Читать книгу Charlys Sommer - Anett Theisen - Страница 19
A Horse with No Name – America
ОглавлениеCharly und Peter standen am Koppelzaun. Der Hengst lahmte. Hinten rechts.
„Es hilft nix. Ich muss mir das anschauen. Hier, lenk ihn ein bisschen ab.“
Damit drückte sie Peter die Leckerli in die Hand, holte den Hufkratzer und schlüpfte durch den Zaun. In den letzten beiden Tagen hatte der Schimmel schon gelernt, wo es Leckereien zu holen gab und machte auch gleich einen langen Hals. Ohne zu mucken hob er das Hinterbein an, Charly umfasste den Huf im Sicherheitsgriff, ihre Schulter gegen sein Sprunggelenk gestemmt, und hob ihn auf ihr Knie.
Der Übeltäter, ein Stein, war augenscheinlich. Sie hebelte ihn heraus, während der Hengst kaum einmal zuckte, beide vertieft in ihr Tun. Im Dorf brummte ein Motorrad.
Das Knallen einer Fehlzündung zerriss die abendliche Ruhe. Der Hengst zuckte zusammen, schlug aus und preschte aufgeregt über die Koppel. Fluchend rappelte Charly sich auf. Der Stoß hatte sie zwar von dem Hengst wegkatapultiert, aber im Verlauf der improvisierten Rolle rückwärts hatte sie sich den Hufkratzer gegen die linke Augenbraue geschlagen, wie auch immer sie das geschafft hatte.
„Kruzitürken! Ist dir was passiert?“, rief Peter. „Verrückter Gaul, dammicher!“
Sie winkte ab. „Halb so wild.“ Schnell duckte sie sich durch den Zaun, trat zum Wassertrog, hielt einen Zipfel ihres Hemdes hinein und klatschte sich den tropfnassen Stoff auf die schmerzende Partie.
„Das sah gefährlich aus“, erklang hinter ihr die Stimme des Tierarztes und Charly fuhr erschreckt zusammen. Gemeinsam mit Beatrix trat er an die Koppel. „Darf ich einen Blick drauf werfen?“
„Sicher. Bei meiner Rossnatur sind Sie genau der Richtige“, grinste Charly zurück. „Ich schätze, das wird eine nette Beule und schlimmstenfalls blau. Ich werde es überleben“, meinte sie achselzuckend und nahm das Hemd vom Gesicht. Doktor Schnellenbach widmete der Begutachtung ihres Auges genauso viel Sorgfalt, wie sie es von ihm im Umgang mit seinen tierischen Patienten gewohnt war.
„Durchaus akkurate Einschätzung, meine Liebe, mit einer Einschränkung. Das wird ganz sicher blau. Du musst sowieso zu meinem Kollegen für den Spezialfall Mensch.“
„Wieso?“ Charly zog fragend die Augenbrauen hoch und scharf die Luft zwischen die Zähne.
„Krank schreiben kann ich dich nicht.“
„Ist sowieso keine Option. Ich habe zu viel vor in den nächsten Tagen.“ Verschmitzt blinzelnd zuckte sie die Schultern und verpasste dem Hengst, der leise an den Zaun herangetreten war und an ihrer Schulter schnupperte, ihrerseits einen Nasenstüber. „Sorry, Großer, ich habe dich nicht bemerkt.“
Er schnoberte durch ihr Gesicht.
„Schaust du dir an, was du angerichtet hast? Keine Sorge, ich bin dir nicht böse. Ist in ein paar Tagen alles vergessen“, redete sie auf den Schimmel ein, kraulte ihn unterm Kinn und klopfte seinen Hals. Dann folgte sie den anderen, die bereits in Peters Garten neben einer der Stuten standen.
„Lange wird es nicht mehr dauern. Ihr erreicht mich jederzeit übers Handy. Ruft lieber einmal zu oft an als zu wenig“, sagte Doktor Schnellenbach gerade.
Alle drei nickten unisono, dann verabschiedeten sie sich und Charly blieb allein zurück. Am Törchen zu ihrem Grundstück wartete der Hund auf sie. Noch immer namenlos.
Sie stellte ihm Futter hin. Wie in den vergangenen Tagen auch blieb er genau außerhalb ihrer Reichweite. Mit einem kurzen Gute-Nacht-Gruß sammelte sie Amadeus aus dem Apfelbaum ein und nahm ihn mit ins Haus. Sie packte die Alukisten der BMW für die kommenden Tage, kochte Nudeln, feuerte nebenher den Kamin an und machte es sich nach dem Essen im Wohnzimmer mit einem Buch gemütlich.