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Got My Mind Set on You – George Harrison

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Der nächste Morgen hielt eine unliebsame Überraschung für sie bereit. Ihr Transportesel, die kleine schwarze GS 500 E, sprang nicht an. Noch nicht mal “Klack” machte es, als sie den Zündschlüssel drehte.

Ehe Charly einen bewussten Gedanken fassen konnte, griff sie automatisch den Schraubenschlüssel vom Bord und war dabei, die Batterie auszubauen. Als sie dies erledigt hatte, räumte sie den Schlüssel zurück an seinen Platz, drückte die Sitzbank in die Halterung und trabte zum Haus. ‚Lästig, aber nicht wirklich ein Problem. Ich hänge sie eben in der Werkstatt an den Strom und morgen läuft sie wieder.’

Mit zwei Einkaufskörben am Arm kehrte sie zurück und ging zu dem großen Seitengebäude, dessen Stirnseite die Rückwand des Carports bildete. Die zur Straße gewandte Längsseite bestand aus zwei riesigen Schiebetoren. Charly stemmte sich mit ihrem ganzen Gewicht gegen den rechten Flügel und langsam rollte das schwere Tor auf. Dahinter herrschte Dunkelheit. Sie packte Körbe und Tankrucksack ins Auto, kletterte auf den Fahrersitz und parkte aus. Mühsam zerrte sie das Tor wieder zu und kurvte aus der Einfahrt.

‚Mit dem Tor muss ich mir etwas einfallen lassen – entweder saubermachen und ölen oder in eine neue Führung und Rollen investieren. Das eine ist zeitlich aufwendiger, das andere finanziell. Wenn ich meine Arbeitsstunden mit ansetze, kommt es wahrscheinlich auf das Gleiche raus’, überlegte sie. ‚Kaum bin ich rum, geht es am anderen Ende wieder los.’ Sie seufzte.

***

"Hoi, Mopped kaputt?", wurde sie von den Kollegen begrüßt.

„Batterie“, nickte Charly.

„Na, man gut, dass du den Bus erwischt hast“, brummte Sepp, der Älteste unter ihnen, und alle lachten. Nur der Azubi schaute irritiert von einem zum andern. „Hier fährt doch gar kein Bus.“

„Meiner schon“, grinste Charly schelmisch, obwohl ihr der Bursche leidtat. Aber so war es nun mal: Die Azubis hatten es auf der Baustelle nicht leicht, und das bisschen Neckerei schadete nicht. ‚Ich habe es schließlich auch überlebt.’

„Ganz einwandfrei“, betonte sie noch.

Die Männer lachten wieder.

„Sie fährt einen Transporter“, erbarmte sich Sepp schließlich des Jungen, der immer noch verständnislos dreinschaute.

„Kann ich doch nicht wissen“, maulte der.

„Jetzt weißt du es ja“, antwortete Charly begütigend. „Ich geb dir heute Mittag was aus. Komm, sei ein Gentleman und pack mit an!“ Sie hievte sich einen der Balken für die Dachkonstruktion auf die Schulter. Gemeinsam bugsierten sie ihn nach oben.

Der Vormittag verging in komfortabler Zusammenarbeit. Für den Nachmittag war das Richtfest geplant, das Wetter schön, die Aussicht auf die Fränkische Schweiz atemberaubend. Charly liebte die Bauzimmerei und das Dachstuhlsetzen ganz besonders. Auch wenn es oft schwere Arbeit war. Die Männer achteten darauf, dass es für sie nicht zu viel wurde; manchmal musste sie die Jungs eher bremsen, dass sie ihr nicht zu viel abnahmen. Anfangs hatten sie sich gegenseitig misstrauisch beäugt, aber inzwischen hatte sie sich Respekt und Achtung erarbeitet und ihren Platz im Team gefunden. Pfeifend hämmerte sie einen unterarmlangen Nagel in den Dachfirst, als unten ein blauer Porsche bremste und neben ihrem Bus parkte. Sie stutzte, der Hammer verfehlte sein Ziel – und ihre Hand – nur um Haaresbreite. ‚Das ist der Porschefahrer von der Ampel und gestern Abend’, stellte sie fest. ‚Was, zum Henker, macht der hier?’

„Sepp?“, fragte sie halblaut.

„Hm?“

Sie wies beiläufig mit dem Kinn nach unten.

„Der Architekt. Kennst du den nicht?“

Sie schüttelte den Kopf. Dann kletterte sie eilig zum Giebel, hielt sich mit einer Hand am Dachfirst fest und beugte sich so weit wie möglich vor, um dem Mann nachzusehen. ‚Ich will nicht, dass er mich sieht, dem will ich auf der Straße begegnen!’ Das Bild stand ihr lebhaft vor Augen. Im Prinzip eine ähnliche Hetzjagd wie am Samstag, gerne noch etwas flotter, aber nicht mit verschiedenen Richtungen endend, sondern mit einem gemeinsamen Abend im Biergarten.

‚Romantisch im Sonnenuntergang’, dachte sie ironisch. ‚Ich wusste gar nicht, dass ich so kitschig sein kann.’

„Soll ich dich vorstellen?“, schmunzelte Sepp, der sie offensichtlich amüsiert beobachtet hatte.

Wieder schüttelte sie den Kopf. „Eher das Gegenteil.“

Sepps Augenbrauen schnellten in die Höhe. „Ab mit dir, für kleine Mädels. Ich pfeif, wenn die Luft rein ist.“

Charlys Sommer

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