Читать книгу Dämon I - Alfred Broi - Страница 37
2. Buch - 3. Kapitel
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Als die Tür aufgestoßen wurde und Douglas gehetzt und abgespannt hereinstürmte, war Chris gerade wieder erwacht.
Er war nun schon die achte Woche in diesem gottverdammten Krankenhaus und er wünschte sich nichts sehnlicher, als endlich entlassen zu werden. Sonst würde er hier letztendlich doch noch das Zeitliche segnen.
Die ersten vier Wochen waren eine einzige Qual gewesen.
Chris hatte überall Schmerzen, konnte sich kaum bewegen, erlebte alles nur wie in Trance.
Doch dann ging es ihm, trotz dieses Zwischenfalls bei der ersten Begegnung mit Douglas, sehr schnell besser und seit einer Woche fühlte er sich wieder gut.
Deshalb beschloss er auch, wieder zu Kräften zu kommen, indem er das Krankenzimmer verließ und spazieren ging.
Er hatte dabei immer zwei Kollegen an der Seite, damit ihm die Reporter nicht auf die Pelle rücken konnten. Denn natürlich warteten alle auf sein erstes Interview. Und die Fernsehgesellschaften ließen wahrlich keine Gelegenheit aus, zu versuchen, ihn vor die Kamera zu bekommen.
Doch seine Kollegen arbeiteten gut und ließen niemanden in seine Nähe.
Das war auch gut so. Ersparten sie ihm damit doch auch die Blöße, zugeben zu müssen, dass man ihm einen Maulkorb verpasst hatte. Er durfte keine Informationen preisgeben, das hatte man ihm in einem sehr freundlichen, aber auch sehr bestimmten Ton zu verstehen gegeben.
Und Chris beschloss, sich auch daran zu halten, bis die Zeit gekommen war, dies zu ändern.
Am Morgen kam, wie immer, die Nachtschwester zu ihm, um sich zu verabschieden, wenig später wurde sein Bett gemacht. Er musste Fieber messen, sein Puls wurde als gut befunden.
Dann kam sein Frühstück und er aß alles auf.
Wenig später erschien erneut eine Schwester. Sie war jung und bildschön. Sie sagte, sie sei neu hier und man hatte ihr aufgetragen, nochmals seine Temperatur zu messen. Ihr Name war Lisa.
Pech für Lisa, dass Chris sie einige Tage zuvor schon einmal gesehen hatte. Mit einem Mikrophon in der Hand und einem Kameramann vor der Nase.
So spielte Chris ein wenig mit ihr Katz und Maus. Er genoss es, sie in die Irre zu führen, ohne ihr dabei auch nur den Hauch der Wahrheit zu erzählen.
Und als er schon vorhatte, ihr zu erzählen, es hätte etwas mit Außerirdischen zu tun, erzählte sie ihm davon, dass sie bei der Bestie war.
Und da fiel es ihm wieder ein.
Herrgott, dieses Mistvieh war ja auch in diesem Krankenhaus.
Sofort verlor er sein Lächeln.
Kurze Zeit später verließ Lisa mit jeder Menge Fehlinformationen das Krankenzimmer.
Kaum war sie draußen, stand er auf und teilte seinen Kollegen vor der Tür mit, er wolle wieder spazieren gehen.
Und diesmal sollte es ein sehr langer Spaziergang werden.
Als er wieder in seinem Zimmer war, wusste er, wo die Bestie untergebracht war.
Vor dem Mittagessen ging er erneut spazieren. Im Erdgeschoß sagte er, er müsse aufs Klo.
Einer seiner Kollegen öffnete ihm die Tür und er ging mit den Worten: „Es wird nicht lange dauern“ sehr schnell auf die erste Toilette zu und schloss die Tür hinter sich ab.
Er war überzeugt, sein Kollege hatte gesehen, in welche Toilette er gegangen war.
Schnell, aber lautlos krabbelte er über die Trennwand in die Nebenkabine.
Fünf Minuten später hörte er seinen Kollegen hereinkommen und nach ihm rufen. Kurz darauf wurde die Tür aufgetreten.
„Scheiße!“ hörte er seinen Kollegen fluchen und wieder hinausstürmen.
Chris wartete noch ein wenig, dann trat er aus dem Toilettenraum.
Er hatte Glück, im Gang war kein Polizist zu sehen und der Rest nahm keine Notiz von ihm.
Schnell ging er in einen Raum, von dem er wusste, dass dort Kleidungsstücke des Krankenhauspersonals lagen.
Als er den Raum wieder verließ, war er in die Klamotten eines Arztes geschlüpft.
Der Weg hinauf in die 3. Etage war schnell gemacht.
Er griff dort sofort zum Telefon und rief das Krankenhaus an. Er ließ sich mit der chirurgischen Abteilung verbinden und verlangte einen der beiden Wachmänner der Bestie.
Als der Mann am Telefon war, erklärte er ihm, das Mr. Freeman verschwunden war und er seinen Kollegen in die 2. Etage schicken sollte, wo er bei der Suche helfen sollte.
Er selber sollte seinen Posten nicht verlassen, aber Ausschau nach Mr. Freeman halten.
Der Wachmann tat, wie ihm befohlen wurde.
Als Chris dann als Dr. Hauser vor ihn trat und Einlass zur Bestie verlangte, traf er auf einen nervös um sich blickenden Mann, der ihm keine Probleme bereitete.
Somit war der Weg für ihn frei.
Er trat in einen Raum, der über und über mit medizinischem Gerät vollgestopft war.
Die Bestie lag an unzähligen Schläuchen verkabelt auf dem Bett und war, das wusste Chris, noch nicht wieder bei Bewusstsein.
Eine Minute später glaubte Chris den Verstand zu verlieren.
Er polterte aus dem Zimmer und verließ schnell die 3. Etage.
Mühsam entledigte er sich der Arztkleidung und schaffte es gerade noch in sein unbewachtes Zimmer zu gelangen, bevor er bitterlich zu weinen begann.
Gott Vater im Himmel, er hatte alles erwartet, nur das nicht.
Das Grauen war sofort wieder da.
Er glaubte, bei all den Schmerzen in seinem Körper in jener Nacht, dass ihm sein Verstand einen Streich gespielt hatte.
Aber dem war nicht so. Es war tatsächlich so gewesen.
Doch das konnte nicht sein, durfte nicht sein.
Im selben Moment griff er zum Telefon und rief das Polizeirevier an. Er verlangte Douglas, doch der war nicht da.
Chris sagte, es wäre ein Notfall und sie sollten ihm über Funk mitteilen, dass er sofort kommen sollte.
Bevor er das Bewusstsein verlor, wisse er, dass ihm seine Augen in jener Nacht keinen Streich gespielt hatten und dass das Grauen noch lange nicht zu Ende war.
II
Seine Bewusstlosigkeit dauerte nicht lange an.
Einer der Wachleute weckte ihn, fragte ihn, ob er okay sei, was Chris bejahte und so auf die Hinzuziehung eines Arztes verzichtet wurde. Dann machte er ihm Vorwürfe, verschwunden zu sein und wollte wissen, wo er war.
Doch das behielt Chris für sich und log den Wachmann an.
Dieser beorderte seine Kollegen wieder zurück und beschloss für die nächste Zeit bei Chris zu bleiben, was diesem gar nicht gefiel.
Zwanzig Minuten später wurde dann die Tür aufgestoßen und Douglas kam herein.
Er sah Chris, dessen verweintes, verzweifeltes Gesicht, dann sah er den Wachmann.
„Raus!“ sagte er nur kurz und der Mann verschwand wortlos.
Als die Tür sich geschlossen hatte, fragte er nur. „Also?“
„Ich war bei ihm!“
„Verdammt!“ Douglas atmete tief durch. „Wie zum Teufel hast du das geschafft?“ Er deutete mit dem Kopf in Richtung Tür, vor der die beiden Wachmänner postiert waren.
„Ich habe lange genug mit Verbrechern zu tun gehabt. Da färbt wohl einiges ab!?“
„Offensichtlich!“ Douglas blieb ernst. „Verdammt Chris, warum musstest du das tun?“
„Du weißt genau warum. Ich habe in jener Nacht fast mein Leben gegeben, um diese Bestie zur Strecke zu bringen. Ich musste sie einfach sehen. Und du hättest es nie erlaubt!“
„Zu Recht, wie ich sehe. Ich hätte es erlaubt, wenn es dir besser gegangen wäre. Noch nicht jetzt. Nächsten Monat vielleicht!“
„Nächsten Monat!“ Chris lächelte zynisch.
„Ja, nächsten Monat!“ Douglas erhob seine Stimme ein wenig. „Weil ich wusste, wie sehr dich das schaffen würde. Und du siehst schlimmer aus, als ich es befürchtet hätte. Du hättest das nicht tun dürfen, Chris. Noch nicht. Es ist einfach noch zu früh gewesen. Was zum Teufel hast du denn erwartet? Das du da reingehen kannst, um mal eben einen Blick auf ihn zu werfen?“
Chris schüttelte den Kopf. „Nein, natürlich nicht. Aber ich hatte erwartet, die Bestie zu sehen!“
„Ja, und?“ Douglas war sehr überrascht.
„Sie war nicht da!“
„Du spinnst!“
„Nein, ehrlich. Sie war nicht da. Jedenfalls nicht die Bestie, der ich drei Magazine meiner Beretta verpasst habe und die mit dem Waffenladen, dem Motorrad und dem alten Ford insgesamt dreimal in die Luft geflogen ist. Nicht die Bestie, die ich..., die wir, die ganze Zeit gejagt hatten!“
„Sondern?“
„Gott, Douglas, bevor ich in jener Nacht zusammengebrochen bin, hatte ich furchtbare Schmerzen in der Brust. Nicht meine Verletzungen nahmen mir mein Bewusstsein, sondern dieser Schmerz in der Brust ließ mich nicht mehr weiteratmen. Und als ich auf allen Vieren durch die Büsche gerobbt bin, tauchte vor mir die Leiche eines Mannes auf. Ohne Wirbelsäule. Dahinter stand ein weiterer Mann. Ich konnte kaum noch klar denken und so war für mich klar, das die Bestie noch lebte. Unsere Bestie. Und ich erwartete ebenfalls zu sterben. Also wollte ich ihr dabei ins Gesicht sehen. Aber weißt du was?“
Douglas schüttelte den Kopf.
„Ich sah den Ferrarifahrer dort hinter der Leiche stehen! Doch das konnte ja wohl nicht sein, oder? Dieser Mann hat versucht, die Bestie zu töten, genauso, wie wir. Und jetzt sollte er vor einer Leiche stehen, der man die Wirbelsäule herausgerissen hatte? Das konnte nicht sein. Und so war für mich klar: Mein Verstand war schon zu kaputt und ich einer Einbildung erlegen. Doch weißt du was?“
Wieder schüttelte Douglas den Kopf. Er blickte todernst und gebannt auf Chris.
„Als ich mich vorhin dort oben über die Bestie beugte, sah ich in das Gesicht des Ferrarifahrers!“ Chris schaute Douglas mit großen Augen an, erwartete Überraschung zu sehen. Doch das Gesicht seines Partners blieb wie versteinert. „Bleibt mir eigentlich nur noch die Frage, warum zum Teufel du mir das nicht schon längst gesagt hast?“ Chris erhob seine Stimme.
„Weil...!“ Douglas senkte seinen Kopf und ging zum Fenster, schaute hinaus. Er atmete tief durch. „Weil ich dich in jener Nacht fast verloren hätte. Darum. Was glaubst du eigentlich, was du für mich bist? Etwa nur mein Partner? Du weiß verdammt genau, dass das nicht stimmt. Du bist mein bester Freund und ich liebe dich. Verdammt! Ich habe fast drei Tage an deinem Bett verbracht, bevor dich die Ärzte außer Lebensgefahr gesehen haben. Ich habe um dich geweint und für dich gebetet. Ich wollte dir Kraft geben, habe deine Hand gehalten, mit dir geredet, gehofft, du würdest mich hören, reagieren. Dann bin ich hier vor deinem Bett zusammengebrochen. Verdammt, Chris, ich habe irrsinnig gelitten.
Als es dir dann besser ging, war ich heilfroh darüber. Und ich wollte nur eines: Dass du so schnell wie möglich wieder ganz gesund wirst. Nichts war wichtiger.
Und deshalb habe ich alles von dir ferngehalten. Auch die Tatsache, das dort oben der Ferrarifahrer liegt und nicht die Bestie, die wir gejagt haben!“
Für einen Moment herrschte Stille im Raum.
„Ich hätte dir dies alles gesagt und gezeigt, wenn die Zeit reif dafür gewesen wäre. Aber noch nicht jetzt. Verstehst du?“
Chris blieb für eine Sekunde stumm. „Was wird jetzt geschehen?“
„Was soll denn geschehen?“
„Na, die Öffentlichkeit muss erfahren, das dieser Mensch dort oben, nicht die Bestie ist!“
Douglas schüttelte den Kopf. „Das ist nicht richtig, Chris. Du hast mit deinem Alleingang heute die Wahrheit aufgespürt. Das muss ich akzeptieren. Aber die Wahrheit, die du kennst, oder besser gesagt, glaubst zu kennen, ist nicht die ganze Wahrheit!“
„Dann sag mir, was du weißt. Jetzt!“
„Ich weiß nicht, ob du das verkraften wirst?“
„Hör auf. Ich will es wissen. Hier und jetzt!“
„Okay. Dann hör mir zu. Dort oben liegt der Ferrarifahrer mit der übelsten Kopfverletzung, die man sich vorstellen kann. Der Untersuchungsbericht hat ergeben, dass die Kugel aus seiner eigenen Waffe stammte und es gab keine weiteren Fingerabdrücke darauf, als seine eigenen!“
„Dann hat er sich selbst töten wollen?“
„So sieht es aus. Es ist die einzige Erklärung, die wir haben. So muss es gewesen sein. Die Leiche, die du gesehen hast, wurde auf die altbekannte Methode hingerichtet. Es fehlte die Wirbelsäule. Sie lag daneben, es fehlte das Knochenmark. Aber sie wies mehr als einhundert Schusswunden auf und zeigte deutliche Spuren von Explosionen!“
„Dann war sie die Bestie? Aber...?“
Douglas hob die Hand. „Der Ferrarifahrer wurde kurz nach dir ins Krankenhaus gebracht und operiert. Eigentlich wollte man ihn sterben lassen, doch irgendein Senator kam auf den Dreh, dass er gerettet werden sollte, um nachher vor Gericht die Todesstrafe zu erhalten, um dann vor den Augen der Welt für seine Taten hingerichtet zu werden. Irgendwann dann wollte auch ich mir die Bestie anschauen und war, so wie du, sehr entsetzt, den Ferrarifahrer zu sehen. Dich konnte ich nicht fragen, du warst immer noch zu schwach. Also habe ich den behandelnden Arzt gefragt, ob es irgendwelche Anzeichen gibt, dass dieser Mensch die Bestie ist. Ich hatte erwartet, das er mich für verrückt erklärt, aber weißt du was?“
„Was?“
„Er erzählte mir von dir!“
„Von mir?“
Douglas nickte. „In der Nacht, in der du hier eingeliefert wurdest, hast du wildes Zeug geredet. Unter anderem auch, dass man dem Menschen dort oben den Magen auspumpen sollte. Niemand hörte auf das, was du gesagt hast, bis auf diesen Arzt. Und während er den Ferrarifahrer operierte, ließ er seinen Mageninhalt entfernen und analysieren. Es fanden sich deutliche Suren von Knochenmark!“
„Aber, wie kann das sein?“
„Das habe ich mich auch gefragt. Und bin auf die Idee gekommen, auch die Leiche unserer Bestie untersuchen zu lassen. Der Doktor war mir dabei behilflich!“
„Lass mich raten?“ sagte Chris. „Es wurde kein Knochenmark gefunden!?“
„Richtig! Keine Spur davon. Und der Arzt bestätigte mir, dass es sich bei der Menge, die in dem Ferrarifahrer gefunden wurde, um mehr handelt, als um die Menge, die in einer Wirbelsäule zu finden ist!“ Douglas schwieg einen Moment. „Und nun sag du mir, wo die Wahrheit liegt?“
Chris überlegte. „Naja. Der Ferrarifahrer hat Jagd auf die Bestie gemacht, so wie wir. Er hat niemanden hingerichtet. Und ich habe den anderen gesehen, als er der jungen Frau vor dem Waffenladen die Wirbelsäule herausgerissen hat und sie..., was weiß ich, ausgelutscht hat!“
Douglas nickte. „Und das heißt?“
„Wenn der Tote all die Morde begangen hat, aber kein Knochenmark in ihm gefunden wurde und der Ferrarifahrer die Bestie gejagt hat, aber Knochenmark im Magen hatte...!“
„Dann?“
„...dann kann das nur heißen, dass der Tote nur innerlich die Bestie war. Das die Bestie in ihm drin war und seinen Körper nur benutzt hat. So wie sie jetzt den Körper des Ferrarifahrers benutzt!“ Chris bekam große Augen. „Douglas, das ist irrsinnig. Das ist...! Großer Gott! Das heißt, die Bestie ist ein Alien. Ein Wesen, das in uns eindringen kann, um unseren Körper für seine furchtbaren Taten zu benutzen!“
„Und das jederzeit den Körper wechseln kann. Das ist verrückt, aber ich sehe das genauso!“
„Wer weiß davon?“
Douglas lachte kurz auf. „Niemand. Wer würde mir das glauben? Ich kann es ja nicht mal selbst wirklich glauben. Geschweige denn beweisen. Untersuchungen des Ferrarifahrers haben nämlich auch ergeben, dass nichts Fremdartiges in ihm ist. Keine Spur von einem Alien oder sowas!“
„Aber, wenn nun die Bestie...!“
„Keine Sorge. Sie wird ständig bewacht. Wenn sie ausbricht, um den Körper zu wechseln, hätten wir das gesehen. Irgendwie scheint sie gefangen zu sein. Vielleicht kann sie nicht mehr raus. Oder sie wartet auf eine bessere Gelegenheit. Was weiß ich?“
„Aber das kann doch nicht das Ende der Wahrheit sein!“
„Muss es wohl. Wenn die Bestie tatsächlich jetzt in dem Ferrarifahrer ist, und dort auch bleibt, dann wird sie vor Gericht gestellt und zum Tode verurteilt. Und erhält damit doch noch ihre gerechte Strafe!“
„Glaubst du, dass es so einfach sein wird?“
„Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass es der einzige Weg ist. Denn niemand würde uns glauben!“
Chris schwieg lange. „Und was nun?“
„Ich war nicht untätig. Ich habe die Adresse des Ferrarifahrers herausgefunden. Sein Name ist Steve Kramer. Er wohnt in Denver. Ich werde seinem Haus einen Besuch abstatten!“
„War das FBI denn noch nicht dort?“
„Sie haben Schwierigkeiten, ihn bei dieser Kopfverletzung zu identifizieren. Offensichtlich ist er nicht vorbestraft!“
„Und woher weißt du dann...?“
„Ich habe meine Quellen. Außerdem will ich mich nur umsehen. Danach werde ich die zuständigen Stellen benachrichtigen. Dann sollen die sich einen Reim darauf machen!“
„Gut, dann mach dich auf den Weg. Vielleicht findest du ja etwas, das unsere Vermutung bestätigt. Und ruf mich gleich an!“
„Keine Lust!“ sagte Douglas und grinste.
„Was?“
„Ich werde dich nicht anrufen!“
„Aber, warum nicht?“
„Weil ich deinen Arzt gefragt habe, bevor ich hierherkam. Er hat die Schnauze voll von dir und gibt die Erlaubnis für deine Entlassung. Wenn du also irgendwo eine Hose auftreiben kannst, kannst du mitkommen!“
III
Sechs Stunden später fuhren Douglas und Chris in einem Mietwagen durch die nur mäßig erleuchteten Straßen des verträumten Vorortes von Denver.
Sie hatten keine Mühe, Haus Nr. 37 zu finden.
Douglas parkte ihren Wagen etwa hundert Meter weiter die Straße hinauf und sie beide spazierten zunächst an der Vorderfront vorbei.
Das kleine, sehr gepflegte Häuschen war dunkel. Douglas wusste, dass Mr. Kramer nicht verheiratet war und auch keine Kinder hatte. Deshalb war er ziemlich sicher, dass das Haus leerstand.
Trotzdem wollten sie natürlich kein Aufsehen erregen. Deshalb bogen sie am Ende der Straße links ab und huschten in einer dunklen Ecke in den Garten.
Dort warteten sie ein paar Minuten und sondierten die Umgebung.
Doch es blieb alles ruhig und so beschlossen sie, die Hintertür aufzubrechen.
Zu diesem Zweck hatte Douglas einen Diederich mitgebracht, den er geschickt einsetzte und die Tür ohne Lärm öffnen konnte.
Chris erkannte, dass auch sein Partner einiges von den Gesetzlosen behalten hatte, die sie ständig hinter Gitter brachten.
Nachdem beide die Tür wieder hinter sich geschlossen hatten, gab Douglas ihm eine kleine Taschenlampe und sie beschlossen, sich zu trennen.
Während Chris das Erdgeschoß durchsuchen sollte, ging Douglas ins Obergeschoß.
Zwanzig Minuten später hatten sie ihre Arbeit getan und waren sehr unzufrieden.
„Nichts!“ sagte Douglas mürrisch, als er die Treppe herunterkam. „Verdammt!“
„Bist du sicher, dass wir richtig sind?“
„Na hör mal!“
„Es muss doch irgendetwas da sein, Mann!“ Chris atmete hörbar aus. „Ein Zeitungsausschnitt. Irgendetwas. Verdammt!“
„Moment!“, sagte Douglas und ging auf eine Tür zu. „Was ist das?“
„Was weiß ich. Vielleicht der Keller. Ist verschlossen!“
„Junge, du bist wirklich noch nicht wieder auf dem Damm!“ Douglas trat einen Schritt zurück, ließ sein rechtes Bein hervorschnellen und katapultierte die Tür aus den Angeln.
Eine Treppe führte hinunter in den kühlen Keller.
Während Douglas die Wände nach einem Lichtschalter absuchte, ging Chris vorsichtig weiter.
Seine Taschenlampe erfasste sofort ein Regal, auf dem die verschiedensten Waffen befestigt waren. Maschinengewehre, Handfeuerwaffen, sogar ein Flammenwerfer - und Schwerter!
„Mein Gott!“ sagte Chris und schwang die Taschenlampe weiter. „Der wusste ganz sicher, worum es ging!“ Dann erfasste der Lichtkegel eine Leinwand, auf der die menschliche Wirbelsäule abgebildet war.
Im selben Moment fand Douglas den Lichtschalter und die kleine Neonlampe wurde aktiviert.
„Mann, was für ein Waffenarsenal!“ Douglas pfiff einmal laut, als auch er das Regal betrachtete.
Chris schaltete seine Taschenlampe aus und wandte sich dem Schreibtisch in der Ecke zu.
Auf einer Pinnwand dahinter waren unzählige Zeitungsausschnitte geheftet. Einige erkannte Chris sofort wieder. Sie stammten aus der New York Times.
Andere wiederum waren ihm unbekannt, schienen auch älter zu sein.
„Liegt verdammt gut in der Hand!“
Chris drehte sich um und sah Douglas mit einem der Schwerter in der Hand herumfuchteln.
„Deine Fingerabdrücke!“ mahnte Chris, doch sein Partner hielt seine Hände hoch und er sah, dass er Handschuhe trug. „Komm lieber her und sieh dir das an!“
Douglas legte das Schwert wieder an seinen Platz und ging zu Chris. „Hier“ sagte er und reichte ihm ebenfalls Handschuhe. „Na dann lass uns mal sehen, was wir haben!?“
„Mai 1998!“
„Was sagst du?“
„Dieser Zeitungsausschnitt hier ist von Mai 1998!“ erklärte Chris. „Aus Dallas. Die Leiche eines Mannes wurde gefunden. Ohne Wirbelsäule!“
„Miami. Dezember 1990. Zwei Menschen wurden aus den Sümpfen gezogen. Angeblich Alligatoren. Ihnen fehlte die Wirbelsäule!“ sagte Douglas und heftete den Ausschnitt wieder an die Pinnwand.
„Oh Mann!“
„Was ist?“ Douglas schaute seinen Partner an.
„Juli 1971!“ Er hielt ihm den Ausschnitt hin.
„Eine Frau. In der Wüste von New Mexico. Keine Wirbelsäule mehr!“
„Diese Bestie ist offensichtlich schon sehr lange unter uns!“
„Ja, und er scheint auch viel rumzukommen!“
„Aber warum jetzt so viele?“ Chris schien nachdenklich. „Ich meine. Hier mal einer, da mal zwei. Über all die Jahre. Und jetzt? Weit über hundert. Warum jetzt so viele?“
„Keine Ahnung!“ sagte Douglas, während er die Papiere auf dem Schreibtisch durchsuchte.
„Was zum Teufel ist das?“ Chris schaute ein Stück Papier im oberen Eck der Pinnwand an. Jemand hatte mit Hand etwas darauf geschrieben. Das Papier war vergilbt und wohl deshalb mit Folie überklebt.
„Sieht aus wie ein Brief!“
„Ja, aber in welcher Sprache?“
Douglas versuchte zu lesen. Dann zuckte er die Schultern.
„Hier ist ein Datum!“ Chris deutete auf das Blatt. „18.03.1960! Mann, das Ding ist über fünfzig Jahre alt!“
„Moment!“ Douglas holte aus seiner Jackentasche sein Handy.
„Was machst du?“
„Ein Foto. Wir werden schon noch rausbekommen, was da draufsteht!“
Chris nickte, dann drehte er sich um, um weiter zu suchen. Er hörte, wie Douglas noch weitere Fotos machte.
Er blieb vor der Leinwand, die die menschliche Wirbelsäule zeigte, stehen und betrachtete sie. Dann fiel ihm auf, dass hinter der Leinwand eine Tafel an der Wand befestigt war.
Chris schob die Leinwand beiseite, doch achtete er dabei nicht darauf, dass er sie so aus ihrer Verankerung an der Kellerdecke drückte.
Als sie dann herunter krachte, erschrak er fürchterlich, ebenso Douglas.
„Mach nicht so einen Lärm!“, mahnte er und blickte zu seinem Partner, der in die Hocke gegangen war, um die Leinwand aufzuhalten.
„Tut mir leid!“
Doch Douglas hörte ihm nicht zu. In den Augenwinkeln hatte er die Tafel entdeckt - und die Zeichnung, die darauf zu sehen war. „Ach du Scheiße!“ sagte er und trat darauf zu.
Chris wurde aufmerksam und trat zu ihm. „Was ist das?“
„Keine Ahnung. Sieht aus, wie...!“
Chris betrachtete das Bild.
Es sah aus, wie ein Hund, der auf zwei Beinen ging. Zwei mächtigen Beinen. Ein langer, dicker Schwanz diente ihm offensichtlich als drittes Standbein.
Da waren ein gewaltiger Brustkorb und ein mächtiger Kopf mit großen Reißzähnen. Die ganze Gestalt war über und über mit Knochenplatten bedeckt und wirkte unheimlich, bedrohlich und furchteinflößend zugleich. Teuflisch!
Chris nickte nachdenklich. „Wenn das da wirklich die Bestie ist. Ich meine, die echte, dann sollten wir uns warm anziehen!“
„Aber, sieh doch mal!“ Douglas schüttelte den Kopf. „Wie sollte so ein Wesen in einen menschlichen Körper schlüpfen? Das geht doch gar nicht!“
„Dass der Kerl nach drei Explosionen und unzähligen Einschüssen noch laufen konnte ging auch nicht. Und es war trotzdem so!“
Douglas nickte stumm. „Du hast Recht!“, sagte er dann, nahm das Handy und machte ein Foto davon.
„Lass uns abhauen!“ sagte Chris. „Ich habe keine Kraft mehr!“
„Alles klar!“ Douglas steckte das Handy ein und sie beide gingen zurück zur Treppe.
Bevor er das Licht wieder löschte, blickte Chris noch einmal auf die Zeichnung.
Wenn dieses Wesen dort wirklich die Bestie sein sollte, dann konnten sie nur noch hoffen, dass sie mit dem Ferrarifahrer zusammen hingerichtet werden würde.
Denn dieses Wesen dort war ganz sicher ein Geschöpf der Hölle.
Schlimmer, als er sich das je vorgestellt hatte.
Und er hoffte inständig, Gott mochte am Ende doch noch für Gerechtigkeit sorgen.
Er selbst würde ein weiteres Zusammentreffen mit der Bestie nicht noch einmal überleben!