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Die Nacht war dunkel; kein Stern stand am Himmel. Grillen zirpten monoton und unermüdlich. Kein Lüftchen regte sich. Wie erschlaffte Gespenster hingen die weißen Gardinen vor den offenen Fenstern im Obergeschoss der großen Villa.

Niemand sah die schlanke Gestalt, die kurz neben dem kleinen Teich mit den weißen Seerosen verharrte und sich nach allen Seiten umschaute. Jetzt ging sie weiter, erreichte das stille, dunkle Haus und verschaffte sich rasch und lautlos Einlass. Die weichen Gummisohlen der weißen Sportschuhe tappten flink über den hellen Marmorboden der Halle und dann den handgeknüpften, von Messingstangen gehaltenen Läufer hoch, der auf der Treppe lag. Im Obergeschoss blieb der Einbrecher abermals kurz stehen. Er lauschte. Kein Laut drang an sein Ohr, das beruhigte ihn, und es ermutigte ihn, sich weiter vorzuwagen.

Es würde alles glattgehen. Es würde keine Panne geben. Er würde bekommen, was er haben wollte. Da war er ganz sicher. Auf Zehenspitzen näherte er sich einer der Türen.

Er öffnete sie und betrat ein großes Schlafzimmer, in dem ein großes Himmelbett stand. Leises Schnarchen war zu hören. Der Eindringling grinste. Die berühmte Schauspielerin Gloria Sandrini schnarchte!

Der Mann holte eine Spraydose aus seinem schwarzen Blouson. Gleich würde Gloria Sandrini noch tiefer schlafen. Langsam näherte er sich ihrem Bett.

Er war maskiert. Eigentlich eine überflüssige Vorsichtsmaßnahme, denn die Schauspielerin würde sein Gesicht ohnedies nicht zu sehen bekommen.

Er beugte sich über sie, hielt den Atem an und ließ das Betäubungsspray zischen. Er war kein Profi, machte das zum ersten Mal. Er wusste nicht, wie lange er sprühen musste, damit Gloria sicher tief und fest schlief war. Zu viel Gas wollte er ihr nicht geben, sonst wachte sie am Ende nicht mehr auf, und er hatte ja nicht die Absicht, sie umzubringen. Er wollte sie nur bestehlen. Nur betäuben und bestehlen, nichts weiter. Da er aber weder ein erfahrener Betäubungsexperte noch ein ausgebuffter Dieb war, ging er nicht mit der nötigen Gefühlskälte an die Sache heran und machte den Fehler, mit den Knien gegen das Himmelbett zu stoßen, als er sich über die Schlafende beugte.

Die Erschütterung der Matratze war zwar kaum messbar, reichte fatalerweise aber aus, Gloria Sandrini zu wecken. Sie schreckte hoch, hielt reflexartig die Luft an und schlug wie verrückt um sich. Sie traf die Dose, die dem Mann aus der Hand rutschte, wie ein Wurfgeschoss davon sauste, auf den Boden fiel und hinter den breiten Spiegelschrank rollte. Damit hatte der Maskierte nicht gerechnet.

Er geriet in Panik. Mehrere Schläge trafen ihn höchst schmerzhaft, und harte Fußtritte verfehlten ihn nur knapp.

Verflucht, und jetzt begann die Schauspielerin auch noch laut und gellend um Hilfe zu schreien. Da war auf Rat teuer. Der Einbrecher ergriff die Flucht. Gloria Sandrini schleuderte ihm das schnurlose Telefon ins Kreuz. Er stöhnte auf, erreichte die Tür und riss sie auf. Die Schauspielerin sprang aus dem Himmelbett und stürzte sich wie eine Furie auf ihn.

„Mistkerl!“, kreischte sie. „Dir werd’ ich zeigen, was es heißt, bei Gloria Sandrini einzubrechen!“

Sie klammerte sich von hinten an ihn und wollte ihm die Maske vom Kopf reißen. Er kämpfte darum, dass die Maske blieb, wo sie war, und versuchte die temperamentvolle junge Frau abzuschütteln. Es gelang ihm nicht. Mit ihr auf dem Rücken taumelte er aus dem Schlafzimmer. Sie biss ihn in die Schulter. Er schrie auf, verlor das Gleichgewicht und kugelte mit seiner tobenden Last die Treppe hinunter.

Roman Koffer 10 Arztromane zum Jahresende 2021

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