möchte mit dir allein sein, und ich möchte dir zeigen, wie sehr ich dich liebe“, sagte Biggi Grenkowitz.

Der Baggersee befand sich am Stadtrand und war bequem mit dem Bus zu erreichen, doch Biggi wollte mit dem Taxi fahren, weil das schneller ging.

„Es ist aber auch teurer“, wandte Oskar ein.

Biggi zog die Mundwinkel nach unten.

„Was ist schon Geld? Man gibt es am besten aus, bevor der EURO kommt.“

„Blödsinn!“

„Mein Onkel Cornelius sagt immer: ‘Nur wenn du Schulden hast, kannst du der Währungsunion gelassen entgegensehen.’“

„Hat er Schulden?“, fragte Oskar.

Biggi lachte. „Mehr als Haare auf dem Kopf.“

Die Taxifahrt dauerte zwanzig Minuten. Biggi gab acht Mark Trinkgeld und stieg mit Oskar aus.

„Mir gefällt es nicht, wie unbekümmert du mit deinem Geld umgehst“, sagte er. „Mir kommt es so vor, als hättest du eine Geldquelle entdeckt, von der du überzeugt bist, dass sie unerschöpflich ist und nie versiegen wird.“

„Meckere nicht immerzu mit mir, mein kleiner Brummbär! Jeder Mensch hat seine mehr oder weniger bedeutungslosen Schwächen und Fehler. Kannst du mich nicht einfach so nehmen, wie ich bin?“

„Wenn ich dich nicht ein wenig bremse, wer soll es dann tun? Du bist auf dem besten Weg, jede Relation zum Geld zu verlieren.“

„Aber nein.“

„Doch, und das beunruhigt mich“, sagte Oskar Dubies.

Sie kraulte seine Nackenhärchen.

„Bist du fertig mit der Gardinenpredigt?“

„Es ist mir ernst damit.“

„Okay, ich werde mich bessern“, versprach sie. „Zufrieden?“ Sie wollte sich ihre gute Laune nicht verderben lassen, nahm seine Hand und zog ihn einen Erdwall hoch.

Kniehohes Unkraut kratzte an ihren Beinen. Als sie oben auf dem Wall standen, sahen sie den stillen Baggersee und die vergessene kleine Holzhütte. In der Hütte nahm Oskar sein Mädchen in die Arme, und sie verloren sich in wunderbaren, unbeschreiblich schönen, brennend heißen Küssen.

Langsam glitten sie dabei zu Boden. Und dann liebten sie sich mit wild hämmernden Herzen, bis sie erschöpft, aber glücklich, nebeneinander lagen.

Später, als der Rausch verflogen war und sie sich wieder angezogen hatten, sagte Biggi leise: „Ich möchte dir etwas schenken.“

„Schon wieder?“ Er schaute auf den Pullover, den er erst kürzlich von ihr bekommen hatte. „Warum?“

„Warum nicht?“, fragte sie zurück. „Ich liebe dich, und ich möchte dir ab und zu eine Freude machen. Was ist dagegen einzuwenden?“

„Mir genügt es, wenn ich mit dir zusammen bin. Das ist für mich Freude genug.“

Sie gab ihm ein kleines Päckchen, das eine Schleife zierte.

„Was ist das?“, fragte er.

Sie schmunzelte.

„Mach es auf, dann weißt du es.“

Er löste die Schleife und nahm das bunte Papier ab.

„Ein Herrenparfüm“, sagte er überrascht.

„Von Lagerfeld“, nickte Biggi Grenkowitz.

„Das war bestimmt sehr teuer.“

„Ich möchte, dass du gut riechst.“

„Habe ich bisher gestunken?“, brummte er.

Sie knuffte ihn liebevoll.

„Sei nicht albern!“

Er musste ein paar Tropfen des Parfüms auf seiner Haut verreiben. Biggi zog die Luft mit halb gesenkten Lidern genussvoll und tief ein. Ein kleines, beglücktes Lächeln umspielte dabei ihre vollen Lippen.

„Mmm, wie das duftet. Ich glaube ...“ Sie schob ihre Hände unter seinen Pullover

„Was glaubst du?“

„Ich glaube, wir müssen noch ein Weilchen bleiben. O Oskar, ich bin verrückt nach dir. Ganz irre verrückt.“

Roman Koffer 10 Arztromane zum Jahresende 2021

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