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Gegenwart, Haus der Familie Collister

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Ein Montagabend


Randy schob seinen Laptop weg und lehnte sich in Masons Schreibtischstuhl zurück. Die Zahlen und Buchstaben auf dem Bildschirm verschwammen vor seinen Augen. Verdammt, irgendwie musste er das hinkriegen, dass der Quellcode …

Dops.

Er zuckte zusammen.

Mason und sein verdammter Basketball. Randys Blick fiel auf die Zimmerdecke. Kreisrunde Abdrücke zeichneten sich auf dem Weiß ab.

Wieder donnerte Mason seinen Basketball gegen die Decke.

Das Geräusch konnte einem wirklich jeden Nerv rauben.

»Sag mal, wolltest du nicht gerade Sozialkunde lernen?«, beschwerte er sich.

Dops.

»Bin fertig.« Achtlos feuerte Mason sein Heft in den Eastpack neben dem Bett und griff wieder nach dem Ball.

Dops.

Super! So kam er nie dazu, hier weiter zu programmieren. Resigniert klappte Randy seinen Laptop zu. Vielleicht könnte Masons Vater ihm nachher weiterhelfen. »Boah, hier riecht es so geil, was kocht denn deine Mutter? Echt der Hammer!« Er rieb sich den Bauch. Wie gut, dass sie gefragt hatte, ob er zum Essen bleiben wollte, seine Tante würde heute später nach Hause kommen – es wartete lediglich Tiefkühlkost auf ihn.

»Weiß nicht, mir auch wurst, ich hoffe nur, es ist bald fertig. Ich hab solchen Kohldampf«, knurrte Mason und zog eine Grimasse.

Dops.

Randy lachte auf. »Den Tag möchte ich mal erleben, an dem du keinen Hunger hast.«

»Ich bin ja auch Sport …« Masons Stimme erstarb.

Randy biss sich auf die Unterlippe. Sein Freund hatte sich immer noch nicht an das abrupte Ende seiner vielversprechenden Karriere als Profibasketballer gewöhnt. »Na ja, so verrückt wie du Skateboard fährst, verbrennst du wahrscheinlich auch alles wieder, zumindest sieht man deinem gestählten Astralkörper die Fresserei nicht an«, versuchte er zu witzeln.

Mason warf ihm einen dankbaren Gut-dass-du-das-Thema-wechselst-Blick zu und poste elegant. Sein Freund hasste Mitleid. Lachend warf er ihm einen Radiergummi an den Kopf.

Gerade als Mason sich auf ihn stürzte, rief Mrs. Collister zum Essen.

Mason boxte ihn auf den Arm. »Da hast du ja noch mal Glück gehabt.«

Möglichst würdevoll richtete Randy sich auf und bändigte mit der Hand das Haar.

»Hey, da brauchst du nichts mehr zu richten, die sind doch eh immer verstrubbelt«, zog Mason ihn auf.

»Idiot! Das gehört so, du hast doch keine Ahnung mit deinen sich selbst frisierenden Blondlocken«, brummte Randy.

Gemeinsam verließen sie das Zimmer.

Martha Collister drückte Randy einen Stapel Teller und Besteck in die Hand, als er an der Küche vorbeiging. »Hier, du kannst schon mal den Tisch decken.«

Randy grinste. Im letzten Jahr war das sein zweites Zuhause geworden und die Collisters behandelten ihn wie einen weiteren Sohn.

»Es riecht hervorragend, Mrs. Collister. Und ich bin sicher, es wird wie immer genauso gut schmecken.«

»Du alter Schmeichler«, sagte sie und lachte, doch man sah ihr an, dass sie sich freute. Sie strich die Schürze glatt, die sie über ihr Business-Kostüm gezogen hatte.

»Schleimer!«, erklang es aus dem Wohnzimmer.

»Sag Mason, er soll dir beim Tischdecken helfen, bevor er sich wieder nur bedienen lässt. Ich geh mich schnell umziehen, ich wollte nur erst das Essen aufsetzen, bevor Mason …«

»… zum Werwolf wird«, ergänzte Randy.

Ihr Lachen hallte durchs Treppenhaus.

»Dad, Ran ist dabei, eine neue App zu entwickeln«, erzählte Mason kauend und schaufelte sich noch eine Portion Kartoffeln auf seinen Teller, auf dem sich bereits ein Berg Kidneybohnen mit Hackfleisch in Tomatensauce auftürmte. »Mit der man sicher chatten kann, ohne dass die großen »Ms«, »Gs«, NSAs und wie sie alle heißen mitlesen.«

Jamie Collister stellte sein Weinglas ab und hob interessiert den Kopf. Das hatte natürlich den Nerv des IT'lers getroffen. »Das klingt gut. Erzähl mal, Randy.«

Verlegen wischte sich Randy mit der Serviette Sauce vom Mundwinkel und schluckte eilig. »Na ja, im Grunde haben wir doch alle heute keine Privatsphäre mehr. Für jede App müssen wir all unsere Daten auf dem Handy – für welchen Anbieter auch immer – freigeben, und die nutzen sämtliche Infos schamlos für Werbezwecke aus.« Randy merkte, wie die Empörung wieder in ihm aufstieg, doch Jamie nickte ihm aufmunternd zu. »Eigentlich gibt es solche Apps mit Verschlüsselung ja auch schon für Privatleute, dennoch ist es mir lieber, eine eigene zu haben, bei der wir sicher sein können, dass …« Er stoppte und verbiss sich ein »… uns der Graf nicht belauschen kann …« und sagte stattdessen »… man sich keinen Zwängen unterwerfen muss.«

Anerkennend hob Jamie die Augenbrauen. »Das klingt tatsächlich vielversprechend, ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass solch eine Anwendung gefragt ist, wenn man sie gut vermarktet. Der kommerzielle Nutzen, der auch ohne Datenverkauf erzielt werden kann, wurde meiner Meinung nach noch nicht erkannt.«

Randy legte seine Gabel nieder und hob abwehrend die Hand. Bei den Worten »kommerzieller Nutzen« sträubten sich schon wieder seine Nackenhaare. »Nein, ich wollte sie nur für den Privatgebrauch entwickeln …«

Jamie Collister lachte auf. »Ich kenne ja deine Einstellung, keine Sorge. Auch wenn ich sie schade finde.«

»Allerdings könnten auch …«

»Mason, mach erst den Mund leer, bevor du sprichst«, warf Martha Collister mit einem Stirnrunzeln ein.

Doch Mason schluckte nur kurz und sprach ungerührt weiter. »… noch andere davon profitieren.«

Randy stieß Mason mit dem Fuß unter dem Tisch an. Dass Mason, Olivia, Danielle und er sich mit der App bei ihrer Suche nach dem Mörder von Marietta King absprechen konnten, brauchte er Masons Dad ja nicht auf die Nase zu binden. Genauso wenig wie die Tatsache, dass die App für alle zum Schutz vor dem Grafen, dem Untergrundkönig von Barrington Cove, dienen könnte, der die ganze Stadt fest im Griff hatte. Jamie Collister war ein hellwacher Geist, den brauchten sie nicht auf den Plan zu rufen. So freizügig die Collisters auch waren und so jugendlich sie sich verhielten: Wenn sie wüssten, dass sich Mason und er durch ihre Recherchen am Mord an Marietta King selbst in die Schusslinie des Grafen brachten, wäre die Kacke am Dampfen. Es hatte schon gereicht, dass Mason als Werkzeug des Grafen gegen Jamie benutzt wurde, als ihm Drogen in seinen Schulspind untergejubelt worden waren.

Doch Masons Dad schien sich aktuell mehr auf sein Spezialgebiet, die technische Seite der App, zu fixieren und sie fachsimpelten eine Weile miteinander. Randy erhielt eine ganze Reihe nützlicher Tipps von ihm über neue Quellcode-Bibliotheken, die ihm weiterhalfen.

Mason ergriff das iPad seines Vaters und vertiefte sich in die neuesten Nachrichten der NBA, der National Basketball Association. Auch wenn er sich selbst damit quälte, konnte er es anscheinend nicht lassen.

Als Randy nach dem Essen aufstand und beim Abräumen half, schob Mason murrend seinen Stuhl zurück.

»Schleimer«, zischte er Randy erneut zu.

Doch Randy nahm es ihm nicht übel, er grinste nur. »Nach der Portion schadet dir ein bisschen Bewegung nichts.«

»Mason, du kannst gleich noch die Spülmaschine einräumen, ich muss noch ein paar Telefonate führen«, rief seine Mutter beim Hinauslaufen aus der Küche. Die Leitung des Touristikbüros der Stadt ließ ihr auch keinen Feierabend.

»Danke für die Einladung zum Essen«, rief Randy ihr hinterher, doch sie winkte nur ab und lächelte.

Mason räumte mürrisch das Besteck in den Spülkorb. Vermutlich würde seine Mum später alles noch einmal umräumen müssen, weil die Hälfte falsch verstaut worden war.

Als sie fertig waren, gab Mason Randy einen Schubs in Richtung Treppe und grinste. »Lass uns hochgehen, ich hab dir die neue Linkin Park noch gar nicht vorgespielt, oder?«

Randy lachte auf. Sie hatten den Song heute schon gefühlte hundert Mal als Stream laufen lassen. »Nee, da bin ich ja schon echt gespannt drauf.«

Lachend stiegen sie die Treppe hinauf.


*

Ein MORDs-Team - Der komplette Fall Marietta King

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