Читать книгу Kriminell und spannend in die Weihnachtszeit: 2 Kriminalromane und 32 Kurz-Krimis - Alfred Bekker - Страница 20
ОглавлениеEine Kugel für den Erpresser
Alfred Bekker
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Frank Slater wartete. Ein Motorrad kam heran und hielt kurz. Der Fahrer riß die Tasche an sich und brauste davon. Vom Gesicht des Kerls war nichts zu sehen, da er einen Helm trug. Frank startete seinen Wagen und brauste hinterher.
Frank Slater war Anwalt. Vor Jahren hatte er in einem finanziellen Engpaß gesteckt und war auf die glorreiche Idee gekommen, seine Diebstahlversicherung um einen fünfstelligen Betrag zu betrügen.
Und jetzt war dieser Unbekannte aufgetaucht, der offensichtlich über alles bescheid wußte. Und wenn die Sache ans Licht kam, dann war Frank Slater beruflich und finanziell ruiniert. Es war jetzt bereits die dritte Geldübergabe und Franks Guthaben näherte sich bedrohlich der Nullgrenze. Der Motorradfahrer schlug einige Haken, aber Frank blieb an ihm dran und folgte ihm auf immer schmaleren Landstraßen zu einer einsamen Scheune. Frank stellte den Wagen in einiger Entfernung ab, packte seinen Revolver mit der Rechten und schlich sich heran. Hinter einem dicken Baum fand er einen gün-stigen Platz, um alles beobachten zu können.
Franks Blick streifte kurz ein paar Zigarettenkippen und geknickte Streichhölzer, die zwischen den knorrigen Wurzeln lagen. Der Motorradfahrer war in der Scheune verschwunden. Durch das offene Scheunentor sah Frank den Kotflügel eines BMW.
Der Kerl will sein Motorrad hier unterstellen und dann mit dem Wagen verschwinden! wurde es Frank klar. Er kam näher und trat vorsichtig in die Scheune. Der Motorradfahrer hatte gerade die Tür des BMW geöffnet und die Tasche hineingeworfen. Dann nahm er den Helm ab. Ein Schopf langer blonder Haare kam darunter zum Vorschein. Die Frau wandte den Kopf halb herum und blickte Frank Slater direkt ins Gesicht.
"Angela!" flüsterte dieser. Damit hatte er nun wirklich am aller wenigsten gerechnet. Der Erpresser war niemand anderes, als seine Frau!
"Frank!" sagte sie, während der Anwalt die Hand mit dem Revolver hob. Sie erstarrte. "Du wirst doch nicht...?"
Seine Hand krampfte sich um den Revolvergriff.
"Irgendwann läuft jedes Faß einmal über, Angela!" sagte er dann und schoß.
Auf dem Rückweg schlug Frank der Puls bis zum Hals. Er fuhr schlecht und unkonzentriert.
Natürlich! dachte er grimmig. Wer außer Angela hätte über die Sache von damals so genau bescheid wissen können! Von ihrer Ehe war schon seit längerem der Lack ab und ab und zu hatte Frank den Ver-dacht gehegt, daß sie einen Liebhaber haben könn-te. Er hatte sie sogar durch einen Privatdetektiv beschatten lassen. Ohne Ergebnis. Und jetzt das!
Laut Ehevertrag konnte Angela im Scheidungsfall kaum etwas erwarten, daher hatte sie sich wohl die Erpressung einfallen lassen, um ihn nach und nach auszusaugen, bis nichts mehr übrig war.
*
Am nächsten Morgen bekam Frank Slater in seiner Kanzlei unangenehmen Besuch. Es war ein Inspektor der Kriminalpolizei. "Carson", stellte dieser sich vor und zeigte Frank seinen Ausweis. "Wir haben Ihre Frau gefunden. Sie wurde erschossen!"
Frank ließ sich in seinen Sessel fallen. Der Inspektor stellte ein paar allgemeine Fragen.
Doch als er einige Tage später erneut in der Kanzlei auftauchte, hatte er schon genug herausgefunden, um den Anwalt zu beunruhigen. Er wußte, daß es in ihrer Ehe kriselte, er wußte von der Observierung durch einen Privatdetektiv und er wußte, daß Frank eine Waffe besaß. "Ein Revolver", bestätigte Frank. "Er ist verschwunden. Gestohlen wahrscheinlich. Seit ungefähr zwei Wochen."
"Und Sie haben die Sache nicht gemeldet? Sehr merkwürdig, nicht wahr? Ihr Waffenschein ist auf ein Kaliber ausgestellt, das auch der Mörder Ihrer Frau benutzt hat!"
Frank schluckte. "Sie meinen..."
"Es kommt noch dicker!" erklärte Kommissar Carson. "Ein automatisches Blitzgerät hat Sie in der Nähe des Tatorts kurz nach dem Mord wegen zu hoher Geschwindigkeit aufgenommen! Und die Reifenprofile bei der Scheune passen zu Ihrem Wagen!"
"Aber... Warum sollte ich so etwas tun?"
"Weil Ihre Frau Sie erpreßt hat!" Carson holte einen Schlüssel hervor. "Der gehört zu einem Bankschließfach, in dem neben einem Batzen Geld auch noch einige zusammengeklebte Briefe waren, die nur noch abgeschickt werden brauchten."
Frank Slater wurde blaß.
"Ich habe meine Frau nicht erschossen!"
"Die Indizien sprechen eine deutliche Sprache!"
erwiderte Carson kühl. "Ihre Frau hatte übrigens zwei Flugkarten nach Rio gebucht..."
Frank zuckte zusammen. "Zwei?" fragte er. Dann fuhr er fort: "Ich bin dem Erpresser nach der Geldübergabe bis zur Scheune gefolgt. Dort habe ich dann festgestellt, das es Angela war. Ich habe sogar einmal gechossen. In den Boden, um sie ein-zuschüchtern und weil ich so wütend war. Dann habe ich die Geldtasche genommen und bin weggefahren.
Und Angela war da noch sehr lebendig!"
"Und das soll Ihnen jemand glauben?"
*
Brian Holt, Privatdetektiv - so stand es an dem Türschild. Holt machte ein erstauntes Gesicht, als er Frank Slater sah. "Sie?"
"Ich habe Probleme. Meine Frau ist umgebracht worden und die Polizei hält mich für den Mörder!
Einstweilen bin ich noch auf freiem Fuß, aber..."
Holt kniff die Augen zusammen. "Das tut mir leid. Und wie soll ich Ihnen helfen?"
"In dem Sie mir den Namen des Liebhabers meiner Frau verraten!"
"Was?" Holt runzelte die Stirn.
"Sie haben mich belogen. Meine Frau hatte zwei Tickets nach Rio gebucht... Zwei! Und ich kann einfach nicht glauben, daß ein so guter Detektiv wie Sie denjenigen übersehen haben könnte, für den sie das zweite Ticket bestellt hatte!"
"Es gab keinen Geliebten!" beharrte Holt.
"Sie hat Ihnen Geld gegeben, damit Sie mir die Sache verschweigen. Aber Sie haben sich gedacht, daß da vielleicht noch mehr zu holen ist und sie weiter beobachtet. So sind Sie auf die Erpressungs-Sache gestoßen! Sie haben meine Frau dabei beobachtet, wie sie das Motorrad nach einer der Geldübergaben in der einsamen Scheune deponierte."
Holt wurde nervös. Er zündete sich eine Zigarette an und knickte dann das Streichholz, bevor er in den Aschenbecher fallen ließ. Frank deutete mit der rechten darauf und meinte: "Es dürfte nicht viele Menschen in Angelas Umgebung gegeben haben, die diese Angewohnheit hatten! Sie müssen lange da draußen vor der Scheune gewartet und eine Menge geraucht haben..."
"Worauf wollen Sie hinaus?" fragte Holt.
"Darauf, daß Sie bei der Erpressung mit abkassiert haben. Ich hatte die Nummern der Scheine registriert. Vielleicht findet Polizei noch ein paar davon in Ihrer Kasse..."
"Sie fantasieren!"
"Als Sie das letzte Mal mit Angela bei der Scheune zusammentrafen, glaubten Sie, daß sie Sie hereinlegen wollte. Sie hatte kein Geld, denn das hatte ich ihr kurz zuvor abgenommen. Es kam zum Streit. Vielleicht hat sie damit gedroht, auch Sie mit hineinzuziehen... Und da haben Sie Angela erschossen. Wenn die Polizei Ihre Waffe überprüft, dann sind Sie dran, Mr.Holt!"
"Warum sind Sie nicht zur Polizei gegangen?"
"Weil ich dringend das fehlende Geld brauche!
Juristisch werde ich aus der Sache herauskommen, Sie aber nicht!"
Holt atmete tief durch. "Die Waffe, mit der ich Ihre Frau erschossen habe, habe ich längst verschwinden lassen. Für wen halten Sie mich? Und die Scheine, die Sie angeblich registriert haben, habe ich auf mein Konto eingezahlt!" Er grinste.
"Vor Gericht werde ich übrigens aussagen, daß ich Sie davon unterrichtet habe, daß Ihre Frau einen Liebhaber besitzt. Und ich hoffe wirklich, daß man Sie verurteilen wird!"
In diesem Moment klingelte es an der Wohnungstür und Slater sagte: "Das wird die Polizei sein! Sie haben gerade zugegeben, einen Mord begangen zu haben! Und ein halbes Dutzend Kriminalbeamten haben über ein Mikrofon, daß ich unter meiner Kleidung trage ihrem Geständnis zugehört!"