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Erstes bis viertes Bändchen
Achtes Kapitel
Wie sich die Stimme des Herrn täuschte und zu Chicot sprach, während sie zu dem König zu sprechen glaubte

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Der König und Chicot blieben ungefähr zehn Minuten lang unbeweglich und still. Plötzlich erhob sich der König und setzte sich in seinem Bette auf.

Durch die Bewegung und das Geräusch der süßen Ermattung entzogen, welche dem Schlummer vorhergeht, tat Chicot dasselbe.

Beide schauten sich mit flammenden Augen an.

»Was?« fragte Chicot mit leiser Stimme.

»Der Hauch,« sagte der König noch leiser, »der Hauch!«

In demselben Augenblick erlosch eine von den Kerzen, die der Satyr in der Hand hielt; dann eine zweite, dann eine dritte, und endlich die letzte.

»Oh! oh!« sagte Chicot, »welch ein Hauch!«

Chicot hatte die letzte Silbe dieser Worte nicht so bald gesprochen, als die Lampe ebenfalls erlosch und das Gemach nur durch den letzten Schimmer des Herdes beleuchtet blieb.

»Aufgepasst!« sagte Chicot, sich völlig erhebend.

»Er wird sprechen,« versetzte der König sich in seinem Bette krümmend, »er wird sprechen.«

»So höre,« flüsterte Chicot.

In demselben Augenblick hörte man wirklich eine hohle und in Zwischenräumen pfeifende Stimme im Bettgange sagen:

»Verhärteter Sünder, bist Du da?«

»Ja, ja, Herr,« antwortete Heinrich, dessen Zähne vor Angst klapperten.

»Oh! oh!« sagte Chicot, »diese Stimme, welche vom Himmel kommen soll, ist sehr heiser! Gleichviel, das ist furchtbar.«

»Hörst Du mich?« fragte die Stimme.

»Ja, Herr,« stammelte Heinrich, »und ich höre gebeugt unter Deinem Zorn.«

»Glaubst Du mir dadurch gehorcht zu haben,« fuhr die Stimme fort, »dass Du alle die äußeren Mummereien gemacht hast, die Du heute machtest, ohne dass der Grund Deines Herzens ernstlich berührt wurde?«

»Gut gesagt,« rief Chicot, »oh, gut getroffen!«

Die Hände des Königs schlugen an einander, während er sie falten wollte; Chicot näherte sich ihm.

»Nun!« murmelte Heinrich, »glaubst Du jetzt, Unglücklicher?«

»Warte,« flüsterte Chicot.

»Was willst Du?«

»Stille doch! Höre: schlüpfe ganz sachte aus Deinem Bett und lass mich an Deine Stelle.«

»Warum dies?«

»Damit der Zorn des Herrn zuerst auf mich fällt.«

»Denkst Du, er werde mich verschonen?«

»Versuchen wir es immerhin.«

Und mit einer liebevollen Zudringlichkeit stieß er den König ganz sachte aus dem Bett und legte sich an seine Stelle. Dann sagte er leise:

»Nun setze Dich auf meinen Stuhl und lass mich machen.«

Der König gehorchte; er fing an zu erraten.

»Du antwortest nicht,« sprach die Stimme, »ein Beweis, dass Du in der Sünde verhärtet bist.«

»Oh! Gnade, Gnade, Herr,« sagte Chicot, näselnd wie der König.

Dann sich gegen Heinrich ausstreckend:

»Das ist komisch, begreifst Du, mein Sohn, der gute Gott erkennt Chicot nicht.«

«Potz tausend!« flüsterte der König, »was soll das bedeuten?«

»Warte, warte, Du wirst noch ganz andere Dinge sehen.«

»Unglücklicher!« sprach die Stimme.

»Ja, Herr, ja,« antwortete Chicot, »ja, ich bin ein verhärteter Sünder, ein furchtbarer Sünder.«

»So erkenne Deine Verbrechen und bereue sie.«

«Ich erkenne,« sagte Chicot, »ich erkenne, dass ich ein großer Verräter gegen meinen Vetter Condé gewesen bin, dessen Frau ich verführt habe, und bereue es.«

»Aber was sagst Du denn da?« murmelte der König, »willst Du wohl schweigen! Es ist schon lange nicht mehr hiervon die Rede.«

»Ah! wirklich,« versetzte Chicot, »gehen wir zu etwas Anderem über.«

»Sprich,« sagte die Stimme.

»Ich erkenne,« fuhr der falsche Heinrich fort, »ich erkenne, dass ich ein großer Dieb gegen die Polen gewesen bin, die mich zum König gewählt hatten; ich verließ sie in einer schönen Nacht und nahm alle Diamanten der Krone mit, und das bereue ich.«

»Ah! verfluchter Kerl!« sagte Heinrich, »woran erinnerst Du da? das ist vergessen.«

»Ich muss ihn zu täuschen fortfahren,« versetzte Chicot. »Lass mich machen.«

»Sprich,« sagte die Stimme.

»Ich erkenne,« fuhr Chicot fort, »dass ich den Thron meinem Bruder Alençon geraubt habe, dem er von Rechts wegen zukam, denn ich leistete förmlich darauf Verzicht, als ich den Thron von Polen annahm, und das bereue ich.«

»Schelm!« flüsterte der König.

»Das ist es immer noch nicht,« sprach die Stimme.

»Ich erkenne, dass ich im Einverständnis mit meiner guten Mutter Catharina von Medicis meinen Schwager, den König von Navarra, nachdem ich alle seine Freunde, und meine Schwester, die Königin Margarethe, nachdem ich alle ihre Liebhaber umgebracht, aus Frankreich vertrieben habe, worüber ich eine aufrichtige Reue fühle.«

»Ah! Schuft, der Du bist,« murmelte der König, die Zähne vor Zorn zusammenpressend.

»Sire, beleidigen wir Gott nicht dadurch, dass wir ihm zu verbergen suchen, was er so gut weiß, als wir.«

»Es handelt sich nicht um Politik,« fuhr die Stimme fort.

»Ah! sind wir so weit,« sprach Chicot mit einem kläglichen Tone. »Es handelt sich um meine Sitten, nicht wahr?«

»Ganz richtig,« sagte die Stimme.

»Mein Gott, es ist wahr,« antwortete Chicot, immer im Namen des Königs sprechend. »Ich bin sehr weibisch, sehr träg, sehr weichlich und sehr heuchlerisch.«

»Ganz richtig,« wiederholte die Stimme mit ihrem hohlen Tone.

»Ich habe die Frauen misshandelt, besonders die meinige, eine so würdige Frau.«

»Man muss seine Frau lieben, wie sich selbst, und sie allen Dingen vorziehen,« sprach die wütende Stimme.

»Ah!« rief Chicot mit verzweiflungsvollem Tone, »dann habe ich viel gesündigt.«

»Und Du hast die Andern zur Sünde verleitet, indem Du ihnen das Beispiel gabst.«

»Das ist wahr, das ist abermals wahr.«

»Du hast den armen Saint-Luc beinahe in Verdammnis gebracht.«

»Bah!« erwiderte Chicot, »mein Gott, weißt Du gewiss, dass ich ihn nicht völlig in Verdammnis gebracht habe?«

»Nein, aber es könnte ihm wohl begegnen und Dir auch, wenn Du ihn nicht spätestens morgen früh zu seiner Familie zurückschickst.«

»Ah! Ah!« sagte Chicot zu dem König, »die Stimme scheint mir mit der Familie Cossé befreundet.«

»Und wenn Du ihn nicht zum Herzog und seine Frau zur Herzogin machst,« fuhr die Stimme fort, »um ihn für die Tage seiner vorzeitigen Witwerschaft zu entschädigen.«

»Und wenn ich nicht gehorche?« entgegnete Chicot, indem er in seine Stimme eine Ahnung von Widerstand einfließen ließ.

»Wenn Du nicht gehorchst,« antwortete die Stimme, sich auf eine furchtbare Weise verstärkend, »wenn Du nicht gehorchst, so wirst Du die ganze Ewigkeit hindurch in dem großen Kessel braten, in welchem Dich Sardanapal, Nebukadnezar und der Marschall Retz erwarten.«

Heinrich III. stieß einen Seufzer aus. Die Furcht fasste ihn bei dieser Drohung noch grausamer als zuvor.

»Pest!« flüsterte Chicot, »bemerkst Du, Heinrich, wie der Himmel sich für Saint-Luc interessiert? Man sollte beim Teufel glauben, er habe den guten Gott in seinem Ärmel.«

Aber Heinrich hörte die Scherze von Chicot nicht, oder wenn er sie hörte, so vermochten sie ihn nicht zu beruhigen.

»Ich bin verloren,« sagte er ganz bestürzt, »ich bin verloren! und diese Stimme von oben bringt mich um.«

»Stimme von oben!« entgegnete Chicot, »ah! diesmal täuschest Du Dich; höchstens Stimme von der Seite.«

»Wie! Stimme von der Seite?« fragte Heinrich.

»Ja wohl, hörst Du denn nicht, mein Sohn, dass die Stimme von jener Wand kommt? Heinrich, der gute Gott wohnt im Louvre. Wahrscheinlich reist er wie Kaiser Karl V. durch Frankreich, um in die Hölle hinabzusteigen.«

»Atheist! Gotteslästerer!«

»Das ist ehrenvoll für Dich, Heinrich, und ich mache Dir mein Kompliment. Doch ich muss gestehen, ich finde Dich sehr kalt gegen die Ehre, die Du empfängst. Wie! der gute Gott ist im Louvre und nur durch einen Verschlag von Dir getrennt, und Du stattest ihm nicht einen Besuch ab? Auf, Valois, daran erkenne ich Dich nicht, Du bist nicht höflich.«

In diesem Augenblick entzündete sich ein in einer Ecke des Kamins verlorener Ast und beleuchtete, einen Schimmer in das Gemach werfend, das Gesicht von Chicot.

Dieses Gesicht hatte einen solchen Ausdruck von Heiterkeit und Spott, dass der König darüber erstaunte.

»Wie!« sagte er, »Du hast das Herz, zu spotten, Du wagst es …«

»Ja wohl, wage ich es,« antwortete Chicot, »und Du wirst es sogleich selbst wagen, oder der Teufel soll mich holen! Doch sei vernünftig, mein Sohn, und thue, was ich Dir sage.«

»Ich soll sehen …«

»Ob der gute Gott wirklich in dem Zimmer neben an ist.«

»Doch wenn die Stimme abermals spricht?«

»Bin ich nicht da, um zu antworten? Es ist sogar gut, wenn ich in Deinem Namen zu sprechen fortfahre, denn das wird die Stimme, welche mich für Dich hält, glauben machen, Du seist immer noch da; sie ist schön leichtgläubig, die göttliche Stimme, und erkennt nicht einmal ihre Leute. Wie? seit einer Viertelstunde schreie ich, und sie hat mich noch nicht erkannt? Das ist demütigend für einen Geist.«

Heinrich runzelte die Stirne. Chicot hatte so viel gesagt, dass seine unfaßliche Leichtgläubigkeit wankend wurde.

»Ich glaube, Du hast Recht, Chicot,« sprach der König, »und ich habe große Lust …«

»Gehe doch,« versetzte Chicot ihn vorwärts treibend. Heinrich öffnete sachte die Türe des Ganges, der in das anstoßende Zimmer führte, welches, wie man sich erinnert, das ehemalige Zimmer der Amme von Karl IX. und in diesem Augenblick von Saint-Luc bewohnt war. Doch er hatte nicht sobald vier Schritte im Gange getan, als er die Stimme ihre Vorwürfe verdoppeln hörte. Chicot antwortete durch die kläglichsten Ausrufungen.

»Ja,« sprach die Stimme, »Du bist unbeständig wie eine Frau, weichlich wie ein Sybarite, verdorben wie ein Heide.«

»Wehe! wehe!« winselte Chicot. »Ist es mein Fehler, großer Gott, dass Du meine Haut so zart, meine Hände so weiß, meine Nase so fein, meinen Geist so veränderlich gemacht hast? Doch nun ist es vorbei, mein Gott, von heute an will ich nur noch Hemden von grober Leinwand tragen. Ich will mich in einen Düngerhaufen begraben wie Hiob und Kuhmist essen wie Ezechiel.«

Heinrich ging indessen immer weiter und bemerkte mit Verwunderung, dass in demselben Grade, in welchem die Stimme von Chicot abnahm, die Stimme seines Gegenredners stärker wurde, und dass diese Stimme wirklich aus dem Zimmer von Saint-Luc zu kommen schien.

Heinrich wollte eben an die Türe klopfen, als er einen Lichtstrahl durch das weite Loch des ziselierten Schlosses dringen sah.

Er bückte sich bis zu dem Schloss und schaute hinein.

Plötzlich wurde Heinrich, der sehr bleich war, rot vor Zorn; er erhob sich und rieb seine Augen, als wollte er besser das sehen, was er nicht glauben konnte, obgleich er es sah.

»Gottes Tod!« murmelte er, »ist es möglich, dass man mich so zu verhöhnen gewagt hat?«

Man vernehme, was der König durch das Schlüsselloch erblickte:

In einer Ecke dieses Zimmers stand Saint-Luc in seidenen Beinkleidern und in einem Schlafrock und sprach in ein Rohr die bedrohlichen Worte, die der König für göttliche Worte hielt; an seiner Seite und auf seine Schulter gestützt gewahrte Heinrich eine junge Frau in weißem, durchsichtigem Gewand, welche von Zeit zu Zeit das Rohr aus seinen Händen riss und, ihre Stimme tiefer machend, alle närrischen Einfälle, welche zuerst in ihren boshaften Augen und auf ihren lachenden Lippen sichtbar waren, hineinblies. So oft das Manoeuvre des Sprachrohrs wiederholt wurde, entstand eine tolle Freude, während Chicot wehklagte und weinte, um an den König glauben zu machen; die Nachahmung war so vollkommen und das Näseln so natürlich, dass er sich selbst von diesem Gange aus wehklagen und weinen hörte.

»Jeanne von Cossé in dem Zimmer von Saint-Luc, ein Loch in der Wand, mir eine Mystifikation!« murrte Heinrich. »Oh! die Elenden! sie sollen es mir teuer bezahlen.«

Und auf eine Phrase, welche noch beleidigender war, als die vorhergehenden, und von Frau von Saint-Luc in das Sprachrohr geblasen wurde, wich Heinrich einen Schritt zurück und stieß mit einem für einen weibischen Menschen sehr männlichen Fußtritt die Türe ein, deren Angeln sich halb aus der Wand lösten, während das Schloss völlig absprang. Halb nackt, verbarg sich Jeanne mit einem furchtbaren Schrei hinter den Vorhängen, in welche sie sich den Kopf verbergend einhüllte. Das Sprachrohr in der Hand, bleich vor Schrecken, stürzte Saint-Luc vor dem zornigen König auf die Knie nieder.

»Ah!« rief Chicot aus dem königlichen Zimmer, »ah, Barmherzigkeit! Ich beschwöre die Jungfrau Maria und alle Heilige … ich werde ohnmächtig, ich sterbe.«

Doch in dem Zimmer nebenan hatte noch keine von den handelnden Personen der von uns erzählten burlesken Szene die Kraft gewonnen, um zu sprechen, so rasch war eine dramatische Wendung eingetreten. Heinrich brach das Stillschweigen durch ein Wort und diese Unbeweglichkeit durch eine Gebärde.

»Hinaus!« sagte er den Arm ausstreckend. Und einer Bewegung von Wut nachgebend, welche eines Königs unwürdig war, entriss er das Sprachrohr den Händen von Saint-Luc und hob es auf, als wollte er ihn schlagen. Doch Saint-Luc sprang auf, als ob ihn eine Stahlfeder auf die Beine geschnellt hätte, und rief:

»Sire, Ihr habt nur das Recht mich an den Kopf zu schlagen, denn ich bin Edelmann.«

Heinrich warf das Sprachrohr auf den Boden. Chicot hob es auf; als nämlich dieser das Geräusch der zerbrochenen Türe hörte, dachte er, die Gegenwart eines Vermittlers wäre nicht überflüssig, und lief herbei. Er ließ Heinrich und Saint-Luc ihren Streit nach ihrem Belieben ausmachen, eilte geraden Wegs auf den Vorhang zu, unter dem er Jemand vermutete, und zog die arme Frau ganz zitternd hervor.

»Halt! halt!« rief Chicot, »Adam und Eva nach dem Sündenfall! Und Du verjagst sie, Heinrich?« fügte er, den König mit den Blicken befragend, bei.

»Ja,« antwortete Heinrich.

»Warte, ich will den Engel der Vertilgung machen.«

Und sich zwischen den König und Saint-Luc werfend, streckte er sein Sprachrohr über dem Haupt der Schuldigen aus und rief:

»Dieses ist mein Paradies, das Ihr durch Euren Ungehorsam verloren habt. Ich verbiete Euch, dahin zurückzukehren.«

Dann sich an das Ohr von Saint-Luc neigend, der, um seine Frau nötigenfalls gegen den Zorn des Königs zu beschützen, den Arm um ihren Leib schlang, sagte Chicot leise: »Wenn Ihr ein gutes Pferd habt, so reitet es zu Tode. Doch macht zwanzig Meilen von jetzt bis morgen.«

Die Dame von Monsoreau

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