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Ich stellte den Sportwagen irgendwo zwischen die Lieferantenfahrzeuge, die vor dem ‚Plaisir’ alles blockierten. Wir stiegen aus und gingen in Richtung Haupteingang.

Ein breitschultriger Kerl stand davor herum und schien Wache zu halten. Er hatte eine muskulöse Bodybuilder-Figur, jedoch einen recht stumpf wirkenden Blick. Aber als er uns sah, wurde er wacher und war gleich auf seinem Posten.

„Wir haben noch nicht geöffnet!“, knurrte er uns entgegen und stellte sich breitbeinig in den Weg.

„Das macht nichts“, meinte ich. „Wir kommen auch nicht zum Vergnügen her.“

„So? Da wären Sie aber die Ersten!“

Er grinste und musterte uns eingehend.

Sein Jackett saß ziemlich eng und drohte vor lauter Muskeln beinahe zu bersten. Außerdem war er offenbar ziemlich angriffslustig. Er kam etwas näher und zeigte seine zwei Reihen makelloser Zähne. „Ich habe den Eindruck, Sie beide verschwinden besser!“, zischte er.

Sein Grinsen erstarb aber schon in der nächsten Sekunde, als Milo ihm Gelegenheit gab, einen Blick auf seinen Dienstausweis zu werfen.

Der Koloss kniff die Augen zusammen. „FBI?“

„Genau.“

„Wir sind hier ein sauberer Laden!“

„Bis jetzt hat das niemand bestritten!“, sagte ich.

„Vielleicht sagen Sie Mister Ellings, dass wir ihn gerne gesprochen hätten“, forderte Milo. „Glauben Sie mir, es ist besser für ihn.“

Er schien sich einen Moment lang unsicher zu sein. Dann nickte er.

„Kommen Sie mit!“, knurrte er.

Er führte uns durch die Bar. Ein paar puertoricanische Raumpflegerinnen waren gerade damit beschäftigt, den Boden zu wienern und schwatzten dabei ziemlich lautstark auf Spanisch durcheinander.

Hinter dem Tresen stand einer der Barkeeper. Er schien gerade erst angekommen zu sein, denn er trug noch eine Lederjacke. Vielleicht konnten wir ihn nachher noch befragen. Es jetzt zu tun, wäre reine Zeitverschwendung gewesen. Er würde nichts sagen, ohne dass sein Boss ihm vorher die Erlaubnis gegeben hätte, den Mund aufzumachen.

Milo und ich wurden durch einen schmalen Korridor in einen Büro-Raum geführt.

Und dort residierte Vic Ellings, der Besitzer des ‚Plaisir’.

Offiziell jedenfalls.

„Trevellian, FBI!“, stellte ich mich vor, hielt ihm meine Marke unter die Nase und deutete auf Milo. „Das ist mein Kollege Milo Tucker.“

Ellings war mittelgroß mit Bauchansatz. Er wirkte untersetzt und sein Haar hatte sich in den letzten Jahren gelichtet. Oder die Fotos, die ich von ihm auf dem TFT-Bildschirm im Sportwagen gesehen hatte, waren schon etwas älter.

Jedenfalls kniff er die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen und es war ihm förmlich anzusehen, wie er seinen Ärger über unser Auftauchen nur mühsam herunterschlucken musste.

„Was wollen Sie?“, fragte er mürrisch.

„Ein Gespräch unter sechs Augen“, sagte ich. Hinter mir stand der Koloss. Er stand so nahe, dass sein Atem mir in den Nacken blies. „Das bedeutet, hier sind noch zwei Augen zuviel.“

Ellings nickte seinem Rausschmeißer zu.

„Lass uns allein, Josh.“

Der Kerl grunzte etwas Unverständliches und verschwand. Zweifellos wartete er draußen, bis wir fertig waren, und sobald Ellings sich bedroht fühlte, würden wir es mit dieser lebenden Kampfmaschine zu tun bekommen.

„Haben Sie irgendeinen Durchsuchungs- oder Haftbefehl vorzuweisen?“, fragte Ellings.

„Nein“, sagte ich.

Er lachte heiser. „Dann frage ich mich, was Sie hier suchen! Agent Trevellian, Sie sind nicht der erste Cop, der versucht, mir irgendetwas anzuhängen.“

„Rauschgifthandel ist nicht irgendetwas!“, warf Milo ein.

Ellings hob die Augenbrauen und wandte sich zu meinem Kollegen herum.

„Wenn Sie etwas Handfestes hätten, dann würden meine Hände sicherlich schon in Handschellen stecken und wir würden uns in einem Verhörraum unterhalten.“

„Im Moment wir nur ein paar Fragen“, sagte ich. „Wenn Sie anderweitigen Ärger mit der Justiz haben, kann ich Ihnen versichern, dass wir damit nichts zu tun haben.“

„Worum geht es?“

„Um eine Ihrer Tänzerinnen.“ Ich zog das Foto von Vanessa McKenzie aus der Tasche und legte es ihm auf den Schreibtisch. „Diese Frau hat bei Ihnen gearbeitet, nicht wahr?“

Er beugte sich nieder und nickte.

„Ja. Sie hat ihren Auftritt geschmissen und ist einfach nicht mehr gekommen. Telefonisch war sie nicht erreichbar. Das Personal wird immer unzuverlässiger und das gilt für Stripperinnen genauso wie für Rausschmeißer oder Barkeeper. Ehe man sich versieht, zahlt die Konkurrenz ein paar Dollar mehr und dann sind die wirklich guten Kräfte weg. Und die, die man sowie zu nichts gebrauchen kann, betteln einen dauernd an, ob man nicht irgendeinen Job für sie hätte.“ Er seufzte und lehnte sich zurück „So ist das nun mal in der Welt der freien Wirtschaft – aber diese Probleme dürften Ihnen als Staatsdiener mit Pensionsanspruch und Dienstwagen natürlich unbekannt sein!“

„Vanessa McKenzie ist tot. Sie wurde zusammen mit einem Mann namens William Grotzky in Yonkers ermordet.“

„Oh“, sagte er. Dann zuckte er mit den Schultern. „Schade eigentlich. Sie sah scharf aus, viele Kunden mochten sie. Außerdem brauchte man ihr nicht beizubringen, wie man sich bewegen muss.“

„Seit wann arbeitete sie hier?“

„Sie hat vor drei oder vier Monaten angefangen und sich ganz gut gemacht.“ Er grinste hässlich. „Wie gesagt, bei den Gästen war sie ziemlich beliebt.“

Ich zeigte ihm ein Foto von Grotzky. „Dies ist das das andere Opfer. Kennen Sie den Mann?“

Er schaute nur eine Sekunde hin und schüttelte den Kopf.

„Nein.“

„Sie haben kaum hingesehen. Zuletzt war sein Name William Grotzky, aber hieß ursprünglich Jack Aarons. Es könnte sein, dass Ihr guter Freund Mister Giacometti Junior diesen Namen mal erwähnte.“

Ellings verzog süffisant das Gesicht. „Hier laufen so viele Leute herum“, zischte er. „Und wenn Sie einem der Giacomettis eine Frage stellen wollen, sind Sie an der falschen Adresse.“

Er zuckte die Schultern. Ellings wollte sich offenbar aus allem heraushalten. In seinem Fall konnte ich das gut verstehen. Schließlich war er vollkommen von den Giacomettis abhängig. Und da war es das Beste, einem G-man freiwillig nicht mehr als unbedingt nötig zu sagen.

„Wir suchen einen Zeugen, der hier im ‚Plaisir’ gewesen ist“, sagte ich. „Auffälliger Schnauzbart, dunkler Haarkranz am Hinterkopf.“

„Ich merke mir meine Gäste nicht“, wich Ellings aus.

„Sie haben sicher nichts dagegen, wenn wir Ihre Angestellten befragen.“

„Ich nehme an, dass ich das nicht verhindern kann“, erwiderte Ellings. „Aber es wäre nett, wenn Sie hier nicht den ganzen Betrieb zum Erliegen bringen. In einer Stunde öffnen wir und bis dahin muss alles laufen...“

„Das trifft sich gut“, warf Milo ein. „Ich nehme an, dass dann jetzt auch so nach und nach Ihre Tänzerinnen eintreffen und wir ihnen unsere Fragen stellen können!“

Ellings rief nach dem Rausschmeißer. Der Kerl öffnete die Tür.

„Führe die beiden G-men überall herum. Zeig ihnen alles, was sie sehen und jeden mit dem sie reden wollen. Hauptsache, sie verschwinden schnell wieder.“ Und an Milo und mich gewandt fuhr er fort: „Ich will hier Geschäfte machen und keinen Ärger bekommen. Mit einem Mord habe ich nichts zu tun! Auch wenn ich Spitzel grundsätzlich nicht ausstehen kann!“


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