Читать книгу Das Super Krimi Paket Dezember 2021: 12 Romane in einem Buch - 1800 Seiten Thriller Spannung - Alfred Bekker - Страница 29
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Als Bount Reiniger wieder hinter dem Steuer seines 500 SL saß und den Zündschlüssel herumdrehte, sah er im Rückspiegel einen dunklen BMW, der im selben Moment gestartet wurde und sich wenig später zusammen mit Bount in den Verkehr einfädelte.
Es war dem Privatdetektiv bald klar, dass der Wagen ihm folgte.
Möglicherweise war er schon länger hinter ihm her war. Durch die getönten Scheiben ins Innere zu sehen war leider völlig unmöglich. Mehr als einen schattenhaften Umriss konnte Bount nicht von dem Fahrer erkennen. Aber wenigstens hatte er einen freien Blick auf die Wagennummer.
Als Bount in den Vernon Boulevard einbog, versuchte er, den Verfolger abzuhängen, aber der war hartnäckig und folgte ihm auch noch über die Queensborough Bridge nach Manhattan.
Bount fuhr bei der erstbesten Gelegenheit in eine Seitenstraße hinein und bog bei der nächsten Abzweigung gleich erneut ab. Der BMW- Fahrer hatte unterdessen einige Mühe, diese Haken immer wieder mitzumachen. Aber er war ausdauernd und blieb dem Privatdetektiv auf den Fersen.
Mit etwas Verspätung tauchte der Verfolger nach jeder Ecke regelmäßig wieder in Bounts Rückspiegel auf. Das Spiel ging eine ganze Weile auf dieselbe Art weiter, bis der BMW dann auf einmal verschwunden war. Vielleicht hatte er aufgegeben, vielleicht aber auch endlich eingesehen, dass er gewissermaßen 'verbrannt' war.
Bount machte noch ein paar Umwege, bevor er dann in Richtung East 34th Street fuhr, um Jack Lupica in seiner Wohnung einen kleinen Besuch abzustatten.
Lupicas Apartment lag im zehnten Stock. Nachdem Bount zweimal geklingelt hatte, öffnete ihm ein höhensonnengebräunter Mann in den Vierzigern. Er trug ein Jackett mit furchtbar aufdringlichem Karomuster und in der Rechten hielt er einen Drink.
"Jack Lupica?", fragte Bount.
Der Blick des Mannes glitt an Bount herab und dabei verzog er ein bisschen den Mund. Ein Lächeln war das allerdings nicht.
"Sagen Sie, wer Sie sind und was Sie wollen. Ich hoffe, es ist wichtig, sonst verschwinden Sie besser."
"Ihr Boss ist Andy Carillo, nicht wahr?"
"Auf Wiedersehen!"
Er wollte Bount die Tür vor der Nase zuschlagen, aber der hatte schon den Fuß dazwischen. "Sie sollten Carillo etwas ausrichten."
"Wenn Sie jemandem etwas zu sagen haben, tun Sie es gefälligst selbst! Oder sehe ich vielleicht aus wie Ihr Botenjunge?"
"Sagen Sie Ihrem Boss, ich will mit ihm über Leslie Craven reden. Ich wette, er wird Bescheid wissen."
"Ach, ja?" Der Tonfall, den Jack Lupica jetzt hatte, sagte Bount, dass der Kerl in der Karo-Jacke vermutlich auch Bescheid wusste. Lupica nippte an seinem Glas.
Dann machte er eine beiläufige Bewegung mit dem Kopf. "Kommen Sie herein", knurrte er.
Und das ließ Bount sich nicht zweimal sagen. Er folgte Lupica in ein Apartment, das ziemlich modern eingerichtet war. Alles schwarz und weiß oder Metall. Auf Bount wirkte es eher steril und kalt.
"Wollen Sie einen Drink?", fragte Lupica.
"Nein", erwiderte Bount.
"Wie kommen Sie auf mich?"
"Unwichtig", sagte Bount. "An Ihnen bin ich auch nicht interessiert."
Lupica ging zum Eisschrank, um sich noch einen Drink zu machen. "Wer sind Sie? Ein Bulle? FBI? Warum lasst ihr Jungs einen Mann wie Andy Carillo nicht einfach in Ruhe? Er hat bezahlt und ist ein freier Mann. Lasst ihn also einfach in Frieden." Er verzog nach dem ersten Schluck von seinem Drink den Mund. "Wenn Sie mit Carillo sprechen wollen, müssen Sie sich über den Ozean bemühen. Ich glaube, er lebt in Nizza oder Cannes." Er machte eine Handbewegung, die Gleichgültigkeit demonstrieren wollte. Aber er war kein guter Schauspieler. "Ich weiß es leider nicht genauer!"
"Carillo ist in New York", stellte Bount fest, als sei es hundertprozentig sicher, dass er nicht längst an irgendeinem anderen Punkt der Erde war.
Lupicas Reaktion zeigte Bount, dass er damit recht hatte.
"Wer sind Sie?"
"Mein Name ist Reiniger", erklärte Bount. "Und auch wenn Sie mich für einen halten: Ich bin kein Polizist. Ich vermute, dass Carillo ganz wild darauf ist, mit mir zu reden. Jedenfalls hatte ich den Eindruck, nachdem ich seinen Gorillas begegnet bin."
Lupica zog die Augenbrauen hoch. "Ach wirklich?"
"Ja."
"Ich fürchte trotzdem, dass ich Ihnen nicht helfen kann, Reiniger."
"Und ich würde vorschlagen, dass Sie Carillo einfach mal anrufen und ihn fragen." Bount grinste. "Ein Ferngespräch wird das sicher nicht."
Es war wohl Zufall, aber ein ziemlich merkwürdiger. Jedenfalls klingelte genau in dieser Sekunde das Telefon.
Lupica nahm ab. Seine Haltung straffte sich dann unwillkürlich etwas.
"Tut mir leid, wenn Sie mich nicht erreichen konnten ", murmelte er kleinlaut in den Hörer. "Ich bin erst vor ein paar Minuten nach Hause gekommen!" Er stellte sogar den Drink weg und sagte dann in rascher Folge dreimal "Ja".
Lupica hob den Blick, wandte ihn kurz zu Bount und sah dann zur Seite.
Er sagte zum vierten mal "Ja" und legte dann auf.
Bount spürte die Anspannung bei seinem Gegenüber.
"Nicht doch noch einen Drink?", fragte Lupica, was für Bount so klang, als wollte der Kerl einfach nur etwas sagen.
"Nein", murmelte Bount und registrierte, wie sich sein Gegenüber zu dem kleinen Eisschrank hinbewegte. Aber diesmal wollte Lupica keinen Drink.
Er griff seitwärts und riss eine Schublade auf. Er war dabei sogar ziemlich schnell, aber Bount hatte es vorausgeahnt und blitzartig den Revolver Kaliber 38 Special aus dem Schulterholster gezogen, den er ersatzweise bei sich trug, seit man ihm die Automatic abgenommen hatte.
"Fallenlassen!", befahl Bount, noch bevor Lupica sich halb zu ihm herumgedreht und die Waffe vollends hochgerissen hatte.
Lupica zögerte einen Sekundenbruchteil und stand wie eine Salzsäule da. Dann fiel die Waffe zu Boden, die er aus der Schublade gerissen hatte. Er hob langsam die Hände.
"Hören Sie zu!", sagte Lupica schluckend. "Wir können uns bestimmt einigen."
"Wer hat gerade angerufen?"
"Jemand aus einem meiner Clubs." Er zuckte die Achseln. "Sie wissen ja, wie das ist. Es ist gibt immer irgendwelche Probleme."
"Ich glaube, es war jemand anderes." Bount wechselte mit Lupica einen Blick und bekam das Gefühl, dass er etwas stärkere Geschütze auffahren musste, um diesen Mann dazu zu bringen, den Mund etwas weiter aufzumachen. Der 38er allein war wohl nicht genug. Also sagte Bount: "Kannten Sie Roger Delcourt? Hohe Stirn, blonde Haare. Trug gerne eine Lederjacke mit der Aufschrift Eagle. Er lebt leider nicht mehr."
Lupica erbleichte. "Dann sind Sie der Kerl, der ihn umgebracht hat?", schloss er.
Und Bount hütete sich, ihm zu widersprechen. Der Privatdetektiv trat etwas näher an.
"Es war Carillo, der gerade angerufen hat", stammelte Lupica. "Sie hatten recht, er ist hier in New York."
"Wo?"
"Er hat ein Haus auf Long Island gemietet."
"Etwas genauer hätte ich es schon gerne."
Lupica blickte wie gebannt auf die Mündung von Bounts 38er und schwieg.
Dann betete er eine Adresse herunter. Er schien jetzt den Punkt überschritten zu haben, von dem ab er mehr Angst vor Bount als vor seinem Boss hatte. Und das machte die Sache etwas leichter.
"Was wollte Carillo?"
"Er hat gefragt, ob Sie schon hier seien?"
"Und wenn ja, dann sollten Sie mich festhalten, richtig?"
"Richtig."
Bount begriff. Offenbar waren die Verbindungen zwischen Derek Miller und seinem Ex-Boss doch noch nicht so abgekühlt, wie der Buchmacher das Bount hatte glauben machen wollen.
"Wie viele von Carillos Leuten sind hier her unterwegs?"
"Ich weiß es nicht genau."
Also war jemand unterwegs. Und vielleicht sogar schon im Gebäude.
Aber Bount hatte wenig Lust, sich mit den Handlangern auseinanderzusetzen.
Er nahm Lupicas Waffe vom Boden auf und entleerte sie. Er wollte kein Risiko eingehen. Dann verließ er Lupicas Wohnung. Vorsichtig tastete er sich hinaus in den Korridor, aber Bounts Misstrauen war unbegründet. Es war niemand zu sehen, also steckte Bount seine Waffe bei Seite.
Mit dem Aufzug ging es hinab ins Erdgeschoss. Als Bount dann im Freien war und auf seinen 500 SL zuging, den er am Straßenrand abgestellt hatte, sah er in einiger Entfernung einen schwarzen Toyota, dessen Fahrer zu ihm hinüberblickte, dann aber eilig den Kopf zur Seite wandte. Bount stoppte unwillkürlich und fühlte dann plötzlich etwas Hartes in seinem Rücken.
"Drehen Sie sich nicht um, Mister", sagte eine Stimme.
Es waren zwei Männer. Einer griff Bount unter die Jacke und zog ihm den Revolver heraus.
"Was wird das?", fragte Bount.
"Nehmen Sie es als eine Art Einladung", sagte eine sonore Stimme.
"Eine Einladung von der Sorte, die man nicht ablehnen kann?"
"So ähnlich."
Die Kerle nahmen Bount in die Mitte. Aus den Augenwinkeln sah Bount das Ende eines Schalldämpfers. Die Waffe war in eine Zeitung eingewickelt, um kein Aufsehen zu erregen.
Sie führten Bount zu dem Toyota. Die Tür wurde aufgerissen und Bount auf den Rücksitz gestoßen. Der Fahrer startete den Wagen, noch ehe die Türen richtig geschlossen waren.
"Schickt Carillos Sie?", fragte Bount.
"Sie werden schon sehen", brummte der links von Bount Sitzende, Er hatte dunkle Haare und ruhige, kühl wirkende Augen. Sein braunes Kaschmir-Jackett sah teuer aus. Die Schalldämpferpistole hatte er unterdessen von der Zeitung befreit und hielt sie auf Bount gerichtet. An der anderen Hand hatte er ein Kettchen, mit dem er herumspielte.
Der zweite Mann war ein ziemlich breitschultriger Farbiger. Mit wenigen, aber zielsicheren Bewegungen hatte er Bounts Handgelenke mit Klebeband zusammengeschnürt. Dann lehnte er sich zurück und grinste.