Читать книгу Heiden, Christen, Juden und Muslime - Anna Ehrlich - Страница 16
Das Papsttum in seinen Anfängen
ОглавлениеZwischen der neuen Autorität im Westen, dem Papst, und den Franken sollte es bald zu Machtkämpfen kommen. Die Franken übernahmen aus der Antike das Eigenkirchenwesen: Dem Stifter eines Kirchengebäudes oder eines Klosters standen Patronatsrechte darüber zu, die ziemlich weit gingen. Der fränkische König sah als Schutzherr Italiens gleich die ganze römische Kirche als seine Eigenkirche an. Erst Papst Gregor I. (um 600) konnte das Ansehen des Papsttums heben, an ihn erinnert bis heute übrigens der Gregorianische Kirchengesang. Für Karl den Großen (768–814) war der Papst ein fränkischer Untertan wie alle anderen. Sein Vater Pippin hatte die Schutzherrschaft über Rom übernommen und die vormals langobardischen Gebiete in Italien, die zu Byzanz gehörten, dem Papst geschenkt (wozu er gar kein Recht hatte). Karl führte durch die Erneuerung des Kaisertums am Weihnachtstag 800 die Lösung dieser Gebiete von Byzanz herbei und fühlte sich ganz als Herr der Kirche, er griff durch seine Hoftheologen sogar in Lehrstreitigkeiten der Kirche, den »Filioque-Disput«, ein. Dabei geht es um die wesentliche Frage, ob der Heilige Geist von Gott Vater oder aber von Gott Vater und Gott Sohn (= filioque) ausgehe, was mit der Trinitätslehre zu tun hat. Die Ostkirchen lehnen den Filioque-Zusatz im Glaubensbekenntnis bis heute ab, die katholische Kirche erhob ihn (ganz im Sinne Karls des Großen) jedoch 1215 zum Dogma. Bis heute ist das Filioque neben dem Primat des Papstes der wichtigste Punkt, in dem sich die orthodoxe und die katholische Kirche nicht einigen können.
Papst Gregor der Große, Detail der Kanzel im Stefansdom
Karl setzte Äbte und Bischöfe nach Gutdünken ein, sorgte für die Ausbildung der Geistlichen, die Errichtung von Schulen in Klöstern und Pfarren und veranlasste die Abfassung eines Katechismus. Jeder Untertan sollte zumindest das Vaterunser und das Glaubensbekenntnis lateinisch oder wenigstens in der Muttersprache beherrschen. Die Predigt sollte in der Muttersprache gehalten werden, als Muster ließ der Kaiser sogar eine Predigtsammlung herausgeben. Und als der Papst sich auf die Seite der Bilderverehrer stellte, wies er ihn zurecht.
An der Spitze der abendländischen Christenheit standen somit zwei Herren, die beide ihre Macht auf Gottes Auftrag zurückführten und deren Aufgabenbereiche miteinander verwoben waren. Solange einer davon den Ton angab und der andere sich unterordnete, konnte das problemlos funktionieren. Standen aber einmal zwei gleich starke Persönlichkeiten einander als Kaiser und Papst gegenüber, und das war nach Karls Tod recht bald der Fall, musste es zum Konflikt kommen. Dieser zog die gesamte Christenheit in Mitleidenschaft (siehe S. 50).