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4. Vom historischen Korpus zur Valenz und zu den SatzbauplänenSatzbauplan (Methoden) 4.1 Vom Evangelienbuch Otfrids von Weißenburg zur Bestimmung der Valenz althochdeutscherAlthochdeutsch Verben

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Das Evangelienbuch Otfrids von WeißenburgOtfrid von Weißenburg (EB) ist einer der wenigen umfangreichen ahd. Texte. Das EB ist in drei vollständig überlieferten Handschriften (V, P und F) überliefert (vgl. Kapitel A.2). Die Handschriften V (Wiener Handschrift) und P (Heidelberger Handschrift) sind im 9. Jh. im Skriptorium des Klosters Weißenburg (heute Wissembourg im Elsass) geschrieben worden. Die Wiener Handschrift (EB/V), an deren Entstehung OtfridOtfrid von Weißenburg selbst beteiligt war, gilt als Haupthandschrift. Eine valenztheoretische Untersuchung, die nicht auf einer Edition des Evangelienbuchs beruht, sondern direkt von der Wiener Handschrift EB/V ausgeht, wird dadurch erleichtert, dass sich die Grammatikografen auf eine Faksimile-Ausgabe des Codex Vindobonensis (1972) stützen und als Korpus auswerten können.

Ein ausdifferenziertes Operationsmodell zur Bestimmung der Verbvalenzen in EB/V mit 14 Einzelschritten, die von der Sammlung der Belegstellen eines bestimmten Verbs Vx zu einem Eintrag in ein ahd. ValenzlexikonValenzlexikon führen, entwickelte ALBRECHT GREULE (1982a, 206‒218).

Die Analyseschritte führen von Schritt 1: Sammlung der Belegstellen und Unterscheidung von Vx (z.B. (gi)fullen ‚füllen‘) in finite und infinite Formen (z.B. Partizip Präsens fullentaz) bis zur zusammenfassenden Formulierung eines Lexikoneintrags (Schritt 14). Die Zwischenschritte sind:

 Festlegung eines Signifikanten (Zusammenfassung der Schreibweisen von Vx, z.B. fullit, fulta) und eines vorläufigen Signifikats (Schritt 2 und 3)

 Bildung einfacher Sätze mit Vx als PrädikatPrädikat (Schritt 4), Bestimmung der konprädikativen SatzgliederSatzglied in den Belegsätzen (Schritt 5)

 Spezifizierung deiktischer Sprachzeichen, z.B. er, thiu, uuir (Schritt 6)

 formale und semantische Klassifizierung der SatzgliederSatzglied (Schritt 7 und 8)

 Quantifizierung der AdverbialeAdverbial (ErgänzungErgänzung oder AngabeAngabe) (Schritt 9)

 QuantifizierungErgänzungobligatorische der ErgänzungenErgänzung (obligatorischobligatorisch vs. fakultativfakultativ) (Schritt 10)

 Beschreibung morphosyntaktischermorphosyntaktisch Qualität der LeerstellenLeerstelle (Schritt 11)

 Beschreibung der semantischen Qualität der LeerstellenLeerstelle durch KlassemeKlassem (Schritt 12)

 Neufassung des Signifikats (Schritt 13), z.B. sind im Korpus zwei SememeSemem von (gi)fullen erkennbar: a) ‚vollmachen‘, b) ‚verrichten, befolgen‘.

Der Analyse des Beispielverbs liegen 13 aus dem Korpus EB/V gebildete EinfachsätzeEinfachsatz zugrunde. Nach Aussonderung der gering belegten Umstandsbestimmungen (AdverbialeAdverbial) werden unter dem LemmaLemma (gi)fúlli- zwei Unterartikel für das ahd. ValenzlexikonValenzlexikon formuliert:

 a) fakultativfakultativ 3w: ErgänzungfakultativeE1, E2, E(orn), obligatorischobligatorisch 2w: E1, E2, E(orn) = NP4/NP5, KlassemKlassem 1 ‚belebt‘, Klassem 2 ‚konkret, hohl‘. Paraphrase: x1 macht: y2 ist voll (mit z)Beispielsatz (OtfridOtfrid von Weißenburg 1,21,2) mit todu er (= ther kuning herod) daga fultaSatzbauplanSatzbauplan: PräpGmit – NGnom – NGakk – P, oder (stellungsneutral) Enom, Eakk, Epräp

 b) 2w: E1, E2, Klassem 1 ‚Mensch‘, KlassemKlassem 2 ‚Mandat‘. Paraphrase: x1 verrichtet/befolgt y2.Beispielsatz (rekonstruiert, OtfridOtfrid von Weißenburg 1,4,6) siu bethiu (= Zacharias und Elisabeth) io giuuar sinaz gibot fultun.SatzbauplanSatzbauplan: NGnom ‒ [Adv] – NGakk – P, oder Enom, Eakk E1 und E2 bedeuten: ErgänzungErgänzung im Nominativ und Ergänzung im Akkusativ; NP4/NP5 bedeutet: NominalgruppeNominalgruppe im Genitiv oder PräpositionalgruppePräpositionalgruppe. E(orn) bedeutet: ornative Umstandsbestimmung als Ergänzung.

(Greule 1982a, 206‒218, 244‒246)

Historische Valenz

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