Читать книгу Das Super Krimi Paket Dezember 2021: 12 Romane in einem Buch - 1800 Seiten Thriller Spannung - Alfred Bekker - Страница 33

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Die Nacht hatte sich dunkel über die, zu einer fast geschlossenen Stadtlandschaft zusammen gewachsenen Region an der Hudson-Mündung gelegt.

Als Bount Reiniger das Haus von Joricia Nolan in Elizabeth, New Jersey erreichte, stellte er den Wagen in einer benachbarten Straße ab. Falls Joricias Haus noch beobachtet wurde, wollte er nicht unbedingt erneut die Aufmerksamkeit dieser Leute erregen. Reiniger schlich sich von der Rückseite auf das Grundstück und warf dann einen Blick auf die Straße. Aber dort schien niemand zu sein. Jedenfalls kein Wagen. Vielleicht hatten diese Leute inzwischen, was sie wollten. Jedenfalls gelangte Bount schließlich zur Haustür. Er klingelte, doch es regte sich nichts.

Dreimal versuchte er es noch, aber es meldete sich niemand.

Joricia schien nicht zu Hause zu sein. Bount zuckte mit den Schultern. Sie war schließlich eine erwachsene Frau und konnte ihre Nächte verbringen, wo sie wollte.

Bount versuchte es ein letztes Mal und dann stellte er fest, dass die Haustür nur angelehnt war.

Bount holte seine Waffe aus dem Schulterholster und stieß die Tür mit der Fußspitze auf.

Drinnen war es dunkel. Es waren keinerlei Geräusche zu hören und so machte Bount das Licht an. Die Tür war gewaltsam geöffnet worden, das war jetzt deutlich zu sehen. Und vermutlich waren diejenigen, die hier eingedrungen waren, längst über alle Berge.

Fragte sich nur, was mit Joricia Nolan passiert war.

Bount machte einen kurzen Rundgang durch alle Räume. Aber nirgends waren Spuren eines Kampfes zu sehen. Die Einbrecher schienen nicht einmal nach etwas gesucht zu haben. Jedenfalls schien alles in bester Ordnung zu sein. Kein Durcheinander, keine aufgeschlitzten Polstermöbel - noch nicht einmal aufgerissene Schränke.

Bount stöberte ein bisschen in den Räumen herum. Es schien nichts zu fehlen, soweit der Privatdetektiv das beurteilen konnte. Außer ein paar Kleinigkeiten. Eine Zahnbürste zum Beispiel sucht er vergebens im Bad. Vielleicht war Joricia untergetaucht oder hatte es zumindest versucht. Unwahrscheinlicher war schon, dass sie ihre eigene Tür aufgebrochen hatte, was offenbar in großer Eile und ziemlicher Ungeduld geschehen war - denn ansonsten ließ sich so etwas eleganter durchführen.

Bount ging zum Telefon. Ein Register oder Adressbuch fehlte. Vielleicht gab es gar keins, aber bei einer Frau, die ihre Sachen sonst so peinlich in Ordnung hielt wie Joricia, schien es Bount wahrscheinlicher, dass es jemand mitgenommen hatte.

Bount sah sich noch den Anrufbeantworter an, aber der war nicht eingeschaltet.

Das Telefon hatte Speicherplätze für zehn Nummern. Aber alle Speicher waren gelöscht. Sie war gründlich gewesen.

Unverrichteter Dinge fuhr Bount also zurück nach Midtown Manhattan zu seiner Residenz am nördlichen Ende der Seventh Avenue. Als er den 14. Stock erreichte, erwartete ihn allerdings eine Überraschung.

Vor der Tür, die zu seinem Office mit benachbarter Privatwohnung führte, stand niemand anderes als Joricia.

June war schon längst gegangen und so hatte sie draußen auf dem Korridor warten müssen. Sie sah ziemlich fertig aus.

"Ich hatte schon daran gedacht, wieder zu gehen", sagte sie zu Reiniger. Es war kein Vorwurf, sondern nichts weiter als eine Feststellung. Joricia wirkte müde. Sie strich sich die Haare aus dem Gesicht und setzte ein schwaches Lächeln auf.

Bount öffnete inzwischen die Tür.

"Kommen Sie herein", sagte er. Sie kam hinter ihm her. Bount ging auf direktem Weg ins Büro.

"Wollen Sie einen Drink?", fragte Bount.

"Danke, nein. So spät nicht mehr."

"Ich kommen gerade von Ihrem Haus in Elizabeth."

"Ach, ja?"

"Jemand hat die Tür aufgebrochen und sich ein bisschen umgesehen. Haben Sie eine Ahnung, wer das gewesen sein könnte?"

Sie atmete tief durch. "Vielleicht brauche ich doch einen Drink", meinte sie.

Bount nickte und machte zwei Gläser bereit. Und während der Privatdetektiv dann die Eiswürfel klirren ließ, begann sie auszupacken: "Die Wahrheit ist, dass ich ziemlich verzweifelt bin. Ich brauche Ihre Hilfe, Mister Reiniger. Ich bin auch bereit, dafür zu bezahlen!" Sie seufzte. "Das ist doch ihr Job, oder?"

Bount zog die Augenbrauen hoch.

"Kommt drauf an...", murmelte er.

"Ich weiß nicht, an wen ich mich sonst wenden sollte!"

"Hat Ihr Bruder Dreck am Stecken - oder Sie? Oder Sie beide?"

Sie schwieg und verschränkte die Arme vor der Brust. Ihre Lippen waren krampfartig aufeinander gepresst.

Bount drehte sich herum und reichte ihr ein Glas. "Wobei soll ich Ihnen helfen?", erkundigte er sich anschließend, nachdem er an seinem Drink genippt hatte.

Sie sah ihn sehr ernst an. "Dabei, am Leben zu bleiben."

Bount verengte die Augen ein wenig. "Ihren Bruder haben Sie schon aufgegeben?"

Sie schüttelte den Kopf. "Nein", sagte sie. "Obwohl die Wahrscheinlichkeit, dass er noch lebt, gegen null geht, wenn ich nüchtern darüber nachdenke."

"Nachdem ich Sie gestern morgen besucht hatte, bin ich ein paar ziemlich unangenehmen Zeitgenossen begegnet, die vor Ihrem Haus gewartet haben."

"Tut mir leid, wenn Sie Unannehmlichkeiten wegen mir hatten."

"Hatte ich diese Unannehmlichkeiten denn wegen Ihnen?"

Sie zuckte die Achseln.

"Ich weiß es nicht", meinte sie und trank dann ihren Drink halb aus. Danach schien sie sich etwas besser zu fühlen.

"Wussten Sie, dass man Sie beobachtet und belauscht hat?", hakte Bount nach.

"Dass es schon so weit war, wusste ich nicht, aber ich habe angenommen, dass bald jemand auftauchen würde. An dem Tag, als Sie da waren, bin ich wie jeden Tag ins Büro gefahren, aber ich bin nicht wieder nach Hause zurückgekehrt."

"Wo waren Sie?"

"In einem Hotel." Sie trat etwas näher an Bount heran. "Was haben Sie inzwischen herausgefunden?"

"Zum Beispiel, dass es nicht Carillos Leute sind, die vor ihrem Haus gewartet haben. Carillo war zwar hinter ihrem Bruder her, hat ihn aber offenbar nicht gekriegt."

Sie nickte. "Ich war nicht ganz offen zu ihnen."

Bount lächelte dünn. "Das ist mir inzwischen auch klar. Aber vielleicht holen Sie das jetzt nach."

"Ich bin durch meinen Bruder in eine üble Sache hineingezogen worden."

"Was ist das für eine Sache?"

"Er hatte in Cleveland unter falscher Identität gelebt und war dann untergetaucht. Als er vor drei Jahren hier auftauchte, wurde unser Kontakt wieder etwas enger, obwohl er in der ersten Zeit sehr vorsichtig war... Er hat mich gefragt, ob ich ihm das Haus in gewissen Abständen für Treffen zur Verfügung stellen würde."

"Für ein Treffen von wem?"

"Ich weiß es nicht. Und ich habe zunächst auch nicht gefragt. Mein Bruder hat gesagt, ich könnte viel Geld dabei verdienen - und da das Haus mit einer Hypothek belastet ist, habe ich es genommen." Sie zuckte mit den Schultern. "Erst habe ich angenommen, dass er sich vielleicht doch noch regelmäßig mit einem Verbindungsmann des FBI trifft. Aber dazu waren die Summen einfach zu hoch, die mein Bruder mir gezahlt hat, wenn ich ihm das Haus für ein paar Stunden überließ. Ich habe dann nachgebohrt und schließlich hat er es mir gesagt."

"Worum ging es?"

"Um Waffen."

Bount horchte auf. "Und was war die Rolle Ihres Bruders dabei?"

"Er hat seine alten Kontakte aus der FBI-Zeit spielen lassen und dazu benutzt, die Leute zusammenzubringen, die Waffen verkaufen und diejenigen, die dringend welche brauchen. Das war alles. Er hat von beiden Seiten Provisionen genommen."

Bount atmete tief durch. "Haben Sie eine Ahnung, was das für Leute sind, mit denen Ihr Bruder da Geschäfte gemacht hat?"

Sie zuckte die Achseln. "Nahöstliche Geheimdienste, Terrorgruppen, jeder der Waffen haben wollte, sie aber auf legalem Weg in den USA nicht bekommen konnte. Vom Sturmgewehr in entsprechender Stückzahl bis zur Flugabwehrrakete..." Sie sah zu Bount auf und fuhr dann nach kurzer Pause fort: "Ich weiß, was Sie jetzt sagen wollen. Mit diesen Leuten ist nicht zu spaßen. Aber das weiß ich selbst. Deswegen bin ich hier."

"Was ist schiefgelaufen?", fragte Bount.

"Keine Ahnung. Als Sie bei mir auftauchten, wusste ich, dass etwas nicht stimmen konnte. Mein Bruder hatte sich nicht bei mir gemeldet und außerdem war mir aufgefallen, dass ich beschattet wurde..."

"Und dann haben Sie mich erst einmal auf die falsche Fährte mit Carillo gesetzt...", stellte Bount fest.

Sie nickte. "Ja, dadurch glaubte ich, etwas Zeit zu gewinnen."

Reiniger stellte sein Glas irgendwo ab und griff nach seinen Zigaretten. Er bot Joricia eine an, aber sie lehnte ab.

"Und wie kommen Sie darauf, dass ich so selbstmörderisch bin, mich mit den Leuten anzulegen, die Ihren Bruder haben?", fragte Bount.

"Jemand hat Sie beauftragt, meinen Bruder zu suchen."

"Ein schwaches Argument. Ich könnte diese Suche jederzeit wegen Erfolglosigkeit abbrechen. Und Sie? Warum sollte ich Ihnen helfen und mit Ihnen nicht einfach zur Polizei gehen?"

"Weil ich mit drinstecke", sagte sie.

"Etwas Ärger werden Sie bekommen. Aber ich glaube kaum, dass es einen Weg gibt, um Ihnen den zu ersparen."

"Diese Leute werden auch Sie ins Visier nehmen, Reiniger. Die haben nicht umsonst mein Haus nur belauert und mich beschatten lassen. Vielleicht waren sie auch an mir interessiert, aber auf keinen Fall in erster Linie."

"Ach, nein?", meinte Bount, während er den Zigarettenrauch ausstieß.

"Ich nehme an, sie haben gehofft, dass sie durch mich an jemand anderen herankommen könnten, mit dem mein Bruder zusammengearbeitet hat."

Bount wusste, dass sie recht hatte. Diese Möglichkeit war nicht auszuschließen.

Und es war gut möglich, dass er noch unangenehmen Besuch bekommen würde.

"Diese Leute sind eiskalt", sagte sie leise. "Und wenn sie eine Gelegenheit sehen, Sie umzubringen, dann werden sie es tun!"

"Da mögen Sie recht haben. Aber bis jetzt lebe ich noch."

"Auch möglich, dass sie Sie für so wichtig halten, dass sie hoffen, aus Ihnen vorher noch ein paar Informationen herausholen zu können. Ich denke, Ihnen bleibt gar keine andere Wahl, als mir zu helfen. Schon um Ihrer selbst willen."

Bount nickte. Er zweifelte nicht eine einzige Sekunde lang daran, dass sie in diesem Punkt absolut recht hatte.

"Erinnern Sie sich an einen Cadillac, der vor Ihrem Haus gestanden hat? Als ich bei Ihnen war, stand er dort."

"Es waren immer wechselnde Wagen", sagte sie. "Ein dunkelblauer BMW war dabei. Und dann ein Lieferwagen. Den Cadillac habe ich nicht gesehen, aber das muss nichts heißen."

"Wissen Sie eine der Autonummern? Die von dem BMW zum Beispiel?"

"Ich habe sie mir aufgeschrieben, aber den Zettel in der Eile nicht mitgenommen. Ich hatte wirklich andere Sorgen, glauben Sie mir!"

Ja, dachte Bount, und wahrscheinlich hatte sie auch nicht im Traum vor gehabt, sich an einen wie ihn zu wenden. Erst jetzt, da sie kalte Füße gekriegt hatte, hatte sie sich an jemanden gewandt.

Der BMW war vermutlich derselbe Wagen, den Bount auf seinem Weg zu Jack Lupica in die East 34.Street abgeschüttelt hatte.

"Wissen Sie schon, wo Sie heute Nacht bleiben werden?", fragte Bount.

Sie schüttelte den Kopf. "Nein."

"Übernachten Sie hier in der Agentur. Das ist immer noch sicherer, als in Ihrem Hotel."

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