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B. Der gegenwartssprachliche Valenzbegriff. Eine Zusammenfassung

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Den gegenwartssprachlichen ValenzbegriffValenzbegriff beschreibt HANS-WERNER EROMS in der „Syntax der deutschen Sprache“ (Eroms 2000) ausführlich. Vorausgesetzt werden dabei die Annahme der „Satzbedeutung“, wonach Sätze komplexe Zeichen sind, die eine strukturierte Bedeutung haben und durch integrierende Regeln ein komplexes Ganzes aufbauen, sowie der Satzgliedbegriff. SatzgliederSatzglied oder PhrasenPhrase werden durch zwei auf den Satz angewendete Proben (PermutationPermutation oder VerschiebeprobeVerschiebeprobe und KommutationKommutation oder ErsetzungsprobeErsetzungsprobe) ermittelt und in sieben Phrasentypen unterteilt: NominalphrasenNominalphrase, PronominalphrasenPronominalphrase, PräpositionalphrasenPräpositionalphrase, AdverbphrasenAdverbphrase, Satzförmige Typen, InfinitivkonstruktionenInfinitivkonstruktion und PartizipialkonstruktionenPartizipialkonstruktion. Die Phrasen sind meist aus mehreren Wörtern bestehende Wortgruppen (Eroms 2000, 34‒38, 47). Die Benennung der Phrasen erfolgt nach der Wortart des die Wortgruppe „regierenden“ Wortes (NukleusNukleus, Kern oder Haupt).

Dass die Wörter bzw. Wortgruppen im Satz so angeordnet sind, dass sich zwischen ihnen Verbindungslinien fassen lassen, die ihre Funktion steuern, ist der Ausgangspunkt der DependenzgrammatikDependenzgrammatik. In ihr herrscht ein hierarchisches Prinzip vor, das sich am ValenzbegriffValenzbegriff verdeutlichen lässt. Der Valenzbegriff ist eine aus Physik oder Chemie übernommene Metapher, die besagt, dass das Verb als Kern des Satzes dank seiner WertigkeitWertigkeit (Valenz) andere Einheiten an sich bindet. Grundlage der Analyse des Satzes ist nicht die SubjektSubjekt-PrädikatPrädikat-Trennung, sondern die n-näre Valenz des Verbs (verbale Valenz). Verben erscheinen nämlich viel offensichtlicher „unvollständig“ oder ungesättigt als Substantive. Werden Verben bei der Versprachlichung verwendet, dann werden nominale Ausdrücke als Beteiligte von kleinen Handlungs- oder Vorgangsszenen oder Zuständlichkeiten spontan mitgedacht.

Eine noch formalere Deutung des der verbalen Valenz zugrunde liegenden Phänomens ist der Bezug auf logische Vorstellungen: Wie ein PrädikatPrädikat ArgumenteArgument erfordert und dabei seine Stelligkeit von entscheidender Bedeutung ist, so gibt es ein-, zwei- oder höherwertige Verben, die entsprechende Füllungen ihrer LeerstellenLeerstelle verlangen.

ValenzpragmatischeWörter sind inhalts- und ausdrucksseitig bestimmbar, aber sie sind, wie alle Zeichen, gesamthaft funktional. Entsprechend lässt sich von ausdrucks- und inhaltsseitiger Valenz sprechen. Isolierungen von logischen, semantischen, syntaktischen und pragmatischen Valenzen sind jedoch immer Abstraktionen vom Gesamtbegriff der Valenz, der dadurch als ein Bündel verschiedener Schichten erscheint. – Es wird davon ausgegangen, dass die schon angegebene Argumenthaftigkeit die logisch-semantischeValenzlogisch-semantische Grundlage des Valenzkonzepts bildet. Dies kann nur so verstanden werden, dass ErgänzungenErgänzung zu Verben in der Art von ArgumentenArgument zu PrädikatenPrädikat aufgefasst werden. […] Manifest wird diese Valenz-Grundschicht in der „Beteiligtheit“ der AktantenAktant an der „Verbszene“.

Sind die Verben gegeben, dann ist die valenzgrammatische Frage zunächst: Welche sind die valenzgebundenenvalenzgebunden Substantive und welche nicht? Ein Blick auf unterschiedliche Sätze zeigt, dass es alles andere als offensichtlich ist, was eine ErgänzungErgänzung (KomplementKomplement) ist und was eine AngabeAngabe (SupplementSupplement) als Komplementärmenge der dependenten Glieder. Gerade die ValenzwörterbücherValenzwörterbuch verdeutlichen durch ihre Unterschiedlichkeit die Schwierigkeit bei der Bestimmung der Ergänzungen. Zum Beispiel setzt ein Wörterbuch das Verb kaufen als zweiwertigzweiwertig, ein anderes als dreiwertigdreiwertig, teils als vierwertigvierwertig an.

Welches E- und welches A-Kandidaten sind, muss jeweils einzeln durch Testverfahren ermittelt werden (vgl. Eroms 2000, 122‒125). Operationale Verfahren sind allerdings nur Näherungslösungen, und bei oberflächenstrukturellen Kriterien spielen auch immer inhaltsseitige Bedingungen eine Rolle. Dass ein Komplementärbereich, die AngabenAngabe, zugelassen wird, ermöglicht andere syntaktische Regelinstanzen anzusetzen. Denn nur die gestufte Einbindung der Konstituenten in die gesamte Satzbedeutung vermeidet eine bloß reihende „flache“ Verkettung der SatzgliederSatzglied. ErgänzungenErgänzung und Angaben tragen in prinzipiell unterschiedlicher Weise zur Satzbedeutung bei. Dass es Syntagmen gibt, bei denen die Entscheidung für die eine oder andere Klasse nur mit Wahrscheinlichkeit gegeben werden kann, ist kein Einwand.

(Eroms 2000, 119‒129)

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