Читать книгу Meine besten Action Thriller November 2021: 7 Strand Krimis - Alfred Bekker - Страница 11

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Leslie und Jay fuhren nach Rikers Island, nachdem Mister McKee dort für sie einen Vernehmungstermin vereinbart hatte. Andy Giacometti wollte auch jetzt nichts ohne seinen Anwalt von sich geben, was das Treffen etwas verzögerte. Die Gefängnisverwaltung sorgte inzwischen dafür, dass alle Unterlagen über die Besuche, die Giacometti in seiner bisherigen Haftzeit erhalten hatte, beim Eintreffen unserer Kollegen vorlagen.

Milo und ich fuhren hingegen nach Yonkers, Jennifer Allister zu befragen.

Zusammen mit Vanessa McKenzie hatte sie sich eine Wohnung im fünften Stock eines Mietshauses mit der Hausnummer 791, Rogers Street geteilt.

Wir parkten den Sportwagen in einer Seitenstraße. Ein paar Minuten später öffnete uns eine junge Frau mit dunklen, langen Haaren die Wohnungstür.

„Jennifer Allister?“, fragte ich.

„Ja.“

„Jesse Trevellian, FBI. Dies ist mein Kollege Milo Tucker. Wir möchten Ihnen paar Fragen stellen, die den Mord an Ihrer Mitbewohnerin betreffen.“

Jennifer Allister schluckte und warf einen kurzen Blick auf die ID-Card, die ich ihr entgegenhielt.

„Kommen Sie herein!“

Sie führte uns ins Wohnzimmer. „Wir haben uns die Wohnung geteilt. Jede von uns hatte ein Zimmer. Wohnzimmer, Küche und Bad haben wir gemeinsam genutzt.“

„Ich würde mir gerne Vanessa McKenzies Zimmer ansehen“, kündigte Milo an.

Jennifer deutete in Richtung einer Tür auf der anderen Seite des Wohnzimmers. „Bitte, Agent Tucker. Die Polizisten, die die Vermisstenanzeige aufnahmen, haben sich dort ebenfalls bereits umgesehen, um nach Hinweisen zu suchen. Aber da war leider nichts...“

Die junge Frau kämpfte spürbar mit den Tränen. Das, was ihrer Mitbewohnerin passiert war, musste einen geradezu traumatischen Eindruck auf sie gemacht haben.

Milo nickte mir kurz zu und verschwand im Nachbarraum. Die Tür ließ er offen stehen, sodass er jedes Wort mitbekommen konnte, das ich mit Jennifer Allister wechselte.

„Setzten Sie sich!“, bot sie mir an und deutete auf die Sitzgruppe. Ich ließ mich auf einer niedrigen Couch nieder. Jennifer verschränkte die Arme vor der Brust. Sie ging zur Fensterfront, blickte gedankenverloren auf die Straße hinunter und wischte sich kurz die Augen. Dann hatte sie ich wieder vollkommen gefasst. Sie drehte sich herum und setzte sich in einen der Sessel.

„Alles in Ordnung, Miss Allister?“

„Es geht schon. Aber es ist nicht so einfach. Vanessa und ich waren eng befreundet.“

„Ich verstehe, was Sie durchmachen. Aber jetzt geht es darum, diejenigen zur Rechenschaft zu ziehen, die für den Tod Ihrer Freundin verantwortlich sind.“

„Wenn ich Ihnen dabei helfen kann...“

„Das werden wir sehen. Wir gehen davon aus, dass das eigentliche Ziel des Mordanschlags Mister William Grotzky war...“

„Der Mann, mit dem Vanessa am Abend mitgegangen ist.“

„Ja.“

„Dann war sie einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort?“

„So sieht es aus. Und darum ist es wichtig, dass Sie mir jede Einzelheit jenes Abends schildern, an dem Vanessa William Grotzky kennen gelernt hat.“

„Wir wollten uns mit ein paar Freundinnen an diesem Abend amüsieren und sind dazu ins ‚La Guapa’ gegangen. Da wird Latino-Musik gespielt. Wir wollten so richtig abtanzen, was vielleicht ein bisschen seltsam klingen mag...“

„Wieso?“

„Na, weil Vanessa und ich schon beruflich mit dem Tanzen zu tun haben. Ich habe eine Nebenrolle in einem Broadway Musical. Und Vanessa verdiente ihr Geld im ‚Plaisir’, eine Table Dance Bar in Alphabet City – Avenue B, glaube ich. Genau weiß ich das aber nicht mehr, denn ich bin nur einmal dort gewesen. Vanessa hatte mich mitgenommen, damit ich sehe, wie das da so abläuft. Sie meinte, das wäre doch vielleicht auch etwas für mich, so nebenbei an meinen spielfreien Abenden. Aber ich habe schnell gemerkt, dass das einfach nicht meine Welt ist, obwohl ich das Geld sehr gut hätte gebrauchen können.“ Sie seufzte. „Was glauben Sie, warum ich hier oben in Yonkers wohne und täglich in den Big Apple fahre? Aber diese halbe Wohnung hier ist alles, was ich mir leisten kann. Jetzt, nachdem Vanessa nicht mehr da ist, werde ich entweder eine neue Mitbewohnerin finden oder mir was anderes suchen müssen.“

„Kommen wir zurück zu dem Abend, als Sie Vanessa zum letzten Mal sahen“, versuchte ich das Gespräch wieder auf die Dinge zu lenken, die mir wichtig erschienen. Immerhin redete sie sich langsam warm und schien Vertrauen fassen zu können.

„Dieser Grotzky hatte Vanessa schon früher fasziniert. Wir kannten ihn nur flüchtig und unter seinem Vornamen – William.“

„Das heißt, Grotzky ging öfter in das ‚La Guapa’?“, vergewisserte ich mich.

„Ja, er war häufig dort. Vanessa und ich sind seit einem halben Jahr etwa alle ein bis zwei Wochen für einem Abend dort gewesen und ich würde sagen, jedes zweite oder dritte Mal haben wir auch William dort getroffen. Vanessa glaubte, dass er reich sein müsste.“

„Weshalb?“

„Maßanzug, Rolex, großzügige Trinkgelder für die Angestellten des ‚La Guapa’... Außerdem fuhr er einen Wagen, der sehr teuer aussah. Ich kenne mich damit nicht aus, aber es war irgend so ein sportliches Ding mit lautem Motor, bei dem die Türen nach oben aufgehen.“

„An diesem Abend sind Vanessa McKenzie und William Grotzky sich also näher gekommen“, fasste ich zusammen.

„So kann man es ausdrücken. Geflirtet hatten sie vorher schon hin und wieder mal miteinander, aber an diesem Abend muss der Blitz eingeschlagen haben. Die beiden waren richtig unzertrennlich und schließlich hat Vanessa mir gesagt, dass sie die Nacht bei William verbringen wollte. Sie hat versprochen, dass sie mich am nächsten Morgen anruft. Das hat sie auch getan.“ Sie schluckte, kämpfte erneut mit den Tränen und strich sich mit einer fahrigen Geste eine verirrte Haarsträhne aus dem Gesicht. „Sie meldete sich und sagte, William sei kurz weg, um ein paar Zutaten zum Frühstück vom Supermarkt um die Ecke zu besorgen. Das fand sie besonders süß, weil er ihr zuvor erzählt hätte, er sei ein Morgenmuffel und würde normalerweise vor dem Mittag nicht aus den Federn kommen. Dann meinte Vanessa plötzlich, sie müsse jetzt Schluss es machen, jemand sei an der Tür. Sie hat dann aufgelegt und versprochen, sich später noch mal zu melden. Leider hatte sie nicht gesagt, wo sie sich befand. Keine Adresse – gar nichts.“ Jennifer sah mich offen an. „Darum hat es fast eine Woche gedauert, bis man sie gefunden hat. Und wenn man zur Polizei geht und sagt, dass die beste Freundin sich bis über beide Ohren verliebt hat und mit ihrem Traumprinzen untergetaucht ist, anstatt sich zu melden, spornt das die Cops auch nicht gerade an, sich richtig ins Zeug zu legen. Die halten einen doch gleich für hysterisch.“

„Überlegen Sie mal, ob Ihnen sonst noch irgendetwas im Zusammenhang mit William Grotzky einfällt. Kennt ihn dort im ‚La Guapa’ irgendjemand etwas besser?“

Sie zuckte die Schultern. „Keine Ahnung. Einer der Barmixer – Ron – kennt seine Lieblingsdrinks auswendig, aber das will nichts heißen. Ich habe gesehen, dass Ron das auch bei anderen Gästen weiß, die etwas öfter kommen. Der muss ein phänomenales Gedächtnis haben.“

„Sie sagen, dass Sie ihn des Öfteren im ‚La Guapa’ gesehen haben.“

„Ja.“

„Ist Ihnen irgendwer aufgefallen, mit dem er sich sonst noch etwas näher beschäftigt hat?“

„Ja. Da war ein Typ mit einem ziemlich langen Schnauzbart, der so dicht und lang war, dass man die Lippen nicht sehen konnte. Vollkommen schwarz war dieser Schnauzbart, aber auf dem Kopf hatte er nur noch einen schmalen Haarkranz. Wenn ich so darüber nachdenke...“

Eine Pause entstand.

„Sagen Sie ruhig, was Ihnen gerade in den Sinn kommt. Ob das wichtig ist, kann man ohnehin immer erst später sagen. Aber da wir so gut wie nichts darüber wissen, was William Grotzky in den letzten fünf Jahren gemacht hat, ist für uns jeder noch so vage Hinweis wichtig!“

„Grotzky hat sich mehrfach mit diesem Schwarzbart getroffen. Wir haben uns ein bisschen über den Kerl lustig gemacht und herumgealbert. Vanessa meinte, der könnte mit den langen Haaren unter seiner Nase doch wohl nie im Leben einen Drink nehmen, ohne sich einzusauen.“

„Wissen Sie, wie der Mann hieß? Er könnte für uns ein wichtiger Zeuge sein.“

Sie schüttelte entschieden den Kopf. „Jedenfalls war er nie besonders lange dort. Einmal habe ich gesehen, wie er William einen Umschlag gab. Aber jetzt fragen Sie mich bitte nicht, was drin wer! Ich bin schließlich keiner Hellseherin.“

„Wann war das?“, hakte ich sofort nach.

„Ist schon ein bisschen her. Vier oder sechs Wochen vielleicht. Ach ja, Vanessa meinte, dass sie den Typ mit dem Schnauzbart schon einmal im ‚Plaisir’ angetroffen hätte. Offenbar ist er von Geschäftsfreunden dort hin geschleppt worden. Vanessa meinte, der Typ sei völlig verschüchtert gewesen und hätte gar nicht gewagt richtig hinzuschauen, als sie vor ihm auf dem Tisch getanzt hätte! So etwas hätte sie noch nie erlebt!“

Milo kam inzwischen aus Vanessa McKenzies Zimmer heraus.

„Was gefunden, Milo?“, fragte ich.

Er schüttelte den Kopf. „Nichts, was uns irgendwie einen Schritt voran brächte!“

Ich wandte mich wieder an Jennifer Allister und sagte: „Wir brauchen noch Namen und Adressen Ihrer beiden anderen Freundinnen, die an dem besagten Abend sich mit Ihnen zusammen im ‚La Guapa’ amüsierten.“

„Ja, natürlich. Rita Jackson wohnt in der Nummer 133, Cumberland Road hier in Yonkers und Kimberley Smith wohnt in New Rochelle, 124 Washington Drive.“

Ich schrieb mir die Adressen der beiden Frauen auf. „Wir möchten Ihnen einen Zeichner hier her schicken. Er heißt Agent Prewitt und soll mit Ihnen zusammen ein Phantombild des Mannes mit dem Schnauzbart anfertigen.“

„Ich nehme an, Ihr Kollege Prewitt wird nicht wirklich noch den Bleistift zu Hand nehmen?“, meinte Jennifer Allister.

„Nein, Agent Prewitt arbeitet in der Regel mit dem Laptop“, erwiderte ich freundlich.

Milo telefonierte mit dem Field Office, damit unser Phantombildzeichner her beordert wurde.

Ich gab Jennifer Allister meine Karte.

„Vielleicht fällt Ihnen ja noch irgendetwas ein, was uns weiter bringen könnte!“

Sie nickte. „Ich hoffe, Sie finden den oder die Täter!“

„Das werden wir!“, versprach ich.

Milo warf mir einen skeptischen Blick zu.


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