Читать книгу Kriminell und spannend in die Weihnachtszeit: 2 Kriminalromane und 32 Kurz-Krimis - Alfred Bekker - Страница 21
ОглавлениеDer Tote im Fluss
Alfred Bekker
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"Glaubst du, wir tun das Richtige?" fragte Claudia Maroff, während sie durch das Seitenfen-ster des Wagens in die Nacht hinausblickte.
"Fällt dir etwas Besseres ein?" fragte Walter gereizt zurück. "Glaub mir, es gibt keinen anderen Weg!" bekräftigte er nocheinmal. Dann stoppte er den Wagen.
"Hier?" fragte Claudia. "Sieht aus wie ein Hafen...", murmelte Claudia stirnrunzelnd.
Walter nickte. "Ein verlassener Firmenhafen...
Hier ist garantiert niemand! Die einzigen Zeugen sind ein paar rostige Krähne..." Er lächelte dünn.
"Komm, du mußt mir helfen!" Sie stiegen aus. Walter öffnete den Kofferraum und dann hievten sie gemeinsam einen blauen Plastikksack heraus. Sie kamen ans Wasser. Ein kräftiger Schwung und der Sack platschte in die Tiefe. Er wurde ein Stück von der starken Strömung mitgerissen und ging dann unter. "Das wäre geschafft!" brummte Walter.
Ein Geräusch ließ sie beide herumfahren.
"Was war das?" flüsterte Claudia.
"Der Wind!" meinte Walter. "Oder Ratten. Es gibt hier tausende!"
"Ich hoffe nur, daß du recht hast!"
*
Der Mann, der zwei Tage später vor Claudias Wohnungstür auftauchte, hielt ihr einen Ausweis unter die Nase und stellte sich mit "Tegeler, Kriminalpolizei", vor. "Sie haben vor zwei Tagen eine Vermißtenanzeige aufgegeben und nun..." Der Kommissar stockte und hüstelte verlegen. "Wir haben Ihren Mann gefunden! Er wurde erschossen."
Claudia schluckte. "Mein Gott", flüsterte sie und schüttelte stumm den Kopf. Dann fragte sie plötzlich: "Wo ist das passiert?"
Kommissar Tegeler zuckte die Achseln. "Keine Ahnung. Die Leiche wurde in den Fluß geworfen und vielleicht kilometerweit von der Strömung mitgerissen, bevor sie ans Ufer gespült wurde."
"Ich verstehe..."
"Kann ich hereinkommen? Ich hätte ein paar Fragen an Sie..."
"Sicher..." Claudia Maroff führte Tegeler ins Wohnzimmer. Dort saß ein hochgewachsener, hagerer Mann, dessen Schläfen die ersten grauen Haare zeigten. "Das ist Walter Richter, der Geschäftsführer unserer Import-Export-Firma."
"Angenehm", nickte Tegeler. Dann wandte er sich wieder an Claudia. "Ich möchte, daß Sie überle-gen, wer ein Motiv für den Mord haben könnte."
*
"Ich hätte nicht gedacht, daß die Polizei so schnell auftaucht!" meinte Claudia, nachdem der Kommissar gegangen war.
"Da müssen wir jetzt durch, Liebling", war Walters kühle Erwiderung. "Jetzt heißt es die Nerven behalten!" Er legte den Arm um ihre Schultern und strich ihr über das lockige blonde Haar.
*
Am nächsten Tag tauchte Tegeler in Walter Richters Büro auf. "Hat sich etwas Neues ergeben?" fragte der Geschäftsführer kühl.
"Das kann man wohl sagen", nickte Tegeler.
"Jemand hat Sie beobachtet, wie Sie zusammen mit einer Frau eine Leiche in den Fluß geworfen haben..."
Walter wurde blaß. "Wer will das gesehen haben?"
"Ein Obdachloser, der sich in dem stillgelegten Flußhafen einquartiert hatte. Er hat sich Ihre Wagennummer gemerkt. Und jetzt sagen Sie nicht, daß jemand anderes drinsaß! Die Frau war Claudia Maroff, nicht wahr? Wir könnten Sie dem Mann ja gegenüberstellen..."
Walter hob hilflos die Hände und schlug dann wütend auf den Schreibtisch. "Verdammt!"
schimpfte er.
"Ich habe etwas nachgeforscht. Sie haben ein Verhältnis mit Frau Maroff. Viel Mühe haben Sie beide sich nicht gegeben, das geheimzuhalten. Einige Ihrer Angestellten wußten bescheid..."
Walter sah den Kommissar wütend an. "Und nun denken Sie, daß Claudia und ich den lästigen Ehemann aus dem Weg geräumt haben! Das ist es doch, was Ihnen im Kopf herumspukt!"
"Ist das so abwegig?"
"Finden Sie erstmal die Tatwaffe!"
"Ich nehme an, daß Sie die ebenfalls in den Fluß geworfen haben!" erwiderte Tegeler kühl.
Walter atmete tief durch. "Nein", sagte er.
"Es war ganz anders. Wissen Sie, Claudia hat mich angerufen. Es war mitten in der Nacht und ihr Mann war nicht nach Hause gekommen. Claudia hat die Leiche auf dem Firmengelände gefunden..."
"Und Sie haben ihr dann geholfen, den Toten zu beseitigen!" schloß Tegeler. "Warum?"
"Weil jeder das gedacht hätte, was Sie jetzt denken, Kommissar! Zumal Claudia die Tatwaffe berührt hatte...Ich mußte ihr doch helfen!"
Tegeler kratzte sich am Kinn. "Sagen Sie, dafür, daß Claudia Maroff ihren Mann nicht selbst erschossen hat, haben sie nur ihr Wort, nicht wahr?"
Walter Richter blickte auf und schwieg.
In diesem Moment ging die Tür auf und Claudia Maroff kam herein. "Walter, ich..." Sie stockte, als sie Tegeler sah.
"Ich habe ihm alles gesagt", erklärte Walter kleinlaut. "Tut mir leid!"
Sie bedachte ihn mit einem giftigen Blick. "Ich wußte, daß man sich auf dich nicht verlassen kann!" zischte sie wütend.
"Sie wissen, daß alle Indizien gegen Sie sprechen, Frau Maroff!" stellte Tegeler fest. "Sie hatten ein Motiv, die Gelegenheit und..."
"...und wenn ich jetzt einfach behaupte, daß Walter den Toten gefunden hat? Nicht er hat mir dabei geholfen, die Leiche verschwinden zu lassen, sondern ich ihm!"
"Ach, kommen Sie!" schüttelte Tegeler ungläubig den Kopf.
"Sie haben jedenfalls keinen Beweis!" stellte Claudia fest. "Indizien vielleicht, aber mehr auch nicht!"
Tegeler seufzte. Da mußte er Claudia Maroff leider recht geben. Er sah sie nacheinander und sagte dann: "Vielleicht haben Sie ihn auch gemeinsam getötet. Sie sind beide jedenfalls vorläufig festgenommen!"
*
Die Verhöre auf dem Präsidium erbrachten nichts Neues. Tegeler fuhr sich müde mit der Hand über das Gesicht und sah anschließend auf die Uhr. Ei-gentlich hattre er schon lange Feierabend. Er trank seinen kaltgewordenen Kaffee aus und klappte die Akte zu.
Ein Kollege kam durch die Tür. "Da wartet noch eine Frau, die Sie unbedingt sprechen will! Sie sagt, daß er zum Fall Maroff eine Aussage zu machen hat!"
"Soll hereinkommen", brummte Tegeler.
Die Frau trat ein. "Mein Name ist Bach. Ich bin die Sekretärin bei der Firma Maroff. Ich weiß, wer Herrn Maroff umgebracht hat!"
"Und wer?"
"Carstens, unser Buchhalter." Sie nahm ihre Handtasche und holte ein kleines Diktiergerät heraus. "Es schaltet sich ein, sobald man hineinspricht. Herr Maroff hat oft vergessen, es richtig auszuschalten, deshalb waren die Batterien auch dauernd leer." Die Sekretärin ließ jetzt das Band laufen. Zwei Stimmen waren zu hören.
"Schön, daß Sie gekommen sind, Carstens! Ich habe den ganzen Abend über den Büchern gesessen!
Sie müssen derjenige sein, der die Gelder abgezweigt hat!" stellte Maroff fest. "Und mir ist egal, wie Sie das schaffen, aber ich will jeden Pfennig davon wiedersehen!" Ein heftiges Wortge-fecht folgte, dann ein Schuß.
Kommissar Tegeler erhob sich. "Ich kann Ihnen Carstens' Adresse geben", hörte er indessen die Sekretärin sagen.