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Bount Reiniger saß in seinem Büro hinter dem Schreibtisch, las die Morgenzeitung und rührte gedankenverloren in einer Tasse Kaffee. Er runzelte die Stirn, als er die Schlagzeilen der ersten Seite überflog. Sie mussten von einem Redakteur namens Hiob stammen. Es war immer dasselbe. Irgendwo auf dieser Welt mussten sich Menschen ständig gegenseitig den Schädel einschlagen. Aber warum wunderte er sich? In seinem Job konnte er auch ein Lied davon singen.

Die Tür zum Vorraum öffnete sich einen Spalt, und das blond umrahmte Gesicht von June March erschien in der Öffnung. „Da ist ein Mann, der sich nicht abweisen lässt. Ich habe ihm gesagt, dass er sich telefonisch anmelden soll, aber er sagt, es sei sehr dringend und wenn Sie seinen Fall gehört hätten, würden Sie ihn sofort übernehmen.“

Bount lächelte schwach. „Der Mann scheint sich seiner Sache aber sehr sicher zu sein. Wie heißt er?“

June sah auf einen kleinen Zettel, den sie in der Hand hielt. „Er heißt Jonathan Woods.“

In Bounts Gehirn schrillte eine Alarmklingel. Den Namen hatte er erst kürzlich irgendwo gelesen. „Schicken Sie ihn in fünf Minuten herein“, sagte Bount Reiniger. Dann blätterte er hastig die Zeitung durch.

Auf der ersten Seite der Lokalnachrichten aus Manhattan fand er, was er suchte. Er hatte die Geschichte bereits flüchtig überflogen, aber sich nicht weiter damit beschäftigt. Der Killer, der Gangster umlegte und ihnen eine Dum-Dum-Patrone hinterließ, ging ihn bis jetzt nichts an. Interessant war nur, dass man ihn in Polizeikreisen vermutete.

Die Journalisten hatten für den Killer bereits den abenteuerlichen Namen „der Henker“ erfunden und schrieben, dass die Unterwelt praktisch vor dem Unbekannten zittere. Bount lächelte: So schnell war die Unterwelt nicht von einem einzelnen Mann zu beeindrucken. Und das Syndikat würde sich schon etwas einfallen lassen, nachdem man einen ihrer wichtigsten Leute getötet hatte.

Sein Besucher trat ein. Er mochte an die fünfzig sein, sah sehr kräftig aus, hatte ein offenes Gesicht mit hellen blauen Augen und dichtes graues Haar. Bount bot ihm mit einer Handbewegung einen Stuhl an, und Jonathan Woods setzte sich:

„Ich kann mir vorstellen, weshalb Sie zu mir kommen“, begann Bount das Gespräch.

Woods deutete auf die Zeitung. „Das ist auch nicht so schwer, mein Name steht schließlich in jeder Zeitung, die über diesen Gangster-Killer berichtet. Ja, der Letzte, den er umgebracht hat, ist mein Sohn. Und deswegen bin ich bei Ihnen.“

„Wie kommen Sie gerade auf mich?“

Woods winkte ab. „Das tut nichts zur Sache. Ein Bekannter hat mir Ihren Namen genannt und mir gesagt, dass ich mich auf Sie verlassen kann - und das genügt mir. Vielleicht genügt es Ihnen auch als Begründung?“

Bount nickte. Sein Besucher war nicht zu unterschätzen. Er wusste, was er wollte. Ein Mann mit klaren Vorstellungen.

„Der Mörder wird von der Polizei gejagt“, sagte Bount. „Und ich glaube, dass der Aufwand in diesem Falle recht hoch ist. Die sind doch selbst daran interessiert, den Kerl zu fangen.“

„Das gerade glaube ich nicht“, warf Woods ein. „Ich meine, dass sie versuchen werden, ihn zu decken, selbst wenn sie wissen, wer es ist. Die halten doch zusammen. Und vielen ist es doch auch gleichgültig, ob ein paar Gangster mehr oder weniger umgelegt werden. Wen interessiert das schon?“ Seine Stimme klang bitter. Und so ganz unrecht hat er nicht, dachte Bount Reiniger.

„Und Sie glauben, dass ich als Einzelner eine Chance habe, den Mörder zu finden?“, fragte Bount.

„Ich will mir nicht vorwerfen, eine Chance ausgelassen zu haben. Das bin ich meinem Jungen schuldig.“ Er machte eine kurze Pause. „Übernehmen Sie den Fall?“

Bount nickte langsam. „Ja. Ich übernehme ihn. Aber ich muss Ihnen gleich sagen, dass ich wenig Hoffnung habe. Ich stehe in Konkurrenz zum gesamten Polizeiapparat.“

„Das tun Sie doch öfter.“

„Ich tue, was ich kann. Aber jetzt erzählen Sie mir von Ihrem Sohn. Was hat er getan? Wie geriet er in Rauschgiftkreise?“ Bount klopfte auf die Zeitung. „Das steht wenigstens hier.“

Woods nickte. „Das ist auch richtig. Er hatte viel Freizeit. Meine Frau ist tot, schon seit vielen Jahren. Ich hatte wenig Zeit, mich um ihn zu kümmern. Sie wissen, wie das heutzutage ist. Er hatte eine Art Rebellionsphase, wie es so oft heute zu beobachten ist. Ich hatte mir nichts weiter dabei gedacht, es würde schon vorübergehen ...“

„Sie kannten seine sogenannten Freunde nicht?“, fragte Bount.

Woods schüttelte den Kopf. „Ich wusste, dass er ein paar Kerle kannte, die ich nicht unbedingt in meine Wohnung einladen würde, aber ich habe mir nichts weiter darunter vorgestellt. Dass sie mit Rauschgift handelten, erfuhr ich erst aus der Zeitung.“

„Hatte man Ihren Sohn schon einmal verhaftet?“

Woods blickte entrüstet auf. „Nein! Noch nie. Dann hätte ich ja sofort etwas unternommen. Er hat sich sonst auch ganz normal verhalten. Es war auch nicht so, dass er jeden Abend unterwegs war. Vielleicht ein- bis zweimal die Woche und am Wochenende. Wir haben zwar nicht viel miteinander gesprochen, aber er machte nicht den Eindruck, als ob er Sorgen hätte.“

„Hat er genügend Geld verdient? Wo hat er gearbeitet?“

„Er war technischer Zeichner bei einer großen Baufirma. Seinen gesamten Verdienst konnte er behalten. Er hat auch viel gespart. In dieser Beziehung gab es überhaupt keine Probleme. Es war eben alles ganz normal. Er hat halt eine Dummheit gemacht. Aber das ist doch noch lange kein Grund, ihn einfach abzuknallen. Ohne Gerichtsurteil - einfach so.“

„Es kommt öfter vor, dass irgendjemand sagt: Das Gesetz bin ich. Wir haben da mit unserem Wilden Westen eine lange Tradition.“

„Finden Sie ihn“, sagte Woods. „Und sorgen Sie dafür, dass er keine Gelegenheit mehr hat, junge Leute umzubringen, die mal einen Schritt zu weit gehen.“

Bount erhob sich und streckte ihm die Hand entgegen. „Sie können sich auf mich verlassen. Wo kann ich Sie erreichen?“

„Ich habe Ihrer Mitarbeiterin meinen Namen und die Anschrift aufgeschrieben. Ich habe ihr auch einen Scheck mit einer Vorauszahlung für die erste Woche gegeben.“

„Da wussten Sie aber noch nicht, ob ich Ihren Fall übernehme.“

„Ich war mir ziemlich sicher. Und halten Sie mich auf dem Laufenden.“ Damit war er draußen.

Bount vertiefte sich wieder in seine Zeitung. Dann rief er seine Assistentin. „June, besorgen Sie mir sämtliche New Yorker Zeitungen. Ich brauche alles, was über den Gangster-Killer geschrieben wurde.“

Sammelband 4 Krimis: Amok-Wahn und andere Thriller

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