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2. Buch - 2. Kapitel

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I

„Sein Magen. Pumpt ihm den Magen aus!“

Chris hörte diese Stimme. Irgendwo im unendlichen Nichts.

Sie kam ihm bekannt vor und doch konnte er sie nicht zuordnen.

War es etwa seine eigene Stimme? Schrie er diese Worte? Wenn ja, womit nur?

An ihm vorbei rauschten Lichter, Gesichter, Gestalten.

In einem rasenden Tempo.

Er konnte also sehen, war also wach.

Doch das konnte nicht sein.

Denn er hatte keinen Körper mehr. Da war nichts, was er fühlte. Überhaupt nichts.

Und dann schlossen sich seine Augenlider wieder und zurück blieb eine unendliche Leere um ihn herum.

So friedlich, dass er sich wünschte, nie wieder zu erwachen.

In einem Höllentempo war der Notarztwagen durch die Straßen gejagt.

Wenige Minuten später lag Chris auf einer Bahre und wurde in die Notaufnahme gefahren.

Dort wartete bereits ein ganzes Team von Ärzten auf ihn.

Eine kurze Untersuchung zeigte, dass er kaum äußerliche Verletzungen hatte.

Der Tod lauerte bei ihm im Inneren.

Er hatte sich bei dem Busunfall Leber, Bauchhöhle und Darm verletzt, drohte innerlich zu verbluten.

Und er hatte vier gebrochene Rippen, von denen eine gerade versuchte, sein gottverdammtes Herz zu durchbohren.

Wenn man sich nicht beeilte, würde der Mann elendig sterben.

Doch das durfte er nicht. Nicht dieser Mann. Nicht jetzt.

Denn er hatte die Bestie gestoppt.

Unter Einsatz seines eigenen Lebens hatte er sich dem Grauen gestellt und es bezwungen.

Er durfte nicht sterben, nicht das letzte Opfer des Bösen werden.

Wenn es jemand verdient hatte zu leben, dann er.

Zuviel hatten sie ihm alle zu verdanken.

Und als er ohne Verzögerung in den OP gefahren wurde, war klar, dass die besten Spezialisten in diesem Krankenhaus ihr Bestes geben würden, damit er ihren Dank auch hören konnte.

Dr. Webber blieb vor dem OP stehen, denn Chris war nicht sein Patient. Auch wenn er es sich gewünscht hätte.

Sein Patient wurde Sekunden später in die Notaufnahme gefahren.

Mit der übelsten Kopfverletzung, die er je gesehen hatte.

Und er musste jetzt den fast aussichtslosen Kampf gegen die Uhr gewinnen. Er musste es einfach.

Denn niemand würde den Tod seines Patienten akzeptieren.

War das denn nicht irrsinnig?

Dort auf der Bahre lag der gefährlichste Mörder, den es gab, mit einer Kopfverletzung, bei der ihm jeder Arzt nur eine Überlebenschance von 1 % gegeben hätte, und doch musste er alles tun, damit diese Bestie weiterleben konnte.

Er hatte schon so viele Gehirnoperationen durchgeführt. Einige ohne Erfolg.

Er konnte Menschen nicht helfen, die es verdient hatten zu leben.

Junge Menschen, Kinder, Mütter, Väter. Und er hatte jedesmal innerlich um sie geweint.

Weil er ihnen nicht helfen konnte, so sehr er es auch versucht hatte, und sie es doch verdient gehabt hätten, weiterzuleben.

Weil sie geliebt und gebraucht wurden.

Diese Bestie dort auf der Bahre wurde nicht geliebt und auch nicht gebraucht.

Warum sie also nicht einfach sterben lassen? Dem Grauen jetzt ein Ende bereiten - endgültig, unwiderruflich?

Weil man ihm dann Absicht unterstellen würde!

Die Bestie musste vor Gericht gestellt werden, das hatte man ihm unmissverständlich vor wenigen Minuten in seinem Büro zu verstehen gegeben.

Also musste er alles tun, was in seiner Macht stand - und noch viel mehr.

Bevor er dann mit seiner Untersuchung begann, hatte er noch zwei Gedanken:

Zum einen würde er das Leben dieser Bestie retten, damit sie vor Gericht gestellt und verurteilt werden konnte. Um in der Todeszelle ihrer Hinrichtung entgegenzusehen.

Mit diesem Gedanken konnte er seine Arbeit in den nächsten Stunden akzeptieren.

Er rettete das Leben dieses Monstrums, damit es ihm andere im Namen der Gerechtigkeit wieder nehmen konnten.

Zum anderen würde er tun, was dieser mutige Polizist gesagt hatte.

Sicher, der Mann stand unter Schock, war schwerverletzt.

Und doch hatte der Arzt das Gefühl, als wäre sich dieser Mann bei seinen Worten ihrer Bedeutung sehr wohl bewusst.

Also würde er tun, worum Chris gebeten hatte.

II

Die Ruhe, die ihn umgab war so friedlich, dass er das Gefühl hatte, sanft und weich gebettet dahin zu schweben.

Es war so herrlich.

Chris hörte sein Herz schlagen, ruhig und rhythmisch.

Er spürte, wie das Blut durch seinen Körper floss.

Es war einfach wundervoll.

Und er genoss dieses Gefühl eine, wie ihm schien, unendlich lange Zeit.

Dann aber spürte er ein beißendes Gefühl in der Magengegend und fast gleichzeitig erhellte sich das Dunkel in seinem Gehirn.

Die Zeit der Ruhe und Zufriedenheit war vorbei.

Jetzt war es Zeit aufzuwachen, um seinen Magen zu besänftigen.

Die Bilder vor seinen Augen waren zunächst verschwommen.

Es dauerte eine ganze Weile, bis Chris erkennen konnte, wo er war.

Die Tatsache, dass er sich offensichtlich in einem Krankenhaus befand überraschte ihn nicht, denn er wusste noch in etwa, was mit ihm geschehen war.

Vorsichtig drehte er seinen Kopf, um sich umzuschauen.

Er war immer noch verkabelt und ein Gerät irgendwo hinter ihm piepte rhythmisch.

Naja, immer noch besser, als tot.

Chris atmete tief durch und drehte seinen Kopf zur anderen Seite.

Und da sah er Douglas sitzen. Neben seinem Bett am Fußende auf einem Stuhl. Sein Partner Douglas. Chris lächelte.

Doch dann erkannte er, dass sein Partner schlief. Tief und fest.

Und da beschloss Chris ihn zu wecken.

Vorsichtig schob er sein linkes Bein aus dem Bett.

Er hatte keine Probleme damit, hatte keine Schmerzen.

Sein Fuß erreichte Douglas linkes Bein. Er tippte ihn an.

Doch sein Partner zeigte keine Reaktion. Das heißt, doch: Er atmete hörbar ein, begann dann ausgiebig zu schmatzen und murmelte unverständliches Zeug.

Wieder musste Chris lächeln. Sein Partner schlief wie ein Baby.

Aber das wollte er nicht. Douglas sollte aufwachen. Er wollte reden.

Also hob er sein linkes Bein ein wenig an und trat zu.

Sekundenbruchteile später war sein Partner hellwach und ziemlich geschockt.

„Was…? stieß Douglas hervor. Dann sah er seinen Partner und seine Miene erhellte sich. „Chris! Du bist wach. Dem Himmel sei Dank. Das ist gut!“

„Ja!“ sagte sein Partner nur. „Was haben sie gemacht?“ Er deutete auf seinen Körper.

„Och!“ Douglas grinste. „Nur deine Innereien wieder geordnet, drei Rippen geflickt und eine aus deiner rechten Herzkammer geholt!“

Chris atmete hörbar aus. „Du Scheiße, ich bin doch aber nur zusammengesackt!?“

Douglas schüttelte den Kopf. „Die Verletzungen hast du dir zugezogen, als du versucht hast, mit dem Bus auf dem Abschleppwagen zu parken!“

Chris schaute einen Moment ausdruckslos. „Der Bus! Mein Gott. Ich bin darin herum gepoltert, wie ein Gummiball. Ich habe gar nicht gewusst, wie schnell diese Dinger sein können. Dieser verdammte Kerl von einem Ferrarifahrer. Hat nicht aufgegeben!“ Chris schaute seinen Partner an und sah, dass dieser traurig nickte. „Was ist mit ihm?“

„Er ist Tod!“

„Aber...?“

„Er wurde das letzte Opfer der Bestie!“

„Gott, Douglas, er war derjenige, der es ermöglicht hatte. Ohne ihn wäre uns das Biest wieder entwischt. Er hat von uns allen am schnellsten reagiert. Er...!“

„Was?“

„Ich habe in seine Augen gesehen, Doug. Ich habe noch nie einen Menschen gesehen, der so entschlossen und konsequent eine Sache verfolgt hat. Da war keine Angst zu sehen, nur der Wille, es zu beenden!“

„Er muss gewusst haben, was er tat. Und er kannte das Risiko!“

Chris nickte. „Trotzdem. Ohne ihn....? Verdammt!“

„Er wusste, er konnte dabei draufgehen!“

„Schon, aber musste er so sterben? Er hat uns alle gerettet, weißt du das? Warum musste er dann so sterben?“

„Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass es bei dieser Sache keine Gottesgerechtigkeit gegeben hat. Das war einzig und allein unser Teufel. Unser Fluch. Gott hat sich dabei rausgehalten!“

„Immerhin hat diese Scheiße jetzt ein Ende. Ich hoffe, diese Bestie ist auch grausam gestorben. Ihr gottverdammtes Gehirn in alle Richtungen gespritzt, das sich die Maden gleich darüber hergemacht haben!“

Douglas antwortete nicht sofort. Sein Blick wurde sehr ernst und er erhob sich. „Chris, es ist...!“

„Ich hätte nicht gedacht, dass es so enden würde. Selbstmord!“ Chris grinste ernst.

„Hör auf, Chris. Es ist nicht so, wie du denkst!“

„Was...?“

„Es ist...!“ Douglas konnte seinem Partner nicht in die Augen schauen. „Verdammt, die Bestie lebt!“

„Was?“ Chris erhob die Stimme und setzte sich auf.

„Er ist mit dir zusammen hierhergebracht worden. Man hat ihn wieder zusammen geflickt. Er lebt!“

„Aber...!“ Chris spürte sofort wieder den Schmerz in seiner Brust. Er atmete schneller, begann schlagartig zu schwitzen, wurde furchtbar unruhig. „Gott Vater, das darf nicht sein. Warum? Nein, bitte, sag, dass du lügst. Warum lügst du mich an?“

Douglas beugte sich zu Chris, versuchte ihn zu beruhigen.

Doch sein Partner begann, wild um sich zu schlagen, traf ihn mit der Faust am Kopf und er flog durchs Zimmer.

Im nächsten Moment hatte sich Chris zwei Schläuche vom Körper gerissen.

Bevor er wieder ohnmächtig wurde, konnte er noch deutlich das bedrohliche Piepen der Maschine hinter ihm hören.

Dämon I

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