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1tes bis 3tes Bändchen
Fünftes Kapitel
Die Hinrichtung

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Die Räthe blieben schweigsam im Hintergrunde der königlichen Loge stehen und warteten, bis der König das Wart an sie richtete.

Der König ließ einen Augenblick auf sich warten, wandte sich dann gegen sie um und sprach:

»Nun, meine Herren, was gibt es Neues? Guten Morgen, Herr Präsident Brisson.«

»Sire,« antwortete der Präsident mit seiner leichten Würde, die man bei Hofe seine Hugenotten-Höflichkeit nannte, – »wir kommen, um Eure Majestät, wie es Herr von Thou gewünscht hat, anzuflehen, das Leben des Schuldigen zu schonen. Ohne Zweifel hat er einige Offenbarungen zu machen, und wenn man ihm das Leben verspräche, würde man sie von ihm erhalten.«

»Aber hat man sie nicht von ihm erhalten, Herr Präsident?«

»Ja, Sire, – theilweise, – genügt das Eurer Majestät?«

»Ich weiß, was ich weiß, Messire.«

.»Eure Majestät weiß also, woran sie sich in Beziehung auf die Theilnahme Spaniens bei dieser Angelegenheit zu halten hat.«

»Spaniens, ja, Herr Präsident, und sogar mehrerer anderer Mächte.«

»Es wäre wichtig, diese Theilnahme zu konstatieren, Sire.«

»Der König hat auch die Absicht, die Hinrichtung zu verschieben,« sagte Catharina, »wenn der Schuldige ein mit seinen Angaben vor dem Richter, der ihn auf die Folter spannen ließ, gleichlautendes Bekenntniß unterzeichnet.«

Brisson fragte den König mit den Augen und der Geberde.

»Das ist meine Absicht und ich verberge sie nicht länger,« sagte der König, »Ihr könnt Euch davon überzeugen. Herr Brisson, wenn Ihr Euren Lieutenant vom Gericht mit dem Missethäter sprechen laßt.«

»Euere Majestät hat mir nichts mehr zu befehlen?«

»Nichts, Doch keine Veränderung in den Geständnissen, oder ich nehme mein Wort zurück! – Sie sind öffentlich, sie müssen vollständig sein.«

»Ja, Sire. Mit dem Namen der betheiligten Personen?«

»Mit dem Namen, mit allen Namen.«

»Selbst wenn diese Personen durch das Geständniß des Verbrechers mit Hochverrath und Empörung gegen das Oberhaupt befleckt würden?«

»Selbst wenn diese Namen die meiner nächsten Verwandten wären,« sagte der König.

»Es soll geschehen, wie Eure Majestät befiehlt.«

»Ich will mich erklären, Herr Brisson, damit kein Mißverständniß obwalte. Man bringe dem Verurtheilten Feder und Papier. Er schreibe sein Bekenntniß und zeige dadurch öffentlich, daß er sich unserer Gnade und Barmherzigkeit anheimstellt. Hernach werden wir sehen.«

»Aber ich kann versprechen?«

»Versprecht immerhin.«

»Seht, meine Herren,« sagte der Präsident, seine Räthe verabschiedend.

Und nachdem er sich ehrfurchtsvoll vor dem König verbeugt hatte, ging er hinter ihnen hinaus.

»Er wird sprechen,« sagte Louise von Lothringen, ganz zitternd, »er wird sprechen und Eure Majestät wird ihn begnadigen. Seht, wie der Schaum auf seine Lippen tritt.«

»Nein, nein, er sucht nur,« erwiederte Catharina.

»Was sucht er denn?«

»Parbleu,« sprach Heinrich III., »das ist nicht schwer zu errathen: er sucht den Herrn Herzog von Parma, den Herrn Herzog von Guise; er sucht Monsieur meinen Bruder, den allerkatholischsten König. Ja, suche! suche! warte, glaubst Du die Grève sei ein so bequemer Ort für Hinterhalte, wie die Straße von Flandern? glaubst Du, ich habe hier nicht hundert Bellièvre, um Dich zu verhindern, vom Schaffot hinabzusteigen, wohin Dich ein Einziger geführt hat?«

Salcède hatte die Bogenschützen abgehen sehen, um die Pferde zu holen. Er hatte den Präsidenten und die Räthe in der Loge des Königs bemerkt, – dann hatte er sie wieder verschwinden sehen: er begriff, daß der König Befehl zur Hinrichtung gegeben hatte.

Da erschien auf seinem leichenbleichen Munde der blutige Schatten, den die junge Königin wahrgenommen: in der tödtlichen Ungedud, die ihn verzehrte, biß sich der Unglückliche bis auf das Blut in die Lippen.

»Niemand! Niemand!« murmelte er. »Nicht Einer von denjenigen, welche mir Hilfe versprochen hatten! Feige! Feige! Feige!«

Der Lieutenant Tranchon näherte sich dem Schaffot und sagte zu dem Henker:

»Haltet Euch fertig.«

Der Nachrichter machte ein Zeichen gegen das andere Ende des Platzes und man sah die Pferde, die Menge durchschneidend, eine stürmische Furche zurücklassen, die sich, der des Meeres ähnlich, wieder hinter ihnen schloß.

Diese Furche wurde von den Zuschauern gebildet, welche der rasche Durchzug der Pferde niederwarf oder zurückdrängte; aber die umgestürzte Mauer schloß sich alsbald wieder, und zuweilen wurden die Ersten die Letzten und so gegenseitig, – denn die Starken warfen sich in den leeren Raum.

Man konnte nun an der Ecke der Rue de la Vannerie, als die Pferde hier vorüberkamen, einen uns bekannten hübschen jungen Mann von dem Weichsteine, auf dem er stand, herabspringen sehen, angetrieben den einem Jüngling von kaum fünfzehn bis sechzehn Jahren, der sehr heißgierig auf dieses furchtbare Schauspiel zu sein schien. Dies war der geheimnißvolle Page und der Vicomte Ernauton von Carmainges.

»Geschwinde! Geschwinde!« flüsterte der Page seinem Gefährten in‘s Ohr, werft Euch in das Loch, es ist kein Augenblick zu verlieren.«

»Aber man wird uns erdrücken,« entgegnete Ernauton, »Ihr seid ein Narr, mein kleiner Freund.«

»Ich will sehen, von Nahem sehen,« sagte der Page mit so gebieterischem Tone, daß man leicht zu erkennen vermochte, dieser Befehl komme aus einem an das Befehlen gewöhnten Mund.

Ernauton gehorchte.

»Schließt Euch fest an die Pferde an,« sagte der Page, »verlaßt sie nicht um eine Sohle breit, oder wir kommen nicht an Ort und Stelle.«

»Aber ehe wir ankommen, werdet Ihr in Stücke zerschmettert sein.«

»Kümmert Euch nicht um mich. Vorwärts! Vorwärts!«

»Die Pferde werden ausschlagen.«

»Packt das letzte am Schweif; nie schlägt ein Pferd, wenn man es so hält.«

Ernauton unterlag unwillkührlich dem seltsamen Einfluß dieses Kindes; er gehorchte und hing sich an den Schweif des Pferdes an, während sich der Page an seinem Gürtel festhielt.

Mitten durch diese wie ein Meer wogende, wie ein Gebüsch dornige Menge gelangten sie, hier einen Flügel von ihrem Mantel, dort ein Bruchstück von ihrem Wamms, anderswo ihre Hemdkrause zurücklassend, zu gleicher Zeit mit dem Gespann bis auf drei Schritte zu dem Schaffot, auf welchem sich Salcède in den Zuckungen der Verzweiflung krümmte.

»Sind wir an Ort und Stelle?« murmelte athemlos der junge Mann, als er Ernauton anhalten sah.

»Ja, zum Glück, denn meine Kräfte sind erschöpft,« antwortete der Vicomte.

»Ich sehe nicht.«

»Tretet vor mich.«

»Nein, nein, noch nicht… Was macht man?«

»Schlingen an das Ende der Stricke.«

»Und was macht er?«

»Wer er?«

»Der Verurtheilte.«

»Er verdreht die Augen wie ein Geier aus der Lauer.«

Die Pferde waren nahe genug am Schaffot, daß die Knechte des Henkers an die Füße und Fäuste von Salcède die an ihren Kummeten befestigten Zugriemen binden konnten.

Salcède brüllte, als er an seinen Knöcheln die rauhe Berührung der Stricke fühlte, die eine Schlinge um sein Fleisch zusammenzog.

Er richtete einen äußersten, einen unbeschreiblichen Blick an diesen ungeheuren Platz, dessen hundert tausend Zuschauer er im Kreise seines Gesichtsstrahl umfaßte.

»Mein Herr?« sagte höflich der Lieutenant Tranchon, »beliebt Euch, mit dem Volke zu sprechen, ehe wir vorfahren?«

Und er näherte sich dem Ohre des Verbrechers, um leise beizufügen:

»Ein gutes Geständniß… und Euer Leben ist gerettet.«

Salcède schaute ihm bis in die Tiefe der Seele.

Dieser Blick war so beredet, daß er die Wahrheit aus dem Herzen von Tranchon zu reißen schien und sie bis in seine Augen heraussteigen machte, wo sie hervorbrach.

Salcède täuschte sich nicht und begriff, daß der Lieutenant aufrichtig war und halten würde, was er verprach.

»Ihr seht,« fuhr Tranchon fort, »man verläßt Euch, Ihr habt keine andere Hoffnung mehr auf dieser Welt, als die, welche ich Euch biete.«

»Nun wohl!« sagte Salcède mit einem heiseren Seufzer, »gebietet Stillschweigen, ich bin bereit, zu sprechen.«

»Der König verlangt ein geschriebenes und unterzeichnetes Geständniß.«

»Dann macht mir die Hände frei und gebt mir eine Feder, ich werde schreiben.«

»Euer Geständniß?«

»Mein Geständniß, es sei.«

Entzückt vor Freude hatte Tranchon nur ein Zeichen zu machen, denn es war für den Fall vorhergesehen. Ein Bogenschütze hielt das Erforderliche bereit; er gab ihm Schreibzeug, Federn, Papier, und Tranchon legte Alles auf das Holz des Schaffots.

Zu gleicher Zeit lockerte man um ungefähr drei Fuß den Strick, der das rechte Faustgelenke von Salcède hielt und hob ihn auf die Estrade, damit er schreiben konnte.

Als Salcède saß, fing er an, mit aller Kraft zu athmen und sich seiner Hand zu bedienen. um seine Lippen abzuwischen und seine Haare zurückzustreichen, welche feucht von Schweiß über seine Augbrauen herabfielen.

»Vorwärts, vorwärts,« sagte Tranchon, »setzt Euch bequem und schreibt Alles.«

»Oh! habt nicht bange,« erwiederte Salcède seine Hand nach der Feder ausstreckend. »Seid ruhig, ich werde diejenigen nicht vergessen, welche mich vergessen.«

Bei diesen Worten schaute er zum letzten Male umher. Ohne Zweifel war der Augenblick, sich zu zeigen, für den Pagen gekommen, denn er ergriff Ernauton bei der Hand und sagte zu ihm:

»Mein Herr, habt die Güte, nehmt mich in Eure Arme und hebt mich über diese Köpfe empor, die mich zu sehen verhindern.«

»Ah! in der That, Ihr seid unersättlich, junger Mensch.«

»Noch diesen Dienst, mein Herr.«

»Ihr mißbraucht mich.«

»Ich muß den Verurtheilten sehen, versteht Ihr? ich muß ihn sehen.«

Dann, als Ernauton wahrscheinlich nicht rasch genug auf diese Einschärfung antwortete, fügte er bei:

»Habt Mitleid, Herr, habt Gnade ich flehe Euch an.«

Das Kind war nicht mehr ein phantastischer Tyrann, sondern ein unwiderstehlich Flehender.

Ernauton hob den jungen Menschen in seine Arme, doch nicht ohne ein gewisses Erstaunen über die Zartheit des Körpers, den er in seinen Händen hielt.

Der Kopf des Pagen überragte nun die anderen Köpfe.

Eben hatte Salcède seine Rundschau vollendend, die Feder ergriffen.

Plötzlich erblickte er zu seinem großen Erstaunen das Antlitz des jungen Menschen.

In diesem Augenblick drückte der Page zwei Finger auf seine Lippen. Eine unsägliche Freude verbreitete sich auf dem Gesichte des Verbrechers. Es war wie die Trunkenheit des bösen Reichen, da Lazarus einen Tropfen Wasser auf seine vertrocknete Zunge fallen läßt.

Er hatte das so ungeduldig erwartete Signal erkannt, das ihm Hilfe verkündigte.

Nach einer Betrachtung von mehreren Sekunden bemächtigte sich Salcède des Papiers, das ihm Tranchon unruhig über sein Zögern reichte, und fing an mit einem fieberhaften Eifer zu schreiben.

»Er schreibt, er schreibt,« murmelte die Menge.

»Er schreibt,« wiederholte die Königin Mutter mit offenbarer Freude.

»Er schreibt,« sagte der König, »bei Gottes Tod! ich werde ihn begnadigen.«

Plötzlich unterbrach sich Salcède, um noch einmal den jungen Menschen anzuschauen.

Der junge Mensch wiederholte dasselbe Zeichen, und Salcède schrieb weiter.

Dann nach einem kürzeren Zwischenraum unterbrach er sich wieder, um abermals zu schauen.

Diesmal machte der Page Zeichen mit den Fingern und dem Kopfe.

»Seid Ihr zu Ende?« fragte Tranchon, der sein Papier nicht aus dem Gesichte verlor.

»Ja,« antwortete Salcède maschinenmäßig.

»So unterzeichnet.«

Salcède unterzeichnete, ohne seine Augen, welche an den jungen Menschen genietet blieben, auf das Papier zu richten.

Tranchon streckte seine Hand nach dem Geständnis aus.

»Dem König, dem König allein,« sprach Salcède.

Und er reichte dem Lieutenant das Papier, doch mit einem Zögern und wie ein besiegter Soldat, der seine letzte Waffe übergibt.

»Wenn Ihr Alles wohl gestanden habt, so seid Ihr gerettet, Herr von Salcède,« sagte der Lieutenant.

Ein aus Spott und Unruhe gemischtes Lächeln trat auf den Lippen des Verurtheilten hervor, der den geheimnißvollen Pagen ungeduldig zu befragen schien.

Ermüdet wollte Ernauton seine Last niedersetzen und öffnete die Arme. Der Page glitt auf den Boden.

Mit ihm verschwand die Vision, die den Verurtheilten aufrecht erhalten hatte.

Als ihn Salcède nicht mehr sah, suchte er ihn mit den Augen; dann rief er ganz verwirrt:

»Nun! Nun!«

Niemand antwortete.

»Rasch, rasch, beeilt Euch,« sagte er, »der König hat das Papier in der Hand, er wird es sogleich lesen.«

Niemand rührte sich.

Der König entfaltete lebhaft das Geständniß.

»Oh! tausend Teufel!« rief Salcède, »sollte man mich hintergangen haben? Ich erkannte sie doch wohl! Sie war es, sie war es!«

Kaum hatte der König die ersten Zeilen durchlaufen, als er von Entrüstung ergriffen zu sein schien.

Dann erbleichte er und schrie:

»Oh! der Elende!… oh! der boshafte Mensch!«

»Was gibt es, mein Sohn?« fragte Catharina.

»Er nimmt Alles zurück, meine Mutter; er behauptet, nie etwas gestanden zu haben.«

»Und dann?«

»Dann erklärte er die Herren von Guise für unschuldig und allen Complotten fremd.«

»In der That,« stammelte Catharina, »wenn es wahr ist.«

»Er lügt,« rief der König, »er lügt wie ein Heide.«

»Was wißt Ihr davon, mein Sohn? die Herren von Guise sind vielleicht verleumdet worden. Die Richter haben vielleicht in ihrem zu großen Eifer die Angaben falsch ausgelegt.«

»Ei. Madame,« rief Heinrich, der sich nicht mehr länger bemeistern konnte, »ich habe Alles gehört.«

»Ihr, mein Sohn?«

»Ja, ich.«

»Und wann dies, wenn‘s beliebt?«

»Als der Schuldige die Folter auszuhalten hatte… ich war hinter einem Vorhang; ich habe nicht eines von seinen Worten verloren, und jedes von diesen Worten drang in meinen Kopf wie ein Nagel unter dem Hammer.«

»Nun, so laßt ihn unter der Folter sprechen, da er die Folter braucht; befehlt, daß die Pferde anziehen.«

Vom Zorne hingerissen erhob Heinrich die Hand.

Der Lieutenant Tranchon wiederholte dieses Zeichen.

Schon waren die Stricke wieder an die vier Glieder des Missethäters gebunden worden; vier Männer sprangen auf die vier Pferde; vier Peitschenhiebe erschollen, und die vier Rosse stürzten in entgegengesetzten Richtungen fort.

Eins furchtbares Krachen und ein entsetzlicher Schrei erhob sich zu gleicher Zeit vom Boden des Schaffots. Man sah, wie die Glieder des unglücklichen Salcède blau wurden, sich verlängerten und mit Blut unterliefen; sein Gesicht war nicht mehr das eines menschlichen Geschöpfes: es war die Maske eines Dämons.

»Ah! Verrath! Verrath!« schrie er. »Nun! ich werde sprechen, ich will sprechen, ich will Alles sagen. Ah! verfluchte Herzog…«

Seine Stimme übertönte das Gewieher der Pferde und den Lärmen der Menge; aber plötzlich erlosch sie.

»Haltet ein! haltet ein!« rief Catharina.«

Es war zu spät. Kurz zuvor noch durch den Schmerz und die Wuth starr, fiel der Kopf von Salcède plötzlich auf den Boden des Blutgerüstes.

»Laßt ihn sprechen,« rief die Königin Mutter. »Haltet ein, haltet doch ein!«

Das Auge von Salcède war übermäßig erweitert, starr, und blieb hartnäckig auf die Gruppe geheftet, wo der Page erschienen war. Tranchon folgte geschickt der Richtung.

Aber Salcède konnte nicht mehr sprechen, er war todt.

Tranchon gab leise seinen Bogenschützen einige Befehle und diese durchsuchten die Menge in der durch die verrathenden Blicke von Salcède bezeichneten Richtung.

»Ich bin entdeckt,« sagte der junge Page Ernauton ins Ohr, »habt Mitleid, helft mir, unterstützt mich, Herr, sie kommen! sie kommen!«

»Aber wer seid Ihr denn?«

»Eine Frau… rettet mich, beschützt mich!«

Ernauton erbleichte, aber der Edelmuth trug den Sieg über das Erstaunen und die Furcht davon.

Er stellte seine Schutzbefohlene vor sich, brach ihr Bahn durch gewaltige Streiche mit dem Knopfe seines Degens und trieb sie bis zur Ecke der Rue du Mouton, gegen eine offene Thüre.

Der junge Page stürzte darauf zu und verschwand in dieser Thüre, die ihn zu erwarten schien und sich hinter ihm schloß.

Er hatte nicht einmal Zeit gehabt, ihn nach seinem Namen zu fragen, nach wo er ihn wiederfinden würde.

Aber während er verschwand, machte ihm der Page, als hätte er seinen Gedanken errathen, ein Zeichen voll von Versprechungen.

Nunmehr frei, wandte sich Ernauton gegen den Mittelpunkt des Platzes um und umfaßte mit einem Blicke das Schaffot und die königliche Loge.

Salcède lag starr und bleifarbig auf dem Blutgerüste ausgestreckt.

Catharina stand leichenbleich und zitternd in der Loge.

»Mein Sohn,« sagte sie endlich, sich den Schweiß von der Stirne wischend, »Ihr würdet wohl daran thun, mit Eurem Scharfrichter zu wechseln. Dieser ist ein Liguist.«

»Woran seht Ihr es?«

»Schaut! Schaut!«

»Nun, ich schaue.«

»Salcède hat nur einen Zug erlitten, und er ist todt.«

»Weil er zu empfindlich für den Schmerz ist.«

»Nein, nein! entgegnete Catharina, mit einem Lächeln der Verachtung, das ihr die geringe Scharfsichtigkeit ihres Sohnes entriß, »nein, sondern weil er unter dem Schaffot mit einem feinen Strick in dem Augenblick erdroßelt worden ist, wo er diejenigen, welche ihn sterben ließen, anklagen wollte. Laßt den Leichnam durch einen gelehrten Doctor untersuchen, und ich bin sicher, Ihr findet um seinen Hals den Kreis, den der Strick daran zurückgelassen hat.«

»Ihr habt Recht,« sprach Heinrich, dessen Augen einen Moment funkelten, »mein Vetter von Guise ist besser bedient als ich.«

»Stille! Stille! mein Sohn, keinen Lärmen, man würde unserer spotten; denn die Partie ist diesmal wiederum verloren.«

»Joyeuse hat wohl daran gethan, sich anderwo zu belustigen,« sagte der König, »man kann auf nichts in dieser Welt zählen, nicht einmal auf die Hinrichtungen. Gehen wir, meine Damen, gehen wir.«

Die Fünf und Vierzig

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