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Im weiteren Verlauf des Tages verbrachten Rudi und ich ein paar Stunden zusammen mit Kommissar Herter in unserem Dienstzimmer. Wir saßen am Computer und führten einen Datenabgleich durch, in dem wir bei unseren Suchanfragen über das Verbundsystem ein bestimmtes Raster anlegten. Gesucht wurde ein Profi-Killer mit Verbindung zum organisierten Verbrechen, der eine Vergangenheit im Militär, der Fremdenlegion, als Söldner oder einer Sondereinheit der Polizei hatte.

Die Trefferquote war gering. Etwa zwanzig Namen tauchten auf. Ein paar von ihnen waren tot, der weitaus größte Teil saß im Gefängnis und nur eine Handvoll war auf freiem Fuß.

Einer war über siebzig und hatte sich wahrscheinlich irgendwo, an einem sonnigen Plätzchen in Südamerika oder Asien zur Ruhe gesetzt, wo ihn bis zu seinem Lebensabend wohl niemand behelligen würde. Auch andere waren schon seit Jahren nicht mehr in Erscheinung getreten.

Zumindest hatte man nicht davon Notiz genommen.

Vielleicht hatte der Täter nur seine Methode dahingehend geändert, dass man ihn einfach nicht mehr zu identifizieren und mit seinen früheren Taten in Verbindung bringen konnte.

Aber schließlich hatten wir unter den letzten drei Namen einen Volltreffer. Alle drei wurden wegen mehrfacher Auftragsmorde gesucht und waren seit bis zu vier Jahren untergetaucht.

Einer von ihnen hatte ursprünglich als Türsteher der Nobeldisco STARFIRE in der Tauentzien-Straße angefangen. Das STARFIRE wiederum gehörte mehrheitlich einem Mann namens Darko Grusic, der seinen rasanten Aufstieg unter den Drogenbossen des Berlins der Tatsache verdankte, dass er so etwas wie der Statthalter der Balkan-Connection in der deutschen Haupstadt war.

Der Geburtsname dieses Killers lautete Michael Rejnders.

„Bingo!“, meinte Rudi. „Dieser Rejnders könnte unser Mann sein!“

„Leider wird er sich uns wohl kaum stellen, damit wir ihn in der Sache befragen können“, sagte Max. „Es gibt übrigens sogar eine Verbindung nach Hamburg. Rejnders ist in Hamburg geboren.“

„Eine etwas schwache Verbindung“, erwiderte ich.

Max war anderer Ansicht. „Er könnte sich zwischenzeitlich wieder in Hamburg niedergelassen und dort auch geschäftliche Verbindungen geknüpft haben. Das wäre durchaus ein Ansatzpunkt.“

In diesem Augenblick schneite Jürgen in unser Dienstzimmer.

„Trinkt euren Kaffee aus!“, forderte er uns auf. „Einer unserer Informanten hat sich gemeldet und möchte sich mit uns treffen. Ich brauche ein paar Leute zur Absicherung.“

Ich erhob mich, verzichtete darauf, den inzwischen kalt gewordenen Kaffee auszutrinken, den ich neben dem Computer abgestellt hatte und überprüfte kurz die Ladung meiner Waffe. Rudi tat dasselbe.

„Ich werde hier noch ein bisschen für euch weiter machen“, meinte Max. „Wolltet ihr beiden nicht noch bei Jacqueline Berentzen vorbeisehen?“

„Das werden wir wohl erst einmal verschieben müssen“, erwiderte ich.

Mit zwei verschiedenen Fahrzeugen machten wir uns wenig später auf in Richtung Mitte.

Treffpunkt mit unserem Informanten war ein Billard-Lokal namens PINK BALLS, das als Szenetipp unter Homosexuellen galt. Wir waren alle mit Kragenmikros und Ohrhörern ausgestattet, sodass wir ständig untereinander in Verbindung waren.

Ich stellte den Dienstwagen in einer Seitenstraße ab. Rudi und ich stiegen aus. Kaum eine Minute später trafen unsere Kollegen Jürgen und Olli mit einem metallicgrauen Wagen ein, den sie gleich hinter uns abstellten.

Jürgen und Olli stiegen aus und überprüften den Sitz ihrer Waffen.

„Unser Mann heißt Yussuf Azizi“, sagte Jürgen. „Und dieses Lokal hat er deswegen als Treffpunkt vorgeschlagen, weil er glaubt, dass ihm hierher niemand von seinen Leuten folgen würde!“

Für viele Arabischstämmige war es schlicht unvorstellbar, ein Schwulenlokal zu betreten und sich damit dem Verdacht auszusetzen, eventuell selbst homosexuell zu sein. Daher galten Lokale wie das PINK BALLS als relativ sicherer Treffpunkt für Libanon-Mafia-Informanten.

Trotzdem mussten wir die Augen offen halten.

Ein extern angeheuerter Profikiller hatte vielleicht weniger Skrupel als die eigene Verwandtschaft, was einen Besuch im PINK BALLS anbetraf.

„Azizi, ist das nicht auch einer der Unterbosse des Al-Khalili-Syndikats?“, fragte Rudi.

Jürgen nickte. „Richtig. Und normalerweise steht der Kerl nun wirklich nicht auf unserer Informantenliste. Ich werde mit Olli hineingehen und mit ihm reden. Harry und Rudi, ihr bewacht den Hintereingang, Tommy und Leonhard sind vorne auf der Lauer. Wir bleiben die ganze Zeit über Interlink miteinander in Kontakt. Wenn irgendetwas Ungewöhnliches geschieht, will ich das sofort wissen. Insbesondere meine ich damit Gäste, die für Unfrieden sorgen könnten.“

„Ich nehme an, Azizi ist so gut wie tot, wenn seine Leute herausfinden, dass er mit uns geredet hat“, vermutete ich.

„Ja“, nickte Jürgen. „Und wir können nur hoffen, dass ihm nicht schon jemand auf den Fersen ist. Allerdings halte ich es genauso für möglich, dass er von Al-Khalili geschickt wurde, um irgendwelche Informationen zu lancieren, die die Feinde der Al-Khalili-Familie belasten. Wir werden sehen.“

Unser Kollege Kommissar Tommy Kronburg meldete sich über Funk von seiner Position in der Nähe des Eingangs.

„Azizi ist gerade eingetroffen“, sagte Tommy. „Er hat sich mit einem Taxi bringen lassen.“

„In Begleitung?“, fragte Jürgen.

„Nein, er ist allein. Offenbar traut er nicht einmal seinen Bodyguards.“

Olli blickte auf die Uhr an seine Handgelenk. „Pünktlich wie die Maurer.“ Er griff in die Innentasche und reichte mir ein Foto, das einen Mann mit Halbglatze zeigte. Name: Azizi, Vorname: Yussuf, stand dazu in fetten Lettern. Darunter waren sämtliche Angaben zur Person aufgelistet, die über das Datenverbundsystem abrufbar waren. „Damit ihr wisst, wie Azizi aussieht!“

„Ich liebe gut vorbereitete Einsätze!“, flachste Rudi.

„Azizi hat den Termin sehr kurzfristig gesetzt“, sagte Jürgen. „Entschuldigung, aber darum ging es vorhin so hopplahopp. Haltet die Augen auf!“

„Keine Ursachen“, meinte ich. „Wenn was dabei herauskommt.“

Sechs Krimis: Ferienkiller

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