Читать книгу Zeugen sind lästig: Krimi Sammelband 8 Thriller - Alfred Bekker - Страница 16
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Milo und ich saßen gerade wieder im Sportwagen, nachdem wir die Praxis von Dr. Brago verlassen hatten, da wurden wir über Funk gerufen. Es war das Hauptquartier. Alle verfügbaren Einheiten von FBI und City Police, die sich rund um die südwestliche Ecke des Central Parks herum bewegten, wurden angewiesen, einem Lieferwagen mit der Aufschrift PIZZA EXPRESS zu folgen. Die Nummer wurde durchgegeben, außerdem der genaue Wagentyp. Es handelte sich um einen Mercedes Transporter.
Allerdings handelte es sich wohl um eine Sonderanfertigung für ganz spezielle Aufgaben, die mit Pizza-Express-Diensten nichts zu tun hatten. Der Wagen war nämlich vermutlich gepanzert, sodass die Insassen entsprechend schwer zu stoppen waren.
Mindestens vier schwerbewaffnete Personen waren die Insassen. Wir erfuhren, dass sie in der Tiefgarage des Cadena-Buildings eine Schießerei angezettelt hatten, als unsere Kollegen Clive und Orry einen Informanten trafen.
Mit Erleichterung nahmen wir allerdings zur Kenntnis, dass den beiden nichts passiert war.
Mehrere Helikopter kreisten über der Gegend um die Seventh Avenue, um ständig die Position der Flüchtigen angeben zu können.
Milo setzte das Rotlicht auf den Sportwagen.
Ich fädelte mich in den Verkehr am Central Park West ein ein und brauste los.
Nur ein paar Straßenzüge waren wir von den Gangstern im Pizza-Wagen entfernt.
Je weiter wir Richtung Süden kam, desto öfter hörten wir Polizeisirenen. Ohne die Kollegen der City Police wären wir bei dieser Jagd wohl vollkommen aufgeschmissen gewesen.
Schon deswegen, weil es nahezu unmöglich gewesen wäre, rechtzeitig genügend Einheiten an den Ort des Geschehens zu bekommen.
John F. Harper, einer der Helikopter-Piloten des FBI, meldete sich über Funk.
Der Lieferwagen jagte die 55. Straße in westliche Richtung entlang.
Wir erreichten gerade den Columbus Circle.
Von dort aus ging es auf die 57. Straße. In Manhattan sind fast alle Straßen Einbahnstraßen. Die Siebenundfünfzigste ist eine der wenigen Ausnahmen. Die nächste Möglichkeit, Richtung Süden zu gelangen, um dem Lieferwagen den Weg abzuschneiden war die Ninth Avenue. Ich trat das Gaspedal voll durch. Reihenweise fuhren die Autos an die Seite und ließen uns durch. Wir kamen relativ schnell voran.
Dann bogen wir endlich in die Ninth Avenue ein.
An der Ecke 55th Street/ Ninth Avenue waren bereits zwei Einsatzwagen der City Police. Die Einsatzwagen waren quergestellt worden, die Handvoll Cops dahinter in Stellung gegangen.
Wir trafen gerade ein, als der Lieferwagen auf unsere Kollegen zufuhr.
Der Fahrer dachte überhaupt nicht daran abzubremsen. Im Gegenteil! Er beschleunigte. Eine MPi knatterte los. Dann gab es einen Knall. Der gepanzerte Lieferwagen kollidierte mit den Einsatzwagen. Irgendeiner der Cops schrie auf. Der Lieferwagen drängte mit seiner Wucht die beiden quergestellten Einsatzwagen auseinander. In der Frontscheibe war ein Einschuss zu sehen. Aber das Panzerglas hatte die Kugel abgefangen.
Der Lieferwagen brach zwischen den beiden Einsatzwagen durch. Seine Fahrt war durch den Aufprall erheblich abgebremst. Ich trat auf die Bremse. Die Reifen des Sportwagens quietschten. Das Heck brach nach rechts aus. Milo öffnete die Tür, sprang mit der SIG im Anschlag heraus. Er kniete nieder, feuerte zweimal kurz hintereinander. Er zielte auf die Reifen. Der dritte Schuss erwischte schließlich den Reifen hinten rechts.
Der Lieferwagen raste trotzdem weiter.
Der Fahrer war geschickt.
Er hielt den Transporter sogar einigermaßen in der Spur.
Die blanke Felge schrammte über den Asphalt, Funken sprühten.
Weit konnte er so nicht kommen. Die Cops, die zur Seite gesprungen waren kümmerten sich entweder um ihre verletzten Kameraden oder feuerten dem Lieferwagen noch ein paar Kugeln hinterher. Allerdings prallten die vom gepanzerten Gehäuse ab. Der Motor des Lieferwagens heulte auf. Das Fahren mit drei Reifen schmeckte ihm nicht.
"Weit kommt der nicht!", meinte ich.
Milo stieg wieder ein, klappte die Tür zu.
"An der Ecke Fünfundfünfzigste/Tenth Avenue ist eine Subway-Station!", stellte er fest.
"Verdammt!"
"Wenn die Kerle da aussteigen..."
Ich beschleunigte den Sportwagen.
Zwei unserer NYPD- Kollegen waren uns zuvorgekommen, in einen der Einsatzwagen gestiegen und losgebraust. Die anderen kümmerten sich um die Verletzten.
Möglicherweise gab es auch Tote.
Ich hoffte, dass es der Emergency Service schnell hier her schaffte.
Wir brausten dem NYPD-Einsatzwagen hinterher.
Über uns kreiste ein Hubschrauber über dem Straßenzug.
"NYPD-Wagen 234 und 231 kommen den Flüchtenden auf der 55th Street entgegen", meldete Agent John F. Harper, unser Mann im Heli, über Funk.
"Entgegen der Fahrtrichtung?", murmelte ich.
"Muss in dem Fall wohl mal sein!", antwortete Milo.
Wir hatten freie Sicht bis zur Tenth Avenue. Die angekündigten Kollegen mussten sich also noch westlich davon befinden.
Das Tempo des Lieferwagens ließ nach.
Die Schiebetür wurde geöffnet. Einer der Kerle sprang heraus, schleuderte etwas in Richtung des Streifenwagens.
Ein eiförmiger Gegenstand.
Eine Handgranate.
Sie krachte auf die Motorhaube des Einsatzwagens, dessen Fahrer augenblicklich auf die Bremse trat.
Doch die beiden Cops hatten nicht den Hauch einer Chance. Im nächsten Moment ertönte der Donnerschlag einer gewaltigen Detonation. Eine Stichflamme schoss empor. Der wagen ging in Flammen auf. Sekunden später gab es eine zweite Explosion, als der Inhalt des Tanks explodierte.
"Diese Schweine!", zischte ich.
Ich bremste den Sportwagen.
Wir sprangen heraus, mussten uns dann bereits ducken, denn die Gangster aus dem Lieferwagen feuerten in unsere Richtung. Der Lieferwagen hatte inzwischen gestoppt. Die maskierten Insassen sprangen einer nach dem anderen heraus.
Sie schossen wild um sich und rannten dabei in Richtung der Subway-Station. Die wenigen Passanten gingen in Deckung oder verkrochen sich in Hausnischen.
Grimmig blickte Milo zu dem brennenden Einsatzwagen.
Für die Insassen kam jede Hilfe zu spät.
Wir machten uns an die Verfolgung der maskierten Killer.
Geduckt stürmten wir vorwärts, nahmen Deckung hinter parkenden Fahrzeugen.
Die Feuersalven unserer Gegner waren nicht besonders gezielt. Sie wollten einfach nur jeden Verfolger auf Distanz halten.
Die ersten von ihnen erreichten die Subway-Station.
Aus westlicher Richtung brausten inzwischen zwei Einsatzwagen der City Police die 55th Street entlang.
Einer der Maskierten eröffnete noch kurz das Feuer in ihre Richtung. Dutzende von Passanten an der Subway-Station stoben schreiend auseinander. Eine regelrechte Panik entstand. Wir rannten zum Ort des Geschehens, näherten uns bis auf eine Distanz von gut 20 Meter.
Aber weder Milo und ich, noch unsere City Police-Kollegen konnten in dieser Situation die Schusswaffen benutzen.
Andernfalls hätte es ein Blutbad unter unbeteiligten Passanten gegeben. Und das war etwas, was unsere Gegner zwar billigend in Kauf nehmen mochten - wir aber nicht.
Vier Maskierte waren es.
Und der letzte von ihnen verschwand gerade unter der Erde, rannte die Treppe hinab, die zu den Gleisen führte.
Wir trafen etwa gleichzeitig mit den City Police-Kollegen dort ein. Vier Uniformierte, wie wir mit der SIG Sauer P 226
in der Faust, der Standardwaffe aller New Yorker Polizeieinheiten.
An Feuerkraft waren wir den Maskierten hoffnungslos unterlegen.
Wir zuckten förmlich zusammen, als wir die MPi-Salve aus der Tiefe hörten. Einem der Cops fiel regelrecht der Kinnladen herunter. An seinem Uniformhemd stand sein Name und Rang. Sergeant Frank Paterson. "Das müssen Wahnsinnige sein", meinte er.
Aber genau das Gegenteil war der Fall.
Die wussten genau, was sie taten.
Sie erzeugten Panik unter den Fahrgästen, die versuchten aus der Subway herauszukommen. Hunderte drängten sich innerhalb von Augenblicken auf den Treppen. Wir hatten keine Chance, uns durch sie hindurchzudrängeln.
Paterson nahm sein Funkgerät und meldete sich bei der Einsatzleitung. Die umliegenden Subway-Stationen mussten jetzt mit unseren Leuten besetzt werden, sodass wir den Maskierten den gebührenden Empfang bereiten konnten.
"Sie werden Geiseln nehmen", meinte Milo düster.