Читать книгу Meine besten Action Thriller November 2021: 7 Strand Krimis - Alfred Bekker - Страница 9
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Im Büro von Mister McKee, dem Leiter des FBI Field Office New York, hatte bereits eine ganze Reihe von G-men Platz genommen. Außer Milo Tucker und mir nahmen noch die Agenten Clive Caravaggio und Orry Medina sowie unser Innendienstler Max Carter an der Besprechung teil. Ich nippte gerade an meinem Kaffeebecher, als noch die Kollegen Jay Kronburg und Leslie Morell hereinplatzten.
Von Mister McKee ernteten sie einen missbilligenden Blick für ihre Verspätung.
„Tut mir Leid, Sir. Aber es gab auf der Amsterdam Avenue einen schweren Unfall. Da war kaum ein Durchkommen.“
„Schon gut“, erwiderte Mister McKee. „Setzen Sie sich.“
Jay und Leslie nahmen Platz und Mister McKee erklärte: „Gestern wurde William Grotzky in seinem Haus in der Jefferson Lane in Yonkers zusammen mit einer jungen Frau erschossen aufgefunden. Bei der Frau handelte es sich um Vanessa McKenzie, die Grotzky offenbar am Abend zuvor in eine Diskothek kennen gelernt hatte. Sie teilte sich eine Wohnung mit einer gewissen Jennifer Allister, deren Vermisstenanzeige es zu verdanken ist, dass die Toten schließlich von Beamten des Yonkers Police Department entdeckt wurden – schätzungsweise eine Woche nachdem sich der Mord ereignete.“ Mister McKee wandte sich an Agent Carter. „Max, wenn Sie bitte fortfahren würden.“
„Gerne, Sir.“ Max Carter schaltete einen Beamer an, mit dessen Hilfe Fotos der beiden Verstorbenen sowie Tatortfotos an die Wand projiziert wurden. „Dieser Fall fällt aus zwei Gründen in unsere Zuständigkeit. Erstens war der Mann, der zuletzt unter dem Namen William Grotzky in Yonkers lebte, ein ehemaliger FBI-Agent. Er ermittelte jahrelang gegen das organisierte Verbrechen und leistete dabei vor allem im Undercover Einsatz wertvolle Hilfe bei der Festnahme einiger Unterweltgrößen. Am bekanntesten dürfte der Fall Giacometti sein.“
„Der sitzt doch jetzt lebenslänglich in Rikers, wenn ich mich nicht irre“, warf mein Kollege Milo Tucker ein.
Max Carter bestätigte dies. „Seine Verhaftung verdanken wir dem Einsatz von William Grotzky beziehungsweise Jack Aarons – das war nämlich sein richtiger Name. Im Rahmen eines der üblichen Schutzprogramme bekam er natürlich nach Beendigung seiner Tätigkeit als verdeckter Ermittler eine neue Identität.“ Max zeigte das nächste Bild. „Hier sieht man Grotzkys Reihenhaus in Yonkers. An der Tür wurden keinerlei Einbruchsspuren gefunden, die Homicide Squad des Yonkers Police Department vermutet daher, dass dem Täter geöffnet wurde. Tatwaffe ist eine Automatik, Kaliber 45.“
„Ist die Waffe schon einmal benutzt worden?“, fragte ich.
Max schüttelte den Kopf. „Nein, die Waffe ist sauber. Da niemand in der Nachbarschaft ein Schussgeräusch gehört hat, nimmt die Homicide Squad an, dass der Täter einen Schalldämpfer benutzte. Vanessa McKenzie ging am Abend des zwölften dieses Monats mit ihrer Mitbewohnerin und zwei anderen Freundinnen in die Diskothek ‚La Guapa’ in Yonkers. Im Verlauf des Abends lernte sie Grotzky kennen, mit dem sie nach Hause fuhr. Vanessa McKenzies Mitbewohnerin Jennifer Allister wurde misstrauisch, als Vanessa sich im Verlauf des folgenden Tages nicht meldete – geschweige denn zurückkehrte. Daher ging sie zur Polizei. Die Vermisstenabteilung des Yonkers Police Department unter Captain George Rigosian nahm schließlich die Fahndung auf und fand nach Hinweisen von Anwohnern die Leichen in dem Reihenhaus an der Jefferson Lane.“
„Vanessa McKenzie war vermutlich nur zufällig in der Wohnung, als der Killer seinen Job erledigen wollte“, erklärte Mister McKee. „Angesichts der Umstände spricht alles dafür, dass der Anschlag Grotzky galt.“
„Die Zahl derer, die ein Motiv hätten, Grotzky umbringen zu lassen, dürfte riesig sein!“, meinte ich.
„Andy Giacometti ist damals vor Gericht ausgerastet, als Grotzky - damals noch Jack Aarons – seine Zeugenaussage machte“, berichtete Mister McKee. „Giacometti musste aus dem Saal geführt werden. Er sitzt zwar auf Rikers, aber es zweifelt niemand daran, dass er noch immer die maßgebliche Instanz in der Giacometti-Familie ist, seine Geschäfte weiterführt und die großen Entscheidungen trifft. Allerdings kommt der Giacometti-Clan nicht als einziger Auftraggeber in Betracht. Grotzky/Aarons hatte wirklich eine beeindruckende Erfolgsquote.“
„Ich habe im Benny Ricardo-Fall mit ihm zusammengearbeitet“, berichtete Clive Caravaggio. „Er hatte es durch seine verbindliche Art geschafft, dass Vertrauen des seinerzeit wichtigsten puertoricanischen Kokain-Importeurs in New York zu erringen, sodass wir Benny Ricardo hochnehmen konnten, als er den Deal seines Lebens machen wollte, bei dem Grotzky als angeblicher Geschäftspartner auftrat.“
Unser indianischer Kollege Orry Medina konnte dem nur zustimmen. „Ich bin überzeugt davon, wer sich die alten Videoaufnahmen noch mal ansieht, die damals zur Beweissicherung gemacht wurden, der kann kaum glauben, dass Grotzky jemals etwas anderes gemacht hätte, als Drogen zu verkaufen. Und dabei war er unser Mann...“
Der Fall war mir vage in Erinnerung. Milo und ich hatten zu jener Zeit an einer anderen Sache gearbeitet und waren daher nicht weiter in dem Benny Ricardo-Fall involviert gewesen.
„Sie können sich gerne im Umfeld des Ricardo-Falls mal umhören, Clive“, schlug Mister McKee vor.
„Benny Ricardo starb auf Rikers an einer Überdosis Heroin, obwohl er nie süchtig war“, erinnerte sich Clive. Der flachsblonde Italoamerikaner schlug die Beine übereinander und kratzte sich am Kinn. „Es ist damals vermutet worden, dass er umgebracht wurde, um zu verhindern, dass er noch weitere Geschäftspartner mit hineinreißen kann.“
„Wie auch immer“, fuhr Mister McKee fort. „Grotzky - oder Aarons, ganz wie man will - ist vor fünf Jahren aus dem FBI-Dienst ausgeschieden. Er hat gekündigt und sich zur Ruhe gesetzt, was man auch verstehen kann, wenn man seine Akte gelesen hat. Wer jahrelang im Untergrund gelebt hat, muss wissen, wann es Zeit ist aufzuhören. Allerdings fragt sich so mancher, weshalb er den gut dotierten Job als Dozent an der Akademie von Quantico abgelehnt hat, der es ihm ermöglicht hätte, seine Erfahrungen an angehende Kollegen weiterzugeben.“
„Seltsam ist auch, dass Jack Aarons sein neues Leben als William Grotzky in unmittelbarer Nähe seines früheren Einsatzgebietes begonnen hat, anstatt für eine räumliche Distanz zu sorgen“, gab Clive zu bedenken.
„Ich bin überzeugt davon, dass man ihm beim Ausscheiden etwas anderes geraten hat“, erklärte Mister McKee.
„Was hat er in den letzten fünf Jahren gemacht?“, fragte ich.
„Das ist eine der Fragen, die alle beschäftigen wird, die hier im Raum sitzen, Jesse“, kündigte Mister McKee an. „Man hat bei ihm nämlich insgesamt fünf verschiedene Pässe gefunden. Zwei US-amerikanische, einen schwedischen, einen französischen und einen marokkanischen...“
Das war allerdings bemerkenswert.
„Glauben Sie, dass Grotzky die Seite gewechselt hatte?“, fragte ich.
Mister McKee zuckte die Schultern. „Zu wem auch immer - aber die Vermutung liegt nahe, dass er selbst in dubiose Machenschaften verwickelt war.“
„Vielleicht brauchte er die verschiedenen Pässe einfach nur zu seiner persönlichen Sicherheit“, schlug Milo vor. „Er wäre nicht der Erste, der paranoid wird, weil er weiß, dass irgendein Mafia-Clan hinter ihm her ist...“
„Sicher“, nickte Mister McKee. „Wenn er in den letzten fünf Jahren unter irgendeinem seiner Namen einen Job oder eine Sozialversicherungsnummer gehabt hätte, würde ich zustimmen. Aber das einzige, was er hatte, war ein Bankkonto, auf das ausschließlich in bar eingezahlt wurde. Allerdings immer nur kleine Beträge, die niemandem auffallen und die gerade dazu ausreichten, seine Daueraufträge zu bedienen... Auf der anderen Seite ist er regelmäßig nach Zürich geflogen. Wir vermuten, dass er dort ein Nummernkonto besaß. Nat kümmert sich darum...“
Agent Nat Norton war unser Fachmann für Betriebswirtschaft und ein Spezialist im Aufspüren verborgener Geldströme. Bei so manchem Fall im Bereich des organisierten Verbrechens hatten erst seine Erkenntnisse über wirtschaftliche Verflechtungen die Ermittlungen zum Erfolg geführt.
„Offenbar hat er es vorgezogen sein Geld im Ausland anzulegen“, zog Milo einen nahe liegenden Schluss.
Jedenfalls schien Grotzky ein Mann gewesen zu sein, der sich um keinen Preis in die Karten sehen lassen wollte. Und dafür musste es Gründe geben. Genauso wie für die Kugel in seinem Kopf.
Mister McKee ergriff erneut das Wort. „Max hat für jeden von Ihnen ein Dossier über Grotzky und die wichtigsten Fälle zusammengestellt, dass Sie bitte sorgfältig durcharbeiten. In diesem Fall gibt es so viele mögliche Ermittlungsansätze, dass wir sie unmöglich alle verfolgen können und uns von vorn herein auf die wichtigsten Spuren beschränken müssen.“