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2. Entstehung einer europäischen Verwaltungsrechtswissenschaft im europäischen Verwaltungsverbund
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Die Verwaltungsrechtswissenschaft steht im Begriff, nun auch den Horizont der Europäisierung eines national radizierten Verwaltungsrechts zu übersteigen. In den Blick geraten ist die „Entwicklung eines Europäischen Verwaltungsrechts“ in Form einer „mehrschichtigen Verwaltungsrechtsordnung“, bestehend aus dem mitgliedstaatlichen Verwaltungsrecht, dem Eigenverwaltungsrecht der Europäischen Union, dem auf die Mitgliedstaaten einwirkenden „Gemeinschafts-" bzw. „Unionsverwaltungsrecht“ und schließlich dem Verwaltungskooperationsrecht, das die vertikale Zusammenarbeit zwischen nationalen und europäischen Verwaltungsstellen sowie die horizontale Kooperation zwischen den nationalen Verwaltungen umgreift.[247] Für die den mitgliedstaatlichen Verwaltungen und der europäischen Administration „gemeinsam“ anvertraute „Verwaltung des Gemeinschaftsraumes“, in dem sich ein „Informations-, Handlungs- und Kontrollverbund“ entwickelt habe,[248] wird der „metaphorische Begriff des Europäischen Verwaltungsverbundes“ als „Korrelat“ zum Begriff des Europäischen Verfassungsverbundes vorgeschlagen, der zugleich bemüht wird, um die schwerwiegenden Legitimationsprobleme zu lösen.[249] Der Vorschlag nimmt bestehende Ansätze zur bündischen Struktur der Union als „Integrationsverbund“[250] in der Konkretion einer „administrativen Föderalisierung“[251] auf. Die geäußerte Mahnung, „vielleicht“ nicht so weit zu gehen, die nationalen Verwaltungen schon deshalb, weil sie Gemeinschafts- bzw. Unionsrecht vollziehen „in Bausch und Bogen zur ‚Gemeinschaftsverwaltung‘ (im funktionalen Sinne)“ zu rechnen,[252] lässt sich erst recht gegen diesen theoretischen Beschreibungsversuch erheben. Immerhin löst die Verbundmetapher aber die Perspektive vom überkommenen Vollzugsmodell ab und bezieht integrativ den immer bedeutsamer werdenden Bereich administrativer Verbundstrukturen in die Betrachtung ein. Jenseits der überholten dualen Unterscheidung von hier direktem, gemeinschaftsunmittelbaren und dort indirektem, mitgliedstaatlichen Vollzug des Gemeinschafts- bzw. Unionsrechts hat sich eine Wirklichkeit von Kommunikationsverbünden, Kooperationsnetzwerken unter Einbeziehung zahlreicher europäischer Ämter und Agenturen etabliert, die eine sozialwissenschaftlich offene Verwaltungsrechtsdogmatik nicht übergehen kann.[253] Gerade in diesem Bereich bedarf es der Transparenz und Verantwortungsklarheit, der juristischen Zurechnung und des angepassten Rechtsschutzes, und kulminiert das Legitimationsproblem, dem mit Hilfe eines Denkens in „Legitimationsketten“ nur sehr begrenzt Rechnung getragen werden kann.[254] In Anpassung an gegebene Realitäten wird ein „Pluralismus der Legitimationsquellen“ verfochten, der auf der Input-Seite auch partizipative wie deliberative Elemente einbezieht und zudem leistungs- und akzeptanzbezogen auf den administrativen Output abstellt.[255] Eine spezifische Verbundstruktur bezeichnet das Transnationalitätsmodell, das die gemeinschaftsweite Wirkung nationaler Entscheidungen auf Grund von Unionsrecht erfasst, wie sie sich etwa in Teilen des Lebensmittelrechts findet. Der transnationale Verwaltungsakt bildet dabei eine Schnittstelle zum derzeit neu belebten internationalen Verwaltungsrecht, was einen wissenschaftlichen Abgleich der entsprechenden Entwicklungen wie Zusammenhänge nahelegt.[256] Der hier zu verzeichnende Trend hin zu einer Theorie der „Global Governance“[257] korrespondiert mit der Konjunktur des inzwischen schon populären Theorems im innerstaatlichen wie europäischen Verwaltungsrecht.[258] Im europäischen Kontext kann allerdings von einer „governance without government“ aus strukturellen Gründen nicht die Rede sein, nicht zuletzt auch wegen eines „hinter dem ‚Governance‘-Projekt der Kommission“ zuweilen sichtbar werdenden „etatistischen Machtanspruchs“.[259] Um so dringlicher erscheint die Formierung einer wirklich europäischen Verwaltungsrechtswissenschaft, die gerade auf Grund ihrer vielfältigen, auch rechtskulturellen Ausgangspunkte dazu berufen wäre, eine dem Verdacht nationaler Interessendurchsetzung enthobene Kritik und ausgewogene Gestaltungsvorschläge zu formulieren.[260]
Erster Teil Landesspezifische Ausprägungen › § 58 Wissenschaft vom Verwaltungsrecht: Deutschland › Bibliographie