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1.6Das vorchristliche Rom
ОглавлениеEine jüdische Gemeinde existierte in Rom seit Mitte des 2. Jh.s v. Chr. Die Juden waren dem „Fremdenrecht“ unterstellt, die Ausübung ihrer Religion war ihnen gestattet, durfte indes nicht „die öffentliche Ordnung“ stören. Im vorchristlichen Rom gelang es der jüdischen Religion Anziehungskraft zu entwickeln, sodass Spannungen zwischen heterogenen Kulten aus Konversionen in größerer Zahl resultierten. Dieser Tatbestand führte zu einer Konfliktlage, in der die noch junge jüdische Gemeinde Roms unterlag. Im Jahr 139 v. Chr. kam es zur ersten Vertreibung der Juden aus Rom, um gemäß offizieller Sichtweise die „öffentliche Ordnung“ wiederherzustellen. Mit der Etablierung des „Imperium Romanum“ und der Ausweitung des römischen Herrschaftsgebiets auf den gesamten Mittelmeerraum gelangten Diaspora-Juden gegen Ende des 2. Jh.s v. Chr. sowie im Jahr 63 v. Chr. ebenso die Juden Palästinas unter römische Herrschaft. Die Juden durften ihre Religion praktizieren und waren vom römischen Militärdienst oder zumindest vom Dienst in nicht-jüdischen Kompanien befreit. Die jüdischen Gemeinden erhielten ein begrenztes Jurisdiktionsrecht, um innere Konflikte zu regeln, Sabbatheiligung sowie Versammlungsrecht wurden gewährt, ebenso wurden weitere Ausnahmeregelungen erlassen, sodass die Juden nicht allen Staatsbürgerpflichten nachkommen mussten. Die relativ umfassende Rechtegarantie ermöglichte erstmals eine Integration im Sinne sozialer Gleichstellung. Während eine gewisse Sympathie für die Juden im vorchristlichen Rom anfangs dem Sachverhalt geschuldet war, dass diese gegen Antiochos IV. gekämpft hatten und der gegen den Seleukiden-Herrscher gerichtete Makkabäer-Aufstand in das politische Kalkül Roms passte, welches sich anschickte, das hellenistische Athen politisch zu beerben, resultierte der in literarischen wie in politischen Schriften offen zutage tretende spätere Antisemitismus aus dem Tatbestand jüdischer Aufstände gegen Rom, die das römische Imperium militärisch wie prestigemäßig empfindlich trafen.
Der siegreiche Aufstand der Makkabäer führte zur Etablierung des Herrschergeschlechts der Hasmonäer, dem es gelang, vom zweiten bis zum ersten Jh. v. Chr. die Selbstständigkeit des jüdischen Staates zu wahren. Der römische Politiker und Feldherr Gnaeus Pompeius Magnus (106–48 v. Chr.) benutzte im Jahr 64 v. Chr. politische Unruhen als Vorwand, um Judäa dem Imperium Romanum einzuverleiben. Zwar gestatteten die Römer anfangs den Tempelkult, doch das Verhältnis war von Beginn an dadurch belastet, dass Pompeius in das Allerheiligste des Tempels eingedrungen war. Zu einer relevanten Verschlechterung kam es unter dem ersten römischen Kaiser Augustus (63 v. Chr.–14 n. Chr.) als dieser von der bislang eher toleranten Religionspolitik Roms abwich, um seine eigene Verehrung durchzusetzen. Im Jahr 6 n. Chr. annullierte Augustus die Privilegien der Juden, was den Mob zu antijüdischen Plünderungen verleitete. Unter der Regentschaft des Kaisers Tiberius (42 v. Chr.–37 n. Chr.) kam es im Jahr 19 n. Chr. zur erneuten Vertreibung der Juden aus Rom. Die Problematik des Kaiserkultes sorgte auch in der Folgezeit immer wieder für Spannungen. Zwar war das Judentum als anerkannte Religion prinzipiell von den damit verbundenen Praxen befreit, im Jahr 41 beabsichtigte Kaiser Caligula indes die Aufstellung von Kaiserstatuen im Jerusalemer Tempel. Im Jahr 66 n. Chr. kostete der Pogrom von Caesarea sowie Ausschreitungen in Askalon, Akko und Skythopolis Tausende Juden das Leben. Im Kontext des jüdischen Aufstands gegen die römische Herrschaft kam es im Jahr 70 n. Chr. zur Zerstörung des zweiten Jerusalemer Tempels. Der römische Kaiser Titus (39 n. Chr.–81 n. Chr.) ließ den Tempelschatz, u. a. die Menora (den siebenarmigen Leuchter), rauben und in einem Triumphzug durch Rom führen. Das Siegesszenario stellt der Titusbogen, der älteste erhaltene Triumphbogen des antiken Roms, der den Eingang zum Forum Romanum schmückt, in seiner Innenwand dar. Unzählige Juden wurden nach dem militärischen Sieg Roms versklavt. Nach der Niederschlagung des Bar-Kochba-Aufstands im Jahr 135 n. Chr. erließen die Römer ein Ansiedelungsverbot für Juden in Jerusalem sowie in Judäa und zerschlugen so die territorialstaatliche Identität des Judentums. Mit Ausnahme der Jahre 135–138 n. Chr. unmittelbar nach dem Bar-Kochba-Aufstand wurde das Judentum im Römischen Reich indes von einzelnen Phasen abgesehen weitgehend toleriert. Die Situation änderte sich indes grundlegend, als das Christentum im Römischen Imperium zur Staatsreligion avancierte.