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3. Buch - 8. Kapitel
ОглавлениеChris fiel.
In ein tiefes Loch.
Unendlich tief. Bodenlos.
Er schrie.
Schrie, so laut er konnte.
Und hatte doch nicht das Gefühl, dass sein Schrei nach außen drang.
Er hatte Schmerzen.
Furchtbare Schmerzen. Schlimmer, als alles, was er kannte.
Aber er konnte beim besten Willen nicht sagen, ob er überhaupt noch einen Körper hatte. Und doch spürte er deutlich den Luftzug, der ihn umgab, als er fiel.
Tiefer und tiefer.
Hinein in ein böses, bedrohliches, furchtbares, bodenloses Loch.
Hinein in den Schlund der Hölle.
„Chris?“
Er hörte seinen Namen und wusste doch nicht, woher.
Die Stimme klang sanft, liebevoll, aber auch tief besorgt.
Sie klang wie die eines Engels.
Ein Engel in der Hölle?
„Chris?“
Wieder hörte er die Stimme, spürte eine Hand auf seinem Gesicht.
Die dunkle Finsternis erhellte sich.
Doch er fiel noch immer. Und immer schneller.
Dann sah er tief unter sich den Boden.
Kein bodenloses Loch. Sein Flug würde endlich enden.
Wie wunderbar würde das sein.
Und im nächsten Moment schlug er auf und sein Körper zerschellte in alle Richtungen.
„Chris, Liebling. Ich bin es, Silvia!“ Sie strich ihm sanft über sein Gesicht, lächelte dabei ein wenig und war doch sehr besorgt um ihren Partner.
Nachdem der Notarzt sehr schnell zur Stelle war, brachte man ihn sofort ins Hospital. Sie fuhr mit ihrem BMW hinterher.
In der Notaufnahme untersuchte man ihn, war aber ratlos.
Ein offensichtlicher Herzinfarkt war es nicht.
Wenig später stabilisierte sich sein Zustand von ganz allein und er wurde zur Beobachtung in eines der Zimmer verlegt.
Dort war er immer noch nicht bei Bewusstsein und Silvia verbrachte zwei Stunden an seiner Seite, ohne das er sich rührte.
Vor ein paar Minuten begann er sich dann zu bewegen. Erst ganz langsam und Silvia erwartete, dass er die Augen öffnete.
Aber das tat er nicht. Im Gegenteil.
Er wälzte sich immer heftiger hin und her. Stöhnte dabei und stammelte unverständliches Zeug.
Silvia verständigte den Arzt, doch der sah keine Veranlassung zum Handeln.
Seine Werte waren weiterhin stabil. Wenn sich daran etwas ändern sollte, würde er wiederkommen, sagte er und ging.
Als es Silvia dann zu bunt wurde, begann sie Chris anzusprechen, um ihm das Gefühl einer vertrauten Stimme zu geben.
Das brachte zunächst keine Wirkung.
Aber sie versuchte es weiter.
„Wach auf Liebling. Bitte!“ Sie beugte sich über ihn, um ihn zu küssen.
Das Gefühl ihrer Lippen auf seinem Gesicht würde ihn vielleicht an so manche schöne Stunde erinnern, an denen ihr Mund ihn zur Raserei gebracht hatte.
Und das musste ihn doch zurück in die Wirklichkeit holen.
So küsste sie ihn auf die Wange, schob ihren Mund neben den seinen, küsste ihn nochmals und schob ihn dann auf seine Lippen.
Sanft strich sie darüber.
Das würde ihn wecken. Ganz sicher.
Und es weckte ihn.
Von einer Sekunde zur anderen saß er kerzengerade im Bett, hatte die Augen weit aufgerissen, einmal entsetzt geschrien und starrte entgeistert in ihre Richtung.
Ja, jetzt war er wach.
Und Silvia sehr bemüht, nicht aus dem Bett zu fallen.
Chris war wieder in der Wirklichkeit. Glaubte er.
Vor seinen Augen war alles hell, aber noch tierisch verschwommen. Nicht zu erkennen.
Vor ihm war eine Gestalt. Dunkel.
Die Bestie!
Oh Gott, nein, nicht schon wieder.
Chris wünschte sich weit fort.
Doch dann wurde das Bild wieder klarer und er erkannte Silvia vor sich. Seine geliebte, wundervolle, wunderschöne Silvia.
Und er erkannte auch, dass sie sehr besorgt und sehr geschockt war.
Das wollte er aber gar nicht.
Doch alles, was er tun konnte, war einmal kräftig auszuatmen, die Hände vors Gesicht zu nehmen und zurück aufs Bett zu fallen.
„Oh Gott!“ stöhnte er. „Was für eine Scheiße!“
„Mann!“ Silvia setzte sich wieder neben ihn. „Kannst du einen erschrecken!“
Chris nahm die Hände vom Gesicht und schaute Silvia an. „Ich habe mich tierisch erschrocken!“
„So?“ Sie strich ihm durchs Haar. „Heute Morgen hat dich mein Anblick aber zu ganz anderen Reaktionen getrieben!“
„Ich dachte, du wärst jemand anderes!“
Silvia nickte. „Wer?“
„Ich weiß nicht. Aus meiner Vergangenheit. Das war kein Vergnügen!“
„Das habe ich gemerkt!“ Für eine Sekunde leuchteten Silvias Augen auf merkwürdige Weise. „Du machst aber auch Sachen. Was zum Teufel war denn bloß los mit dir?“
„Ich weiß es nicht. Ich hab am...!“ Er stockte. Vorsicht! „...am Schreibtisch gesessen und geschrieben. Plötzlich bekam ich keine Luft mehr und hatte einen tierischen Schmerz in der Brust. Ich wollte noch zu dir. Hab ich wohl auch noch geschafft!?“
Silvia nickte. „Allerdings. Du bist auf meinen Schreibtisch geknallt, hast mich angefleht, dir zu helfen und bist zusammengeklappt. Ich hab den Notarzt gerufen und die haben dich hierher gebracht!“
„Haben sie was gefunden?“
„Nicht die Bohne. Ein Herzanfall war es jedenfalls nicht!“
„Verdammt!“
„Ist ja nochmal gut gegangen. Aber ich verlange, dass du dich gründlich durchchecken lässt!“
Chris nickte und legte seine rechte Hand auf ihre Wange. „Das werde ich!“ sagte er und wusste doch, dass er sie anlog.
„Fühlst du dich jetzt besser?“
Er nickte.
„Kann ich irgendetwas für dich tun?“
Chris schaute ihr tief in die Augen, dann lächelte er und ließ seine Hand herabgleiten. Er zog ihr Satintop etwas nach vorn und blickte auf ihre nackte Brust. „Ja, das kannst du!“
„Das könnte dir so passen!“, entgegnete sie und entfernte seine Hand. „Eben noch halbtot und jetzt schon wieder geil, wie ein Teenager!“ Sie grinste. „Vergiss es. Darauf musst du verzichten, bis du wieder gesund bist!“
„Was für ein schrecklicher Gedanke!“
„Verdammt, ich hätte dich liegen lassen sollen! Wann fängst du endlich wieder an, mit dem Kopf und nicht mit deinem Schwanz zu denken?“ Silvia stand auf und wollte sich abwenden, doch Chris hielt sie zurück.
„Hey!“ Er wartete, bis sie ihn ansah. „Danke!“
„Wofür?“
„Dass du mich nicht hast liegen gelassen!“
Silvias Blick wurde schlagartig sehr ernst und traurig. „Ich hab schreckliche Angst um dich gehabt!“
„Ich liebe dich!“ sagte Chris und zog sie zu sich.
Silvia wehrte sich diesmal nicht. Sie legte ihre Lippen auf die seinen, schob ihre Zunge in seinen Mund, spürte seine Zunge und empfand ein wärmendes Kribbeln in ihrem Körper.
„Wird es einen Tag geben, an dem du diese drei Worte nicht nur ernst meinst, sondern auch ernst nimmst?“ fragte sie, als sie sich wieder trennten.
„Ich hoffe es sehr!“ antwortete er.
Silvia schaute ihn noch ein paar Sekunden an, dann fragte sie. „Kann ich etwas für dich tun? Brauchst du was?“
Chris überlegte, dann nickte er. „Du kannst bei Pete vorbeifahren. Er soll dir die Quittung für das Auto geben. Er hat es mir versprochen!“
Silvia nickte. „Ich wollte eh in die Stadt und was einkaufen. Kein Problem!“
„Gut!“, sagte er.
„Noch etwas?“
„Ruf Douglas an!“
„Douglas?“ Das hätte sie sowieso getan. „Warum?“
„Weil ich ihn sprechen will. Muss!“
„Liegt irgendetwas an?“
„Vielleicht. Ich weiß nicht?“
„Sagst du es mir?“
Chris schüttelte den Kopf. „Erst wenn ich mit Douglas gesprochen habe!“ Wieder log er.
„Okay!“, sagte sie und nahm ihre Handtasche. „Ich werde ihn anrufen!“ Sie beugte sich zu ihm. „Sonst noch was?“
„Dich!“ Er grinste wieder breit.
Silvia küsste ihn auf die Wange. „Wenn du hier wieder raus bist, werden wir alles nachholen!“
„Versprochen?“
„Versprochen. Bis zur Ekstase!“
„Ich bin schon fast wieder fit!“
„Das glaube ich. Aber lass dich in drei Gottes Namen erst durchchecken. Tu es für mich!“ Sie hatte die Tür erreicht und öffnete sie.
„Das werde ich. Ich liebe dich, du wundervolle Frau!“ rief er noch, doch Silvia war schon entschwunden.
Als die Tür ins Schloss glitt, verschwand sein Lächeln.
Er hatte es nicht gewollt, aber er musste Silvia anlügen.
Er musste mit Douglas sprechen, aber er würde sich nicht durchchecken lassen und er würde ihr auch nicht erzählen, was in der Luft lag.
Es tat ihm sehr leid für sie, aber es war doch notwendig.
Sie würde es nicht verstehen. Wie sollte sie auch?
Sie hatte von alldem doch keine Ahnung. Alles war vor ihrer Zeit gewesen.
Und er wollte sie davon fernhalten.
Er würde es ihr nachher erzählen.
Doch auch da log er wohl.
Denn, wenn seine Vermutung wirklich stimmte, standen die Chancen sehr gut, dass er nicht mehr lange leben würde.
Es war sein Schicksal.
Zwecklos, sich dagegen zu wehren.
Als die Tür ins Schloss fiel, verschwand auch ihr Lächeln.
Irgendetwas lag in der Luft. Sie spürte es.
Chris wollte ihr nichts sagen, aber das brauchte er auch gar nicht.
Sie hatte eine furchtbare Vorahnung.
Also würde sie jetzt erst einkaufen gehen, dann zu Pete fahren. Danach Douglas anrufen und dann Nachrichten anschauen.
Und wenn sie sich nicht irrte, dann würde sie danach ein Telefongespräch führen müssen.
Ein Gespräch, von dem sie so lange gehofft hatte, es nie führen zu müssen.
Und dann würde das Unausweichliche geschehen.
Später würde sie Chris viel zu erklären haben.
Vielleicht.
Denn, wenn ihre Vermutung wirklich stimmte, standen die Chancen sehr gut, dass sie nicht mehr lange leben würde.
Es war ihr Schicksal.
Zwecklos, sich dagegen zu wehren.