Читать книгу Krimi Paket 9 starke Thriller im August 2021 - Alfred Bekker - Страница 33
27
Оглавление"Ich habe Sie kommen sehen", meinte Miles LaRue, als er June und Bount gegenüber stand. "Was ist mit dem Wagen?"
"Wir haben uns einen Leihwagen nehmen müssen", erklärte June. "Ihrer ist leider in keinem fahrtauglichen Zustand mehr."
"Was?", Miles runzelte die Stirn.
"Ein kleines Attentat", meinte Bount lakonisch. Miles sah noch etwas mitgenommen aus. Er hatte in einigen Akten gearbeitet und erhob sich jetzt. "Was sehen Sie beide mich so an..."
"Wir waren bei Mrs. Spellings", erklärte Bount.
"Na, und?"
"Vielleicht würden wir auch ganz gerne mal einen Blick in die Unterlagen werfen, die dieser Spellings von seinen Ermittlungen angelegt hatte!", meinte Bount. Miles atmete tief durch und fuhr sich dann mit der flachen Hand über das Gesicht. Er fühlte sich in diesem Moment nicht besonders wohl in seiner Haut, das war ihm deutlich anzusehen. Ein nervöses Flackern war in seinen Augen. Er machte eine mehr oder minder hilflos wirkende Geste und schüttelte den Kopf. "Was soll das?", rief er. "Wofür bezahle ich Sie eigentlich? Dafür, dass Sie mir Ärger machen? Dafür, dass Sie mir hinterher spionieren?"
"Spellings hat Sie erpresst, nicht wahr?"
"Ich weiß nicht, wovon Sie reden!", knurrte Miles.
"Das nehme ich Ihnen nicht ab!"
"Was spielt das schon für eine Rolle, Reiniger? Ihre Aufgabe ist es, Eric zu helfen! Und nichts anderes!" Miles wich ein Stück zurück, ging dann zum Eisschrank, um sich einen Drink zu machen.
Indessen fuhr Bount fort: "Es hat mich ohnehin schon gewundert, dass Sie zwar daran interessiert waren, Ihrem Bruder zu helfen, aber immer gekniffen haben, wenn es darum ging, sich ein paar Gedanken darüber zu machen, wer denn nun Claire Levine in Wahrheit umgebracht hat!"
Miles ließ die Eiswürfel ins Glas klackern und verzog dabei das Gesicht. "Sie irren sich."
"Und Mrs. Spellings? Hat die sich auch geirrt, als sie das Geld, das Sie ihr gegeben haben, als Schweigegeld ansah?"
"Was hat Mrs. Spellings Ihnen erzählt, Reiniger?"
"Soll ich das wirklich wiederholen?"
"Nur zu!"
"Sie denkt, dass Sie für den Tod ihres Mannes verantwortlich sind!"
"Das war ein Unfall."
"Oder Mord."
Miles schluckte. Er stand da wie jemand, der schon ziemlich in die Enge getrieben worden war. Bount sah ihm an, wie es bei dem Anwalt fieberhaft zu arbeiten begann.
"Wie wär's mit der Wahrheit?", fragte Bount.
"Ich habe diesen Spellings nicht umgebracht oder umbringen lassen. Warum sollte ich das auch getan haben? Der Mann war vielleicht nicht ganz Ihre Klasse, Reiniger, aber das ist ja wohl kein Mordmotiv!"
"Ich sagte schon, er hat Sie erpresst!"
"Warum kümmern Sie sich nicht um Erics Fall, verdammt noch einmal! Ich werde Ihnen das vom Honorar abziehen!"
Bount zuckte die Achseln. "Unglücklicherweise scheinen die beiden Sachen zusammenzuhängen..."
"Ach, ja?"
"Wo waren Sie eigentlich an jenem Abend, als Claire Levine umgebracht wurde?", fragte Bount.
Ein paar Sekunden lang war es völlig still. Miles nahm einen Schluck von seinem Drink und meinte dann: "Okay, Reiniger. Ich werde jetzt mit offenen Karten spielen!"
"Ich bitte darum!"
"Ich habe Claire umgebracht."
Es war kaum mehr als ein Flüstern, das da über Miles' Lippen kam. Er ließ sich in einen Sessel fallen und stellte das Glas mit dem Drink irgendwo ab. Er zuckte die Achseln. Fast machte es den Eindruck, als wäre er sogar ein wenig erleichtert, dieses Geständnis loswerden zu können.
"Wie ist es passiert?", fragte Bount.
"Wie ich Ihnen schon einmal sagte: Ich habe sie sehr geliebt. Und ich konnte es einfach nicht verwinden, dass sie sich mit einem Kerl wie Jim Graham einlassen konnte! Einem Mann ohne Charakter! Einem Gangster! Und dann war da noch die Sache mit Eric. Sie war drauf und dran, ihn zu ruinieren. Das konnte ich auch nicht verstehen. Sie sehen, ich hatte Grund genug, zu ihr hinaus zu fahren und mit ihr zu reden."
"Und das haben Sie dann auch getan, nehme ich an."
"Ja", nickte Miles. "Ich weiß auch nicht, warum gerade an jenem Abend. Jedenfalls stand ich dann vor ihrer Tür. Sie hat mir geöffnet und bat mich hinein. Sie war sehr freundlich, aber in den Punkten, auf die es mir ankam, bewegte sich nichts."
"Es kam zum Streit?"
"Ja."
"Und dann haben Sie irgendwann nach dieser Bronzefigur gegriffen!"
Miles blickte auf und schüttelte den Kopf.
"Nein, es war ganz anders!", behauptete er.
"Erzählen Sie!"
"Sie wurde ganz hysterisch. Wir stritten uns und es kam zu Handgreiflichkeiten. Und dann ist sie gestürzt und mit dem Kopf unglücklich irgendwo aufgekommen." Er schluckte. "Sie hat sich nicht mehr bewegt..."
Bount setzte sich zu ihm auf das Sofa. "Was haben Sie dann getan?"
"Ich geriet in Panik und bin auf und davon." Miles sah auf.
"Verstehen Sie mich jetzt?"
"Wenn Sie sich der Polizei stellen würden, würde man Sie nicht wegen Mordes verurteilen!" stellte Bount fest. "So wie Sie die Sache schildern, war es Totschlag."
"Ich habe gedacht, dass ich meinen Bruder freibekomme. Aus Mangel an Beweisen oder dergleichen. Ich wusste ja, dass er unschuldig war, also musste es möglich sein. Dachte ich jedenfalls. Es war ein Irrtum. Später habe ich dann überlegt, ein Geständnis abzulegen, um Eric zu retten."
"Warum haben Sie es nicht getan?", fragte jetzt June. Miles wandte den Kopf zu ihr herum und lächelte schwach.
"Weil ein solches Geständnis kaum etwas Wert gewesen wäre! Jedenfalls nicht mehr zu dem Zeitpunkt. Man hätte es als verzweifelten Versuch gewertet, Eric vor dem Henker zu bewahren! Es hat genug ähnliche Fälle gegeben, in denen irgendjemand versucht hat, im letzten Moment mit einem mehr oder weniger glaubwürdigen Geständnis noch das Ruder herumzureißen - oder auch einfach nur auf sich aufmerksam zu machen. Je nachdem." Miles schüttelte den Kopf. "Glauben Sie mir, ich habe nächtelang wachgelegen und darüber nachgedacht. Ich bin Präzedenzfälle durchgegangen und habe schließlich entschieden, dass es keinen Sinn hat." Bount nickte. "Ich verstehe", murmelte er. "Und Spellings hat herausgefunden, dass Sie zur Tatzeit bei Claire waren!"
"Ja."
Vielleicht stimmte es, was er sagte und er hatte wirklich über die Möglichkeit nachgedacht, sich zu stellen. Aber irgendwie glaubte Bount nicht so recht an diese Möglichkeit. Denn wenn Miles tatsächlich daran gedacht hatte, sich zu stellen, hätte Spellings ihn kaum erpressen können.
Aber das spielte jetzt keine Rolle mehr.
"Was werden Sie jetzt mit diesem Wissen anstellen, Reiniger?", fragte Miles.
Bount blickte zu June hinüber. "Ich weiß nicht", meinte er. Und June machte auch einen recht ratlosen Eindruck. Plötzlich fragte Bounts blonde Assistentin: "Wo sind Spellings Unterlagen geblieben?"
"Vernichtet", erwiderte Miles. "Es gibt also keinerlei Beweise mehr für das, was ich Ihnen beiden gerade mitgeteilt habe." Er blickte auf, musterte erst June und dann Bount einen Augenblick lang. "Aber ich habe ihn nicht ermordet!"
"Sie haben ein Motiv!", gab June zu bedenken.
"Richtig", bestätigte Miles. "Ich hatte ein Motiv. So wie Eric ein Motiv hatte, Claire zu töten - und es doch nicht getan hat!" Einige Augenblicke lang herrschte Schweigen.
"Was war mit der Bronzefigur?", fragte Bount dann. "Die Polizei hat sie als Tatwaffe angenommen."
Miles zuckte die Achseln. Dann meinte er: "Ich glaube, sie stand noch an ihrem Ort, als Claire stürzte. Ich habe nicht darauf geachtet. Außerdem war der Sturz auch nicht beim Kamin, sondern ein paar Meter weiter. Sie kam gegen eine Tischkante, glaube ich."
"Blutete sie?"
"Ich habe nichts gesehen"
"Was glauben Sie, wie die Leiche zum Kamin gekommen ist?"
"Das habe ich mich auch gefragt."
Bount hob die Augenbrauen. "Und? Ihre Antwort?" Miles seufzte. "Sie könnte noch gelebt und sich dorthin geschleppt haben. Ich kann es mir sonst nicht erklären."
"Und die Bronzefigur?"
"Claire könnte versucht haben, sich aufzurichten und sie dabei heruntergerissen haben. Die Figur fiel in die Blutlache hinein, die sich vor dem Kamin befand. So entstand der Eindruck, dass diese Figur die Tatwaffe war. An der Figur waren Erics Fingerabdrücke und das hat das ganze Verhängnis dann ausgelöst!"
"Hätte es nicht Blutspuren auf dem Weg vom Tisch zum geben müssen? Claires Kopf hat stark geblutet, das kann man auf den Fotos vom Tatort sehen..."
Miles hob die Hände zu einer hilflosen Geste. "Ich weiß es nicht, Reiniger! Ich weiß nur, was ich getan habe!" Miles griff dann in seine Innentasche und zog sein Scheckheft hervor. "Ich glaube, Ihr Job ist damit erledigt. Sie beide haben gute Arbeit geleistet. Mehr war wohl nicht drin. Mit ein bisschen Glück wird es ein Wiederaufnahme-Verfahren für Eric geben. Sie können jetzt nur noch eins für mich tun!"
"Und das wäre?", fragte Bount.
Miles musterte ihn ein paar volle Sekunden lang schweigend. Dann meinte er: "Sie könnten diese Sache so schnell wie möglich vergessen. Wenn Sie es meinetwegen nicht tun wollen, dann tun Sie es für Eric! Denn wenn jetzt diese Geschichte ans Licht kommt, für die es nicht mehr den Hauch eines handfesten Beweises gibt, wird der Richter alles für einen Trick halten. Sie könnten Eric damit schaden."
"Okay", nickte Bount.
"Soll ich schon mal einen Flug für uns buchen?", fragte June. Bount zuckte die Achseln. "Warum nicht?" brummte er. Aber er hatte kein gutes Gefühl bei der ganzen Sache.