Читать книгу Zwangsvollstreckungsrecht, eBook - Alexander Bruns - Страница 197

b) Die dezentrale Organisation des geltenden Rechts

Оглавление

6.48

Das deutsche Recht verwirklicht die dezentralisierte Verfahrensorganisation. Der Gerichtsvollzieher pfändet bewegliche Sachen, vollstreckt Herausgabeansprüche (§§ 753 Abs. 1, 803 ff.) und nimmt die Vermögensauskunft ab (§§ 802c ff.); das Amtsgericht als – u.U. örtlich wechselndes (Rn. 8.35) – Vollstreckungsgericht pfändet Forderungen und Rechte (§§ 764, 828 ff.), betreibt Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung von Immobilien (§ 1 ZVG) und ist für besondere Vollstreckungsmaßnahmen (z.B. §§ 811a, 825 etc.) zuständig; das Prozessgericht betreibt die Handlungs- und Unterlassungsvollstreckung (§§ 887 ff.) und das Grundbuchamt die Eintragung einer Sicherungshypothek (§ 867) und ähnliche Maßnahmen grundbuchmäßigen Bezugs (§§ 830, 857). Es gibt keine einheitliche Vollstreckungsleitung durch ein allzuständiges Leitungsorgan.

6.49

Ehe man dieses dezentralisierte System kritisiert, sollte man versuchen, es aus sich heraus zu verstehen und seine Vorteile zu begreifen. Der Gesetzgeber der ZPO hatte in vielen deutschen Rechtsgebieten die zentrale Vollstreckungsleitung – meist durch das Prozessgericht – angetroffen und die zentrale Vollstreckungsleitung als kompliziert erachtet: „Die bisherige gerichtliche Anordnung, Ernennung und Leitung der Exekution vom Prozeßgerichte aus, welches als Mittelpunkt des Verfahrens unter Umständen erst schriftlich und zwar bei jedem Vollstreckungsakte, bei jedem Übergange von einer Exekutionsart zur anderen von Neuem angegangen werden und seinen Vollstreckungsauftrag erteilen, oder gar ein Ersuchen an andere Gerichte um Ausführung der Vollstreckung erlassen mußte, – dazu die Kommunikation zwischen Gericht und Exekutor verweitläufigten die Prozedur ungemein. Bei der eigentlichen Ausführung der Vollstreckung war gleichwohl die Leitung des Gerichts kaum bemerklich, die Selbständigkeit der Vollstreckungsbeamten dagegen trotz der Leitung eine große“[66].

6.50

Die Grundkonzeption des Gesetzgebers, die sich mit der Dezentralisierung verbindet, ist angesichts schlechter historischer Erfahrungen mit einem zentralen System klar: Der Gläubiger disponiert über die Vollstreckung, und man soll ihm möglichst rasch den Weg zu den Organen an vorderster Front freigeben. Die Zuständigkeiten sind nach traditionellen Tätigkeitsmerkmalen spezialisiert: der Gerichtsvollzieher als Organ körperlichen Zugriffs; das Gericht – heute überwiegend repräsentiert durch den Rechtspfleger – als Organ rechtlichen Zugriffs; das Prozessgericht als Organ einer Vollstreckung, die Fallbeurteilung voraussetzt; das Grundbuchamt als Organ grundbuchbezogener Vollstreckung.

Zwangsvollstreckungsrecht, eBook

Подняться наверх