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Erstes bis viertes Bändchen
Fünftes Kapitel
Wie das Kleine Schlafengehen des Königs beschaffen war

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Nach dieser als Trauerspiel begonnenen und als Lustspiel beendigten Szene, deren Lärmen wie ein Echo aus dem Louvre hinaus drang und sich in der Stadt verbreitete, kehrte der König ganz zornig, gefolgt von Chicot, welcher Abendbrot verlangte, in seine Gemächer zurück.

»Ich habe keinen Hunger,« sagte der König über die Schwelle seiner Türe tretend.

»Das ist möglich,« erwiderte Chicot, »doch ich bin wütend und möchte gern beißen.«

Der König stellte sich, als hätte er nicht gehört. Er häkelte seinen Mantel los, legte ihn auf sein Bett, nahm sein mit langen, schwarzen Nadeln auf dem Kopfe befestigtes Barett ab, warf es auf einen Stuhl, schritt nach dem Gange zu, der in das Zimmer von Saint-Luc führte, das von dem seinigen nur durch eine einfache Wand getrennt war, und sagte zu Chicot:

»Erwarte mich hier, Narr, ich komme zurück.«

»Oh! beeile Dich nicht, mein Sohn,« erwiderte Chicot, »beeile Dich nicht,« fuhr er, auf den sich entfernenden Tritt von Heinrich horchend, fort, »ich wünsche sogar, dass Du mir Zeit lässt, Dir eine kleine Überraschung zu bereiten.«

Als das Geräusch der Tritte völlig erloschen war, öffnete er die Türe des Vorzimmers und rief: »Hollah!« Ein Diener lief herbei.

»Der König hat seine Ansicht geändert,« sagte er, »er will ein hübsches Abendbrot, ein feines Abendbrot für sich und Saint-Luc. Besonders hat er den Wein empfohlen; geht Lackei.«

Der Bediente drehte sich auf den Fersen um und eilte weg, um die Befehle von Chicot zu vollziehen, denn er zweifelte nicht, es wären die des Königs.

Heinrich war, wie gesagt, in das Zimmer von Saint-Luc gegangen, der sich, von dem Besuche Seiner Majestät in Kenntnis gesetzt, niedergelegt hatte, und sich Gebete von einem alten Diener vorlesen ließ, welcher ihm nach dem Louvre gefolgt und mit ihm zum Gefangenen gemacht worden war. In einem vergoldeten Fauteuil in einer Ecke saß, den Kopf zwischen seinen zwei Händen, in tiefen Schlaf versunken der Page, den Bussy gebracht hatte.

Der König umfasste Alles mit einem Blicke.

»Wer ist dieser junge Mensch?« fragte er unruhig Saint-Luc.

»Als mich Eure Majestät hier zurückhielt, bevollmächtigten sie mich, einen Pagen kommen zu lassen.«

»Allerdings,« sagte Heinrich III.

»Nun, ich habe diese Erlaubnis benützt, Sire.«

»Ah! ah!«

»Bereut Seine Majestät, mir diese Zerstreuung bewilligt zu haben?« fragte Saint-Luc.

»Nein, mein Sohn, nein, zerstreue Dich im Gegenteil. Lass hören, wie geht es Dir?«

»Sire, ich habe ein heftiges Fieber.«

»In der Tat, Dein Gesicht ist purpurrot, mein Sohn. Lass mich Deinen Puls fühlen, Du weißt, ich bin ein wenig Arzt.«

Saint-Luc reichte ihm die Hand mit einer sichtbaren Bewegung übler Laune.

»Oh weh!« rief der König, »sehr ungleich, sehr bewegt!«

»Oh! Sire,« versetzte Saint-Luc, »ich bin in Wahrheit sehr krank.«

»Sei unbesorgt, ich werde Dich durch meinen eigenen Arzt pflegen lassen.«

»Ich danke, Sire.«

»Ich werde selbst bei Dir wachen.«

»Sire, ich dulde es nicht.«

»Ich lasse mir ein Bett in Deinem Zimmer aufschlagen. Wir plaudern die ganze Nacht. Ich habe Dir tausend Dinge zu sagen.«

»Ah!« rief Saint-Luc in Verzweiflung, »Ihr nennt Euch Arzt, Ihr nennt Euch meinen Freund, und wollt mich zu schlafen verhindern? Bei Gott! Doktor, Ihr habt eine komische Manier, Eure Kranken zu behandeln! Bei Gott! Sire, Ihr habt eine eigentümliche Art, Eure Freunde zu lieben.«

»Ei! Du willst allein bleiben, während Du so krank bist?«

»Sire, ich habe meinen Pagen Jean.«

»Aber er schläft.«

»So liebe ich die Leute, die mich bewachen; sie hindern mich wenigstens nicht, selbst zu schlafen.«

»Lass mich bei Dir wachen. Ich werde nur mit Dir sprechen, wenn Du aufwachst.«

»Sire, ich habe ein sehr verdrießliches Erwachen, man muss ganz an mich gewöhnt sein, wenn man mir alle die Ungezogenheiten vergeben soll, die ich sage, ehe ich völlig wach bin.«

»Wohl, es sei, doch wohne wenigstens meinem Schlafengehen bei.«

»Wird es mir dann frei stehen, in mein Bett zurückzukehren?«

»Ganz und gar.«

»Gut, doch ich werde einen traurigen Höfling abgeben, dafür stehe ich Euch, denn ich falle vor Schlaf beinahe um.«

»Du magst nach Belieben gähnen.«

»Welche Tyrannei, da Ihr doch Eure anderen Freunde habt!«

»Ah! ja, sie sind in einem schönen Zustande, Bussy hat sie mir gut zugerichtet. Schomberg ist der Schenkel gespalten; Épernon ist das Faustgelenke aufgeschlitzt, wie ein spanischer Ärmel; Quélus ist noch ganz betäubt von dem Schlage von gestern und von der Umarmung von heute. Es bleiben d'O, der mich zum Sterben langweilt und Maugiron, der mir schmollt. Vorwärts! wecke diesen großen Lümmel von einem Pagen, und lass Dir einen Schlafrock anziehen.«

»Sire, Eure Majestät wolle mich allein lassen.«

»Warum dies?«

»Die Ehrfurcht …«

»Geh' doch!«

»Sire, in fünf Minuten bin ich bei Eurer Majestät.«

»In fünf Minuten, gut! doch, hörst Du, nicht mehr als fünf Minuten, und während dieser fünf Minuten finde mir gute Geschichten, Saint-Luc, dass wir ein wenig lachen können.«

Und hiernach ging der König, der die Hälfte von dem, was er wollte, erlangt hatte, halb zufrieden hinaus.

Die Türe hatte sich nicht sobald wieder hinter ihm geschlossen, als der Page rasch erwachte und mit einem Sprung an dem Türvorhang war.

»Ah! Saint-Luc,« sagte er, als sich das Geräusch der Tritte verloren hatte, »Ihr verlasst mich abermals. Mein Gott, welche Pein! ich sterbe vor Angst hier. Wenn man es entdecken würde …«

»Meine liebe Jeanne,« erwiderte Saint-Luc, »Gaspard (er deutete auf den alten Diener), Gaspard wird Euch vor jeder Indiskretion beschützen.«

»Dann ist es eben so gut, wenn ich weggehe,« entgegnete die junge Frau errötend.

»Wenn Ihr es durchaus verlangt, Jeanne,« sprach Saint-Luc mit traurigem Tone, »wenn Ihr es durchaus verlangt, so werde ich Euch nach dem Hotel Montmorency zurückführen lassen, denn das Verbot betrifft nur mich. Doch wenn Ihr eben so gut, als schön wäret, wenn Ihr einige Gefühle für den armen Saint-Luc im Herzen hättet, so würdet Ihr ein paar Augenblicke warten. Ich werde so viel im Kopf, in den Nerven, in den Eingeweiden leiden, dass der König sicherlich keinen traurigen Gefährten bei sich haben will und mich in das Bett zurückschickt.«

Jeanne schlug die Augen nieder.

»Geht also,« sprach sie, »ich werde warten, doch ich sage Euch, wie der König: bleibt nicht lange aus.«

»Jeanne, meine, liebe Jeanne, Ihr seid anbetungswürdig, verlasst Euch auf mich, ich werde so bald als möglich zu Euch zurückkehren. Überdies kommt mir ein Gedanke, ich will ihn ein wenig reifen lassen und Euch bei meiner Rückkehr mitteilen.«

»Ein Gedanke, der Euch die Freiheit wiedergeben soll?«

»Ich hoffe es.«

»Geht! geht!«

»Gaspard,« sagte Saint-Luc, »verhindert Jedermann, wer es auch sein mag, hier einzutreten. In einer Viertelstunde schließt die Türe mit dem Schlüssel und bringt mir den Schlüssel, zum König. Sagt im Hotel, man möge sich über die Gräfin nicht beunruhigen, und kommt erst morgen wieder zurück.«

Gaspard versprach lächelnd die Befehle zu vollziehen, welche die junge Frau errötend hörte.

Saint-Luc nahm die Hand seiner Frau, küsste sie zärtlich und lief in das Zimmer von Heinrich, der ungeduldig zu werden anfing.

Ganz allein und ganz bebend, kauerte sich Jeanne in den weiten Vorhang, der von den Stangen des Bettes herabfiel, und suchte hier, träumerisch, unruhig, unmutig, ihrerseits ein Mittel, siegreich aus der seltsamen Lage hervorzugehen, in der sie sich befand.

Als Saint-Luc in das Zimmer des Königs kam, wurde er von einem scharfen, wollüstigen Gerüche erfasst, den das königliche Zimmer ausströmte. Die Füße von Heinrich traten wirklich eine Streuung von Blumen nieder, von denen man die Stängel abgeschnitten hatte, aus Furcht, sie könnten die zarte Haut Seiner Majestät verletzen; Rosen, Jasmine, Veilchen, Nelken bildeten trotz der strengen Jahreszeit einen weichen, wohlriechenden Teppich für König Heinrich III.

Das Zimmer, dessen Plafond herabgelassen und mit schönen Malereien auf Leinwand verziert war, enthielt, wie gesagt, zwei Betten, von denen das eine, obgleich oben an die Wand angelehnt, durch seine Breite beinahe den dritten Teil des Gemaches einnahm. Dieses Bett war von einem goldenen und seidenen Tapetenwerk mit mythologischen Personen, die Geschichte von Ceneo oder Cenis, bald Mann, bald Frau, darstellend, welche Metamorphose, wie man sich leicht denken kann, nicht ohne die phantastischen Anstrengungen der Einbildungskraft des Prinzen vor sich ging. Der Betthimmel war von Silberstoff mit goldenen Streifen und seidenen Figuren, und das reich gestickte königliche Wappen hatte man an dem Teil des Baldachin angebracht, der, an die Wand angelehnt, das Haupt des Bettes bildete.

An den Fenstern waren dieselben Vorhänge, wie an den Betten und die Canapes und Lehnstühle wurden von demselben Stoffe gebildet, den man an dem Bette und den Fenstern bemerkte. Mitten vom Plafond hing an einer goldenen Kette eine Lampe von Vermeil herab, in der ein Öl brannte, das, sich verzehrend, einen herrlichen Wohlgeruch verbreitete. Rechts von dem Bette hielt ein goldener Satyr einen Kandelaber in der Hand, auf welchem vier rosenfarbige, ebenfalls wohlriechende Kerzen brannten. Diese Kerzen gaben im Verein mit der Lampe ein Licht von sich, welches das Zimmer hinreichend beleuchtete.

Des Königs nackte Füße ruhten auf den über den Boden ausgestreuten Blumen, während er auf einem ebenholzenen, mit Gold incrustirten Stuhle saß. Er hatte auf seinem Schooße sieben oder acht ganz junge spanische Jagdhündchen, deren frische Schnauzen äußerst zart seine Hände kitzelten. Zwei Diener ordneten und frisierten seine Haare, welche wie die einer Frau zurückgeschlagen waren, so wie seinen hakenförmigen Schnurrbart und seinen spärlichen, flockigen Kinnbart.

Ein Dritter überzog das Gesicht des Fürsten mit einer salbenartigen Lage von rosenfarbiger Creme von ganz besonderem Geschmack und äußerst appetitlichem Geruche. Heinrich schloss die Augen und ließ sich mit. der Majestät und dem Ernste eines indischen Gottes bedienen.

»Saint-Luc,« sagte er, »wo ist Saint-Luc?«

Saint-Luc trat ein.

Chicot nahm ihn bei der Hand und führte ihn vor den König.

»Hier,« sagte Chicot zu Heinrich, »hier ist Dein Freund Saint-Luc; befiehl ihm, sich ebenfalls mit Creme zu entschmutzen, oder vielmehr zu beschmutzen; denn wenn Du nicht diese unerläßliche Vorsichtsmaßregel nimmst, so wird etwas Ärgerliches geschehen. Entweder wird er schlecht für Dich riechen, der Du so gut riechst, oder Du wirst zu gut für ihn riechen, der nichts riechen wird. Ah! die Salben und die Kämme!« rief Chicot, sich auf einem großen Lehnstuhl, dem König gegenüber, ausstreckend.

»Chicot! Chicot!« rief Heinrich, »Eure Haut ist zu trocken und würde eine zu große Quantität Creme einschlucken, es ist kaum genug für mich vorhanden; und Euer Haar ist so hart und rau, dass es meine Kämme zerbrechen würde.«

»Meine Haut ist dadurch ausgetrocknet, dass ich für Dich das Feld behauptet habe, undankbarer Fürst! Und wenn mein Haar hart und rauh ist, so kommt es davon her, dass der Ärger, den Du mir bereitest, dasselbe beständig gesträubt hält. Doch wenn Du mir die Creme für meine Wangen, das heißt, für mein Äußeres verweigerst, so ist es gut, mein Sohn, mehr sage ich Dir nicht.«

Heinrich zuckte die Achseln wie ein Mensch, der wenig geneigt ist, sich mit den Späßen seines Narren zu belustigen.

»Laßt mich,« sagte er, »Ihr sprecht abgeschmacktes Zeug.«

Dann wandte er sich an Saint-Luc und fragte diesen:

»Nun, mein Sohn, das Kopfweh?«

Saint-Luc fuhr mit der Hand nach der Stirne und stieß einen Seufzer aus.

»Stelle Dir vor,« fuhr Heinrich fort, »ich habe Bussy d'Amboise gesehen. Aie! … Herr, Ihr brennt mich,« sagte er zu dem Friseur.

Der Friseur kniete nieder. »Ihr habt Bussy d'Amboise gesehen, Sir?« versetzte Saint-Luc ganz bebend.

»Ja,« antwortete der König, »begreifst Du diese Dummköpfe, die ihn zu fünf angriffen und dennoch fehlten? Ich werde sie rädern lassen. Wenn Du da gewesen wärst, sag' einmal, Saint-Luc.«

»Sire,« antwortete Saint-Luc, »ich wäre wahrscheinlich nicht glücklicher gewesen, als meine Gefährten.«

»Was sagst Du da? Ich wette zehntausend Thaler, Du touchierst Bussy zehnmal, gegen sechsmal. Bei Gott! wir müssen das morgen sehen. Stößt Du immer noch, mein Junge?«

»Ja, Sire.«

»Ich frage Dich, ob Du Dich oft übst?«

»Beinahe jeden Tag, wenn ich mich wohl befinde. Doch wenn ich krank bin, tauge ich durchaus zu gar nichts, Sire.«

»Wie oft hast Du mich touchiert?«

»Ich denke, wir spielten ungefähr ein gleiches Spiel, Sire.«

»Ja, aber ich stoße besser, als Bussy. Bei Gottes Tod! mein Herr, Ihr reißt mir den Schnurrbart aus,« sagte Heinrich zu seinem Barbier.

Der Barbier kniete nieder.

»Sire,« sprach Saint-Luc, »sagt mir ein Mittel für das Magenweh.«

»Du musst essen,« erwiderte der König.

»Oh! Sire, ich glaube, Ihr täuscht Euch.«

»Nein, ich versichere Dich.«

»Du hast Recht, Valois,« rief Chicot, »und da ich sehr starkes Magenweh habe, so befolge ich Deine Verordnungen.«

Und man hörte ein seltsames Geräusch, ähnlich dem, welches aus der vervielfachten und raschen Bewegung der Kinnbacken eines Affen entsteht.

Der König wandte sich um und sah Chicot, der, nachdem er für sich allein das doppelte Abendbrot verschlungen, das er im Namen des Königs hatte bringen lassen, geräuschvoll, während er den Inhalt einer Tasse von japanischem Porzellan verkostete, seine Kinnbacken spielen ließ.

»Was Teufels macht Ihr denn da, Herr Chicot?« fragte Heinrich.

»Ich nehme meine Creme innerlich, da sie mir äußerlich verboten ist,« antwortete Chicot.

»Ah! Verräter,« rief der König, indem er eine so unglückliche halbe Wendung mit dem Kopfe machte, dass der teigige Finger des Kammerdieners den Mund des Königs mit Creme füllte.

»Iß, mein Sohn,« sprach Chicot mit ernstem Tone. »Ich bin nicht so tyrannisch wie Du; innerlich oder äußerlich, ich erlaube Dir Beides.«

»Mein Herr, Ihr erstickt mich,« sagte Heinrich zu dem Kammerdiener.

Der Kammerdiener kniete nieder, wie dies der Friseur und der Barbier getan hatten.

»Man hole mir meinen Kapitän der Garden,« rief Heinrich, »man hole mir ihn auf der Stelle.

»Und warum Deinen Kapitän der Garden?« fragte Chicot, während er seinen Finger in das Innere der Porzellantasse steckte und dann durch seine Lippen schlüpfen ließ.

»Damit er seinen Degen durch den Körper von Chicot stößt und, so mager er auch sein mag, einen Braten für meine Hunde daraus macht.«

Chicot erhob sich, setzte seine Mütze schief auf und rief:

»Bei Gottes Tod! Chicot Deinen Hunden, den Edelmann Deinen Vierfüßigen! Er mag kommen, Dein Kapitän der Garden, und wir werden sehen.«

Und er zog seinen langen Degen und focht damit so lustig gegen den Friseur, den Barbier und den Kammerdiener, dass sich der König des Lachens nicht enthalten konnte.

»Aber ich habe Hunger,« sagte der König mit kläglicher Stimme, »und der Schelm hat das ganze Abendbrot allein verzehrt.«

»Du bist ein launenhafter Mensch, Heinrich,« versetzte Chicot, »ich machte Dir den Vorschlag, Du möchtest Dich zu Tische setzen, und Du weigertest Dich. In jedem Fall bleibt Dir Deine Fleischbrühe. Ich habe keinen Hunger mehr und will mich niederlegen.«

Während dieser Zeit hatte der alte Gaspard seinem Herrn den Schlüssel gebracht.

»Ich auch,« sprach Saint-Luc, »denn ich würde mich gegen die Achtung vor meinem König verfehlen, wenn ich länger bliebe und in seiner Gegenwart in Nervenanfällen niederstürzte. Es schauert mich.«

»Halt, Saint-Luc,« sagte der König, dem jungen Mann eine Hand voll kleiner Hunde reichend, »trage sie fort, trage sie fort.«

»Wozu?« fragte Saint-Luc.

»Um sie bei Dir schlafen zu lassen; sie werden Dein Übel annehmen, und Du hast es nicht mehr.«

»Ich danke, Sire,« erwiderte Saint-Luc, die Hunde In ihr Körbchen legend, »ich habe kein Vertrauen zu Eurem Rezept.«

»Ich werde Dich heute Nacht besuchen.«

«Oh! kommt nicht, Sire, ich bitte Euch, Ihr würdet mich plötzlich erwecken, und man sagt, das mache epileptisch.«

Hiernach verbeugte sich Saint-Luc vor dem König und verließ das Zimmer, verfolgt von den Zeichen der Freundschaft, die Heinrich an ihn verschwendete, so lange er ihn sehen konnte.

Chicot war bereits weggegangen.

Die paar Personen, welche dem Schlafengehen beigewohnt hatten, entfernten sich ebenfalls.

Es blieben bei dem König nur noch die Diener, die ihm das Gesicht mit einer mit wohlriechendem Fett bestrichenen Maske von feiner Leinwand bedeckten. In dieser Maske waren Löcher für die Nase, für die Augen und für den Mund angebracht. Eine Mütze von Seide und Silberstoff hielt sie auf der Stirne und an den Ohren fest.

Dann steckte man den Arm des Königs in eine Nachtjacke, welche sehr weich mit feiner Seide und Watte aus gefüttert war; hierauf reichte man ihm Handschuhe von so geschmeidigem Leder, dass man hätte glauben sollen, sie wären von Trikot; diese Handschuhe gingen bis an den Ellenbogen und waren innen mit einem wohlriechenden Öle bestrichen, das ihnen die Elastizität verlieh, deren Ursache man vergebens außen suchte.

Als diese Mysterien der Toilette vollendet, waren, ließ man Heinrich seine Fleischbrühe aus einer goldenen Tasse trinken; doch ehe er sie an die Lippen setzte, goß er die Hälfte in eine andere, der seinigen ganz ähnliche, Tasse und befahl, diese Hälfte Saint-Luc zu schicken und ihm eine gute Nacht zu wünschen.

Nun war die Reihe an Gott, der an diesem Abend, ohne Zweifel wegen der großen Geschäfte, ziemlich gleichgültig behandelt wurde. Heinrich verrichtete ein einziges Gebet, ohne nur seinen Rosenkranz zu berühren; dann ließ er sein mit Koriander, Benzoe und Zimmet gewärmtes Bett öffnen.

Als er sich auf seinen zahlreichen Kopfkissen bequem gelagert hatte, befahl Heinrich die ausgestreuten Blumen wegzunehmen, welche die Luft des Zimmers zu verdichten anfingen. Man öffnete die Fenster einige Sekunden, um diese zu dicke Luft zu erneuern. Hiernach brannte ein Feuer von Reben in dem marmornen Kamin rasch wie ein Meteor und erlosch wieder, sobald es seine sanfte Wärme im Zimmer verbreitet hatte.

Dann schloss der Diener die Vorhänge an den Fenstern und Türen, und ließ den großen Lieblingshund des Königs herein, welcher Narciß hieß. Mit einem Sprunge war er auf dem Bette des Königs, stampfte, drehte sich ein wenig und legte sich endlich quer zu den Füßen seines Herrn nieder.

Nun blies man die rosenfarbigen Kerzen aus, welche in den Händen eines goldenen Satyrs brannten, dämpfte das Licht der Nachtlampe, indem man einen minder starken Docht einsetzte, und der mit diesen einzelnen Geschäften beauftragte Diener ging ebenfalls auf den Fußspitzen hinaus.

Bereits ruhiger, gleichgültiger, vergesslicher, als die in ihren fetten Abteien vergrabenen müßigen Mönche seines Landes, nahm sich der König nicht mehr die Mühe, daran zu denken, dass es ein Frankreich gab.

Er schlief.

Einen Augenblick nachher sahen die Leute, welche in den Galerien wachten und von ihren verschiedenen Posten aus die Fenster des Zimmers von Heinrich unterscheiden konnten, durch die Vorhänge die königliche Lampe völlig erlöschen und die silbernen Strahlen des Mondes an den Scheiben das sanfte rosige Licht ersetzen, das sie färbte. Sie dachten folglich, der König schliefe vortrefflich.

In diesem Augenblick hörten alle Geräusche außen und innen auf, und man hätte die schweigsamste Fledermaus in den düsteren Gängen des Louvre fliegen hören können.

Die Dame von Monsoreau

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