Читать книгу Dämon I - Alfred Broi - Страница 32
III
ОглавлениеWie ein Torpedo jagte die Flammenfaust gen Himmel, erfüllte ihn in schmutzigem Orange.
Eine gewaltige Druckwelle raste durch die Straßen, ohrenbetäubend, bedrohlich.
Qualm vermischte sich mit den Flammen, verdunkelte den Himmel augenblicklich wieder.
Für ein paar Sekunden erstarrte das Leben auf den Straßen völlig.
Doch nicht bei Chris.
Das Wahrnehmen der Explosion in der linken Nebenstraße etwa zweihundert Meter voraus und das Hechten auf den Fahrersitz war quasi eins.
Er ließ den Motor an, legte den Rückwärtsgang ein, da Douglas sehr dicht hinter einem parkenden Wagen gehalten hatte und trat das Gaspedal ganz durch.
Die Reifen quietschten erbärmlich, als sie das Auto qualmend über den Asphalt zerrten.
Chris lenkte den Wagen aus der Parklücke, riss das Steuer dann ganz herum und schleuderte quasi einmal quer über die Straße, um schließlich neben Douglas zum Stehen zu kommen. „Spring rein!“ schrie er und öffnete die Beifahrertür.
Douglas schien im ersten Moment nicht reagieren zu wollen. Er blickte entsetzt in Richtung Explosion, dann auf ihr Essenspaket.
„Nun mach schon!“ hetzte Chris.
Douglas schaute mitleidig auf die Hot-Dogs. „Ach Scheiße!“, sagte er dann, ließ die Tüte fallen und sprang ins Auto. „Die schönen Hot Dogs!“ stöhnte er, während er von der Beschleunigung ihres Wagens in den Sitz gepresst wurde.
„Vergiss das Essen!“ entgegnete Chris und zwang ihr Auto erbarmungslos die Straße hinauf.
„Was zum Teufel war das bloß?“ fragte Douglas mehr zu sich selbst.
„Das war er!“ antwortete Chris, riss das Lenkrad nach links und musste all seine Kräfte aufbieten, damit ihr Wagen in der Spur blieb.
Douglas schaute seinen Partner an und fragte sich, woher Chris so sicher sein konnte und wusste doch, dass er Recht hatte. „Scheiße!“ sagte er resignierend. Der Herr hatte seine Gebete nicht erhört. Jetzt gab es kein Zurück mehr.
Das halbe Gebäude brannte, ebenso zwei parkende Autos auf der Straße.
Die Explosion hatte ein riesiges Loch in die Fassade gerissen, die Bruchstücke über die ganze Straße verteilt.
Chris musste scharf bremsen, um nicht die Vorderachse zu riskieren.
„Mach Meldung!“ rief er, während er hinausstürzte.
Douglas nahm das Funkgerät. „19 an Zentrale!“
„Zentrale!“, meldete sich eine freundliche Frauenstimme.
„Explosion in der Madison Street. Sieht böse aus. Wir brauchen Verstärkung!“
Chris hastete über die Trümmer, versuchte nicht von den Flammen erfasst zu werden.
Und dann sah er sie.
Wieder furchtbar zugerichtet. Ohne Wirbelsäule. Die Leiche eines Mannes in mittlerem Alter.
Der bestialische Gestank von verbranntem Fleisch lag in der Luft.
Sofort machte er kehrt, hechtete zurück zum Wagen.
„Bestehen Anzeichen dafür, dass er es ist?“, fragte die freundliche Stimme aus dem Lautsprecher in einem sehr bestimmten Ton.
Douglas blickte Chris an.
Dieser nickte.
„Ja, er ist es. Ich wiederhole: Er ist es!“ Douglas nahm den Finger vom Sendeknopf. „Gottverdammte Scheiße!“
Nach einer Sekunde meldete sich die Zentrale wieder. „19. Hier Zentrale. Bleiben sie vor Ort. Weitere Einheiten sind verständigt. Die Nationalgarde und die Army sind auf dem Weg. Ich wiederhole: Bleiben sie vor Ort. Unternehmen sie nichts!“
Douglas grinste breit. „Verstanden Zentrale. Over!“ Er blickte Chris erleichtert an. „Wir sollen hier warten!“
„Gott, wir waren noch nie so nahe dran. Wir müssen...!“
„Wir müssen Garnichts. Wir haben unseren Befehl!“
Im selben Moment ertönte etwa fünfzig Meter weiter der furchtbare Schrei einer Frau.
Chris und Douglas schauten instinktiv in diese Richtung.
Und sie konnten deutlich die Silhouette eines Menschen erkennen, der über einen anderen herfiel.
„Also…!“ sagte Chris. „Komm schon!“ Er rannte los, ohne auf die Antwort seines Partners zu warten.
Douglas war für einen Moment wie gelähmt. Dann wurde er sauer. „Ach Scheiße!“ Wütend warf er das Funkgerät gegen die Konsole. Dann riss er die Tür auf und rannte los, so schnell er konnte.
Gott war wirklich nicht sein bester Freund. Ganz sicher nicht.
Beinahe im Hechtverfahren stürmte er über die Trümmer, achtete nicht auf die gewaltige Hitze, die ihm die Haut versengte und ihm den Schweiß auf sein Gesicht trieb.
Chris war kaum draußen aus der Flammenhölle, als er merkte, dass sein Jackett brannte.
Ohne seinen Lauf zu verlangsamen, riss er es sich vom Leib und griff fast gleichzeitig nach seiner Beretta.
Einen Sekundenbruchteil brauchten seine Augen, um sich wieder an die Dunkelheit zu gewöhnen, dann hatte er die Gestalt ausgemacht.
Die junge Frau stand mit dem Rücken zu der Bestie in Menschengestalt, schrie furchtbar, blickte flehend. Doch der eisenharte Würgegriff der Bestie war erbarmungslos.
Ihre rechte Hand schob sich in den Rücken der jungen Frau, zerriss ihr Kleid.
Chris wusste, er musste schnell handeln.
„Stehenbleiben!“ schrie er und feuerte ohne zu zögern einen Schuss ab.
Das Geschoß traf die Bestie in die linke Schulter, zerfetzte Fleisch.
Ein widerlicher Aufschrei war zu hören. Der Mann strauchelte kurz und sein Blick schoss nach vorn, wo Chris mit seiner Waffe stand und sie auf ihn richtete.
„Wagen sie es ja nicht!“ sagte Chris und wusste doch, wie lächerlich diese Drohung war. Die junge Frau stand direkt vor ihm, verdeckte den Kerl fast vollständig.
Denn was immer sich Chris auch unter der Bestie vorgestellt hatte, es stimmte nicht.
Sie war weder mächtig, noch furchtbar anzuschauen.
Es war ein alter Mann, nur mittelgroß. Er hatte ein eigentlich harmloses Gesicht.
Nichts an ihm war so, wie Chris es sich vorgestellt hatte.
Es schien unglaublich, dass dieser Durchschnittsbürger der Henker des Teufels sein sollte.
Und für einen Moment fragte sich Chris ernsthaft, ob dieser Mann wirklich die Bestie war und nicht vielleicht nur ein Irrer, der in ihrem Kielwasser agierte.
Doch dann sah er die Augen des Mannes.
Blutrot. Funkelnd. Widerlich. Bösartig.
Fast gleichzeitig löste sich ein gewaltiger, tiefer, grollender Schrei aus der Kehle des Mannes.
Als sich ihre Augen dann wieder trafen, bemerkte Chris, dass der Mann grinste.
Augenblicklich drückte er die Frau fester, sodass sie nur noch gurgelnde Geräusche von sich geben konnte.
Ihr Blick auf Chris war nackte Angst und sie streckte hilfesuchend ihre Arme nach ihm aus.
Doch das war das Letzte, was sie tat, denn im selben Moment bohrte sich die rechte Hand des Mannes in ihren Rücken.
Blut schoss in dicken Fäden aus ihrem Mund, floss auf ihr Kleid.
Dann griff der Mann zu und riss ihr mit unbändiger Wucht die Wirbelsäule aus dem Leib.
Das furchtbare Krachen von Knochen war zu hören, das Chris durch Mark und Bein ging.
Fassungslos musste er mit ansehen, wie die Frau, wie ein Kleidungsstück in sich zusammenfiel und zu Boden klatschte.
Chris hatte Mühe, sich auf den Beinen zu halten. Das war fast mehr, als er ertragen konnte.
Wieder ertönte ein Schrei aus der Kehle des Mannes, diesmal leise und irgendwie zufrieden.
Chris zwang sich, zu ihm zu schauen.
In der rechten Hand hielt er die blutige Wirbelsäule, führte sie zu seinem Mund und eine lange, dicke, klebrige Zunge, die an der Spitze geteilt war, leckte über die Knochen.
Dabei grinste der Mann.
Und da wusste Chris endgültig, dass er keinem Irren erlegen war.
Vor ihm stand der Henker des Teufels.
Obwohl Chris sich fragte, ob es nicht sogar der Teufel persönlich war.
Und im selben Moment entlud er das gesamte Magazin seiner Waffe in den Körper der Bestie.
Douglas hörte die Schüsse.
Erst nur einen, wenig später ein ganzes Stakkato.
Und er verfluchte sein Alter.
Douglas rannte, so schnell er konnte, doch im Gegensatz zu Chris traute er sich nicht durch die Flammen.
So musste er einen Umweg nehmen.
Er hoffte inständig, er würde noch rechtzeitig da sein.
Jede Kugel traf, drang tief in den Körper ein und riss klaffende Wunden, brachte die Bestie zum Schwanken.
Aber nicht zu Boden.
Im Gegenteil. Mit jedem Schuss kam das Monstrum näher. Schritt für Schritt.
„Gottverdammt!“ schrie Chris. „Stirb endlich!“
Doch es starb nicht.
Und als das Magazin leer war, sah sich Chris der Bestie in Armlänge gegenüber.
Im selben Moment krachte die rechte Hand des Monstrums mit unbändiger Wucht in sein Gesicht.
Mann, er hatte gar nicht gewusst, wie lang fünfzig Meter sein konnten.
Ziemlich außer Atem erreichte Douglas wieder die Straße und erkannte sofort, dass er keine Zeit zum Verschnaufen hatte.
Ein Mann, etwas kleiner als Chris, stand vor seinem Partner und verpasste ihm einen knallharten Handrückenschlag. Wie ein nasser Sack krachte Chris zu Boden, schrie kurz auf.
Und Douglas nahm seine Beine in die Hand.
Herrgott, der Kerl sah weiß Gott nicht stark aus.
Aber dieser Schlag war schlimmer als ein Vorschlaghammer.
Chris konnte sich nicht wehren.
Seine Beretta hielt er immer noch fest in der Hand, als er zu Boden schlug und sich den Hinterkopf fürchterlich aufschlug.
Er musste schreien.
Als er seine Augen wieder aufschlug, sah er die Bestie über sich. Er konnte den üblen Atem riechen, wieder tief in ihre Augen blicken.
Aber er konnte sich nicht wehren.
Selbst als die Bestie sein Hemd griff und ihn zurück auf die Füße wuchtete, tat er keine Gegenwehr.
Er dachte sich nur, dass es vielleicht doch besser gewesen wäre, auf das Militär zu warten.
Douglas sah es und wusste, wenn er jetzt nichts tat, wäre es um Chris geschehen.
Aber er wusste nicht, wie er helfen sollte.
Also nutzte er seinen Schwung, den er vom Laufen hatte und hob einfach ab.
Wenn sonst nichts half, half vielleicht umrennen.
Er wartete auf den Moment, wo ihn die Bestie umdrehte und sich ihre Finger in seinen Rücken bohrten.
Chris war sicher, dass ihn sein Schicksal jetzt töten würde.
Er schloss die Augen, konnte nicht mal schreien.
Im selben Moment hörte er einen Schrei. Von irgendwo rechts. Er war laut und kam rasend schnell näher.
Es war nicht der Schrei der Bestie.
Sekundenbruchteile später folgte ein gewaltiger Schlag, der ihn wieder umriss.
War das das Ende?
Es klappte besser, als er gehofft hatte.
Douglas erwischte die Bestie mit voller Wucht.
Als sein Gewicht sie langsam nach hinten schob, überlegte er schon, was er weiter anstellen würde, als plötzlich die Schaufensterscheibe des kleinen Ladens hinter ihnen vor ihm auftauchte.
Herrgott, daran hatte er nicht gedacht. War einfach nur gesprungen. Ohne Rücksicht auf Verluste.
Und so wie es aussah, würde er der erste Verlust werden.
Alles was Douglas tun konnte, war, seine Arme zum Kopf zu reißen, seinen Oberkörper zu drehen, damit er mit dem Rücken vorausflog, bevor er mitsamt der Bestie gnadenlos durch das Glas rauschte.
Als Chris die Augen wieder aufschlug, stellte er fest, dass er nicht tot war.
Und das es regnete.
Gott, endlich Regen. Wunderbar.
Doch dann war er wieder Herr seiner Sinne.
Es regnete nicht. Wenigstens kein Wasser. Es regnete Glassplitter.
Chris sah die zerbrochene Schaufensterscheibe und wollte sich schon fragen, wie die Bestie dorthin gekommen war, als er Douglas quer durch den Laden durch eine weitere Scheibe an der linken Seite fliegen sah.
Sofort sprang er auf und rannte zu ihm.
Ob er noch heile Knochen hatte, wusste er nicht.
Douglas glaubte es aber nicht.
Zwei gläserne Rittberger an einem Tag waren wohl des Guten zu viel.
Da spürte er eine Gestalt über sich und hatte schon panische Angst, dass es die Bestie war. Sofort zog er seine Waffe.
Doch zum Glück waren seine Augen noch in Ordnung.
Chris hockte sich vor ihn, schaute ihn einen Moment lang an, dann riss er ihn auf die Beine.
Ein Brüllen zwang ihre Köpfe in das Innere des Ladens.
Die Bestie kam auf sie zu.
Nur noch Sekunden.
Und da erkannte Chris es.
Der Laden war ein Waffengeschäft. Vollgepackt mit Gewehren und Revolvern und...
Chris suchte fieberhaft.
...und Munition. Er hatte die Pulverfässer entdeckt.
„Lauf!“ sagte er zu Douglas und entlud sein leeres Magazin.
Douglas schien nicht zu begreifen.
„Lauf!“ Chris holte ein neues Magazin aus seinem Gürtel und ließ es in die Waffe schnappen.
Da schien Douglas zu begreifen. „Du bist verrückt!" rief er und lief.
Chris visierte die Pulverfässer an, dann rannte er rückwärts los.
Die Bestie war vielleicht noch einen Meter von der Schaufensterscheibe entfernt.
Jetzt oder nie. Chris drückte ab.
Einmal, zweimal, dreimal. Er schrie auf. Viermal.
Danach konnte er nichts mehr denken, denn eine gewaltige Druckwelle riss ihn vom Boden und katapultierte ihn meterweit durch die Luft.
Douglas musste seinen Kopf ruckartig nach unten reißen, denn die Druckwelle donnerte genau in seine Richtung.
So warf er sich hinter das erstbeste Auto, legte seine Arme schützend über seinen Kopf und hoffte, dass er es überleben würde.
Er schien gar nicht mehr landen zu wollen. Meter um Meter rauschte Chris durch die Luft, hörte weit hinter sich trotz der gewaltigen Explosionen noch einen grollenden Schrei und spürte die Hitze an seinem Körper.
Vor ihm tauchte ein Auto auf und sekundenbruchteile später krachte er auf die Kühlerhaube, rutschte über sie hinweg, hob erneut ab und fiel dann kopfüber auf ein seltsam weiches Etwas.
Er hatte es überlebt.
Aber hatte es das Monstrum auch?
Die schwere, schreiende Masse landete wuchtig auf ihm.
Auch Douglas musste kurz aufschreien, wurde von ihr mitgerissen.
Nach wenigen Metern kamen sie zum Stillstand und Douglas erkannte freudig, dass er den Fall seines Partners gebremst hatte.
Dafür nahm er gern die Schmerzen in seinem Körper in Kauf.
Hinter ihnen explodierte immer noch weitere Munition, bildete ein Stakkato aus kleinen und mittleren Explosionen. Immer wieder wurden Gegenstände durch die Luft gewirbelt, rauschten an ihnen vorbei und krachten zu Boden.
Douglas wollte seiner Freude über Chris geglückte Aktion gerade Ausdruck verleihen, als weit vor ihnen etwas Schweres zu Boden klatschte.
Unwillkürlich schauten sie in diese Richtung.
Und als sie die Bestie sich stöhnend erheben sahen, starrten sie fassungslos auf den anderen.
Gottverdammt, sie war nicht tot. Sie lebte noch immer.
Aber das konnte nicht sein. Die furchtbare Explosion hätte sie in Stücke reißen, sie für immer in die tiefsten Tiefen der Hölle katapultieren müssen.
Aber sie erhob sich, starrte die beiden Männer an, schrie laut auf und lief davon.
Sie war nicht tot und der Alptraum noch lange nicht vorbei.
Während sich Douglas fragte, wie zum Teufel dieses Vieh überhaupt noch zu töten war, wenn nicht durch so eine gewaltige Explosion, fragte sich Chris, wie es die Bestie geschafft hatte, zu überleben?
Kein Mensch war dazu fähig.
Und das bestätigte seine Annahme, dass der Henker des Teufels kein Mensch war.
Er war etwas viel Furchtbareres.
Die Tatsache aber blieb, dass er noch immer lebte und dass er aufgehalten werden musste.
Also erhob sich Chris und rannte ihm hinterher.
Er hatte keine Ahnung, wie er ihn zur Strecke bringen sollte, er wusste nur, er musste es weiter versuchen.
Douglas rief ihm nach, doch er ignorierte seinen Partner.
Als er dann um eine Ecke bog und in eine düstere Nebenstraße lief, hörte er von der Straße her Sirenen.
Die Verstärkung traf ein. Douglas würde dafür sorgen, dass sie ihm folgten.
Er hoffte nur, es würde noch rechtzeitig geschehen.
Douglas hätte Chris am liebsten Handschellen angelegt, um ihn hier zu behalten, aber sein Partner ließ sich nicht zurückhalten.
Und das er selbst nicht mehr weiterkam, war ihm nur zu klar.
Doch er musste ihm helfen, durfte ihn in diesem Kampf ganz sicher nicht allein lassen.
Also tat er das einzig vernünftige.
Er rannte zu ihrem Auto, sprang hinein und gab Gas.
In einiger Entfernung hörte er Sirenen und wusste, es war ihre Verstärkung. Trotzdem raste er hinter Chris her. Er würde die anderen über Funk informieren.
Er durfte hier nicht warten.
Jede Sekunde konnte die Entscheidende sein.
Chris drang immer tiefer in das Gewirr aus schmalen, dunklen Nebenstraßen ein.
Ob er hier richtig war, wusste er schon lange nicht mehr.
Aber irgendetwas trieb ihn weiter.
Seine Lungen brannten, er schwitzte tierisch.
Wenn er die Bestie nicht bald fand, würde er nicht hingerichtet werden, sondern einen simplen Herztod sterben.
Ein Geräusch ließ ihn abrupt seinen Lauf unterbrechen und Augenblicke später erkannte er, dass ihm dieselbe innere Stimme das Leben gerettet hatte, die ihm befahl weiter zu laufen.
Denn als er um die nächste Ecke bog, rauschte ein schwarzes Etwas pfeilschnell an ihm vorbei und verpasste ihm einen harten Schlag gegen die Schulter.
Bevor Chris zu Boden krachte, erkannte er die Bestie auf einem Motorrad davon rauschen.
Jetzt brauchte er dringend Verstärkung.
In den Augenwinkeln sah er das Motorrad und wusste sofort, dass es das Monstrum war.
Blitzschnell riss Douglas das Lenkrad herum, zwang den Wagen durch eine sehr schmale Gasse.
Als er sie durchquert hatte, riss er erneut das Lenkrad herum und bremste ruckartig.
Sein Partner war vor ihm aufgetaucht, hatte sich auf die Kühlerhaube gehechtet.
Geschickt rollte er sich darüber und sprang ins Auto.
„Dich schickt der Himmel!“ prustete er hervor.
„Wohl eher der Teufel!“ Douglas gab sofort wieder Gas. „Dass dieser verdammte Mistkerl auch noch Motorrad fahren kann!“
„Was macht die Army?“
Douglas hielt ihm das Funkgerät hin. „Ist auf dem Weg. Mach du weiter Meldung!“
Die Bestie riss nach dem Verlassen der Seitenstraßen das Motorrad nach links auf die Hauptstraße und gab richtig Gas.
Zwei vorbeifahrende Autos mussten scharf bremsen, um sie nicht umzufahren.
Der Hintermann hatte jedoch keine Chance und fuhr auf.
„Warum musstet ihr bremsen?“ sagte Douglas enttäuscht, während er alle Mühe hatte, ihr Auto ebenfalls nach links zu zwingen.
Das Hinterteil kam ins Rutschen und der Wagen krachte seitlich in den Vordermann. Der Fahrer schaute entgeistert und verzweifelt zu den Beiden rüber, doch Douglas gab bereits wieder Vollgas.
Für eine Sekunde war das quiekende Geräusch von Metall auf Metall zu hören, als sich ihr Wagen an dem anderen entlang schob, dann gab es einen Ruck und sie schossen davon.
Beinahe glaubte Douglas, sie hätten das Monstrum verloren, doch hundert Meter vor sich sah er das Motorrad wieder und es gelang ihm, sehr dicht aufzufahren.
„Pass auf, pass auf!“ schrie Chris, als er sah, dass die Bestie in die nächste Straße rechts abbog.
„Ich seh´s, ich seh´s!“ rief Douglas und riss das Lenkrad herum.
„Gib Gas, sonst ist er weg!“ Chris war sehr erregt.
„Ich bin schon fast durch!“ erwiderte Douglas. „Nimm die Kanone!“
Chris nahm seine Beretta zur Hand und schob seinen Oberkörper aus dem Fenster. Er zielte kurz und drückte ab.
Die Kugeln peitschten auf die Bestie zu. Drei, vier erwischten sie im Rücken, eine zerfetzte das Schutzblech des Hinterrades.
Doch das Monstrum raste weiter.
„Auf die Reifen. Schieß auf die Reifen!“ brüllte Douglas, doch im selben Moment raste das Motorrad nach links in die nächste Straße.
Douglas riss das Lenkrad herum. „Festhalten!“ schrie er und wusste doch, dass er das Chris nicht zu sagen brauchte.
Die plötzliche Richtungsänderung riss ihn von den Füßen und trieb seinen Körper immer weiter aus dem Fenster.
Chris spürte deutlich, wie er gleich hinausfliegen würde.
Instinktiv krallte er sich mit den Händen an der Tür fest.
Immer stärker wurde der Druck der Fliehkraft. Er musste schreien.
Und dann sah er auch noch ein parkendes Auto auf sich zufliegen.
Gottverdammte, scheißschwere, träge Limousine, dachte Douglas.
Er zog so fest am Lenkrad, dass er das Gefühl hatte, gleich würde die Lenksäule brechen.
Und der Wagen zeigte letztlich doch Reaktion.
Nur noch wenige Meter und sein Körper würde von dem parkenden Fahrzeug aus dem Wagen gerissen und zerfetzt werden.
Chris schrie erbärmlich, hatte jedoch keine Möglichkeit zu reagieren.
Und als er dann glaubte, es wäre vorbei, bekam diese Scheißkarre von Auto doch noch die Kurve und er rauschte nur Millimeter an dem Fahrzeug vorbei.
Douglas zwang ihren Wagen weiter in einem Höllentempo über den Asphalt.
Als die Fliehkraft nachließ, konnte Chris sich wieder ins Wageninnere ziehen.
„Mann, bist du krank?“ brüllte er. „Du sollst ihn umbringen, nicht mich!“
„Ist aber auch ein Scheißmoment, um sich die Weltgeschichte anzuschauen!“ Douglas grinste breit, war aber froh, dass Chris nichts passiert war. „Du solltest zum Zirkus gehen, Mann!“
„Ach Scheiße!“ Chris war wütend, leerte sein Magazin aus der Waffe, schob ein neues hinein. „Auf ein Neues. Und versuch diesmal so zu tun, als könntest du Auto fahren!“ Damit lehnte er sich erneut aus dem Fenster.
Chris kam jedoch nicht dazu, abzudrücken.
Die Bestie tat erneut einen Schlenker, rauschte durch eine Seitenstraße.
Am Ende bog sie rechts ab.
Gott, nicht nach rechts! dachte Douglas und raste dem Motorrad hinterher.
Mitten hinein in die brodelnde Scheiße einer Einbahnstraße.
Und wie er befürchtet hatte, so kam es auch.
Anstatt das Monstrum vernünftig verfolgen zu können, musste er schrecklich aufpassen, bei dieser Horde von Gegenverkehr nicht das Nachsehen zu haben.
Ihm kam es vor, als wäre halb New York auf dieser Straße zu Gange.
Ihr Auto schaukelte bedrohlich, die Reifen quietschten erbärmlich.
Douglas und Chris schrien sich ein ums andere Mal entsetzt die Lunge aus dem Hals.
Die Bestie machte es sich da viel einfacher.
Nachdem sie erkannt hatte, dass diesem Verkehr nicht beizukommen war, raste sie auf den Bürgersteig.
Gnadenlos rauschte sie dahin, verletzte einige Passanten.
Und als Douglas schon glaubte, sie nicht mehr einzuholen, bog die Bestie erneut ab.
Im letzten Moment bekam er die Kurve und konnte aus der Einbahnstraße flüchten.
Douglas genoss sofort die herrliche Ruhe auf dieser großen, breiten Straße.
Und er wurde wütend.
Dieses gottverdammte Mistvieh schien Spaß daran zu haben, sie hinter sich her zu ziehen.
Er würde es noch bereuen.
Es wurde Zeit, dem Ganzen ein Ende zu setzen.
Chris beugte sich erneut aus dem Fenster, gab eine zweite volle Ladung ab.
Die Wirkung jedoch verpuffte.
Chris ärgerte sich furchtbar darüber, sah aber, dass Douglas gut aufholte und gleich neben der Bestie war.
Er ließ sich wieder auf seinen Sitz fallen und lud seine Waffe erneut.
„Mach es ganz sanft!“ sagte er zu Douglas, als sich ihr Wagen neben das Motorrad setzte.
Dann zielte er. Er sah das Gesicht der Bestie, die bösartigen Augen, die tiefrot in ihren Höhlen lagen. Für einen Moment zögerte er, weil er plötzlich glaubte, das Gesicht zu erkennen. Zumindest sah die Bestie jemandem ähnlich, den er kannte.
Als das Monstrum dann aber zu ihm schaute und sein Maul aufriss, um einen gewaltigen Schrei auszustoßen, entlud er sein gesamtes Magazin in diesen tiefen, dunklen Schlund.
„Gib`s ihr!“ brüllte Douglas und freute sich diebisch. „Mach sie kalt!“
Das Ende war nahe, das fühlte er.
Und im selben Moment tauchte dieser Bus direkt vor ihm auf.
Fünfzehn Kugeln pustete er in sie hinein. Blut spritzte und Speichel. Jeder Schuss zerfetzte den Hinterkopf noch weiter, riss ein tiefes Loch beim Ausstoß der Kugeln.
Und doch reichte es nicht aus, um die Bestie zum Schwanken zu bringen.
Es war zum Verzweifeln.
Sekundenbruchteile später riss das Monstrum das Motorrad nach rechts, entfernte sich schlagartig.
Chris wollte schon schreien, da ruckte auch ihr Auto und er wurde knallhart gegen die Tür gedrückt.
Im letzten Moment konnte Douglas ausweichen. Riss das Steuer nach links und verhinderte so den Frontalzusammenstoß mit dem Busheck.
Doch er konnte nicht verhindern, seitlich gegen das Auto zu krachen, das neben ihnen in ihre Richtung fuhr.
Und während Metall auf Metall jaulte, rasten sie an dem Bus vorbei.
Douglas schaute kurz zu diesem Auto neben ihnen hinüber und erkannte, dass es ein Ferrari war. Knallrot!
Für eine Sekunde dachte er an den Ärger, den es geben würde, wenn der Fahrer der Stadt die Reparaturrechnung präsentierte.
Ausgerechnet ein Ferrari, warum nicht ein Ford?
Doch dann sah er zum Fahrer, einem großen, stämmigen Kerl Mitte Fünfzig.
Er ging davon aus, einen völlig aufgelösten, verzweifelt fluchenden Menschen zu sehen.
Aber der Fahrer war ganz ruhig. Auch er schaute herüber.
Sein Gesicht war angespannt und sehr ernst.
Erst jetzt bemerkte Douglas, dass der Ferrari genauso schnell war, wie sie selbst.
Und da war er sicher, dass der Fahrer nicht nur rein zufällig neben ihnen war.
Chris musste laut aufschreien, als er einen zweiten Bus vor ihnen erkannte und Douglas nichts Besseres zu tun hatte, als aus dem Fenster zu schauen.
„Vorsicht!“ brüllte er und sein Gesicht war von Panik gezeichnet.
Douglas riss dieser Schrei aus seinen Gedanken und er reagierte instinktiv richtig, indem er das Steuer nach rechts riss.
Im gleichen Moment zog der Ferrari links davon.
Mann, was würde er froh sein, wenn diese Sache endlich vorbei war, dachte Chris.
So viele Herzattacken, wie in den letzten fünfzehn Minuten hatte er in seinem ganzen Leben noch nicht gehabt.
Gott sei Dank hatte sein Partner noch rechtzeitig reagieren können und sie wurden nicht zu Mus verarbeitet.
Allerdings konnte Douglas nicht verhindern, dass ihr Heck den Bus doch streifte.
Aber das schien seinen Partner nicht zu stören, wortlos gab er wieder Vollgas.
Chris konnte das Motorrad vor einem roten Ferrari etwa hundert Meter voraus erkennen.
Douglas holte schnell auf, setzte sich neben den Ferrari und versuchte an ihm vorbei zu ziehen.
Chris erkannte beiläufig, dass sie gerade die Rampe zum Highway erreicht hatten.
Und dann hörte er Douglas einfach nur „Ach du Scheiße!“ sagen und dabei wieder aus dem Seitenfenster schauen.
Mann, wir sind hier in einer Hochgeschwindigkeits-Verfolgungsjagd und nicht bei einem Ausflug ins Grüne, wollte Chris schon schnauzen, da beugte er sich vor, um ebenfalls zur Seite schauen zu können.
Im selben Moment war ihm ganz anders zu Mute.
Dieser gottverdammte Ferrari!
Raste neben ihnen her, als schien er vor etwas zu flüchten.
Und da war kein Glas mehr: Die gesamte Frontscheibe fehlte!
Das erkannte Douglas erst jetzt.
Aber das allein brachte ihn nicht aus der Fassung.
Erst als dieser verfluchte Fahrer bei einer Geschwindigkeit von 140 Meilen einen riesigen Raketenwerfer auf das Armaturenbrett hievte und die Bestie anvisierte, entfuhr ihm dieses „Ach du Scheiße!“
Denn da erkannte er, dass der Fahrer nicht vor etwas flüchtete, sondern etwas jagte.
Und als er den Auslöser der Waffe tätigte und sich das Geschoß mit einem grellen Blitz löste, wusste Douglas, dass ihr Mitstreiter im Kampf gegen das Böse zu allem bereit war.
Eine Sekunde Flugzeit. Torpedogleich. Kondensstreifen hinter sich her ziehend.
So jagte das Geschoß über den Asphalt.
Und erwischte die Bestie haargenau.
Bei einer Geschwindigkeit von 140 Meilen die Stunde traf die Rakete das Hinterrad und detonierte.
Douglas trat instinktiv auf die Bremse.
Als die gewaltige Energie des Sprengkopfes freigegeben wurde, jagte die Maschine gen Himmel.
Meterhoch wurde das Motorrad samt Fahrer in die Höhe katapultiert, begleitet von einer grellen Stichflamme.
Eine beachtliche Druckwelle rauschte über ihren Wagen hinweg.
Das Motorrad überschlug sich in der Luft mehrfach, ebenso die Bestie.
Durch die enorme Geschwindigkeit, die das Motorrad bei der Explosion gehabt hatte, wurde es etwa zweihundert Meter weiter nach vorn getragen, bevor es als gleißender Feuerball neben der Auffahrrampe zu Boden schlug und die Böschung zur daruntergelegenen Straße hinunter rauschte.
Einige Sekunden später und einige Meter weiter klatschte die Bestie ebenfalls auf die Böschung und rutschte hinunter.
Chris und Douglas waren zu diesem Zeitpunkt schon aus dem Auto.
Der gesamte Verkehr auf der Rampe und auf der darunterliegenden Straße kam zum Erliegen.
Douglas und Chris standen an der Leitplanke und verfolgten den Aufschlag der Bestie.
Chris hörte weiter vorn Reifenquietschen und irgendetwas zwang ihn, dorthin zu schauen.
Der Ferrari kam mit qualmenden Reifen zum Stehen.
Sofort hechtete der Fahrer hinaus, griff aber nochmals ins Wageninnere.
Er holte eine Uzi heraus - und ein Schwert!
Letzteres schnallte er sich auf den Rücken.
Dann raste er zur Leitplanke und spähte ebenfalls nach unten.
Bevor Chris sich noch fragen konnte, was zum Teufel dieser Kerl vorhatte, sprang er auch schon von der Rampe und purzelte die Böschung hinunter.
Unten fing er sich geschickt ab, erhob sich sofort und rannte auf die Bestie zu.
Chris starrte unbeweglich auf ihn.
„Was zum Teufel hat der vor?“ fragte er Douglas.
Bevor sein Partner ihm antworten konnte, mussten sie beide mit ansehen, wie sich die Bestie mit einem furchtbaren Schrei wieder erhob und zur Straße lief.
Jetzt wussten beide, was der Fahrer des Ferraris vorhatte.
Und Chris sprang ohne zu zögern über die Leitplanke in die Tiefe.
Die Bestie rannte auf das erstbeste Auto zu.
Es war ein alter Ford-Pritschenwagen.
Sie riss die Fahrertür auf und griff nach dem Fahrer.
„Was zum...?“ mehr brachte der nicht heraus, dann wurde er von seinem Sitz gepflückt und einige Meter durch die Luft geschleudert. Er krachte knallhart gegen ein anderes Auto und verlor sofort die Besinnung.
Die Bestie stieg in das Führerhaus, knallte die Tür zu und gab Vollgas.
Ihren Weg durch die Reihe stehender Autos bahnte sie sich erbarmungslos, krachte schonungslos gegen alles, was ihr im Weg stand.
Der Fahrer des Ferraris war einige Meter vor der Bestie die Böschung hinunter gesprungen. Als er auf sie zulief, sah er, wie sie sich den Ford schnappte und davonjagte. Während sie an ihm vorbeirauschte, donnerte er eine gewaltige MG-Salve in ihre Richtung.
Scheiben klirrten. Funken flogen. Blut spritzte.
Doch auch diesmal konnten die Kugeln das Monstrum nicht stoppen.
Der Fahrer des Ferraris schien das erwartet zu haben. Er hetzte zur Straße auf einen Bus zu.
Der Fahrer hatte die Ausstiegstür geöffnet, damit er und seine Insassen die Explosion des Motorrades besser verfolgen konnten.
Der Ferrari-Fahrer stürmte in den Innenraum und richtete die Waffe auf den Busfahrer. „Raus!“, sagte er kurz, dann drehte er sich zu den etwa fünfzehn Insassen. „Sie auch!“
„Aber, sie können nicht einfach...!“ Weiter kam der Busfahrer nicht. Er hatte sich erhoben. Da rauschte die Uzi in seinen Magen, der rechte Arm des Ferrari-Fahrers auf seinen Rücken und er wurde brutal aus dem Bus katapultiert.
Die Insassen schrien auf.
„Noch jemand?“, fragte der Fahrer des Ferraris.
Doch er bekam keinen weiteren Widerstand. Die kleine Menschenmenge stürmte schreiend aus der hinteren Tür.
Der Ferrari-Fahrer setzte sich ans Steuer und gab Gas.
Noch weniger, als die Bestie, nahm er Rücksicht auf die stehenden Autos vor ihm. Wie ein Rammbock schob er sie beiseite.
Chris erreichte die Straße, als die Bestie die Reihe parkender Autos verlassen und freie Fahrt hatte.
Sofort zückte er seine Waffe und feuerte.
Weiter hinten hörte er grässliche Rammgeräusche und sah einen Bus durch die Autoschlange schießen.
Er erkannte sofort den Ferrari-Fahrer.
Schnell schob er sich durch die erste Reihe von Autos, wartete, bis der Bus an ihm vorbeischoss, raste dann los und konnte gerade noch mit einem gewaltigen Satz die hintere Ausstiegstür erreichen.
Seine linke Hand fasste einen Haltegriff, aber er hatte keine Zeit mehr die Füße auf das Trittbrett zu wuchten.
Anstatt mit einem gekonnten Sprung im Inneren des Busses die Verfolgung der Bestie mit dem Fremden zusammen aufzunehmen, musste er jetzt verzweifelt versuchen, nicht unter die Räder dieses tonnenschweren Vehikels zu geraten.
Unter Aufbietung seiner letzten Kräfte gelang es ihm, sich in die Höhe zu ziehen und seinen rechten Fuß auf das Trittbrett zu bekommen.
Gerade in dem Moment, in dem er sein Gewicht verlagern wollte, überholte der Fremde ein Auto vor ihnen und Chris verlor erneut den Halt.
Seine Beine wurden erbarmungslos über den Asphalt gezerrt, die Fliehkraft riss an seinen Armen und Händen.
Er spürte, wie der Schweiß an seinem Körper, seine Hände zum Rutschen brachte. Er musste schreien, um die Schmerzen besser ertragen zu können.
Dann versuchte er es ein zweites Mal und diesmal hatte er mehr Glück.
Stöhnend und mit schmerzverzerrtem Gesicht wuchtete er sich auf die Ausstiegstreppe.
Er atmete ein paarmal tief durch, dann erhob er sich und machte sich auf den Weg zum Fahrer.
Er hatte kaum fünf Schritte getan, als ein furchtbarer Ruck durch das Fahrzeug ging und er von einer Sekunde auf die andere von den Füßen gerissen wurde und zum hinteren Teil des Busses geschleudert wurde.
Als der Fahrer des Ferraris den Ford der Bestie erreicht hatte, wählte er die einfachste aller Möglichkeiten und rammte den Wagen von hinten.
Die Bestie hatte sich das falsche Auto ausgesucht. Der Ford war alt und klapprig. So würde sie ihm nicht entkommen.
Dass er noch einen Gast bekommen hatte, hatte er bei einem beiläufigen Blick in den Rückspiegel gesehen.
Er wusste auch, dass es der jüngere der beiden Polizisten war.
Er schien verdammt gut zu sein - und hartnäckig, wie er selbst.
Leider glaubte dieser Kerl wahrscheinlich, er würde einen einfachen psychopatischen Massenmörder jagen und hatte ganz sicher nicht die geringste Ahnung, worum es wirklich ging.
Aber Hilfe konnte nicht schaden.
Nur würde der Kerl auf sich selber aufpassen müssen.
Kindermädchen spielte er nicht.
Und so, wie er gerade beim Aufprall auf den Ford durch den Bus flog, hatte er kaum Chancen zu überleben.
Chris schlug der Länge nach auf die hintere Sitzbank, hatte Glück, dass sein Sturz dadurch abgefedert wurde.
Dennoch ging der Schlag mächtig in die Knochen.
Er musste laut aufschreien und fürchterlich stöhnen.
Verdammt, er kam sich vor wie ein Punshing-Ball.
Das musste aufhören.
Er musste wieder einigermaßen Kontrolle über das Geschehen bekommen.
Mühsam erhob er sich und machte sich auf den Weg zum Fahrer.
Und diesmal hielt er sich besser fest.
Der Bus verlor durch den Aufprall auf den Ford an Fahrt und es dauerte ein paar Sekunden, bis er die Bestie wieder erreicht hatte.
Der Ferrarifahrer wollte sie erneut rammen, aber das Monstrum reagierte diesmal besser.
Im letzten Moment wich die Bestie nach rechts auf den Standstreifen aus und raste weiter.
Der Ferrarifahrer trat voll auf die Bremse, verhinderte so, dass er auf ein anderes Auto auffuhr, riss das Steuer herum und gab wieder Gas.
Der Bus schaukelte dabei bedrohlich. Die Reifen quietschten, qualmten zeitweise.
Das Ausweichmanöver verlief nicht perfekt. Der Bus schrammte der Länge nach ein Auto, bevor der Ferrarifahrer ihn wieder unter Kontrolle hatte und auf der Standspur die Verfolgung der Bestie fortsetzen konnte.
Er würde sie jetzt endgültig von der Straße drängen.
Eine weitere Verfolgung war sinnlos. Er musste die Entscheidung jetzt suchen.
Ihm war hierbei jeder Ort recht, auch diese Autobahn.
Hauptsache es würde enden.
Dann musste er mächtig aufpassen, dass der Bus nicht aus der Bahn geworfen wurde, als vor ihnen eine langgezogene Kurve auftauchte.
Als er hörte, dass auf dem Highway ein Unfall passiert war, machte Peter Simmons sich mit seinem Abschleppwagen auf den Weg.
Dann sagte man ihm über Funk, dass ein Personenwagen auf einen Tankwagen aufgefahren sei und er fragte sich ernsthaft, warum er überhaupt weiterfuhr?
Da war ja wohl eine Kehrmaschine besser geeignet.
Trotzdem fuhr er weiter und musste dann vor Ort erkennen, dass es nur ein leichter Unfall war.
Der Tankwagen war so gut wie gar nicht beschädigt. Der Fahrer war aber sehr sorgfältig bei der Überprüfung des Tanks.
Der Personenwagen war vorn mächtig eingedrückt und Peters Dienste wurden tatsächlich gebraucht.
Er fuhr also zwischen Tankwagen und Personenwagen, ließ seine Auffahrrampe zu Boden gleiten, befestigte den Wagen und betätigte die Hydraulik, die ihn auf die Rampe ziehen sollte.
Das alles tat er recht schnell. Er wollte sich beeilen, denn die Unfallstelle lag am Ende einer unübersichtlichen Kurve.
Man konnte nie wissen.
Simmons hatte gerade die Hydraulik betätigt, als er in einiger Entfernung Hupen und Geschepper hörte.
Der nächste! dachte er im ersten Moment.
Dann sah er diesen alten, klapprigen Ford mit gut hundert Sachen auf der Standspur auf sie zuschießen.
Und da wusste er, dass sie die nächsten sein würden.
Der Ferrarifahrer sah die Bremslichter des Fords aufflammen, dann erst sah er den Abschleppwagen.
Als er dann auch die Bremse trat, wusste er, dass es zu spät war.
Er wollte, dass es hier endete.
Aber er wollte nicht, dass es so endete.
Jetzt blieb ihm weder Zeit zum agieren, noch zum reagieren.
Die Bestie hätte es vielleicht noch geschafft, vor dem Abschleppwagen zum Stehen zu kommen.
Der längere Bremsweg des Busses aber ließ ihr keine Chance.
Wie eine Billardkugel wurde der Ford von hinten gerammt und schoss immer weiter.
Der Aufprall mit dem kaputten Personenwagen auf der Rampe des Abschleppwagens erfolgte unglaublich wuchtig.
Die komplette Vorderfront des Fords wurde wie eine Ziehharmonika zerdrückt, die Bestie im Führerhaus gegen das Armaturenbrett gequetscht.
Der Ford gab seine Energie an den Personenwagen weiter, sodass dieser wie ein Pfeil über die schräg stehende Rampe des Abschleppwagens geschleudert wurde und gegen das hintere Teil des Tankwagens rauschte, wo der Inhalt augenblicklich explodierte und den Personenwagen in die Höhe peitschte.
Eine gewaltige Stichflamme stieg gen Himmel. Die Explosion zerstörte systematisch den Tankwagen, brachte die kompletten 30.000 Liter Benzin zur Detonation. Ein Stakkato aus unglaublich wuchtigen Explosionen zerriss die Luft und brachte sie zum Flimmern.
Der Ferrarifahrer konnte den Aufprall auf den Ford nicht verhindern.
Sein Fuß drückte die Bremse ganz durch.
Und doch kam dieser Scheißbus nicht zum Stehen.
Es würde gleich noch viel fürchterlicher krachen.
Der Ford hatte sich nach dem Zusammenprall mit dem Personenwagen halb auf die Rampe geschoben und kam für den Bruchteil einer Sekunde zum Stillstand.
Dann aber rauschte der Bus ein zweites Mal in ihn hinein und auch er wurde wie eine Kanonenkugel abgeschossen.
Mitten hinein in das brodelnde Flammenmeer des Tankwagens.
Als er dort aufschlug explodierte fast augenblicklich sein Tank und der Ford wurde in die Höhe geschleudert. Eine gewaltige Flammenkugel, die den Ford seitlich neben den Tankwagen auf den zerstörten Personenwagen schleuderte, stieg gen Himmel.
„Steh!“, schrie der Ferrarifahrer und stemmte sich mit all seiner Kraft auf die Bremse.
Doch der Bus schob sich immer weiter die Rampe hinauf.
Es würde nicht reichen, das wusste er und machte sein Testament.
Da stoppte ihre Fahrt abrupt.
Wenige Meter vor dem Tankwagen stoppte der Bus und das Vorderteil senkte sich ein wenig.
Dem Fremden fiel ein tonnenschwerer Stein vom Herzen und er prustete erleichtert aus.
Doch dann ging ein Ruck durch den Bus, als das Fahrerhaus des Abschleppwagens unter dem Gewicht des Busses zerquetscht wurde.
Unaufhaltsam neigte sich der Bus zur Seite und rutschte schließlich von der Rampe, krachte unter einem gewaltigen Donner seitlich zu Boden.
Chris wollte wieder die Kontrolle über die Situation gewinnen und es geschah doch genau das Gegenteil.
Den ersten Aufprall auf den Ford konnte er noch abfangen, obwohl er das Gefühl hatte, ihm würde dabei das Schultergelenk wie ein Streichholz gebrochen.
Beim zweiten Aufprall polterte er wieder durch den Mittelgang des Busses, wo er mit dem Kopf zuerst aufschlug.
Bevor er dann die Besinnung verlor, sah er noch, wie der Bus zu Boden krachte und er auf die Fensterscheiben zu fegte.
Den unglaublich wuchtigen Aufprall bekam er jedoch nicht mehr mit.
In seinem Kopf war nichts mehr, außer einer gewaltigen Explosion.
Wie er es geschafft hatte, sich festzuhalten, wusste der Ferrarifahrer nicht, aber er konnte den Aufprall abfangen.
Sofort öffnete er die Fahrertür, kletterte mühsam heraus und sprang auf die Straße.
Der gesamte Verkehr hatte gestoppt.
Er wollte zu der Unglücksstelle laufen, doch die Hitze war zu groß.
Näher als zehn Meter kam er nicht heran.
In dem Flammenhaufen war keine Bewegung.
Sollte die Bestie etwa...?
Nein, er wusste, sie war es nicht.
Mit zusammengekniffenen Augen suchte er die Umgebung ab.
Da!
Eine brennende Gestalt hetzte die Böschung hinauf und sprang auf der anderen Seite hinunter. Sie schrie nicht.
Das war er.
Er musste sich beeilen.
Flammen, Donner, Hitze.
Das war das erste, was er sah und fühlte.
Douglas war ihnen in ihrem Auto gefolgt und war doch nicht schnell genug gewesen, um Chris zu helfen.
Und als er den Bus vor diesem Flammenmeer liegen sah, wusste er, dass er schnell handeln musste.
Er sah die offene Fahrertür, kletterte hinein, suchte.
Zunächst glaubte er, Chris wäre nicht hier.
Aber dann sah er ihn.
Das Gesicht über und über mit Blut bedeckt. Reglos.
Er nahm ihn auf die Schulter, ging zurück zur Fahrertür.
Dort wartete bereits der Mann vom Abschleppdienst und half ihm, Chris aus dem Bus zu bergen.
Simmons brachte ihn an den Straßenrand, außerhalb der gewaltigen Hitze.
„Danke!“, sagte Douglas, als auch er sich aus dem Bus gehievt hatte.
„Das war keine Sekunde zu früh!“, entgegnete Simmons und schaute zum Bus. „Was glauben sie eigentlich, was sie hier getan haben?“
Sekundenbruchteile später explodierte der Bus mit einer gewaltigen Explosion.
Dadurch schien Chris zu erwachen.
Er öffnete die Augen, versuchte zu atmen, musste husten.
Douglas schaute sofort zu ihm. „Regen sie sich ab, Mann. Wir haben ihn gejagt!“ Er schaute Simmons ausdruckslos an.
Dieser war sehr geschockt.
Chris wollte sich erheben, doch Douglas hielt ihn zurück.
„Bleiben sie liegen!“ sagte Simmons. „Ihr Kollege ist schon hinter ihm her!“
„Was?“ Chris drückte Douglas beiseite.
„Ihr Kollege ist die Böschung rauf. Weiß der Himmel, wie dieses Vieh da noch lebend rausgekommen ist. Es ist unfassbar!“
Chris schaute Douglas ernst an. „Wir müssen hinterher!“
„Du bist verletzt. Du kannst nicht!“
Chris schob sich auf die Füße. „Ich bin Okay!“ Man sah ihm die Schmerzen an. „Ich bin Okay!“ Er griff nach seiner Waffe und humpelte los.
„Er sollte das nicht tun!“, sagte Simmons.
„Wem sagen sie das?“, entgegnete Douglas und rannte hinter seinem Partner her.
Als sie die Böschung erklommen hatten, hörten sie eine Maschinengewehrsalve, kurz darauf einen langgezogenen, bösartigen Schrei.
Doch sie konnten die Richtung nicht genau bestimmen.
Auf der anderen Seite der Böschung wuchs mannshohes Gras und es waren einige Bäume zu erkennen, doch ansonsten war es dort unten stockfinster.
Deshalb beschlossen sie, sich zu trennen.
Douglas versicherte sich jedoch erst, dass Chris tatsächlich noch einsatzfähig war.
„Es wird schon gehen!“ sagte Chris und winkte ab.
Douglas nickte wortlos und eilte den Hügel hinunter auf die linke Seite.
Dass es nicht gehen würde, dachte Chris, brauchte Douglas nicht zu wissen.
Nichts war jetzt wichtiger, als die Bestie zu stellen.
Nicht mal eine gebrochene Schulter und einige gebrochene Rippen.
Und der Tatsache, dass er sich absolut mies fühlte.
Mühsam erreichte Chris die Gräser und trat hinein.
Linker Hand hörte er eine weitere Salve.
Er beschleunigte seinen Schritt, versuchte zu laufen, doch sein Herz fing furchtbar an zu pochen und er bremste sich wieder.
Er hörte ein dröhnendes Brüllen, konnte in etwa zehn Metern Entfernung die Bestie erkennen. Schnell duckte er sich.
Dann war die Szene kurz hell erleuchtet, als der Ferrarifahrer aus kurzer Distanz eine gewaltige Salve auf das Monstrum abfeuerte.
Doch mehr als einen weiteren bösartigen Schrei erntete er damit nicht.
Chris zwang sich auf die Füße und wollte losrennen.
Der Ferrarifahrer hatte die Bestie gestellt. Er würde Hilfe brauchen.
Er hatte kaum zwei Schritte getan, als er ein langgezogenes „Stirb endlich!“ und den Fremden danach furchtbar schreien hörte.
Chris vergaß all seine Schmerzen und gab richtig Gas.
Aber sein Herz schien nicht so zu wollen.
Ein unerklärlicher, stechender Schmerz jagte durch seinen Körper.
Chris musste aufschreien, fasste sich an die Brust, hatte furchtbare Schmerzen.
Aber er zwang sich weiter.
„Nein! Aaarrrggghhh!“ Der Fremde schrie widerlich und Chris wusste, dass die Bestie ein neues Opfer gefunden hatte.
Er selbst konnte kaum noch laufen. Seine Kehle war wie zugeschnürt. Er wusste nicht, woher er die Luft zum Atmen nehmen sollte. Der ganze Brustkorb kochte.
Dann wurde es still vor ihm.
Chris fiel auf die Knie, robbte auf allen vieren weiter, schob die letzten Gräser beiseite.
Und traute seinen Augen nicht.
Der Ferrarifahrer stand, nicht die Bestie!
Oder?
Vor seinen Augen flimmerte alles, aber er glaubte, den Ferrarifahrer mit einem Schwert in der Hand vor einem liegenden Körper zu sehen.
Er krabbelte näher, bis dicht vor die Leiche, erwartete die Bestie mit einer Hieb- oder Stichwunde zu finden.
Stattdessen lag da ein Haufen blutiges Fleisch ohne Form - und ohne Wirbelsäule!
Chris musste augenblicklich kotzen, war kaum noch bei Besinnung.
„Aber...?“ stieß er hervor und schaute zu der Gestalt vor ihm. Also spielten ihm seine Augen doch einen Streich. Die Bestie lebte noch immer.
Und er würde gleich sterben.
Douglas suchte wie ein Verrückter, doch er konnte nichts finden.
Erst die letzte MG-Salve erkannte er. Vielleicht dreißig Meter von ihm entfernt.
Sofort rannte er los.
Die Bestie in Gestalt des Ferrarifahrers grinste breit und die lange, dicke, klebrige Zunge zischte hervor.
Dann tat sie einen Schritt auf Chris zu.
Im selben Moment wurde das Gesicht des Ferrarifahrers verzweifelt, verformte sich auf merkwürdige, schlagartige Weise.
„Nein, du wirst mich nicht kriegen!“ schrie er und seine rechte Hand zuckte an den Gürtel, nahm eine Handfeuerwaffe.
Dann zuckte sein Körper erneut. Die linke Hand schoss hervor, stemmte sich gegen die Rechte. Die Bestie in ihm brüllte drohend.
Doch die rechte Hand war stärker, schob die Waffe vor den eigenen Kopf. Der Gesichtsausdruck zeigte nackte Angst.
„Du wirst mich nicht kriegen!“, schrie der Ferrarifahrer erneut und hielt sich die Waffe auf die Nase.
Bevor er abdrücken konnte, ging ein letzter Ruck durch ihren Körper, der die Waffe um einige Zentimeter nach schräg oben verriss.
Dann ertönte der Schuss.
Chris war schon lange nicht mehr sicher, ob er noch bei Verstand war, oder nicht.
Die Schmerzen in seiner Brust wurden immer schlimmer. Er hielt nicht mehr lange aus.
Und als der Schuss ertönte, Blut auf sein Gesicht spritzte und die Bestie vor ihm zu Boden schlug und reglos liegenblieb, verlor auch er mit einem letzten schmerzvollen Aufschrei das Bewusstsein.
Bevor er jedoch in die Finsternis eintauchte, fragte er sich ein letztes Mal, ob ihn seine Augen wirklich getäuscht hatten?
War es die Bestie oder der Ferrarifahrer, der sich da die Kugel durch den Kopf gejagt hatte?
Er wusste es nicht. Wirklich nicht.
Dann war es vorbei!