Читать книгу Krimi Paket 9 starke Thriller im August 2021 - Alfred Bekker - Страница 30
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ОглавлениеAm nächsten Morgen fuhren Bount und June einige Meilen in Richtung Galveston, um Melanie Spellings, die Witwe des Privatdetektivs aufzusuchen, der vor gut zwei Wochen unter noch immer nicht ganz geklärten Umständen umgekommen war.
Fahrerflucht, so hieß es offiziell.
Jedenfalls war Spellings tot.
Mrs. Spellings war eine Frau von Mitte dreißig. Sie hatte dunkle Haare und ihr ansonsten recht hübsches Gesicht bekam durch den misstrauischen Zug etwas sehr Ernstes. Vor dem Haus spielten zwei Jungen, so zwischen neun und elf Jahre alt. Mrs. Spellings schickte sie ins Haus, als sie sah, dass jemand kam.
"Was wollen Sie?", fragte sie, nachdem Bount und June ausgestiegen waren.
"Mein Name ist Bount Reiniger. Ich bin Privatdetektiv, wie ihr Mann und dies ist meine Mitarbeiterin, Miss March. Wir würden uns gerne einen Augenblick mit Ihnen unterhalten." Mrs. Spellings musterte erst Bount eingehend, dann blieb ihr Blick bei June hängen.
"Miss March?", echote sie. "Dann waren Sie das, die in den letzten Tagen mein Telefon hat heißlaufen lassen!"
"Sie haben immer wieder aufgelegt." Mrs. Spellings nickte.
"Richtig!", sagte sie. "Und ich habe jetzt wenig Lust, mich mit Ihnen oder Ihrem Boss zu unterhalten."
Sie drehte sich um und wollte in Richtung Haustür gehen.
"Es geht auch um Ihren Mann, Mrs. Spellings", war dann Bounts Stimme zu hören und ließ sie einen Moment lang stoppen.
Mrs. Spellings drehte sich halb herum. "Für wen arbeiten Sie beide?
"Für Miles LaRue", sagte Bount.
"Ich will von der ganzen Geschichte nichts mehr hören!", erklärte Mrs. Spellings bestimmt.
Bount hob die Augenbrauen. "Interessiert es Sie gar nicht, wer Ihren Mann auf dem Gewissen hat?"
"Sagen Sie bloß, dass Sie das interessiert!", zischte Mrs. Spellings. "Sie wollen doch nur diesen LaRue aus der Todeszelle holen! Das ist doch alles, was für Sie wichtig ist!"
"Vielleicht hängen die beiden Sachen zusammen", meinte Bount. "Ihr Mann wurde an einer abschüssigen Stelle von einem Wagen abgedrängt. Unfall mit Fahrerflucht, so steht es offiziell in den Akten. Man könnte das aber auch als Mord interpretieren."
"Denken Sie, was Sie wollen!"
"Ich sage das nur, weil alle, die sich auf die eine oder andere Weise um das Schicksal von Eric LaRue kümmern, eingeschüchtert und bedroht wurden. Mir haben ein paar Schläger aufgelauert und meinem Auftraggeber hat man die Bremsen seines Wagens so manipuliert, dass er froh sein kann, nur ein paar Schrammen abgekriegt zu haben!" Mrs. Spellings verschränkte die Arme vor der Brust und atmete tief durch. "Was Sie nicht sagen..."
"Hat Ihr Mann vielleicht mit Ihnen über seine Arbeit gesprochen?"
"Selten."
"Er hat in der LaRue-Sache ermittelt, aber keinen Bericht abgeliefert..."
"Dann wird er wohl nichts herausgefunden haben..."
"Er hat wochenlang recherchiert!", erwiderte Bount. "Verzeihen Sie, aber das kann ich mir kaum vorstellen! Ich bin ja schließlich auch in dem Job."
"Wenn es Ergebnisse gab, dann wird er sie seinem Auftraggeber ausgehändigt haben! Und nun entschuldigen Sie mich bitte!"
Sie ging zum Haus.
"Sie scheint unter Druck zu stehen", meinte Bount an June gewandt. Dabei fiel sein Blick auf einen nagelneuen Ford, der in der halb offenen Garage stand.
Bount folgte Mrs Spellings. June versuchte zuerst, ihren Chef zurückzuhalten. Dann kam sie ebenfalls mit. Vor der Haustür holte Bount die Witwe des Privatdetektivs ein.
"Was wollen Sie noch?", fragte Mrs. Spellings. "Muss ich erst die Polizei holen?"
Bount holte einen Block aus der Jackentasche und schrieb eine Nummer darauf. Dann riss er das Stück Papier heraus und hielt es ihr hin. "Was ist das?"
"Die Nummer, unter der Sie mich erreichen können, Mrs. Spellings."
"Warum sollte ich Sie anrufen wollen?"
Bount zuckte die Achseln. "Könnte ja sein, dass Sie es sich noch einmal überlegen", meinte er. "Im Staatsgefängnis von Houston sitzt ein Mann noch immer für einen Mord in der Todeszelle, den er nicht begangen hat... Es geht hier um das Leben eines Menschen, Mrs. Spellings. Das sollten Sie bedenken!"
Ihre Blicke trafen sich einen Augenblick lang, dann wandte der Privatdetektiv sich zum Gehen.
"Warten Sie!", rief sie dann. Bount und June hatten noch keine zehn Schritte hinter sich gebracht. Sie kam näher und sagte dann, nach einer gewissen Pause: "Kommen Sie herein!" Bount und June wechselten einen verwunderten Blick und folgten dann Mrs. Spellings ins Haus. Es ging durch ein bieder wirkendes Wohnzimmer in einen Nebenraum, bei dem es sich offenbar um ein Büro handelte.
"Hier hat mein Mann seine Ermittlungsunterlagen aufbewahrt", erklärte Mrs Spellings. Sie sah, wie Bounts Blick an den Regalwänden entlang wanderte. "Die Unterlagen über die LaRue-Sache werden Sie hier nicht finden", sagte sie dazu.
"Und wo dann?" fragte Bount.
"Mister LaRue war hier, um sie abzuholen. Mister Miles LaRue natürlich, der Anwalt."
Bount runzelte die Stirn. Davon hatte Miles keine Silbe gesagt.
"Wann war das?", fragte der Privatdetektiv.
"Ein paar Tage, nachdem mein Mann umgekommen war." Sie zuckte die Achseln und rieb die Handflächen gegeneinander. "Es war ganz merkwürdig", murmelte sie.
"Was war merkwürdig?"
"Mister LaRue schien zu denken, ich wüsste über den Inhalt der Akte Bescheid."
"Und? Wussten Sie es etwa nicht?"
"Nein." Sie senkte den Kopf. "Aber was spielt das schon für eine Rolle..." Sie zögerte einen Augenblick, bevor sie weitersprach. Ein Kloß schien ihr im Hals zu sitzen. "Nach dem Tod meines Mannes stellte sich heraus, dass unser Bankkonto wesentlich besser ausgestattet war, als ich gedacht hatte. Es waren regelmäßig beachtliche Einzahlungen eingegangen. Die Einzahlungen begannen eine Woche, nachdem mein Mann für LaRue zu arbeiten begonnen hatte. Sie wurden immer höher und gingen auf jeden Fall weit über das hinaus, was er normalerweise für einen Job dieser Art verlangte..."
"Das Geld stammte ausschließlich von Miles LaRue?"
"Ja", nickte sie. Es dauerte einen Augenblick, bis sie weitersprach. " Dann tauchte er hier auf, meinte, ich sollte alles vergessen. Er bat mich, ihm die Unterlagen auszuhändigen und gab mir dafür einen Umschlag. Ich habe keine Fragen gestellt."
"Verstehe", murmelte Bount.
"Das ist alles", meinte Mrs. Spellings dann. "Mehr weiß ich nicht. Und ich hätte Ihnen auch dies nicht erzählt, wenn nicht..."
Bount hob die Augenbrauen. "Wenn was nicht?" Sie zögerte. Ein Kloß schien ihr im Hals zu sitzen. "Ich möchte nicht, dass ein Unschuldiger stirbt", meinte sie. "Aber ich hoffe trotzdem, dass Sie jetzt nicht als erstes zu Mister LaRue gehen und ihm brühwarm unter die Nase reiben, was ich Ihnen gesagt habe!"
Bount nickte. "Ich werde sehen, in wie weit sich das vermeiden lässt!", versprach er.
"Sehen Sie, ich habe zwar keine Ahnung, was in den Unterlagen stand, aber ich habe mir so meine Gedanken gemacht."
"Und die wären?"
"Chuck - mein Mann - sollte für LaRue in dem Levine Mordfall ermitteln, um seinen Bruder aus dem Gefängnis zu bringen. Vermutlich haben Sie denselben Auftrag."
"Das ist richtig", nickte Bount.
"Aber Chuck muss dann irgendetwas über Miles LaRue herausgefunden haben, was diesem schaden konnte. Und es war ihm offenbar das viele Geld wert... Erst dachte ich, dass es einer von diesen verrückten Ku-Klux-Klan-Fanatikern war, der Chucks Wagen in den Abgrund gedrängt hat. Schließlich hatten wir genug Drohanrufe, seit mein Mann mit dieser Sache zu tun hatte..."
"Und was denken Sie nun?", hakte Bount nach. Die Sache fing an, interessant zu werden.
"Als LaRue mit seinem Geld auftauchte, war mir klar, dass er meinen Mann auf dem Gewissen hatte. Vielleicht nicht er selbst. Vielleicht hat er einen Handlanger geschickt. Schließlich ist er ein verhältnismäßig wohlhabender Mann, der sich jemanden anheuern könnte. Teurer als die Dauer-Erpressung, die mein Mann mit ihm gemacht hat, konnte das auch nicht werden!" Mrs. Spellings wandte sich ab und ging zwei Schritte zum Fenster. "LaRue hat mir Geld für mein Schweigen gegeben, ich habe es angenommen. Vielleicht war das ein Fehler..."
"Darüber steht mir keine Meinung zu, Ma'am", erwiderte Bount sanft.
Sie zuckte die Achseln und wischte sich etwas aus den plötzlich geröteten Augen heraus.