Читать книгу Revolvergeier: Western Sheriff Sammelband 6 Romane - Alfred Bekker - Страница 32
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Die purpurnen Lichter der Abschied nehmenden Sonne warfen ihre feurigen Gluten zwischen den Stämmen hindurch. Violette Schatten geisterten, wogten hin und her. Unberührt und erhaben lag die Wildnis in ihrer Stille.
Kid spähte unablässig nach allen Seiten. Er wusste, dass er sich nun im Jagdgebiet der Chippewa bewegte. Streifende Horden konnten auf ihn stoßen, und da er einige Erfahrungen mit den Rothäuten hatte, war er vorsichtiger denn je.
Ronny, der Rotschimmel, trug ihn unentwegt vorwärts. Zur rechten Hand senkte sich das Gelände. Eine freie Fläche tat sich auf, und der Wald trat zurück, blieb hinter Ronnys Hufen liegen.
Kid dachte an die Männer, die wie Bluthunde auf seiner Fährte trailten. In Chites-Fels war er ihnen nach einem dramatischen Kampf zum letzten Mal entgegengetreten und hatte ihre Reihen gelichtet.
„Ich habe einen Auftrag“, murmelte er zwischen den Zähnen. „Wenn ich ihn erledigt habe, werde ich mir Gibson vor die Eisen holen. Er und seine Bande sollen mir nicht entkommen!“
Ja, nur weil er einen Auftrag hatte, ritt er den Kerlen davon, hatte sie von seiner Fährte gebracht, um einigen Raum zu gewinnen. Aber er wusste, dass man Gibson und seine Raureiter nicht unterschätzen durfte. Es war gewiss, dass sie seine Fährte wiederfinden und aufnehmen würden. Gibson hatte allen Grund, nicht aufzugeben, nicht locker zu lassen. Für den Staatenreiter hing alles davon ab, dass man Kid Carson für immer zum Schweigen brachte.
Bevor es Nacht wurde, ging Kid ins Camp, versorgte seinen Gaul, band ihm den Futtersack um,
dann rollte er sich in seine Schlafdecke, streckte sich lang, entspannte sich, sah zu den Sternen auf, grübelte, dachte darüber nach, was wohl das Schicksal für ihn bereitgestellt haben mochte. Bisher war es mit ihm nicht gerade zart umgegangen. Es hatte ihn hart und und eisern gemacht, hatte ihn zu elastischem Stahl gehämmert und seine Sinne geschärft, und dennoch hatte es nicht alle weichen Regungen in ihm für immer zum Schweigen gebracht. Aber Kid war geschickt genug, dieselben mit einem rauen Panzer in seinem Innern fest zu verschließen.
„Er hat mich zum Geächteten gemacht“, zischte er dumpf vor sich hin. „Er hat mich durch seine Kreaturen zusammenschlagen lassen, um mir mein Geheimnis zu entlocken. Ich habe geschwiegen, und er wird Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um mich zur Strecke zu bringen.“
Der Mond tauchte an der schwarzen Kuppel des Himmels auf. Leise raunte, wisperte es aus der Wildnis. Der Ruf eines Waldwolfes scholl klagend durch die Nacht. Es war der sehnsüchtige Ruf nach einer Gefährtin.
Fester drehte sich Kid in seine Decke ein, rollte sich zusammen und schlief nun unbekümmert ein. In all den vergangenen Jahren hatte sich in ihm ein Instinkt für Gefahren jeder Art gebildet, der ihn aus tiefstem Schlaf weckte, bevor noch sein Rotschimmel durch ein warnendes Schnauben kundtat, dass etwas nicht in Ordnung war.
Er riss die Winchester an sich, tastete nach seinen Colts und schlug eilig die Decke zurück. Vor ihm, nur wenige Yards entfernt, stand der Rotschimmel mit aufgeworfenem Kopf. Erregt spielten die Ohren, und die Nüstern blähten sich.
Vielleicht war es ein wildes Tier, ein Puma, ein Bär oder die Witterung eines Roten, was dem Gaul in die Nüstern schlug. Doch kaum hatte Kid das gedacht, als er ein dumpfes fernes Rollen hörte. Er warf sich sofort lang auf den Boden, presste sein rechtes Ohr in das Gräsermeer hinein, lag einige Minuten regungslos, dann richtete er sich schnell auf, brach mit jäher Entschlossenheit das Camp ab, rollte die Decken zusammen, schnallte sie fest, und packte sie hinter seinen Sattel. Mit einem Satz war er selbst darin, setzte die Absätze ein, trieb den Rotschimmel eine Anhöhe hinan, und hatte kaum die Kuppe erreicht, als er auch schon die Zügel straffte, Ronny zum Halten zwang.
Er brauchte nicht lange zu warten. Das ferne Rollen wurde zum schnellen Brausen und rumorenden Hufgestampfe, kam näher und näher. Zwischen den schwarz-starrenden Fichten erschienen jählings eine Anzahl dunkler, gigantischer Körper, mit gewaltigem Buckel und im Sternenlicht funkelndem Gehörn.
Bisons auf dem Marsch. Voran die alten Stiere. Wegbereiter der Herde. Sie glichen Recken der Urzeit. Waren Kämpfer, deren schwarzbraunes Fell von vielen Narben zerrissen war. Der stechende Tierdunst wehte der Herde wie eine Wolke voran; und nun kamen sie, Huf an Huf, einer Woge gleich, die alles unter sich begraben wollte. Ungezählte Tiere, die die Senke ausspuckte. Ab und zu klang ein dumpfes Brüllen über das Lärmen der Hufe hinweg, und dort, wo Kid seinen Lagerplatz hatte, wühlten ungezählte Hufe den Boden auf.
Fasziniert beobachtete Kid die Herde, und sein Herz schwang in einer seltsamen Freude. Der Bison bestimmte das Land, drückte ihm den Stempel auf. Solange es Bisons gab, würde die Romantik nicht erlöschen. Ah, nach dem Bürgerkrieg, und nachdem General Custers Armee restlos aufgerieben war, gab es wilde Bestrebungen, die gegen die Bisons gerichtet waren. Kid hatte davon gehört, und nun machte er sich Gedanken darüber.
Erbittert nagte er an seiner Unterlippe.
„Go on“, zischte er, „go on, Ronny!“
Er ritt weiter, eine Stunde reihte sich an die andere. Im Osten erschien ein heller Lichtkeil am Himmel, der sich mit rasender Schnelligkeit zum Westen ausbreitete, dorthin, wo das Plateau du Cocteau du Missouri sich von Süd nach Nordost erstreckte, und kaum war das geschehen, als auch schon im Osten der rote Feuerball der Sonne goldene Lichtfluten vor sich her jagte und die Nacht verdrängte.
Grau und bleich wurde die Umgebung. Das Zwielicht des Morgens warf in Kid Vergleiche auf, und seine Gedanken tasteten zurück nach Dodge.