Читать книгу Das ehrbare Dorf - Andy Glandt - Страница 4

- Prolog -

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Wenn der Mond schreien könnte, hätte sich die Erde in dem Moment die Ohren zugehalten, als der Ast unter der Last nachgab und zuckende Gliedmaßen ins Wasser tauchten. Er spiegelte sich in den weit geöffneten Augen, zwei kleinen Höhlen gleich, aus denen Unglauben schaute und die doch dem Unfassbaren entgegensehen mussten, wider. Der aufgerissene Mund und die herausgestreckte Zunge bemühten sich vergeblich, Luft in die Lungen zu pumpen. Der Strick zog sich, beschleunigt durch die ruckartigen Bewegungen, immer fester. Die Augen fingen an zu flattern und die Beine glichen einem Propeller, der bereits ausgeschaltet war, deren Fliehkraft ihn aber noch langsam weiter drehen ließ, bevor die Rotation stoppte.

Ein letztes Würgen entrann der Kehle, ein letztes Krächzen. Dann neigte sich der Kopf zur Seite und es trat eine friedvolle Stille ein, die durch die in einer leichten Brise sich bewegenden Zweige und Blätter noch verstärkt wurde. Der Schein des Mondes verlieh dem toten Gesicht, das immer noch schön war, einen besonderen Glanz.

Zwei Augen schauten auf diese Schönheit, Augen, aus dem der Hass und die Wut entwichen waren. Sie hätte nicht sterben müssen. Hätte sie eingewilligt, hätte sie nicht gelacht, würde sie jetzt in ihrem Bett liegen und schlafen und . . .

Ein Rascheln. Nur kurz, aber es war deutlich zu hören gewesen. Gab es Beobachter? Das Dickicht konnte der Mondschein nicht durchdringen. Lauschen. Um sich schauen. Augen versuchten das Dunkel zu durchdringen.

Nichts. Wieder Stille. Selbst das Wispern des Windes war kaum noch wahrzunehmen. Ein Tier?

Noch ein letzter Blick auf das leblose Wesen, ein letzter Gedanke an die Ruhe, die nun wieder in das Dorf einziehen wird, Ruhe, wie sie herrschte, bevor die zwei Frauen sie störten.

Zwei Skulls ließen beim Eintauchten die Wasseroberfläche vibrieren, bevor das Boot langsam dem andern Ufer entgegenschwebte.

Das ehrbare Dorf

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