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Erstes bis viertes Bändchen
Viertes Kapitel
Wie Fräulein von Brissac, sonst Frau von Saint-Luc genannt, ihre Hochzeitnacht zubrachte

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Es war ein schöner Kavalier und vollkommener Edelmann, dieser Louis von Clermont, mehr bekannt unter dem Namen Bussy d'Amboise, den Brantome, sein Vetter, in den Rang der großen Kapitäne des sechzehnten Jahrhunderts setzte, obgleich er mit kaum dreißig Jahren starb. Kein Mann hatte seit geraumer Zeit so glorreiche Eroberungen gemacht. Die Könige und die Prinzen bewarben sich um seine Freundschaft. Die Königinnen und die Prinzessinnen sandten ihm ihr süßestes Lächeln zu. Bussy folgte auf La Mole in der Zuneigung von Margarethe von Navarra, und die gute Königin mit dem zärtlichen Herzen, welche nach dem Tode des Günstlings, dessen Geschichte wir geschrieben, ohne Zweifel eines Trostes bedurfte, machte für den schönen und braven Bussy d'Amboise so viele Torheiten, dass Heinrich, Ihr Gemahl, er, der sich sonst von dergleichen Dingen nicht anregen ließ, darüber in Bewegung geriet, und dass Franz ihm die Liebe seiner Schwester nie verziehen haben würde, hätte diese Liebe nicht Bussy für seine Interessen gewonnen.

Auch diesmal opferte der Herzog seine Liebe dem dumpfen, unentschlossenen Ehrgeiz, der ihm im ganzen Verlaufe seines Daseins so viel Schmerzen zuzog und so wenig Früchte trug. Doch mitten unter allen diesen Siegen des Krieges, der Eitelkeit und der Galanterie blieb Bussy das, was eine für jede menschliche Schwäche unzugängliche Seele sein kann, und derjenige, welcher nie die Furcht gekannt hatte, hatte ebenfalls, wenigstens bis zu der Zeit, zu der wir gekommen sind, die Liebe nie gekannt. Dieses kaiserliche Herz, das in der Brust des Edelmannes schlug, wie er selbst sagte, war jungfräulich und rein wie der Diamant, den die Hand des Steinschneiders noch nicht berührt hat und der aus der Mine hervorkommt, wo er unter dem Blicke der Sonne gereift ist. In diesem Herzen war kein Platz für die Einzelheiten des Geistes, welche aus Bussy einen wahren Kaiser gemacht hätten. Er glaubte sich einer Krone würdig und war mehr wert als die Krone, die ihm als Vergleichspunkt diente.

Heinrich III. ließ ihm seine Freundschaft anbieten, doch Bussy schlug sie aus, mit der Bemerkung, die Freunde der Könige seien ihre Knechte und zuweilen noch etwas Schlechteres, eine solche Stellung sage ihm folglich nicht zu. Heinrich III. verschluckte schweigend diese Schmach, welche noch dadurch erschwert wurde, dass Bussy den Herzog Franz zu seinem Herrn erwählte. Herzog Franz war allerdings der Herr von Bussy, wie der Bestiarius im alten Rom der Herr des Löwen war. Er bediente und nährte ihn, aus Furcht, der Löwe könnte ihn fressen. So war dieser Bussy, den Franz seine Privatstreitigkeiten zu unterhalten und auszufechten antrieb. Bussy sah es wohl, aber diese Rolle entsprach ihm.

Er hatte sich eine Theorie nach dem Wahlspruch der Rohan gemacht, welche sagten: »König kann ich nicht, Prinz mag ich nicht, Rohan bin ich.« Bussy sagte sich: »Ich kann nicht König von Frankreich sein, aber der Herzog von Anjou kann und will es sein, und ich werde der König des Herzogs von Anjou sein.«

Und er war es der Sache nach.

Als die Leute von Saint-Luc diesen furchtbaren Bussy in das Hotel eintreten sahen, benachrichtigten sie eiligst Herrn von Brissac.

»Ist Herr von Saint-Luc zu Hause?« fragte Bussy, den Kopf durch die Vorhänge seiner Sänfte streckend.

»Nein, mein Herr«, antwortete der Portier.

»Wo werde ich ihn finden?«

»Ich weiß es nicht, mein Herr sprach der würdige Diener. Man ist sogar sehr unruhig im Hotel, denn Herr von Saint-Luc ist seit gestern Abend nicht zurückgekehrt.«

»Bah!« rief Bussy erstaunt. »Es ist, wie ich Euch zu sagen die Ehre habe.«

»Doch Frau von Saint-Luc?«

»Oh! Frau von Saint-Luc, das ist etwas Anderes.«

»Sie ist zu Hause?«

»Ja.«

»Meldet Frau von Saint-Luc, ich wäre entzückt, von ihr die Erlaubnis zu erhalten, ihr meine Achtung bezeigen zu dürfen.«

Fünf Minuten nachher kam der Bote zurück und erwiderte, Frau von Saint-Luc würde mit Vergnügen Herrn von Bussy empfangen.

Bussy verließ sein Sammetkissen und stieg die große Treppe hinauf. Jeanne von Saint-Luc ging dem jungen Manne bis mitten in den Ehrensaal entgegen. Sie war sehr blass und ihre rabenschwarzen Haare verliehen dieser Blässe den Ton von gelblichem Elfenbein; ihre Augen waren von einer schmerzlichen Schlaflosigkeit gerötet und auf ihrer Wange hätte man die silberne Furche einer frischen Träne verfolgen können. Bussy, der Anfangs über diese Blässe lächelte und für diese matten Augen ein den Umständen entsprechendes Kompliment vorbereitete, hielt bei den Kennzeichen wahren Schmerzes in seiner Improvisation inne.

»Seid trotz der Furcht, die mir Eure Gegenwart verursacht, willkommen, Herr von Bussy!« sprach die junge Frau.

»Was wollt Ihr damit sagen, Madame?« fragte Bussy, »und wie kann Euch meine Person ein Unglück verkündigen?«

»Ah! nicht wahr, es hat diese Nacht ein Duell zwischen Euch und Herrn von Saint-Luc stattgefunden? Gesteht es mir.«

»Zwischen mir und Herrn von Saint-Luc?« wiederholte Bussy erstaunt.

»Ja. Er entfernte mich, um mit Euch zu sprechen. Ihr gehört dem Herzog von Anjou, und er gehört dem König. Ihr werdet Streit gehabt haben. Ich beschwöre Euch, verbergt mir nichts, Herr von Bussy. Ihr müsst meine Unruhe begreifen. Er ist allerdings mit dem König weggegangen, doch man findet sich wieder, man trifft zusammen. Gesteht mir die Wahrheit. Was ist Herrn von Saint-Luc begegnet?«

»Madame,« erwiderte Bussy, »das ist in der Tat wunderbar. Ich erwartete, Ihr würdet Nachricht über meine Wunde von mir fordern, und nun nimmt man mich in's Verhör.«

»Herr von Saint-Luc hat Euch verwundet, er hat sich geschlagen,« rief Jeanne. »Ah! Ihr seht wohl …«

«Nein, Madame, er hat sich nicht im Geringsten geschlagen, der liebe Saint-Luc, wenigstens nicht mit mir, und ich bin, Gott sei Dank! nicht von seiner Hand verwundet. Mehr noch, er hat sogar Alles getan, was er konnte, damit ich nicht verwundet würde. Doch er musste Euch selbst sagen, wir wären nun Freunde wie Damon und Pythias.«

»Er? wie hätte er es mir sagen können, da ich ihn nicht wiedergesehen habe?«

»Ihr habt ihn nicht wiedergesehen? Was mir Euer Diener sagte, ist also wahr?«

»Was sagte er Euch?«

»Herr von Saint-Luc wäre seit gestern Abend um elf Uhr nicht zurückgekehrt. Seit gestern Abend um elf Uhr habt Ihr Euren Gemahl nicht wiedergesehen?«

»Ach! nein.«

»Doch, wo kann er sein?«

»Das frage ich Euch.«

»Oh! erzählt mir das ein wenig, Madame,« sprach Bussy, der wohl vermutete, was vorgefallen war, »das ist sehr drollig.«

Die arme Frau schaute Bussy mit dem höchsten Erstaunen an.

»Nein, es ist sehr traurig, wollte ich sagen,« fuhr Bussy fort. »Ich habe so viel Blut verloren, dass ich nicht aller meiner Fähigkeiten teilhaftig bin. Erzählt mir die klägliche Geschichte, Madame.«

Jeanne erzählte Alles, was sie wusste, nämlich den von Heinrich III. Saint-Luc erteilten Befehl, ihn zu begleiten, das Schließen der Pforten des Louvre und die Antwort der Wachen, worauf wirklich keine Heimkehr erfolgt war.

»Ah! sehr gut,« sagte Bussy, »ich begreife.«

»Wie, Ihr begreift?« fragte Jeanne.

»Ja. Seine Majestät hat Saint-Luc in den Louvre mitgenommen, und sobald Saint-Luc einmal innen war, konnte er nicht mehr heraus.«

»Und warum konnte er nicht mehr heraus?«

»Ah, verdammt!« sagte Bussy verlegen, »Ihr fordert mich auf, die Staatsgeheimnisse zu entschleiern.«

»Doch ich ging in den Louvre,« sprach die junge Frau, »und mein Vater ebenfalls.«

»Nun?«

»Nun, die Wachen antworteten uns, sie wüssten nicht, was wir wollten, Herr von Saint-Luc müsste nach Hause zurückgekehrt sein.«

»Ein Grund mehr, dass sich Herr von Saint-Luc im Louvre befindet.«

»Ihr glaubt?«

»Ich bin dessen sicher, und wenn Ihr Euch ebenfalls, überzeugen wollt …«

»Wie?«

»Durch Euch selbst.«

»Kann ich dies?«

»Sicherlich.«

»Doch ich mag mich immerhin im Palast zeigen, man wird mich zurückschicken, wie man es bereits getan, und mit denselben Worten, die man mir bereits gesagt hat. Denn wenn er dort wäre, wer würde mich hindern, ihn zu sehen?«

»Wollt Ihr in den Louvre, sage ich Euch?«

»Warum dies?«

»Um Saint-Luc zu sehen.«

»Doch wenn er nicht dort ist?«

»Ei! den Teufel, ich sage Euch, er ist dort.«

»Das ist seltsam.«

»Nein, das ist königlich.«

»Ihr könnt also in den Louvre hinein?«

»Gewiss: ich bin nicht die Frau von Saint-Luc.«

»Ihr macht mich ganz verwirrt.«

»Kommt immerhin.«

»Wie soll Ich das verstehen? Ihr behauptet, Frau von Saint-Luc sei der Eintritt in den Louvre versagt, und wollt mich doch mitnehmen!«

»Keineswegs, Madame, ich will nicht die Frau von Saint-Luc dahin führen … Eine Frau! pfui doch!«

»Ihr spottet meiner … und seht doch meine Traurigkeit, das ist grausam von Euch.«

«Ei! nein, liebe Dame, hört mich: Ihr seid zwanzig Jahre alt, groß, habt schwarze Augen, eine schön gerundete Gestalt, und gleicht meinem jüngsten Pagen … versteht Ihr … dem hübschen Knaben, dem der Goldstoff gestern Abend so gut stand.«

»Ah! welche Torheiten, Herr von Bussy,« rief Jeanne errötend.

»Hört: ich habe kein anderes Mittel, als das, welches ich Euch vorschlage, Ihr könnt es annehmen oder lassen. Sprecht, wollt Ihr Herrn von Saint-Luc sehen?«

»Oh! ich gäbe Alles in der Welt, um ihn zu sehen.«

»Wohl, ich verspreche, ihn Euch zu zeigen, ohne dass Ihr etwas zu geben braucht.«

»Ja … aber …«

»Ich habe Euch gesagt, auf welche Weise.«

»Wohl, Herr von Bussy, ich werde tun, was Ihr wollt, nur benachrichtigt den jungen Menschen, dass ich eines von seinen Gewändern brauche und eine von meinen Frauen zu ihm schicken werde.«

»Nein, ich werde bei mir eines von den ganz neuen Kleidern nehmen, die ich diesen Burschen für den ersten Ball der Königin Mutter bestimmt habe. Ich schicke Euch das, welches mir am passendsten für Euren Wuchs vorkommt, und Ihr trefft diesen Abend an einem bestimmten Orte mit mir zusammen, zum Beispiel in der Rue Saint-Honoré, bei der Rue des Prouvelles, und von da …«

»Von da?«

»Von da gehen wir mit einander in den Louvre.«

Jeanne brach in ein Gelächter aus, reichte Bussy die Hand und sprach:

»Verzeiht mir meinen Argwohn.«

»Von ganzem Herzen. Ihr verschafft mir ein Abenteuer, worüber ganz Europa lachen wird, und dafür bin ich Euch abermals verbunden.«

Hiernach verabschiedete er sich von der jungen Frau und kehrte nach Hause zurück, um Anstalten zur Maskerade zu treffen.

Am Abend, zur bestimmten Stunde, kamen Bussy und Frau von Saint-Luc auf der Höhe der Barriere des Sergens zusammen. Hätte die junge Frau nicht das Gewand seines Pagen getragen, so würde sie Bussy nicht erkannt haben. Sie war bewunderungswürdig in dieser Verkleidung. Nachdem sie ein paar Worte ausgetauscht, wanderten Beide dem Louvre zu.

Am Ende der Rue des Fossés-Saint-Germain-l'Auxerrois trafen sie große Gesellschaft. Diese Gesellschaft hielt die ganze Straße besetzt und versperrte ihnen den Weg.

Jeanne hatte bange. Bussy erkannte an den Fackeln und Büchsen den Herzog von Anjou, der überdies an seinem Schecken, und an dem Mantel von weißem Sammet, den er gewöhnlich trug, zu erkennen war.

»Ah!« sagte Bussy, sich gegen Jeanne umwendend, »Ihr wart verlegen, mein schöner Page, wie Ihr in den Louvre dringen könntet; wohl! seid nun unbesorgt, Ihr werdet im Triumphe einziehen.«

»Monseigneur! Monseigneur!« rief Bussy mit voller Lunge dem Herzog von Anjou zu. Die Stimme durchschnitt den Raum und gelangte trotz des Stampfens der Pferde und des Geräusches der Menschen bis zum Prinzen.

Der Prinz wandte sich um.

»Du, Bussy!« rief er ganz entzückt, »ich glaubte Du wärst auf den Tod verwundet, und wollte mich eben in Deine Wohnung begeben.«

»Meiner Treue, Monseigneur,« antwortete Bussy, ohne dem Prinzen nur für dieses Zeichen der Aufmerksamkeit zu danken, »meiner Treue, wenn ich nicht tot bin, so ist es der Fehler von Niemand außer mir. In der Tat, Monseigneur, Ihr treibt mich in schöne Hinterhalte und verlasst mich in freudigen Lagen. Gestern auf dem Balle von Saint-Luc war eine wahre Mördergrube, eine allgemeine Gurgelschneiderei. Ich war der einzige Angevin2 dort, und bei meiner Ehre, sie hätten mir beinahe alles Blut abgezapft, das ich im Leibe hatte.«

»Beim Tode! Bussy, sie werden Dein Blut teuer bezahlen, und ich will ihnen die Tropfen vorrechnen lassen.«

»Ja, Ihr sagt das, doch Ihr lächelt dem Ersten zu, dem Ihr begegnet,« versetzte Bussy mit seiner gewöhnlichen Freiheit. »Wenn Ihr ihnen beim Lächeln nur wenigstens die Zähne zeigen würdet, doch Eure Lippen sind hierfür zu sehr zusammengepresst.«

»Wohl, so begleite mich in den Louvre, und Du wirst sehen,« sprach der Prinz.

»Was werde ich sehen, Monseigneur?«

»Du wirst sehen, wie ich mit meinem Bruder spreche.«

»Hört, Monseigneur, ich gehe nicht in den Louvre, wenn es sich darum handelt, ein neues Anschnauzen in Empfang zu nehmen. Das ist gut für die Prinzen von Geblüt und für die Mignons.«

»Sei unbesorgt, ich habe mir die Sache zu Herzen genommen.«

»Versprecht Ihr mir eine schöne Genugtuung?«

»Ich verspreche Dir, dass Du zufrieden sein sollst. Ich glaube, Du zögerst noch?«

»Monseigneur, ich kenne Euch so gut.«

»Komm, sage ich Dir. Man wird darüber reden.«

»Eure Sache macht sich vortrefflich,« flüsterte Bussy der Gräfin in das Ohr. »Es wird zwischen diesen zwei Brüdern, die sich wahrlich anbeten, ein furchtbarer Zank entstehen, und mittlerweile findet Ihr Saint-Luc wieder.«

»Nun!« fragte der Prinz, »entschließest Du Dich, muss ich Dir mein Ehrenwort verpfänden.«

»Oh! nein,« sagte Bussy, »das würde mir Unglück bringen. Vorwärts, mag es kosten, was es will, ich folge Euch, und wenn man mich beleidigt, so werde ich mich zu rächen wissen.«

Hiernach nahm Bussy seine Stelle neben dem Prinzen, während der neue Page, seinem Herrn so nahe als möglich folgend, unmittelbar hinter ihm ging.

»Nein, nein,« sagte der Prinz, die Drohung von Bussy beantwortend, »das ist nicht Deine Sorge, mein braver Edelmann. Ich übernehme Deine Rache. Höre,« fügte er mit leiser Stimme bei, »ich kenne Deine Mörder.«

»Bah!« versetzte Bussy, »Eure Hoheit, ist bemüht gewesen, sich darnach zu erkundigen?«

»Ich habe sie gesehen.«

»Wie dies?« fragte Bussy erstaunt.

»Ja, ich hatte selbst an der Porte Saint-Antoine zu tun, sie begegneten mir und hätten mich beinahe statt Deiner getötet. Ah! ich vermutete nicht, dass die Schurken Dich erwarteten! sonst ….«

»Nun, sonst?«

»Hattest du diesen neuen Pagen bei Dir?« fragte der Prinz, ohne die Drohung zu vollenden.

»Nein, Monseigneur,« antwortete Bussy, »ich war allein, und Ihr, Monseigneur?«

»Ich war mit Aurilly; … und warum warst Du allein?«

»Weil ich den Namen: der brave Bussy, den Sie mir gegeben, behalten will.«

»Und sie verwundeten Dich?« fragte der Prinz mit der Raschheit, mit der er gewöhnlich die Streiche, die man nach ihm führte, durch eine Finte erwiderte.

»Hört,« sagte Bussy, »ich will ihnen die Freude nicht machen; doch ich habe einen hübschen Degenstich in der Seite.«

»Ah! die Bösewichte!« rief der Prinz, »Aurilly sagte mir doch, sie hätten schlimme Absichten.«

»Wie,« versetzte Bussy, »Ihr habt den Hinterhalt gesehen? Wie, Ihr wart mit Aurilly, der mit dem Degen beinahe so gut als auf der Laute spielt? Wie, er sagte Eurer Hoheit, diese Leute hätten schlimme Gedanken, Ihr wart zu zwei, und sie nur zu fünf, und Ihr habt nicht gelauert, um Unterstützung zu gewähren?«

»Verdammt! was willst Du? ich wusste nicht, gegen wen der Hinterhalt gerichtet war.«

»Tod und Teufel! wie Karl IX. sagte, die Freunde von Heinrich III. erkennend, musstet Ihr doch denken, es sei auf einen Freund von Euch abgesehen. Da aber beinahe Niemand außer mir den Mut hat, Euer Freund zu sein, so war es nicht schwer zu erraten, dass sie mir an das Leben wollten.«

»Ja, Du hast vielleicht Recht, mein lieber Bussy, doch es fiel mir nicht Alles dies ein.«

»Schon gut!« seufzte Bussy, als ob er kein anderes Wort gefunden hätte, um Alles auszudrücken, was er über seinen Herrn dachte.

Man gelangte zum Louvre. Der Herzog wurde an der Pforte von dem Kapitän und den Concierges empfangen. Es war ein strenges Verbot erlassen. Doch man begreift, dieses Verbot bezog sich nicht auf den Ersten des Reiches nach dem König. Der Prinz ritt unter die Arcade der Zugbrücke mit seinem ganzen Gefolge.

»Monseigneur,« sagte Bussy, als er sich im Ehrenhofe sah, »geht, macht Euren Angriff und erinnert Euch, dass Ihr mir denselben feierlich versprochen habt. Ich muss Jemand ein paar Worte sagen.«

»Du verlässest mich, Bussy,« versetzte voll Unruhe der Prinz, der ein wenig auf die Gegenwart seines Edelmanns gerechnet hatte.

»Ich muss, doch das ist kein Hindernis, seid unbesorgt: wenn der Streit heftig wird, komme ich zurück. Schreit, Monseigneur, schreit Mordieu! damit ich Euch höre; Ihr begreift, wenn ich Euch nicht schreien höre, so komme ich nicht.«

Den Eintritt des Herzogs in den großen Saal benützend, schlüpfte Bussy sodann, von Jeanne gefolgt, in die Gemächer.

Bussy kannte den Louvre wie sein eigenes Haus. Er wählte eine Geheimtreppe, durchschritt zwei oder drei einsame Gänge und gelangte zu einer Art von Vorzimmer.

»Erwartet mich hier,« sagte er zu Jeanne.

»O mein Gott! Ihr lasst mich allein?« fragte die junge Frau erschrocken.

»Es muss sein, ich muss Euch den Weg untersuchen und den Eintritt verschaffen.«

Bussy ging gerade nach dem Waffencabinet, das König Karl IX. so sehr liebte, und das durch eine neue Einteilung das Schlafzimmer von Heinrich III. geworden war, der es zu seinem Gebrauche eingerichtet hatte. Karl IX., ein Jäger-König, ein Schmied-König, ein Dichter-König, hatte in diesem Zimmer Waldhörner, Büchsen, Manuskripte, Bücher und Schraubstöcke. Heinrich III. hatte darin zwei Betten von Sammet und Seide, sehr unwichtige Zeichnungen, Reliquien, von dem Papst gesegnete Skapuliere, vom Orient kommende parfümierte Säckchen und eine Sammlung der schönsten Raufdegen, die sich finden ließen.«

Bussy wußte wohl, dass Heinrich nicht in diesem Zimmer sein würde, da sein Bruder von ihm Audienz im großen Kabinett verlangte, er wusste aber auch, dass neben dem Zimmer des Königs die Wohnung der Amme von Karl IX. lag, welche die des Günstlings von Heinrich III. geworden war. Da nun Heinrich in seinen Freundschaften sehr viel schwankte, so war dieses Zimmer abwechselnd von Maugiron, d'O, Épernon, Quélus und Schomberg besetzt gewesen und musste es in diesem Augenblick, nach der Ansicht von Bussy, von Saint-Luc sein, für den der König, wie man gesehen, ein so mächtiges Wiedererwachen der Freundschaft fühlte, dass er den jungen Mann seiner Frau entführte.

Heinrich III., eine seltsame Organisation, ein oberflächlicher Prinz, ein tiefer Prinz, ein furchtsamer Prinz, ein braver Prinz, Heinrich III., stets gelangweilt, stets unruhig, stets träumerisch, musste eine beständige Zerstreuung haben. Bei Tag: der Lärmen, die Spiele, die Übungen, die Mummereien, die Maskeraden, die Intrigen. Bei Nacht: das Licht, das Geplauder, das Gebet oder die Schwelgerei. Heinrich III. ist auch beinahe die einzige Person dieses Charakters, die wir in unserer modernen Welt wiederfinden.

Heinrich III., der antike Hermaphrodite, war bestimmt das Licht des Tages in irgend einer Stadt des Orients, mitten in einer Welt von Stummen, Sklaven, Eunuchen, Philosophen und Sophisten zu sehen, und sein Reich sollte eine besondere Aera von weichlichen Schwelgereien und unbekannten Tollheiten, zwischen Nero und Heliogabalus, bezeichnen.

Bussy, der also vermutete, dass Saint-Luc das Zimmer der Amme bewohnte, klopfte an das, beiden Gemächern gemeinschaftliche, Vorzimmer.

Der Kapitän der Garden öffnete.

»Herr von Bussy?« rief der Offizier erstaunt.

»Ja, ich selbst, mein lieber Herr von Nancey,« sagte Bussy, »der König wünscht Herrn von Saint-Luc zu sprechen.«

»Sehr gut,« antwortete der Kapitän, »man melde Herrn von Sait-Luc, der König wolle ihn sprechen.«

Durch die halb offen gebliebene Türe warf Bussy dem Pagen einen Blick zu.

Dann wandte er sich wieder gegen Herrn von Nancey um und sagte:

»Doch was macht der arme Saint-Luc?«

»Er spielt mit Chicot, in Erwartung des Königs, welcher sich zu der von dem Herzog von Anjou erbetenen Audienz begeben hat.«

»Wollt Ihr meinem Pagen erlauben, mich hier zu erwarten?« fragte Saint-Luc den Kapitän der Garden.

»Sehr gern,« erwiderte dieser.

»Tritt ein, Jean,« sagte Bussy zu der jungen Frau, und bezeichnete ihr mit der Hand eine Fenstervertiefung, in welche sie sich flüchten sollte.

Kaum war sie hier, als Saint-Luc eintrat. Aus Diskretion zog sich Herr von Nancey aus dem Bereiche der Stimmen zurück.

»Was will denn der König wieder von mir?« sprach Saint-Luc mit verdrießlichem Tone und gerunzelter Stirne.

»Ah! Ihr seid es, Herr von Bussy.«

»Ich selbst, lieber Saint-Luc, und vor Allem …«

Er dämpfte die Stimme.

»Vor Allem meinen Dank für den Dienst, den Ihr mir geleistet habt.«

«Ah!« versetzte Saint-Luc, »das war ganz natürlich, denn es widerstrebte mir, einen braven Edelmann, wie Ihr seid, ermorden zu sehen. Ich glaubte, Ihr wäret tot.«

»Es fehlt nur wenig; doch wenig ist in diesem Falle ungeheuer.«

»Wieso?«

»Ja, ich bin mit einem hübschen Degenstich weggekommen, den ich, wie ich glaube, Schomberg und Épernon mit Wucher zurückgegeben habe. Was Quélus betrifft, so darf er den Knochen seines Schädels danken: es ist einer der härtesten, die ich je getroffen.«

»Ah! erzählt mir doch Euer Abenteuer, es wird mich zerstreuen,« sprach Saint-Luc gähnend, dass er beinahe den Kiefer ausrenkte.

»Ich habe in diesem Augenblick keine Zeit, mein lieber Saint-Luc. Überdies bin ich aus einer andern Ursache gekommen. Ihr langweilt Euch sehr, wie es scheint.«

»Königlich, damit ist Alles gesagt.«

»Wohl, ich bin hier, um Euch zu zerstreuen. Was Teufel, ein Dienst ist eines andern wert.«

»Ihr habt Recht, und der, welchen Ihr mir leistet, ist nicht minder groß, als der, welchen ich Euch leistete. Man stirbt vor Langweile eben so gut, als durch einen Degenstich: es dauert länger, ist aber sicherer.«

»Armer Graf, Ihr seid also ein Gefangener, wie ich vermutete?«

»Gefangener so sehr, als man es nur immer sein kann. Der König behauptet, nur meine Laune vermöge ihn zu zerstreuen. Der König ist sehr gut, denn seit gestern habe ich ihm mehr Grimassen gemacht als sein Affe, und mehr Grobheiten gesagt als sein Narr.«

»Wohl, so sprecht, kann ich Euch nicht irgend einen Dienst leisten?«

»Ganz gewiss, Ihr könnt zu mir, oder vielmehr zu dem Marschall von Brissac gehen, um meine arme kleine Frau zu beschwichtigen, welche sehr unruhig sein muss und mein Benehmen sicherlich höchst sonderbar findet.«

»Was soll ich ihr sagen?«

»Ei bei Gott! sagt ihr, Ihr habet mich gesehen, ich sei Gefangener, eingesperrt, seit gestern spreche der König mit mir von der Freundschaft wie Cicero, der darüber geschrieben, und von der Tugend wie Sokrates, der sie geübt.«

»Und was antwortet Ihr ihm? fragte Bussy lachend.

»Ich antworte ihm, in Beziehung auf die Freundschaft sei ich ein Undankbarer, und in Beziehung auf die Tugend ein verkehrter Mensch, was ihn nicht abhält, hartnäckig fortzufahren und seufzend zu wiederholen: »Ah! Saint-Luc, die Freundschaft ist also nur eine Chimäre! Ah! Saint-Luc, die Tugend ist also nur ein Namen!« Nachdem er dies französisch gesagt hat, wiederholt er es lateinisch, und sagt es dann noch einmal griechisch.«

Bei diesem Scherze brach der Page, dem Saint-Luc noch nicht die geringste Aufmerksamkeit geschenkt hatte, in ein Gelächter aus.

»Was wollt Ihr, lieber Freund, er glaubt Euch zu rühren, bis repetita placent, und um so vielmehr ter repetita. Doch ist das Alles, was ich für Euch tun kann?«

»Ah! mein Gott, ja; wenigstens befürchte ich es.«

»Dann ist es schon abgemacht.«

»Wie so?«

»Ich vermutete, was vorgefallen ist, und sagte Eurer Frau zum Voraus Alles.«

»Und was antwortete sie?«

»Sie wollte Anfangs nicht glauben. Doch,« fügte Bussy, einen Seitenblick in die Fenstervertiefung werfend, bei, »doch ich hoffe, sie wird sich dem augenscheinlichen Beweise gefügt haben. Verlangt also etwas Anderes von mir, etwas Schwierigeres, Unmögliches, dann ist es ein Vergnügen, es zu unternehmen.«

»Mein lieber Bussy, so entlehnt für einen Augenblick den edlen Hippogryphen vom Ritter Astolf und lenkt ihn an eines von meinen Fenstern, ich reite hinter Euch auf dem Kreuze, und ihr führt mich zu meiner Frau. Es steht Euch sodann frei, Euren Weg nach dem Monde fortzusetzen, wenn es Euch beliebt.«

»Mein Lieber,« sagte Bussy, »es gibt etwas Einfacheres: den Hippogryphen Eurer Frau zuzuführen, und diese mag dann zu Euch kommen.«

»Hierher?«

»Ja, hierher.«

»In den Louvre?«

»In den Louvre selbst. Sprecht, wäre das nicht drollig?«

»Ei, bei Gott! ich glaube wohl.«

»Ihr würdet Euch nicht mehr langweilen?«

»Meiner Treue, nein!«

»Denn Ihr langweilt Euch, wie Ihr mir sagt?«

»Fragt Chicot. Seit diesem Morgen habe ich einen Hass gegen ihn gefasst und ihm drei Degenstiche vorgeschlagen. Der Bursche ärgerte sich, dass man sich hätte darüber zu Tode lachen können. Ich verzog keine Miene. Doch wenn das so fortdauert, so werde ich ihn zu meiner Zerstreuung töten oder mich von ihm töten lassen.«

«Pest! treibt keinen Spaß, Ihr wisst, dass Chicot ein kräftiger Fechter ist, und werdet Euch in einem Sarge noch mehr langweilen, als Ihr Euch in Eurem Gefängnis langweilt.«

»Meiner Treue, ich weiß es nicht.«

»Sprecht, soll ich Euch meinen Pagen geben?« sagte Bussy lachend.

»Mir?«

»Ja, einen vortrefflichen Jungen.«

«Ich danke,« antwortete Saint-Luc, »ich verabscheue die Pagen. Der König bot mir an, denjenigen von den meinigen kommen zu lassen, welcher mir am Angenehmsten wäre, und ich schlug es aus. Bietet ihn dem König an, der sein Haus einrichtet. Ich, wenn ich von hier wegkomme, werde tun, was man in Chenonceaux bei dem grünen Feste getan hat, ich werde mich nur von Frauen bedienen lassen.«

»Bah!« versetzte Bussy, »versucht es immerhin.«

»Bussy,« erwiderte Saint-Luc ärgerlich, »es ist nicht schön von Euch, dass Ihr mich verspottet.«

»Laßt mich machen.«

»Nein.«

»Wenn ich Euch sage, dass ich weiß, was Ihr braucht.«

»Nein, nein, nein, hundertmal nein!«

»Hollah! Page, kommt hierher.«

»Mord und Tod!« rief Saint-Luc.

Der Page verließ sein Fenster und trat errötend hinzu.

»Oh! oh!« murmelte Saint-Luc, ganz erstaunt, als er Jeanne unter der Livree von Bussy erkannte.

»Nun,« fragte Bussy, »soll ich ihn wegschicken?«

»Nein, wahrhaftiger Gott, nein!« rief Saint-Luc.

»Ah! Bussy! Bussy! ich bin Euch eine ewige Freundschaft schuldig!«

»Ihr wisst, dass man Euch nicht hört, Saint-Luc, dass man Euch aber sieht.«

»Es ist wahr,« sagte dieser, und nachdem er zwei Schritte gegen seine Frau gemacht hatte, machte er drei rückwärts. Erstaunt über die allerdings zu ausdrucksvolle Miene von Saint-Luc, fing Herr von Nancey wirklich an zu horchen, als ein gewaltiges, aus dem Ratssaale kommendes Geräusch seine Aufmerksamkeit auf eine andere Seite lenkte.

»Ah! mein Gott!« rief Nancey, »es scheint mir, der König zankt mit irgend Jemand.«

»Ich glaube in der Tat, es ist so,« versetzte Bussy sich beunruhigt stellend, »sollte es zufällig der Herr Herzog von Anjou sein, mit dem ich gekommen bin?«

Der Kapitän der Garden befestigte seinen Degen an seiner Seite und entfernte sich in der Richtung der Galerie, von wo aus wirklich der Lärmen eines lebhaften Streites Gewölbe und Mauern durchdrängt.

»Sagt, ich habe meine Sache nicht gut gemacht!« rief Bussy sich gegen Saint-Luc umwendend.

»Was gibt es denn?« fragte dieser.

»Der Herr Herzog von Anjou und der König zerreißen sich in diesem Augenblick, und da dies ein herrliches Schauspiel sein muss, so laufe ich hin, damit nichts davon für mich verloren geht. Ihr benützt den Streit, nicht um zu fliehen, der König würde Euch immer wieder einholen, sondern um diesen hübschen Pagen, den ich Euch gebe, in Sicherheit zu bringen: ist das möglich?«

»Ja, bei Gott! und wenn es auch nicht möglich wäre, so müsste es doch wohl werden; aber zum Glück habe ich den Kranken gespielt und hüte das Zimmer.«

»Dann Gott befohlen, Saint-Luc; Madame, vergesst mich nicht in Eurem Gebet.«

Sehr erfreut, dass er Heinrich III. diesen Streich gespielt, verließ Bussy das Vorzimmer und erreichte die Galerie, wo der König, rot vor Zorn, gegen den vor Wut bleichen Herzog von Anjou behauptete, bei der Szene der vorhergehenden Nacht sei Bussy der Herausfordernde gewesen.

»Ich versichere Euch, Sire,« rief der Herzog von Anjou, »Épernon, Schomberg, d'O, Maugiron und Quélus erwarteten ihn an dem Hotel des Tournelles.«

»Wer hat Euch das gesagt?«

»Ich habe sie selbst gesehen, Sire, ich habe sie mit meinen eigenen Augen gesehen.«

»In der Dunkelheit, nicht wahr? Die Nacht war schwarz wie das Innere eines Ofens.«

»Ich erkannte sie auch nicht am Gesicht.«

»Woran denn? an den Schultern?«

»Nein, Sire, an der Stimme.«

»Sie sprachen mit Euch?«

»Sie taten noch mehr, sie hielten mich für Bussy und griffen mich an.«

»Euch?«

»Ja, mich.«

«Und was wolltet Ihr an der Porte Saint-Antoine machen?«

»Was ist Euch daran gelegen?«

»Ich will es wissen: ich bin heute neugierig.«

»Ich ging zu Manasse.«

»Zu Manasse, einem Juden!«

»Ihr geht wohl zu Ruggieri, einem Nekromanten.«

»Ich gehe, wohin ich will, ich bin der König.«

»Das heißt nicht antworten, sondern niederschlagen.«

»Übrigens ist es, wie ich gesagt habe, Bussy war der Herausfordernde.«

»Bussy?«

»Ja.«

»Wo dies?«

»Auf dem Ball von Saint-Luc.«

«Bussy hat fünf Männer herausgefordert? Geht doch! Bussy ist brav, aber Bussy ist kein Narr.«

»Gottes Tod! ich sage Euch, dass ich die Herausforderung selbst gehört habe. Überdies war er ganz wohl dazu fähig, denn er hat, trotz aller Eurer Behauptungen, Schomberg am Schenkel, Épernon am Arm verwundet und Quélus beinahe totgeschlagen.«

»Ah, wirklich! davon hat er mir nichts gesagt. Ich werde ihm mein Kompliment machen.«

»Und ich,« sprach der König, »ich werde Niemand mein Kompliment machen, sondern an diesem Raufer ein Beispiel geben.«

»Ich aber,« versetzte der Herzog, »ich, den Eure Freunde nicht nur in der Person von Bussy, sondern auch in der meinigen angreifen, werde erfahren, ob ich Euer Bruder bin, und ob in Frankreich, Eure Majestät ausgenommen, ein einziger Mensch lebt, der berechtigt ist, mir in das Gesicht zu schauen, ohne dass ihn, in Ermanglung der Achtung, die Furcht bewegt, seine Augen niederzuschlagen.«

Durch das Geschrei der zwei Brüder herbeigezogen, erschien in diesem Augenblick Bussy, äußerst zierlich in zartgrünen Atlass mit Rosaschleifen gekleidet.

»Sire,« sagte er, sich vor Heinrich III. verbeugend, »wollt gnädigst meine ehrfurchtsvolle Huldigung annehmen.«

»Bei Gott! hier ist er,« sprach Heinrich.

»Eure Majestät erweist mir, wie es scheint, die Ehre, sich mit mir zu beschäftigen?« fragte Bussy.

»Ja,« antwortete der König, »und es ist mir sehr lieb, dass ich Euch sehe, obgleich man mir gesagt hat, Euer Gesicht atme Gesundheit.«

»Euer Majestät, das abgezogene Blut erfrischt das Gesicht, und ich muss wirklich diesen Abend ein sehr frisches Gesicht haben.«

»Wohl, da man Euch geschlagen, da man Euch gequetscht hat, so beklagt Euch bei mir, Herr von Bussy, und ich werde Euch Gerechtigkeit widerfahren lassen.«

»Erlaubt Sire,« erwiderte Bussy, »man hat mich weder geschlagen, noch gequetscht, und ich beklage mich nicht.«

Heinrich war ganz erstaunt, schaute den Herzog von Anjou an und fragte:

»Nun, was sagtet Ihr denn?«

»Ich sagte, Bussy habe einen Degenstich in die Seite bekommen.«

»Ist das wahr, Bussy?« fragte der König.

»Da es der Bruder Eurer Majestät behauptet, so muss es wahr sein; ein erster Prinz von Geblüt würde nie lügen.«

»Und mit einem Degenstich in der Seite beklagt Ihr Euch nicht?«

»Ich würde mich nur beklagen, Sire, wenn man mir, um mich zu verhindern, selbst Rache zu nehmen, die rechte Hand abschnitte; auch hoffe ich,« fuhr der unverbesserliche Duellist fort, »auch hoffe ich mich noch mit der linken Hand rächen zu können.«

»Unverschämter!« murmelte Heinrich.

»Sire,« sagte der Herzog von Anjou, »Ihr habt von Gerechtigkeit gesprochen, wohl, so übt Gerechtigkeit, wir verlangen nichts Anderes. Befehlt eine Untersuchung, ernennt Richter, und man erfahre, von welcher Seite der Hinterhalt kam und wer zu dem Morde Vorbereitungen getroffen hatte.«

Heinrich errötete und sprach:

»Nein, ich will diesmal lieber nicht wissen, auf welcher Seite das Unrecht ist, und alle Welt in eine allgemeine Verzeihung einschließen. Es ist mir lieber, wenn diese wilden Feinde Frieden machen, und es ärgert mich, dass Schomberg und Épernon durch ihre Wunden zu Hause gehalten werden. Lasst hören, Herr von Anjou, wer war Eurer Ansicht nach der wütendste von meinen Freunden? Sprecht, es muss Euch leicht werden, da Ihr sie gesehen zu haben behauptet?«

»Sire,« antwortete der Herzog von Anjou, »es war Quélus.«

»Meiner Treue ja,« sprach Quélus, »ich verberge mich nicht, und Seine Hoheit hat gut gesehen.«

»So mögen Herr von Bussy und Herr von Quélus im Namen Aller Frieden machen.«

»Oh! oh!« rief Quélus, »was bedeutet das, Sire?«

»Das bedeutet, dass man sich hier in meiner Gegenwart und auf der Stelle umarmen soll.«

Quélus runzelte die Stirne.

»Wie, Signor,« sagte Bussy, sich gegen Quélus umwendend und die italienische Gebärde des Pantalon nachahmend »werdet Ihr mir nicht diese Gunst erweisen?«

Dieser Einfall war so unerwartet und Bussy hatte ihn mit so viel Lebendigkeit vorgebracht, dass der König selbst zu lachen anfing. Dann näherte er sich Quélus, rief: »Auf, Monsou, der König will es haben,« und warf ihm seine beiden Arme um den Hals.

»Ich hoffe, das verpflichtet Euch zu nichts,« sagte ganz leise Quélus zu Bussy.

»Seid unbesorgt,« antwortete Bussy in demselben Tone, »wir werden uns früher oder später wiederfinden.«

Quélus wich, ganz rot und die Haare in Unordnung, wütend zurück.

Heinrich runzelte die Stirne, und Bussy machte, stets Pantalon, eine Pirouette und verließ den Saal. Er hatte sich durch diese groteske Umarmung einen Todfeind zugezogen.

2

Angevin, was zu Anjou gehört.]

Die Dame von Monsoreau

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