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1.2 MittelhochdeutschMittelhochdeutsch

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Während das Ahd. eine Sammelbezeichnung für die Schriftzeugnisse der „Stammesdialekte“ Fränkisch, Alemannisch und Bairisch ist und es noch keine „deutsche“ Sprachgemeinschaft gab, verfestigte sich der um 1090 im vermutlich in Siegburg verfassten Annolied auftauchende Ausdruck diutsch (diutischin sprechin ‚deutsch sprechen‘) als Sprachbegriff. Er findet sich weiterhin in Texten des 11. und 12. Jh. aus allen Mundartgebieten und wird zum Volks- und Raumbegriff (diutschi liute). Der politische Hintergrund für diese Entwicklung ist die Machtentfaltung des (ehemals ostfränkischen) Reiches zur Zeit der salischen (1024‒1125) und staufischen (1125‒1250) Kaiser, auf die im letzten Jh. der mhd. Periode (1250‒1350) als Folge des Interregnums (1254‒1273) wechselnder Herrscherhäuser und territorialer Gewalten der Niedergang folgte.

Der Wechsel der politischen Herrschaft im deutschen Reich ermöglicht es, das Mhd. in drei Phasen einzuteilen:

 Frühmhd. (während der Zeit der Salier etwa ab 1050 bis 1125)

 Klassisches (höfisches) Mhd. (während der Zeit der Staufer)

 Spätmhd. (vom Ende der Staufer bis zu den Mystikern im 14. Jh.)

Die frühmhd. Texte, die besonders im bairisch-österreichischen Raum entstanden (vgl. zuerst das um 1060 verfasste Ezzolied), gehen auf die Wirkung der in Deutschland seit 1070 wirksamen cluniazensischen Klosterreform zurück. Sie verfolgten die Absicht, auch dem Laienstand das asketische Ideal des Mönchtums nahezubringen. Die Verfasser waren vorrangig Geistliche. Ebenfalls von Geistlichen, die aber im Dienst adliger Auftraggeber standen, wurden Versepen verfasst (z.B. das Rolandslied des Pfaffen Konrad, 1170), die auf die aventiure-Romane der höfischen Zeit vorverweisen.2

MittelhochdeutschDie Literatur zur Zeit der Staufer wird von den ritterlichen Epen, der Minne- und Kreuzzugslyrik bestimmt, besonders durch die Werke Hartmanns von AueHartmann von Aue, Wolframs von EschenbachWolfram von Eschenbach, Parzival, Gottfrieds von StraßburgGottfried von Straßburg, Tristan und Isolde, des anonymen Nibelungenlied-DichtersNibelungenlied und Walthers von der Vogelweide. Die Dichtungen der klassischen Autoren sind rhetorisch geformt und von einem speziellen, teils aus dem Französischen entlehnten Wortschatz geprägt, in dem sich das Ideal der ritterlichen Lebensführung ausdrückt. Die „mhd. Dichtersprache“ war auch in der Weise überregional angelegt, als sich im Sprachgebrauch der Dichter um 1200, besonders in den Reimen, eine Vermeidung von Dialektismen und eine Tendenz zum Dialektabbau feststellen lässt.3 Die lautliche Abgrenzung des Mhd. vom Ahd. wird vor allem an der „Nebensilbenabschwächung“ sichtbar. Das bedeutet, dass die im Ahd. noch vollen Vokale der unbetonten Silben im klassischen Mhd. als einförmiges <e> erscheinen oder durch Synkope oder Apokope ausfallen. Dem ahd. sálbōta entspricht mhd. salbete, nhd. salbte.

Spätmhd. Phase (ca. 1250 ‒ ca. 1350): Seit dem 13. Jh. finden immer mehr Menschen Zugang zur Schriftlichkeit. Die Zahl der Städte stieg in Mitteleuropa zwischen 1200 und 1500 von ca. 250 auf ca. 3000. Die Städte boten in den unsicheren Zeiten Schutz. Es bildeten sich neue Kommunikationsgruppen; die Kaufleute brauchten Schulen, in denen Lesen, Schreiben und Rechnen in deutscher Sprache gelernt werden konnte. In diese Zeit fällt der Verfall der höfischen Dichtersprache; das höfische Ideal wurde in den Dichtungen der Zeit zur Mode stilisiert oder von realistischer Dichtung (z.B. Werner der Gartenaere, „Meier Helmbrecht“) verdrängt. Gegenüber dem Versepos in Reimpaaren gewinnen Texte in Prosa die Oberhand. Einerseits ist es die von den Angehörigen des Franziskaner- und Dominikanerordens gepflegte geistliche Predigt (z.B. Berthold von Regensburg), andererseits Fachliteratur, insbesondere die des Rechtswesens. Zuerst wurden Urkunden, in der Mitte des 13. Jh. im Südwesten, in deutscher Sprache ausgestellt. Der Beginn der Rechtskodifikation, z.B. im Sachsenspiegel, fällt in die mittelniederdeutscheMittelniederdeutsch Zeit (s.u.). Für das Geschäfts- und Rechtswesen sind die im Sprachgebiet verbreiteten herrschaftlichen Kanzleien wichtig. Aufgrund der hier verschrifteten Texte können verschiedene Schreiblandschaften ausfindig gemacht werden. Am Ende der spätmhd. Phase stehen die Mystiker und Mystikerinnen (z.B. Mechthild von Magdeburg, Meister EckhartMeister Eckhart), die ihre „Gottsuche und Gotteserkenntnis“4 in mhd. Prosa zum Ausdruck brachten. Den Übergang zur neuen Epoche markiert der Weltgeistliche Konrad von Megenberg, dessen für Laien in Prosa verfasstes naturkundliches „Buch der Natur“ (1348/1350) mit mehr als 100 Handschriften weite Verbreitung fand.

Das MittelniederdeutscheMittelniederdeutsch (von ca. 1200 bis ca. 1650) schließt an das AltsächsischeAltsächsisch an. Sprachräumlich umfasste das Mnd. ganz Norddeutschland und wurde zur Zeit der Hanse die führende Schreibsprache im Norden Mitteleuropas und Lingua franca in der Nordhälfte Europas. Bereits seit dem 12. Jh. trug die Einwanderung deutschsprachiger Siedler vorwiegend aus Flandern, Holland, dem Rheinland und Westfalen in die von Slawen besiedelten Gebiete östlich von Saale und Elbe (Deutsche Ostsiedlung) zur Erweiterung des Sprachgebiets bei. Es entstanden der niederdeutsche Dialekt ostelbisch und der ostmitteldeutsche Raum, dem Martin LutherLuther, Martin entstammte. Wichtige mnd. Sprachdenkmäler sind der Sachsenspiegel Eikes von Repgow, ein um 1225 entstandenes Rechtsbuch, die Sächsische Weltchronik (13. Jh.), das Redentiner Osterspiel (Handschrift 1464), der Frühdruck der Lübecker Bibel (1494) und das Tierepos Reynke de vos (1498 gedruckt in Lübeck).

MittelhochdeutschDer Untergang des MittelniederdeutschenMittelniederdeutsch, jener neben dem Mhd. existierenden deutschen Varietät mit überregionaler Verbreitung, wurde auch ‒ als Folge der Reformation ‒ durch die Ausbreitung des „Meißnischen“, der durch LuthersLuther, Martin BibelübersetzungLuther-Bibel geschaffenen Schreibsprache, bewirkt.

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