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a) Die Geltung des Prioritätsprinzips
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Das geltende deutsche Recht verwirklicht – wenigstens ganz überwiegend – den Prioritätsgrundsatz, und zwar in der Mobiliar- und Immobiliarvollstreckung (§§ 804 Abs. 2 ZPO, 11 Abs. 2 ZVG). Er gilt auch in der Sicherungsvollstreckung nach Arrest (§§ 928, 930 Abs. 1). Bei der Herausgabe- oder Leistungsvollstreckung (§§ 883 ff., 894) versteht sich dieser Grundsatz von selbst, weil nach materiellem Recht der Schuldner nur einmal wirksam dinglich verfügen (§§ 873, 929 ff. BGB) und nur einmal herausgeben kann, sodass einem Gläubiger mit späterem Titel nur der Schadensersatz bleibt (§ 893 ZPO); soweit eine einstweilige Anordnung Leistungsansprüche durch Vormerkung oder Widerspruch sichert, gilt ebenfalls der Prioritätsgrundsatz (§§ 938 ZPO; 885, 883 Abs. 2, 899, 892 Abs. 1 BGB).
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Eine Verwässerung des Prioritätsgrundsatzes contra oder extra legem findet sich – oft übersehen – in § 117 Abs. 1 GVGA: „Ein Gerichtsvollzieher, der vor Ausführung einer ihm aufgetragenen Pfändung von den anderen Gläubigern mit der Pfändung gegen denselben Schuldner beauftragt wird, muss alle Aufträge als gleichzeitige behandeln und deshalb die Pfändung für alle beteiligten Gläubiger zugleich bewirken. Auf die Reihenfolge, in der die Vollstreckungsaufträge an den Gerichtsvollzieher gelangt sind, kommt es nicht an, sofern nicht die Pfändung auf Grund eines früheren Auftrags schon vollzogen ist; denn der Eingang des Vollstreckungsauftrags für sich allein begründet kein Vorzugsrecht des Gläubigers vor anderen Gläubigern“. Die Problematik kehrt in § 11 Abs. 2 ZVG wieder, wo man lehrt, mehrere Anträge auf Anordnung oder Beitritt zur Zwangsversteigerung seien in einem Beschluss zu bescheiden, mit der Folge des Gleichrangs, gleichzeitig aber anfügt, das Gericht dürfe Anträge nicht zurückstellen oder zuwarten[58]. Faktisch führt die Möglichkeit des „Sammelns“ von Anträgen durch das Vollstreckungsorgan zu einer Beschränkung des Präventionsprinzips im Sinne des Gruppenprinzips.