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c) Theorie und Methodik der Verwaltungsrechtswissenschaft

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Welche Methoden als Mittel und Wege der Problemlösung und Zielerreichung in der Verwaltungsrechtswissenschaft zur Anwendung kommen, hängt davon ab, was deren Aufgaben, Probleme und Ziele sind. Ihr liegt kein natürlich gegebener Gegenstand „Verwaltungsrecht“ zugrunde, der sich schlicht aus der Summe aller Rechtssätze einer festumrissenen und wissenschaftlich wohldefinierten Entität „Verwaltung“ ergeben würde. Vielmehr bedarf es zunächst einer Theorie dessen, was Verwaltungsrecht ausmacht und umfasst, die auch an einer Beschäftigung damit, wie der Bereich der „Verwaltung“ für ihre Zwecke sinnvoll aufgefasst werden kann, nicht vorbeikommt. Bereits dieser Bezugsrahmen, zu dem die Bestimmung der Ziele rechtswissenschaftlicher Forschung hinzutritt, sorgt für eine gehörige Komplexität des Methoden- und Theorieproblems und gestaltet sowohl die hiermit zumindest implizit belastete Wissenschaftstradition als auch die dies offen reflektierende gegenwärtige Diskussion zu einem „unübersichtlichen Terrain“.[112] Eine Reduktion der Verwaltungsrechtswissenschaft auf Normauslegung verfehlte folglich sowohl ihre historische als auch gegenwärtige Gestalt. Gewiss gehört auch die Interpretation verwaltungsrechtlicher Normen zum Beritt der Verwaltungsrechtswissenschaft, aber sie ist theoretisch voraussetzungsvoll jenseits der Fragen eines auf Textverständnis ausgehenden Methodenkanons. Auch und gerade das Wissenschaftsprogramm eines Otto Mayer zielte nicht primär auf gesetzespositivistische Erfassung und Auslegung eines gegebenen Normenbestandes. Im Sinne eines wissenschaftlichen Positivismus mit theoretischen wie politischen Hintergrundannahmen über das, was etwa Staatsgewalt und Rechtsstaatlichkeit bedeuten, ging es ihm vorrangig um eine Begriffs- und Typenbildung, die erst später, wenn auch nur teilweise, gesetzlich rezipiert wurde. Hieraus ergibt sich schon in den Anfängen eine Vielgestaltigkeit der juristischen Methode in der Verwaltungsrechtswissenschaft, die nicht klischeehaft verengt werden kann. Entsprechend voraussetzungsreich fällt der allgemeine Anspruch aus, in der Verwaltungsrechtswissenschaft „juristisch“ zu arbeiten. Was immer das im Einzelnen bedeuten mag, letztlich wird sich niemand von diesem Etikett verabschieden. In dieser unspezifischen Fassung kann die juristische Methode durchaus zur „Sinnmitte“ der (Verwaltungs-)Rechtswissenschaft erhoben werden[113] und lassen sich die ihr zugeordneten Funktionen unter anderem von Rationalitätsgewähr, Orientierungssicherheit, Entlastung und Kontrolle[114] als Funktionen modernen Rechts und seiner wissenschaftlichen Abbildung verstehen.

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Einen zentralen methodologischen Ausgangspunkt bildet die Normativität des Verwaltungsrechts, was auf der einen Seite die Eigentümlichkeiten und den Eigensinn von Recht markiert und eine Konzentration auf die Aufbereitung „normativen Wissens“ verlangt,[115] auf der anderen Seite die Bewirkungsfunktion von Rechtstexten unterstreicht, die es durch die Rechtsarbeit wirksam zu entfalten gilt.[116] In einem starken Sinne wird Normativität als „Wirklichkeitsphänomen“, als „fester Bestandteil“ der gesellschaftlichen Realität begriffen[117] und dem disziplinären Diskurs sogar anempfohlen, einmal die „Perspektive umzudrehen“ und die „juristische Rekonstruktion der Verwaltung den Sozialwissenschaften als ein Beschreibungsangebot zu unterbreiten“, zumal es in der Tat „keine Verwaltung ohne Verwaltungsrecht“ gibt.[118] Da Normen nicht nur im strikten Sollensmodus nach ihrem Geltungssinn mit spezifisch normativen Methoden bearbeitet werden können, sondern auch einer deskriptiven Erfassung zugänglich sind, erscheinen damit Brückenschläge zu empirisch verfahrenden Wissenschaften keineswegs ausgeschlossen.[119] Die hochgradig normative Verfassung der Verwaltung nicht nur, aber ganz wesentlich durch positives Verwaltungsrecht sichert spezifisch juristischen Methoden in der Verwaltungsrechtswissenschaft wie auch in der Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtspraxis einen hohen Stellenwert und stellt Rechtsdogmatik „als ein innersystematisch erarbeitetes Gefüge juristischer Begriffe, Institutionen, Grundsätze und Regeln“[120] unabkömmlich, ohne eine Abkapselung von nicht-dogmatischen Zugangsweisen zu erzwingen. In der modernen Forschung stehen von daher Aufgaben kontinuierlicher Systembildung und stabilisierender Systemnutzung neben einem steuerungswissenschaftlich begründeten Interesse an der Wirkungsdimension des Rechts,[121] einschließlich der nicht-normativen Bedingungen jener Praxis, die das Verwaltungsrecht verfasst und seine Wissenschaft folglich mitreflektiert. Überscharfe Kontrastierungen von einerseits normativ-dogmatischer und andererseits interdisziplinärer Verwaltungsrechtswissenschaft[122] verkennen die gegenwärtigen Entwicklungstendenzen und verschenken fruchtbare Verknüpfungsmöglichkeiten.

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Das Verwaltungsrecht als normativer Gegenstandsbereich der Verwaltungsrechtswissenschaft bildet eine ausgesprochen heterogene Materie mit unscharfen Rändern, die sich zudem im Umbruch befindet. Haben sich traditionell etwa Theorien daran abgearbeitet, öffentliches Recht, einschließlich des Verwaltungsrechts, vom Privatrecht abzugrenzen,[123] so gilt ein rein öffentlich-rechtliches Verständnis des Verwaltungsrechts inzwischen als „verkürzend“[124] und findet das „Verwaltungsprivatrecht“ sein Pendant in einem „Privatverwaltungsrecht“.[125] Schon angesichts der Vernetzung der Rechtsschichten im Europäischen Verwaltungsverbund zu einem „polykratischen Rechtsgefüge“[126] steht der Bedarf einer theoretischen „Neukonzeption“ der Rechtsquellenlehre „außer Frage“, wobei das Recht der Europäischen Union in Lehrbuchdarstellungen an die „Spitze“ gehören soll.[127] Hinzu treten die verstärkten Einwirkungen des internationalen Rechts, die Regelungen transnationaler Kooperation, aber auch die zunehmende Bedeutung von sog. Soft Law.[128] Die Arbeitsweise schwankt zwischen einer deskriptiven Erfassung von Neuerungen und einer normativ-präskriptiven Verarbeitung und Zensur nach Maßgabe der jeweiligen als „höherrangig“ insinuierten, die Rechtserzeugung steuernden Normen. Die hierbei zugrundegelegten Theoriemodelle müssen nicht zwangsläufig durchgängig hierarchisch aufgebaut sein.[129] In das Gravitationsfeld des Gemeinschafts- bzw. Unionsrechts geraten ist beispielsweise die klassische deutsche Diskussion um die Rechtssatzqualität des sog. Innenrechts, insbesondere der unterschiedlichen Arten von Verwaltungsvorschriften, die auch nach Überwindung der „Impermeabilitätsdoktrin“ von verfassungspolitisch motivierten theoretischen Prämissen getragen wird.[130] Systemprägend wirkt schließlich das Verfassungsrecht, das mit unterschiedlichen verfassungstheoretischen Akzentuierungen, sei es der demokratischen Steuerung, sei es der rechtsstaatlichen Rechtsschutzperspektive,[131] über sektorale Einwirkungen hinausgeht.[132]

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Methodisch zu bewältigen sind die vielfältigen, mehr oder minder verwaltungsrechtlich determinierten Erscheinungsformen der modernen Verwaltung. Mal tritt sie als Adressat von Rechtsnormen, mal als rechtlich ermächtigter und partiell gebundener Rechtsetzer, mal als Partner kooperativer Regelung, ggf. auf privatrechtlichem Territorium mit der Folge von Regimekollisionen, dann als rechts- und regelungsscheuer Akteur in informalen Beziehungsgeflechten auf. Selbstredend gehen die Methoden von Rechtsetzung und Rechtsanwendung nicht ineinander auf, auch wenn in beiden Idealtypen, zwischen denen sich ein Kontinuum aufspannt, Rechtsbindung und -konkretisierung Thema sind.[133] Unterschiedlich stellen sich auch die sich nur teilweise überlappenden Dimensionen von einerseits Handlungs- und andererseits Kontrollnorm dar. Diese verweisen auf „Grundtypen von Entscheidungssituationen“, etwa in Form eines „Fehlervermeidung plus zweckgerichtete Gestaltung“ intendierenden Verhaltensauftrags oder eines Kontrollprogramms „zur Überprüfung eines schon erlassenen Rechtsakts“.[134] In die Theoriebildung einzustellen sind zudem verschiedene Stärken der rechtlichen Programmierung, die zum Teil explizit Freiräume und Optionen eröffnen, klassisch durch Ermessenseinräumung, aber auch durch Beurteilungsspielräume und planerische Gestaltungsfreiheiten bei konfligierender Zwecksetzung, mit der Konsequenz einer abgesenkten Kontrolldichte und maßstabsrestringierenden Abwägungsfehlerlehre.[135] Gerade bei materiellen Programmierungs- und Kontrolldefiziten gewinnt die generell bedeutsame Entscheidungssteuerung durch Organisation und Verfahren besondere Brisanz nicht zuletzt für die Kontrollinstanz.[136] Zunehmend finden sich im Rahmen der Richtigkeitsmaßstäbe neben der formellen und materiellen Legalität auch Kriterien der Interessenoptimierung, Effektivität und Akzeptanz herausgestellt.[137]

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Die Methodendebatte im Bereich der Rechtsanwendung hat die Horizonte von Subsumtionsmodell und Justizsyllogismus hinter sich gelassen. Diskutiert wird, ob eine Entscheidung im Sinne des kritischen Rationalismus nur der methodischen Rechtfertigung und Darstellung bedarf[138] oder ob in den Bahnen klassischer Hermeneutik auch eine methodische Durchdringung des Herstellungszusammenhangs geboten ist.[139] Jenseits des wissenschaftstheoretischen Credos und der notwendigen Kontextuierung auch der Entscheidungsrechtfertigung geht es um die Selektivität des rechtlichen Zugriffs, die zumindest in der Kontrollperspektive eine sinnvolle Entlastung unter anderem von subjektiven Motivationen verschafft. Rechtlich statuierte Verfahrensanforderungen werden damit nicht aus der Steuerungs- und Kontrollfunktion entlassen, jedenfalls sofern ihre Verletzung nicht normativ unbeachtlich gestellt ist.[140] Zudem steht eine steuerungswissenschaftlich angelegte und informierte Verwaltungsrechtswissenschaft permanent vor der Frage, welche Aspekte und Bereiche der Entscheidungsverfertigung normativer Ausgestaltung und Strukturierung bedürfen. Die methodische Reflexion des Rechtsanwendungsprozesses gilt zunächst der Erfassung des „Problem(lösungs)bereichs“, dessen Zurichtung im Zentrum alternativer Konfliktentscheidungsverfahren wie der Mediation steht.[141] Die unweigerlich mit Vorverständnissen belastete Normenauswahl und -konkretisierung erfolgt im Hinblick auf einen Realbereich, auf den hin die Sprachdaten des Normtextes entfaltet werden müssen, der sich jedoch ein Stück weit erst im Wege einer ihrerseits normativ gesteuerten Sachverhaltsverfertigung ergibt. Neben dem in den Rechtsstoff-, Real-, Folgeneröffnungs- und Optionenwahlbereich zergliederten Normprogrammbereich sind inzwischen auch ein Entscheidungs-, Folgenbewirkungs-, Kontroll- sowie Lernbereich in das „Aufmerksamkeitsfeld einer Neuen Verwaltungsrechtswis- senschaft“ getreten.[142] „Entscheidung als Informationsverarbeitung“[143] erzwingt schließlich die Umstellung auf eine informations- und wissenstheoretische Perspektive,[144] die in ein „Informationsverwaltungsrecht“[145] mündet, das neben Fragen von Informationsbeschaffung, -management und -rechten unter anderem der Entscheidungsrationalität unter Ungewissheitsbedingungen sowie den neuen Kommunikationsmedien einer teils virtuellen Verwaltung gilt.

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Die Verwaltungsrechtswissenschaft ist zu neuen Ufern aufgebrochen. Das Beispiel der Verwaltungsrechtsvergleichung zeigt, wie überkommene Arbeitsweisen in der angebrochenen zweiten Phase des öffentlichen Rechts[146] einen grundlegend veränderten Stellenwert erhalten, wenn sowohl die Europäisierung als auch Internationalisierung des Verwaltungsrechts mit enormer Folgewirkung für die nationalen Verwaltungssysteme vergleichend aus den Traditionen eben dieser unterschiedlich gewachsenen (Verwaltungs-)Rechtsordnungen erarbeitet werden müssen.[147] Dies bedeutet anderes und mehr als eine fünfte, rechtsvergleichende Auslegungsmethode.[148] Zugleich sind überkommene deutsche Doktrinen wie die Unterscheidung von Staat und Gesellschaft angesichts neuer Handlungs-, Organisations- und Verantwortungsformen stumpf geworden.[149] Aber auch neue Leitbilder und interdisziplinär angelegte Verbund- oder Brückenbegriffe stehen in der Gefahr, etwa durch die Rezeption sozialwissenschaftlicher Großtheorien die rechtsdogmatische Anschlussfähigkeit zu verfehlen.[150] Die Ausziselierung der dogmatischen Feinstruktur erfordert eine ausdifferenzierte Terminologie, die sich in gewisser Weise einer unterbestimmten, großflächigen Verschlagwortung entzieht.[151] Schon die Verknüpfung der rechtsakt- und verhaltensbezogenen Perspektive steht vor dem grundlegenden Problem der Übersetzung einer zwei- in eine dreiwertige Begriffslogik, in der die binären Unterscheidungen von rechtmäßig/rechtswidrig, Innen-/Außenrecht zugunsten fließender Skalenbildungen aufgebrochen werden müssen, die auch Momente der Unbestimmtheit und Unsicherheit einbeziehen.[152] Grad und Tiefe der Methodenreflexion sind dabei in der deutschen Verwaltungsrechtsgeschichte ohne Vorbild.

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