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Blaue Augen – Ideal

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Als Charly kurz vor sechs erwachte, war es bereits hell. Ausgiebig geduscht wanderte sie, sich genüsslich streckend, in die Küche, goss Kaffee in den Becher und trat auf die Terrasse hinaus. Beim Blick über die Koppel vergaß sie den Kaffee.

„Der Hengst ist weg!“

***

"Ruhe bewahren!", ermahnte sie sich selbst, stellte den Pott achtlos auf dem Terrassentischchen ab und lief zur Koppel. Auch auf der dahinter liegenden Bachkoppel war er nicht zu sehen. ‚Wo ist der Hund?’

Mit wenigen Schritten war sie beim Unterstand. Er lag auf der Decke und sah ihr mit schräg gelegtem Kopf aufmerksam entgegen. Irritiert blickte sie wieder über die Koppel. Hinter ihr ertönte ein halblautes „Wuff“. Sekunden später antwortete ein Wiehern aus Peters Garten und der Kopf des Hengstes erschien über der Feldsteinmauer.

„Was in aller Welt ...“

Das Törchen knarrte, dann stand sie auf Peters Obstwiese und staunte. Unter dem alten Birnbaum stakste auf langen Beinen ein wolliges, hellbraunes Fohlen neben seiner sichtlich erschöpften Mutter her und suchte eifrig unter deren Bauch herum. Der Hengst drehte aufgeregt Runden um die beiden, hielt die anderen Pferde fern und baute sich dann drohend zwischen Charly und der Stute auf.

Der Hund war ihr gefolgt und hatte sich in die Toröffnung gesetzt. Er schien zu wissen, dass der Hengst jetzt niemanden in der Nähe dulden würde. Letzterem gut zuredend und ihn nicht aus den Augen lassend ging Charly vorsichtig zurück zum Törchen und schloss es hinter sich. Der Hengst beruhigte sich sichtlich.

Sie benachrichtigte Peter, den Tierarzt und Beatrix. Nacheinander trafen sie an der Koppel ein und bestaunten das Schauspiel, das der Hengst ihnen bot. Noch immer umkreiste er Mutterstute und Fohlen, zwischendurch trat er an die Stute heran, beschnoberte sie und beknabberte ihren Rücken, kam aber nie dem Fohlen zu nahe.

„Ein Geburtshelfer“, schmunzelte Dr. Schnellenbach. „Kann man gelegentlich bei Wildpferden oder nahezu wild gehaltenen Pferden bei Nomaden beobachten. Die meisten Hengste passen nur auf, dass sich die Stute zur Geburt nicht zu weit von der Herde entfernt, aber manche kümmern sich rührend um Mutter und Kind. Mit dem Nachteil, dass man bei Komplikationen an beide nicht rankommt.“ Er pausierte mit nachdenklich geschürzten Lippen. „Aus der Ferne sieht alles normal aus. Ich bleibe eine Weile hier und beobachte das Trio. Auch danach sollten sie nicht unbeaufsichtigt bleiben.“ Der Tierarzt sah fragend in die Runde.

Charly schüttelte den Kopf, aber Peter nickte bestätigend und Beatrix fügte hinzu: „Ich löse dich nachmittags ab, Pit.“

Charly verabschiedete sich und wandte sich zum Gehen, kehrte jedoch nach wenigen Schritten zurück. „Beatrix? Ich will die drei haben. Machst du die Papiere fertig? Ich komme heute Nachmittag vorbei.“ Bevor ihre Nachbarn und der Tierarzt sich von ihrer Überraschung erholen konnten, war sie verschwunden. Sie war spät dran.

***

Die Kollegen saßen bereits zur Frühstückspause zusammen, als Charly die BMW an der Baustelle abstellte. Sie kletterte in den Firmentransporter, zog sich um und hockte sich dazu.

"Kneipenschlägerei?", fragte Sepp mit einem Kopfnicken zu ihrem blauen Auge hin.

"Klar, im Dorfkrug. Hast du gestern Abend verpasst", grinste sie und Sepp lachte.

Zur Erheiterung aller berichtete sie die Ereignisse des Abends und des Morgens und musste sich den Rest des Arbeitstages die Sticheleien ihrer Kollegen gefallen lassen. Sie war froh, als sie aufs Motorrad steigen und losfahren konnte. Sie holte Geld von der Bank und fuhr zu Beatrix. Das erledigt, sah sie auf ihr Handy. Sie hatte jetzt überhaupt keinen Nerv für ihre Mutter. Aber es musste sein.

Charlys Sommer

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