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1.2Das Perserreich und die Juden

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Im Jahr 539 v. Chr. eroberte der Perserkönig Kyros II., der Persien fast dreißig Jahre lang regierte, Babylon. Kyros II. gelang es in seiner Amtszeit, das persische Einflussgebiet deutlich zu erweitern. Im Jahr 538 v. Chr. gestattete ein Edikt des Herrschers den Juden ihre Rückkehr nach Palästina. Ein relevanter Teil der Juden nahm das Angebot an und begann mit dem Bau eines Zweiten Tempels, den der persische König gestattete und finanzierte. Unter persischer Oberherrschaft war es den Juden erlaubt, ihren Kult in Palästina zu praktizieren sowie nach ihren religiösen Gesetzen autonom zu leben. Die Juden erhielten den vom babylonischen Reich geraubten Tempelschatz zurück. Für die Juden Palästinas begann eine vergleichsweise friedliche Zeit. Die unter der Perserherrschaft in Ägypten erfolgte Zerstörung des Tempels von Elephantine bildete eine Ausnahme, wenngleich die Täter von der lokalen persischen Administration unterstützt wurden, die für ihr opportunistisches Agieren indes streng bestraft wurde.

Das historisch gesehen positive Verhältnis des Perserreichs zu den Juden ist negativ verzerrt wie überlagert durch das Buch Esther der hebräischen Bibel, welches beim jüdischen Purimfest gelesen wird und an die vermeintliche Rettung der Juden im persischen Großreich erinnern soll. Das Buch Esther schildert den Versuch des persischen Regierungsbeamten Haman, die Juden kollektiv zu vernichten. An den Perserkönig Ahasveros wendet sich Haman mit den Worten:

»Es gibt ein Volk, zerstreut und abgesondert unter allen Völkern in allen Ländern deines Königreichs, und ihr Gesetz ist anders als das aller Völker, und sie handeln nicht nach des Königs Gesetzen. Es ziemt dem König nicht, sie gewähren zu lassen. Gefällt es ihm, so lasse er verfügen, dass man sie umbringe. Dann werde ich 10.000 Zentner Silber abwiegen […] und in die Schatzkammer des Königs bringen lassen.« (Esther 3:8)

Ahasveros stellt die Transliteration des persischen Wortes Xerxes dar, sodass der eliminatorische Komplott gegen die Juden in die Amtszeit des persischen Großkönigs Xerxes I. (519–465 v. Chr.) fallen würde, der Persien von 486 v. Chr. bis zu seinem Tode regierte. Die heutige Forschung geht indes davon aus, dass auch diese biblische Legende die antisemitischen Übergriffe des Seleukidenherrschers Antiochos IV. Epiphanes in die Perserzeit zurückprojizierte. Der Zweck der Legende, die von der wundersamen Errettung der Juden durch die Adoptivtochter Esther des als Torhüter des königlichen Palastes dienenden Juden Mordechai berichtet, bestand darin, den Juden mit der Geschichte eines für sie glücklich verlaufenden existentiellen Konflikts zum Zeitpunkt des Makkabäer-Aufstands (167–141 v. Chr.) Mut zu machen. Sowohl das Buch Daniel wie das Buch Esther sind nicht als Geschichtswerke zu interpretieren, sondern müssen als biblische Erzählungen verstanden werden, die zeitgenössische Auseinandersetzungen legendenhaft verarbeiten.

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