Читать книгу Aetheris Band 1-3 - Alec J. Archer - Страница 98
Freundinnen
ОглавлениеChan trat zu einer Gruppe Personen. Sie hatte bereits den größten Teil der Moraner mit Pherans Energie gestärkt, indem sie ihnen die Hand auf die Schulter gelegt hatte. Sie spürte keinerlei Erschöpfung. Im Gegenteil. Chan fühlte sich unbändig. So viel Kraft und Tatendrang hatte sie nie zuvor verspürt.
“Geh, weg, Hexe. Wir brauchen deine verdorbenen Kräfte nicht.”
Chan sah zu dem Sprecher hinüber. Er war vielleicht Anfang zwanzig. Vielleicht auch etwas älter.
Sie verharrte unschlüssig. “Ich möchte Euch nur Gutes tun. Seht Euch die anderen um Euch herum an.”
Ein Mann, der neben dem Sprecher saß, nahm eine geladene Armbrust auf, die neben ihm am Boden lag. Er richtete sie auf Chan. Es klackte, als er die Verriegelung des Sicherheitshebels löste. “Du hast gehört, was Aledo zu dir gesagt hat, Hexe. Verschwinde, oder du machst Bekanntschaft mit meinem Bolzen.” Die anderen der Männer lachten rau.
Für gewöhnlich hätte Chan sich in dieser Situation verärgert zurückgezogen. Toshira konnte ihr auch nicht helfen. Doch etwas hatte sich verändert, seit sie mit Pheran, ihrem Vater, in Kontakt getreten war.
“Ich werde davon absehen, Euch zu kräftigen. Es ist Eure Entscheidung.”
Derjenige, der Aledo genannt wurde und sein Kumpel mit der Armbrust sahen sich an und grinsten.
Ehe sie den Mund zu einer Erwiderung öffnen konnten, setzte Chan hinzu: “Solltet ihr es noch einmal wagen, irgendjemanden hier zu bedrohen, werdet ihr vor dem Wald nächtigen müssen. In Reichweite der Dæmonen.”
“Niemand droht mir, Schlampe.”
Es klackte. Sirrte. Der Bolzen schoss heran. Mit einer Handbewegung stoppte sie das Geschoss mitten in der Luft. Sie drehte es langsam herum. Dann beschleunigte sie den Bolzen. Er schlug zwischen den Oberschenkeln des Schützen im Boden ein.
“Ihr seid gewarnt.” Chan ging raschen Schrittes zu ihrem nächsten Ziel. Der Vorfall hatte sie kaum aus der Ruhe gebracht.
Eine Person hatte Chan noch nicht mit der Energie Pherans gekräftigt. Etwas abseits fand sie die Halbelfe schließlich.
“Vendira.”
Die Schwertmeisterin blickte zu ihr auf. Sie saß am Boden, die Beine überkreuzt. “Was kann ich für dich tun?”
Ihre Gedanken an das Erlebnis mit den Männern verblassten, als sie die Halbelfe ansah. Der Kummer über ihren Vater hatte sich in ihr Gesicht gegraben.
“Ich möchte mit dir reden.” Chan sah ihr in die Augen.
“Was gibt es?” Vendira wirkte, als hätte sie Chan lieber weggeschickt.
“Zuerst ein Geschenk.” Chan deutete ein Lächeln an. “Darf ich?” Sie zeigte auf den Boden neben der Schwertmeisterin.”
“Sicher.”
“Danke.” Chan legte Vendira eine Hand auf die Schulter. Pherans Energie durchfloss die Halbelfe. Ihr Körper richtete sich gerade auf. Die Züge wirkten weniger eingefallen. Die Mattigkeit schien von ihr abzufallen.
“Ich muss dir danken.” Ein zaghaftes Lächeln. “Gerne geschehen. Ich berste förmlich.” Chan breitete die Arme aus. Sie wurde wieder ruhiger. “Ich möchte mit dir über das reden, was dich bedrückt. Es ist bestimmt nicht einfach. Aber wir brauchen dich. Ich brauche dich.” Die Halbelfe nickte. “Ich werde mich bemühen.” “Das reicht mir aber nicht.” Chan setzte eine trotzige Miene auf. “Ich habe Toshira verloren. Du hast einen Vater der dich töten will. Wir haben Probleme, die andere in zehn Leben nicht zusammenkriegen. Um sie zu lösen dürfen wir nicht an ihnen zerbrechen.” Die Schwertmeisterin legte den Kopf schräg. “Du hast Toshira doch nicht verloren. Sie sucht ihren Geliebten. Sie muss ihrem Herzen folgen.” Chan gab sich einen Ruck. “Nein. Es ist nicht nur das.” Die Halbelfe wandte sich ihr nun ganz zu. Sie hob beide Brauen. “Wie meinst du das?” “Toshira hat sich verändert. Sie hat Hörner auf der Stirn.” Vendira schüttelte den Kopf. “Du phantasierst.” “Nein. Es ist wahr. Außer Adriël weiß es sonst niemand. Wir haben es beide gesehen. Sie ist mit einem Trupp Dæmonen davongezogen.” Die Halbelfe beugte sich vor. Sah ihr forschend in die Augen. “Warum hast du das niemandem erzählt?” “Ich weiß nicht, wem ich vertrauen kann.” Vendira schwieg. Nach einer Weile stellte sie fest: “Mir scheinst du zu vertrauen.” “Ja.”
Nach einer Weile durchbrach die Halbelfe die Stille. “Ich hatte nicht erwartet, meinen Vater je wiederzusehen. Am allerwenigsten als Anführer einer Armee, die uns alle vernichten will.” Sie schwieg erneut.
“Chan?”
“Ja?”
“Bitte halt mich fest.”
Chan rutschte zu Vendira heran. Die Halbelfe schluchzte. Lange hielt Chan sie einfach im Arm. Barg den Kopf mit den spitzen Ohren an ihrer Brust.
Schließlich hob die Halbelfe den Kopf. “Du bist so tapfer, Chan. Woher nimmst du nur die viele Kraft?”
“Heute von Pheran.” Chan seufzte. “Seit Toshi weg ist, versuche ich meinen Weg zu finden. Ich weiß nicht einmal mehr, ob ich Luritri oder Araneon noch trauen kann. Wer wird der nächste sein, der uns verrät?”
“Wieso ich?”, fragte Vendira.
“Du hast Krelynn widerstanden. Zwei Mal wollte er, dass du mit ihm gehst. Du bist sein Fleisch und Blut. Ich kann mir nicht vorstellen, dass du deinen Kummer so gut vorspielen kannst.”
Vendira nickte ernst. “Es stimmt. Seit Krelynn meine Mutter tötete, habe ich nur durchgehalten, um dem Einfaltspinsel von einem Orc zu zeigen, dass ich nicht zerbreche. Sag ihm das bloß nicht.”
“Im Leben nicht.” Chan boxte der Halbelfe auf den Oberarm.
Die Schwertmeisterin straffte sich. “Ich würde Luritri jederzeit mein Leben anvertrauen. Sie ist wie eine Mutter für mich. Wir werden uns alle zerfleischen, wenn wir in jedem und allem einen Feind vermuten.”
Sie strich sich eine rotbraune Haarsträhne hinter das Ohr, die sich aus ihrem roten Schwertmeister-Kopfband gelöst hatte. “Ich habe gelernt, Adriël weniger kritisch zu sehen. Weil du ihm vertraust. Er hat uns gerettet, als wir den Pritschenwagen und meinem Vater entkommen sind.”
Chan nickte. “Du hast Recht. Es tut gut, seine Sorgen teilen zu können.”
“Redet ihr etwa über mich?” Lormun erschien.
“Würde uns im Leben nicht einfallen.” Vendira grinste den Orc an.
“Wie auch immer. Schlafenszeit. Befehl von Luritri.” Der Orc grunzte zur Bestätigung.
“Hast du etwas dagegen, wenn ich bei dir schlafe?” fragte Chan die Halbelfe.
“Im Gegenteil. Ich habe noch Decken übrig.”
“Schade.” Lormun zuckte mit den Schultern. “Ich dachte, du würdest heute mein Lager teilen, Spitzohr.” Er lachte.
“Nie. Im. Leben. Widerwärtige Grünhaut.” Sie warf einen ihrer Stiefel nach dem Orc.
“Bei uns gilt das als Liebesbeweis. Das Weibchen holt sich in der Nacht den Stiefel bei ihrem Angebeteten wieder ab.” Er lachte erneut, als er mit dem Stiefel verschwand.
“Männer.” Chan verdrehte die Augen.
“Orcs.” Vendira seufzte. Beide lachten.
Kurz darauf war die Halbelfe eingeschlafen. Einen Arm hatte sie um Chan gelegt. Kurz bevor sie selbst wegdämmerte, erspähte sie jemanden, der durch den Wald zurück ins Lager schlich. Als sie sich aufrichtete, um die Person erkennen zu können, war sie bereits verschwunden. Was zum Henker hatte die Person außerhalb des Lagers zu schaffen gehabt? Darüber würde sie sich Gedanken machen, wenn sie wieder aufwachte.
Am frühen Nachmittag erwachte Chan. Vendira war bereits aufgestanden. Sie hatte etwas Dörrobst auf ein paar Blättern ausgebreitet.
“Du warst nicht wach zu bekommen.” Sie lächelte.
Chan setzte sich auf. Der Unbekannte in der Nacht fiel ihr wieder ein. “Vendira, ich muss dir...”
Tarodrim erreichte das Lager der Halbelfe.
“Luritri möchte, dass Ihr in fünfzehn Minuten bei ihr seid. Eine strategische Besprechung.” Der Leodar lief weiter.
Vendira legte den Kopf schräg. Sie hatte die Haare noch nicht zusammengebunden. Sie glänzten matt in den hereinfallenden Strahlen der Mittagssonne. Sie setzte sich in einer fließenden Bewegung zu Chan.
“Du wolltest etwas erzählen.”
“Jemand schlich ins Lager. Ich hielt ihn zuerst für einen Kundschafter der Gehörnten.”
“Das ist seltsam.”
“Ich weiß”, seufzte Chan. “Nicht zerfleischen.” Sie zuckte mit den Schultern. “Dennoch — ich habe ein komisches Gefühl.”
Die Halbelfe sah sie mit ihren violetten Augen an. “Ich werde versuchen, etwas herauszufinden.”
Etwas flog heran. Vendira duckte sich gerade noch rechtzeitig zur Seite. Das Wurfgeschoss prallte gegen Chans Schulter. Ein Stiefel.
“Au.” Chan rieb sich die getroffene Stelle. Ein grünes Gesicht erschien zwischen den Ästen. “Entschuldige, Menschenkind. Ich wollte dich nicht treffen.”
“Aber mich.” Die Halbelfe erhob sich.
“Zieh dich an, Spitzohr. Sonst trage ich deinen Elfenhintern zur Besprechung.”
“Du”, er zeigte auf Chan, “solltest auch mitkommen. Das Angebot der Beförderung gilt jedoch nur für Elfen und solche, die es werden wollen, wenn sie groß sind.” Er grinste.